2.
Lektion - lectio secunda (duo,duae,duo 2)Sie sind wieder da, ein gutes Zeichen! Denn sicherlich haben Sie sich davon überzeugt, daß Lateinlernen die Seele beschwingt -und vielleicht sogar auch sonst recht nützlich sein kann.
Stellen Sie sich nur vor, Sie finden eine römische Grabinschrift und möchten Sie lesen. Was machen Sie da ohne Latein? Aufgeschmissen!
Da lesen Sie z.B. Sumus mortales, immortales non sumus, und gleich daneben steht auf einem andren Grabstein Viator, viator, quod tu es, ego fui; quod nunc sum, et tu eris.
Irgendein Spaßvogel hat einige Worte blau überpinselt, was hat das wohl zu bedeuten?
Aber schauen wir uns doch zuerst einmal die nicht bemalten Wörter an. Wir ziehen unser Taschenwörterbuch aus der Tasche (wer geht denn auch ohne ein lateinisch-deutsches Wörterbuch aus dem Haus?) und schlagen mortales nach. Nicht zu finden, wohl aber etwas Ähnliches: mortâlis, e sterblich... Diese drei Pünktchen stehen nicht da, aber eine ganze Reihe weiterer Bedeutungen. Und das ist das Problem mit allen Wörterbüchern: sie überlassen es dem Benutzer, die richtige Bedeutung aus der angebotenen Bedeutungsvielfalt herauszufischen. Wir bleiben einfach bei sterblich. Wir finden auch im-mortâlis,e unsterblich. Jetzt fällt Ihnen plötzlich ein, daß Sie im letzten Argentinien-Urlaub in Buenos Aires im Lokal Los Inmortales eine gute Pizza gegessen haben- natürlich mit einer copa de vino, und man hatte Ihnen erzählt, daß die Inmortales die unsterblichen Tangovirtuosen waren (leider sind sie schon lange tot). sumus finden wir nicht. Ist aber auch nicht mehr nötig. Wenn sum ich bin heißt, dann wird sumus wir sind heißen, denn damit wird die Inschrift verständlich:
Wir sind sterblich, unsterblich sind wir nicht. Stimmt ja auch, -wenngleich Carlos Gardel unsterblich ist.
Jetzt wird uns auch klar, was es mit den blauen Wörtern auf sich hat: das müssen lauter Formen von sein sein, natürlich auf Latein! sum kennen wir bereits. Bei viâtor, ôris m steht Wanderer und Amtsbote. Amtsbote und Grabstein, das paßt nicht zusammen. Bei quod (gespr. kwot) finden Sie unter Adverb eine Menge Bedeutungen, die hier nicht weiterführen, bei dem anderen quod werden Sie auf quî (spr. kwî) verwiesen, und dort ist die Liste noch länger. quî, quae, quod kann heißen wer, welche, was. quod tu es könnte demnach bedeuten was du bist. (Übrigens wurde in der Mathestunde doch oft gesagt: quod erat demonstrandum was zu beweisen war, erinnern Sie sich? Ungern?...Merken Sie sich aber jetzt wenigstens dêmônstrâre genau zeigen, beweisen.) Weiter: für nunc finden wir die Bedeutung jetzt. Also quod nunc sum was ich jetzt bin. Links davor muß demnach stehen ich bin gewesen und rechts wird es heißen du wirst sein. Das ist also fast die ganze Konjugation von esse sein in einem einzigen Satz!
Wandrer, Wandrer, was du bist, bin ich gewesen; was ich jetzt bin, wirst auch du sein.
Das et, das meist und heißt, kann manchmal auch auch sein, so wie hier.
Für einen jungen Wandrer ist das alles nicht gerade aufmunternd, vor allem wenn er noch viel Latein lernen will. Daher wollen wir uns auf die Konjugation von esse freuen, nicht wahr?
In der ersten Lektion stürzte schon eine ganze Menge Latein auf uns ein, wie wär's also mit einer kleinen Wiederholung?
Zunächst ging es um die Betonung von Silben und um die Länge von Vokalen. Wenn wir uns im Deutschen umsehen, wissen wir, wie wichtig es ist, die Quantität (Länge oder Kürze) von Vokalen zu beachten. Denken Sie nur an den Unterschied zwischen ich bitte und ich biete, ich schlafe und ich schlaffe ab usw.
Für das Lateinische gebe ich Ihnen als Beispiel loqueris (sprich lokweris, alle Vokale kurz) du sprichst und loquêris (lokwêris, also langes betontes e) du wirst sprechen. Oder parêre gehorchen, aber parere gebären. Wegen des langen e-Lauts wird parêre auf der vorletzten Silbe betont; parere wird aber auf der drittletzten Silbe betont, weil auch das vorletzte e kurz ist.
Daß es für ein römisches Ohr unerträglich gewesen sein muß, wenn die Quantität von Vokalen bzw. Silben nicht streng beachtet wurde, erwähnt Cicero in seiner Schrift Orator (173): Bei einem Vers tobt das ganze Theater, wenn auch nur eine einzige Silbe zu kurz oder zu lang gesprochen wurde. Wenn wir also nicht wollen, daß die Leute toben...
Die letzte Silbe heißt ultima, die vorletzte paenultima und die drittletzte antepaenultima.
Ein kleines Gespräch zwischen Lehrer und Schüler:
In quâ syllabâ accentum pônimus? Auf welche Silbe setzen wir den Akzent? |
pônô, pônere
setzen, stellen, legen (pônô ich setze, pônere setzen. Man gibt wenigstens immer die 1.Pers. Sing. an und den Infinitiv. Wir wissen aber bereits, daß auch noch das Perfekt, vgl. unten, posuî ich habe gestellt und das Partizip Perfekt Passiv, das PPP, als sogenannte Stammformen mitgeführt werden: pônô, posuî, positum, pônere)Einfache Sätze
1. Fall:
Tibi amico meo semper (immer) credam (ich werde glauben).
Dir als meinem Freund werde ich immer glauben.
In amico meo steht der Dativ zweimal ohne Verbindungswort nebeneinander: Hinweis auf Prädikativum!
2.Fall:
Caesar legatos maestos domum remisit. Caesar schickte die Gesandten betrübt wieder nach Hause. Es soll ausgedrückt werden, daß sich die Legaten -vorübergehend- in einem trüben Zustand befanden, Caesar schickte die Gesandten als Traurige nach Hause zurück. Im Deutschen können wir das Prädikativum maestos z.B. mit mit Hilfe von als wiedergeben oder aber auch mit einem unflektierten Adjektiv, etwa traurig: die Gesandten kehrten traurig zurück. Das Prädikativum, das sich auf legatos bezieht, antwortet auf die Frage: In welchem Zustand befanden sich die Legaten, als Caesar sie nach Hause zurückschickte? Damit wird vom Prädikativum ein besonderes Licht auf domum remisit geworfen. Es wird von maestos keine charakteristische Eigenschaft der Legaten beschrieben.
In dem Sätzchen maestus sum ich bin traurig ist maestus ein adjektivisches Prädikatsnomen.
Halten wir fest: Das Prädikatsnomen richtet sich nach dem Subjekt, das Prädikativum
nach seinem Beziehungswort, mit dem es in Genus, Numerus und Kasus übereinstimmt.
Während das Prädikatsnomen für den Sinn des Satzes notwendig ist, kann auf das Prädikativum verzichtet werden, denn es ergibt sich auch ohne es ein sinnvoller Satz.
1. Person |
leg-ô |
ich lese |
leg-i-mus |
wir lesen |
Infinitiv |
leg-e-re lesen |
2. Person |
leg-i-s |
du liest |
leg-i-tis |
ihr lest |
Imperativ |
leg-e! lies! |
3. Person |
leg-i-t |
er liest |
leg-u-nt |
sie lesen |
|
leg-i-te! lest! |
Typische Verben der konsonantischen Konjugation sind: dûc-e-re führen; cern-e-re sichten,
disc-e-re lernen (beachten Sie, daß es außer der Disco auch die Verbform disc-o ich lerne gibt), reg-e-re lenken (z.B. einen Staat), em-e-re kaufen; vîv-e-re leben (vîv-ô ich lebe, sprich: wîwo, hatten wir schon.)
Daß vîvere mîlitâre est leben ist kämpfen bedeutet, ahnen Sie sicher auch ohne weitere Erklärung. Diese Weisheit stammt von Seneca, Philosoph und Lehrer Neros, dem wir auch den folgenden Spruch verdanken (Epist. 106,12) nôn vîtae, sed scholae discimus nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir.
(Beachte kurzes o in schola, ae -sprich skola-; sed aber, sondern, vîta, ae f das Leben.) Wahrscheinlich kennen Sie den Spruch mit einer anderen Wortfolge, wie würden Sie denn -auf Lateinisch- sagen? (Vgl. Übungen)
Unten in den Übungen zur Grammatik treffen wir auf die Verbform cêpêrunt, die zum Verb capere fassen der 3. Konjugation gehört. Ich fasse heißt capiô. Es gibt weitere Verben der
3. Konjugation, die auf -iô ausgehen. Sicher fragen Sie sich, warum das a von capio in cêpêrunt garnicht mehr zu erkennen ist. Ich hoffe, daß Sie sich das fragen, denn dann kann ich Ihnen auch etwas dazu erzählen: cêpêrunt ist keine Gegenwartsform (Präsens-Form), sondern eine Vergangenheitsform, und zwar die Form, die im Deutschen mit dem Hilfsverb haben gebildet wird: ich habe gefaßt, du hast gefaßt,..., sie haben gefaßt. Diese spezielle Vergangenheit heißt Perfekt -und geht im Beispiel nicht von cap aus, sondern von cep.
Das Perfekt ist das lateinische Erzähltempus, d.h. die Verbform, in der eben erzählt wird. Im Deutschen sagen wir jedoch i.a. nicht ich habe gefaßt, sondern wir benutzen die nicht zusammengesetzte Vergangenheitsform (Imperfekt) ich faßte, ich fing.
Und jetzt muß man wissen, daß die Verben der konsonantischen Konjugation ihr Perfekt mit Stämmen bilden, die man nicht vorhersagen kann, die man -leider?- auswendiglernen muß. Das Perfekt zu capere heißt cêp-î ich habe gefaßt. Das Perfekt von legere ist lêg-î ich habe gelesen. Hier wurde nur das e gedehnt. Übrigens nennt man jede Veränderung des Stammvokals Ablaut, und diese spezielle Perfektart heißt entsprechend Ablautperfekt.
Bei capiô, cêpî haben wir sowohl einen "Farb"-wechsel des Vokals, qualitativer Ablaut, als auch eine Längenänderung, quantitativer Ablaut.
Auch vidêre sehen zeigt quantitativen Ablaut, denn das kurze i des Präsensstamms vide- (Sie erinnern sich: Stamm = Wortstock + Kennvokal. Wortstock = vid- . Aus vid-e- entsteht das ganze Präsens -im Indikativ- durch Anhängen der Endungen ô, s, t, mus, tis, nt) wird im Perfekt verlängert: vîdî ich habe gesehen. Der Perfektstamm heißt demnach vîd-.
Wenn Sie Lust haben, so merken Sie sich doch noch die folgenden 4 Verben der e-Konjugation, die für den Perfektstamm ebenfalls den kurzen Stammvokal des Präsensstammes dehnen (angegeben ist 1.Pers.Sing.Präs., 1. Pers.Sing.Perf. und Infinitiv):
caveô, câvî, cavêre sich hüten
moveô, môvî, movêre bewegen
sedeô, sêdî, sedêre sitzen
pos-sideô, pos-sêdî, pos-sidêre besitzen (Vokalwechsel und Dehnung)
Zum Glück verhalten sich die Verben der a-Konjugation menschlich: sie hängen im Perfekt einfach ein v an den Stamm: laudâv-, also laudâv-î ich habe gelobt. Ebenso nett sind viele Verben der i-Konjugation, auch sie hängen ein v an den Präsensstamm: audîv-î ich habe gehört. Nicht dazu gehört venîre kommen, denn es bildet vênî ich bin gekommen (Vokaldehnung!). Dieses Verb finden Sie unten in der Perfekt-Tabelle.
Bei der e-Konjugation ist es zum Weinen, denn nur flêre weinen und zwei weitere Verben (delêre zerstören, plêre füllen) benutzen den v-Trick. Die meisten Verben der e-Konjugation schmeißen das Stamm-e raus, und hängen ein u an den Reststamm, z.B.: aus habeô ich habe wird habuî ich habe gehabt; aus dêbeô ich schulde, ich muß wird dêbuî ich habe geschuldet; und aus taceô ich schweige wird tacuî ich habe geschwiegen usw.
(Eigentlich gab es früher einmal auch in diesen Fällen ein Perfekt-v. Nachdem aber das e verschwunden war, stand das v neben einem Konsonanten. Ergebnis: es verwandelte sich in ein u -und wir haben ein u-Perfekt. Ich habe Ihnen unten in der Übersichtstabelle zu den Perfektarten auch das Perfekt vom einzigen lateinischen Hilfsverb esse sein notiert. Der Perfektstamm lautet fu- . Die "Wurzel" ist f, und in dem u treffen wir auf das Perfekt-u. Interessant ist nun, daß dieses f im Indogermanischen einmal ein bha war. Unser "war" hat in diesem bha seinen Ursprung. Das Lateinische leitet aus dem indogermanischen bha die Kennbuchstaben -ba- (Infix) des Imperfekts ab, das wir bald kennenlernen werden.)
Daß videô ich sehe nicht zu den ui-Verben gehört, werden Sie sich denken, denn Caesar sagte 47 v.Chr. nicht veni, vidui, vici ich bin gekommen, ich habe gesehen, ich habe gesiegt, sondern vênî, vîdî, vîcî ich kam, sah, siegte (ich habe die drei Perfektformen jetzt als Imperfekte übersetzt).
vicî ist ebenfalls 1.Sing. Perf.. Der Infinitiv ist vincere siegen; sprich: wîki und winkere.
Die nichtzusammengesetzte Vergangenheitsform nennt man, wie gesagt, Imperfekt.
Dieses Tempus benutzt der Lateiner i.a. dann, wenn er einen Zustand in der Vergangenheit schildern will. Das Perfekt ist das Tempus für die Schilderung einer neu eintretenden Handlung, vgl. unten das Dialog-Beispiel.
Beispiele:
Die Verben der a-Konjugation, z.B.
creâre wählen oder nôminâre nennen bilden creâvî ich habe gewählt, nôminâvî ich habe genannt als 1. Pers Sing. des Perfekts.Perfekt Aktiv
(Übersichtstabelle)
a-Konj. |
e-Konj. |
i-Konj. |
kons. Konj. |
kons. -io- Konj. |
esse |
ich habe gerufen |
ich habe gehabt |
ich bin gekommen |
ich habe gesagt |
ich habe gefaßt |
ich bin gewesen |
vocâvî |
habuî |
vênî |
dixî |
cêpî |
fuî |
vocâvisti |
habuistî |
vênistî |
dixistî |
cêpistî |
fuistî |
vocâvit |
habuit |
vênit |
dixit |
cêpit |
fuit |
vocâvimus |
habuimus |
vênimus |
diximus |
cêpimus |
fuimus |
vocâvistis |
habuistis |
vênistis |
dixistis |
cêpistis |
fuistis |
vocâvêrunt |
habuêrunt |
vênêrunt |
dixêrunt |
cêpêrunt |
fuêrunt |
Erschrecken Sie nicht vor so vielen Formen, denn sie sind doch alle nach dem gleichen Schema aufgebaut. Wenn Sie vorhaben, eine romanische Sprache zu lernen, dann treffen Sie auf ähnliche Tabellen-und überhaupt sieht alles ähnlich aus wie im Lateinischen. Im Spanischen lautet die letzte Spalte z.B. fui, fuiste, fue, fuimos, fuisteis, fueron -also fast so einfach wie im Lateinischen!
Beachten Sie auch den Perfektstamm bei dîcô, dîxî, dîcere sagen, sprechen. Hier hat sich das c des Präsensstamms in ein x verwandelt. Dasselbe geschieht bei dûcô, dûxî, dûcere führen.
Bei regô, rêxî, regere lenken, leiten wird g in x verwandelt, und der Vokal e wird gedehnt.
Als kleines Kuriosum sollten wir uns das wichtige Verb eô, iî, îre gehen (die Vokale getrennt sprechen!) merken, erinnern Sie sich an îmus wir gehen, das uns in der 1.Lektion begegnete?
Hier stimmen Präsens-und Perfektstamm überein (einfach i-). Im Perfekt verschmelzen in iistî und iistis die beiden i-Vokale zu î. Im Perfekt haben wir also iî ich bin gegangen, îstî du bist gegangen, iit er ist gegangen, iimus wir sind gegangen, îstis ihr seid gegangen und iêrunt sie sind gegangen.
(Statt iî findet man aber auch îvî, z.B. in trâns-îvî ich habe durchschritten; entsprechend findet man trâns-îvimus wir haben durchschritten, usw. Das eingeschobene v erleichtert sicherlich die Aussprache. Vgl. Lektüre, Zeile 7)
Folgende vier Perfektformen haben alle etwas mit dem Verschwinden zu tun (es sind Verben der Bewegung, bei denen wir im Deutschen als Hilfsverb sein verwenden):
a
b-iit er ist ab-,fort-,weggegangen; ab-îre weggehenDiese vier Perfektformen stehen bei Cicero in einem Satz der zweiten Rede gegen Catilina. Im Augenblick ist es natürlich noch zu früh, diesen Text lesen zu wollen. Aber wenn Sie einfach neugierig sind, so gehen Sie zu den Lateintexten des Perseus-Projektes:
http://www.perseus.tufts.edu/Texts.html
Hier finden Sie unter cic.catil. 2.1 die eben besprochenen Verben. Wenn Sie dann z.B. abiit anklicken, so tut sich ein Fenster auf, in dem steht: abeo to go from,... und perf ind act 3rd sg
Jedes Wort wird in den Perseus-Texten morphologisch untersucht, d.h. seine grammatische Form wird angegeben. abiit ist 3.Person Singular Indikativ Perfekt Aktiv (3. S. Ind.Perf.Akt. In deutschen Grammatiken verwendet man diese Schreibweise.)
Ich werde Ihnen in Kürze erklären, worum es sich bei diesen Begriffen handelt.
Wenn Sie die englische Übersetzung sehen wollen, so brauchen Sie nur die entsprechende Schaltfläche anzuklicken.
Wo ich schon von den Grammatiken spreche, möchte ich Ihnen wenigstens eine zum Kauf empfehlen (wenn Sie bei einem Internet-Buchhändler, z.B. Amazon, lateinische Grammatik als Suchbegriff eingeben, erhalten Sie eine ganze Liste derartiger Texte!).
P. Troll Lateinische Sprachlehre, Verlag Moritz Diesterweg 1995, Nr. 6814, DM 34.95.-
Etwas billiger -und dünner im Umfang- ist die Lern- und Übungsgrammatik von L.Stock, Langenscheidt. Ich werde diese Kurzgrammatik mit KurzGr bezeichnen, wenn ich später einmal darauf verweisen sollte.
Vom gleichen Autor ist auch eine griechische Kurzgrammatik bei Langenscheidt erschienen, auf die ich im Griechischkurs häufig - ebenfalls mit "KurzGr"- verweise.
Viel Geld können Sie auch für Wörterbücher ausgeben. Ich würde den Der kleine Stowasser empfehlen, auch wenn er keinen Deutsch-lateinischen Teil enthält.
Dialog
-Beispiel:Wenn der kranke Freund sagen möchte: ich war krank, aber der Arzt hat mich wieder gesund gemacht, so ist für die lateinische Version wichtig zu unterscheiden, daß die auf den Zustand des Krankseins folgende (einsetzende) Handlung (das Heilen- sanare) im Perfekt stehen muß, nicht im Imperfekt. Im Deutschen geben wir dieses lateinische Perfekt auch durch das Perfekt wieder: aegrotus eram, sed medicus me sanavit.
Darf ich Ihnen empfehlen, sich ein Wörterverzeichnis (Vokabelheft) anzulegen? Wenn Sie regelmäßig eintragen und wiederholen, werden Sie bald ein Lateinass sein!
Versuchen Sie zu übersetzen
Lösungen:
Ich habe einige einfache Ausschnitte aus zwei Psalmen für Sie ausgewählt, Ps. 65, 68. Es sind kurze Sätze, die Ihnen gewiß keine (großen) Schwierigkeiten bereiten werden. Im allgemeinen zeige ich nur die zu betonenden Silben an. Weiter unten gebe ich Ihnen Übersetzung, Vokabeln und Hilfen zur Übersetzung. Mein Text fußt auf der revidierten lat. Psalmenübersetzung, die 1945 unter Pius XII veröffentlciht wurde. Den Vulgatatext zusammen mit einer englischen Übersetzung finden Sie unter
http://members.tripod.com/~gunhouse/psalmstxt/pshome.htm
Sie werden sehen, daß reichlich Imperative und Perfekte vorkommen. Personalpronomina lernen wir nebenbei kennen. Und dann die Menge nützlichster Vokabeln!
1. |
Venite et videte opera Dei; dicite Deo: quam stupenda sunt opera tua. |
2. |
Tota terra adoret te et cantet tibi, cantet nomen tuum. |
3. |
Convertit mare in aridum, pedibus flumen transierunt. |
4. |
Annuntiate famam laudis eius, qui dedit animae nostrae vitam. |
5. |
Nam probavisti nos, Deus; igne nos examinavisti sicut examinatur argentum. |
6. |
Induxisti nos in laqueum; onus grave imposuisti lumbis nostris. |
7. |
Incedere fecisti homines super capita nostra; transivimus per ignem et aquam, |
8. |
sed relaxationem dedisti nobis. |
9. |
Salvum me fac, Deus, quoniam venerunt aquae usque ad collum, |
10. |
plures sunt quam capilli capitis mei, qui oderunt me sine causa. |
1. |
Kommt und schaut die Werke Gottes; sagt zu Gott: Wie staunenswert sind deine Werke! |
2. |
Die ganze Erde bete dich an und singe dir, sie singe deinen Namen. |
3. |
Er hat das Meer in trockenes Land verwandelt, zu Fuß haben sie den Fluß durchquert. |
4. |
Kündet seines Lobes Ruf, der unserer Seele Leben gegeben hat. |
5. |
Du hast uns ja, o Gott, auf die Probe gestellt; im Feuer hast du uns geprüft, so wie Silber geprüft wird. |
6. |
Du hast uns in ein Netz gelockt; eine schwere Bürde hast du unseren Lenden aufgelegt. |
7. |
Du hast Menschen über unsere Köpfe gehen lassen; wir sind durch Feuer und Wasser geschritten, |
8. |
doch auch Linderung hast du uns gegeben. |
9. |
Hilf mir, o Gott, weil die Wasser mir bis zum Hals gestiegen sind, |
10. |
Mehr noch als die Haare meines Kopfes sind sie, die mich grundlos hassen. |
Verben
adoret
3.Sing. Präs. Konjunktiv sie möge beten, adorâre anbetencantet
3.Sing. Präs. Konjunktiv sie möge singen, cantâre singenconvertit
er hat gewandelt (konvertiert);trâns-iêrunt
3.Pl.Perf. Aktiv von trâns-îre hinübergehen, durchschreiten;dedit
3.Sing.Perf.Akt. er hat gegeben; dô, dedî, datum, dare geben. Der Anfangskonsonant d wurde verdoppelt (redupliziert), zwischen die beiden d wurde dann ein e eingeschoben. Diese Art der Perfektbildung heißt Reduplikation. Außer dare bildet z.B. auch stâre stehen das Perfekt durch Reduplikation: stetit er ist gestanden. Stammformen: stô, stetî,-, stâre stehen.probavisti
2.Sing.Perf.Akt. von probô, avi, atum, âre prüfen (probieren). Neben probavistiincedere
befallen, auftreten;odêrunt
3.Plur.Präs. sie hassen. Das Verb ôdî ich hasse (odisti, odit, odimus, odistis, odêrunt; Infinitiv: ôdisse) ist eigentlich eine Perfektform, die aber Präsensbedeutung hat. Wir werden noch weitere Verben mit dieser Eigenheit antreffen. Der Konjunktiv oderint sie mögen hassen steht in dem bekannten Ausspruch: oderint, dum metuant sie mögen hassen, wenn sie nur fürchten! metuô, metuere fürchten; dum + Konj. wenn nurSonstige Wörter und Erklärungen
nômen, nôminis n
der Mame (Akkusativ = Nominativ bei Neutra; Substantive auf -men,o
pus, operis n das Werk (opus est es ist nötig, quid opus est ratiône? warum braucht man Vernunft?). Merken Sie sich bitte, daß die Substantive auf -us, -eris Neutra sind.pêdibus
mit den Füßen (Abl. Pl. von pês, pedis m Fuß; vgl. 3.Lektion)igne
ist Abl. von ignis, ignis m das Feuerargentum, î n
Silber (Argentinien; argentum vîvum Quecksilber)o
nus, eris n die Last; gravis, grave schwer (Gravität)lumbus, î m
Lenderelaxâtiô, relaxatiônis f
Erleichterung, Enspannung (relaxen -sprich: riläksen- entspannen)quoniam
weil ja, da ja; ûsque ad + Akk. bis hin zu; collum, î n Halsplûrês, plûra
mehr (unregelmäßiger Komparativ von multî, ae, a viele; plûs mehr ist der Komparativ von multum viel)quam
als; capillus, î m Haupthaar, Barthaar (Kapillare Haargefäß, dünnes Röhrchen)
Lösungen:
Cornelius Nepos (geb. ca. 100 v.Chr., gest. ca 28 v.Chr., Freund des Catull) hinterließ uns eine kurze Lebensbeschreibung des Titus Pomponius Atticus, den wir vor allem durch Ciceros Atticusbriefe kennen. Cicero wurde am 3.1.106 v.Chr. in Arpinum, etwa 100 km östlich von Rom geboren. Freund Atticus war drei Jahre älter als Cicero und lebte gut zwanzig Jahre lang (86-65) in Athen, wo er sich um den Wiederaufbau der Stadt sehr verdient machte. Athen war im ersten Mithridatischen Krieg stark verwüstet worden.
Atticus war nicht nur ein fähiger, gewiefter Geschäftsmann, der es verstand, mit Hilfe seines Geldes der Freund vieler zu sein, er war auch ein gebildeter und allseitig interessierter Antiquar, Verleger und Autor historischer Bücher (er verfaßte u.a. einen Liber analis, einen Abriß der römischen Geschichte).
Nepos entwirft uns in seiner Atticusbiographie das Bild eines steinreichen Heiligen, -wenn das überhaupt denkbar ist. Sie müssen unbedingt die Cicerobriefe an Atticus lesen (eine zweisprachige Ausgabe gibt es in der Tusculum Bibliothek), wenn Sie genauer über den Menschen Atticus, über die Zeitumstände-und vor allem über Cicero selbst- informiert sein wollen.
Ich werde ein paar Sätze aus dem Nepos-Atticus mit Ihnen lesen. Den Text finden Sie im Internet (http://www.gmu.edu/departments/fld/CLASSICS/nep.att.html). Auch gibt es eine zweisprachige Reclam-Ausgabe, die viele Erläuterungen enthält.
Atticus lebte trotz seines unglaublichen Reichtums in "bescheidenen" Verhältnissen. Er bewohnte eine alte Villa, die von einem gewissen Tamphilius erbaut worden war.
Domum habuit in colle Quirinali Tamphilianam...cuius amoenitas non aedificiô, sed silvâ constabat. (13)
domus, ûs f
das Haus; collis Quirinalis Quirinalshügel; collis,is m Hügel;sîgnum, î n
Zeichen (in hoc signo vinces in diesem Zeichen wirst du siegen, wurde dem Kaiser Konstantin 312 verheißen)was nicht nur ein Zeichen von Sparsamkeit ist, sondern auch von Gewissenhaftigkeit
(Aus der folgenden Gegenüberstellung können wir die Bedeutung von vier häufig benutzten Vokabeln erkennen: Atticus lebte elegans, non magnificus, splendidus, non sumptuosus (13,5)
Atticus lebte geschmackvoll, nicht prächtig, glänzend, nicht verschwenderisch.)
Nemo in convivio eius aliud acroâma audivit quam anagnôsten, quod nos quidem iucundissimum arbitramur; neque umquam sine aliqua lectione apud eum cenatum est. (14)
nêmô
niemand; convîvium, î n Gastmahl (spr. konwîwium); eius seinerneque
und nicht (spr.: nekwe); neque umquam und niemals; umquam = unquam jemalsNiemand hat bei einem Gastmahl des Atticus jemals eine andere Darbietung gehört
als einen Vorleser -was ich allerdings für sehr angenehm halte-, und niemals ist bei
ihm ohne irgend eine Lesung gespeist worden.
Nullos habuit hortos, nullam suburbanam aut maritinam sumptuosam villam.
nullus,a,um
kein; suburbânus, a, um nahe bei der Stadt gelegen (vgl. engl. suburb Vorort)Er hat keine Gärten gehabt, keine aufwendige Villa vor der Stadt oder am Meer.
Mores etiam maiorum summus imitator fuit antiquitatisque amator. (18)
môs, môris m
Sitte; mâior, mâiuis Komparativ von magnus groß; mâiôrês, um m die Alten, die Vorfahren; mâiôrês nostrî unsere Vorfahren (sprich: mâjôrês)Er war (ist gewesen = fuit) ein strikter Nachahmer der Sitten der Vorväter und ein Verehrer der Vorzeit.
Atticus hatte ein Buch über die Staatsämter geschrieben, in dem man sich über fast alles informieren konnte, was dieses Thema betraf.
Nulla enim lex neque pax neque bellum neque res illustris est populi Romani, que non in eo suo tempore sit notata. (18,2)
Denn kein Gesetz, keinen Friedensschluß, keinen Krieg und kein bedeutendes Ereignis
gibt es beim römischen Volk, das nicht in ihm zu seinem Zeitpunkt erwähnt würde.
Er hatte sehr viel geschrieben, sogar auf Griechisch.
Est etiam unus liber Graece confectus, de consulatu Ciceronis. (19)
Es gibt auch ein auf Griechisch verfaßtes Buch über Ciceros Konsulat.
(Es war nicht unüblich, einen bekannten Freund zu bitten, doch etwas über die eigenen Taten zu berichten. Auf diese Weise wurde das Gute, das man getan hatte, auch für spätere Generationen aufbewahrt. Vom verübten Schlechten sprach man natürlich nicht.)
Nach dem Tode des Atticus (32 v.Chr.) fügte Nepos der ursprünglichen Atticusbiographie einen Anhang bei (ca. 28 v.Chr.), in der wir den edlen Mann im Stile des Sokrates sein Leben lassen sehen (Kap. 19-22). Hier schildert Nepos auch die angeblich engen Bande, die Atticus und Augustus knüpften. Aus der Ehe der Atticus-Tochter Caecilia Attica mit M. Vipsanius Agrippa ward Atticus eine Enkelin geboren, Vipsania Agrippina, die Augustus seinem eigenen Stiefsohn -dem nachmaligen Kaiser Tiberius- vermählte. (Agrippa verdanken wir übrigens das herrliche Pantheon in Rom. Er war ein außergewöhnlicher Mann, u.a. Admiral und Mitregent Octavians.) Aus dieser Ehe entsproß Drusus. Tiberius mußte diese anscheinend glückliche Ehe später (11 v.Chr.) auflösen, da er vom Kaiser gezwungen wurde, Julia, des Augustus Tochter, zu heiraten.
Atticus wurde schließlich ohne Pomp auf einer einfachen Bahre zu Grabe getragen.
Elatus est in lecticual, ut ipse praescripserat, sine ulla pompa funeris...
sepultus est iuxta viam Appiam ad quintum lapidem in monumento Q. Caecilii, avunculi sui. (22,4)
Er wurde auf einer Bahre zu Grabe getragen, wie er selbst es vorgeschrieben hatte, ohne jeden Pomp...
Beigesetzt ist er an der Via Appia, am fünften Meilenstein, im Grabmahl seines Oheims Q. Caecilius.
Es mag befremdlich erscheinen, daß man den bedeutenden Mann am Rande einer Landstraße beisetzte. Aber die Römer kannten keine Friedhöfe in unserem Sinne. Es war üblich, die Toten außerhalb der Stadt an Straßenrändern oder Wegkreuzungen zu begraben. Dem einfacheren Bürger stand normalerweise kein Grabmal zur Verfügung. Aber vielen Toten hat man einen Grabstein gesetzt, oft mit einer Inschrift versehen.
Bei dieser Art der Bestattung blieb der Verstorbene leichter im Gedächtnis der Mitmenschen. Der vorübergehende Wandrer oder Reisende wird oft direkt eingeladen, eine kleine Weile beim Toten zu verbringen. Resta, viator, et lege bleib stehen, Wandrer, und lies! ist eine stehende Wendung.
Es existieren interessante Sammlungen dieser Grabinschriften, z.B. H. Geist, Römische Grabinschriften, Heimeran-Verlag München, Tusculum Ausgabe, zweisprachig.
Auch im Internet finden Sie unter
http://www.gmu.edu/departments/fld/CLASSICS/epitaphs.html
eine kleine Sammlung von Epitaphien. Wir werden noch gemeinsam einige lesen.