Yuppies bringen Geld
Umstrittenes Duisburger Wohnprojekt "Innenhafen" bald fertig: Beispielhaft
fürs Ruhrgebiet?
Duisburg (taz ruhr) - Wohnen wie an Hollands Grachten - viele
hielten das Projekt "Innenhafen" zu luxuriös für Duisburg. Jetzt
ist es so gut wie fertig: Am 17. April werden hier die Duisburger "Akzente
1999" eröffnet. Motto: "Die neue Stadt - Stadtentwicklung als Stadtkultur"
.
"Für hiesige Verhältnisse relativ elitär", hat Professor
Hans Blotevogel von der Universität-Gesamthochschule Duisburg Verständnis
für die Kritik, "aber strukturpolitisch wichtig. Hier wird - beispielhaft
für das Ruhrgebiet - eine Industriebrache in Citynähe erschlossen.
Bislang konzentrierte man sich auf Aussenbezirke. Zum anderen geht man
hier auf die Wohnbedürfnisse einer besser gestellten sozialen Schicht
ein, die bislang eher ins Umland zog. So entgingen den Städten wichtige
Steuereinnahmen. Wohnraumplanung hat nicht nur eine sozialromantische Komponente."
Die moderne Architektur hat für den Raumplaner Symbolwirkung: "Duisburg
streift das Image des Aschenputtels ab." Ein Image, gegen das das gesamte
Ruhrgebiet ankämpfen müsse.
81 von 450 Wohneinheiten, die den gehobenen "Yuppie"-Ansprüchen
gerecht werden sollen, sind bereits fertig und fast alle verkauft. Mit
mehr als 100 Mio. DM öffentlicher Fördermittel wird jetzt vor
allem die Infrastruktur und das Umfeld für die erhofften "hochwertigen"
Dienstleistungs-Anbieter geschaffen.
Highlight sollte ursprünglich das Euro Gate sein: "Glas und Stahl
freuen sich auf die Sonne. Euro Gate im Bogen des Holzhafens: Da zeigt
die Solarenergie, daß sie viele Eisen im Feuer hat", warb das Presse-
und Informationsamt der Stadt Duisburg vor fünf Jahren. Probleme macht
aber nicht nur die Bilderwelt der deutschen Sprache: Ein Investor für
das 16stöckige "Tor zur Welt", das auf ca. 60.000 qm Büros, Restaurants,
Ladenpassagen und Wohnungen Platz bieten soll, wurde bis heute nicht gefunden.
Jetzt wird schrittweise vorgegangen. "Was im Moment unterschrieben, im
Bau oder fertig ist, schafft die Voraussetzungen für über 1.500
Arbeitsplätze", so Dieter Steffen von der Innenhafen Duisburg Entwicklungsgesellschaft.
Stolz vermeldete Steffen jüngst , daß sich der Euro
Waste Service (EWS) aus Dülmen im Innenhafen niederlasse: "Eine notwendige
Branche, die nach wie vor eine Zukunft hat." Dr. Steltemeier von der Duisburger
Gesellschaft für Wirtschaftsförderung, der auch Call-Center für
eine Option hält, freut bei der Vermietung des WestAB-Gebäudes
an EWS, daß es "immerhin Managementfunktionen" sind, die hier angesiedelt
werden sollen. Man muß nehmen, was man kriegen kann.
Mit großen Managementerfolgen wartet die EWS allerdings
nicht auf: Im Gegensatz zur Duisburger Tochter B.U.S., die satte Gewinne
verzeichnet, erlangte die EWS im Vorjahr durch Luftbuchungen traurige Berühmtheit.
43 Gläubigerbanken kann das lädierte Unternehmen aufbieten. Wegen
Steuerhinterziehung, Kreditbetrug und Verstoß gegen das Börsengesetz
ermittelt die Bielefelder Staatsanwaltschaft gegen die Verantwortlichen
der EWS-Gruppe. Sieben Führungskräfte wanderten Ende 1998 in
Untersuchungshaft.
Gerne hätte Steltemeier eine der Hauptverwaltungen im Innenhafen,
die sich derzeit noch in Düsseldorf und Essen tummeln: "Für mich
steht fast fest, daß Euro Gate kommt. In welcher Form, das ist eine
andere Geschichte."
Auch das ist der Innenhafen (vor der großen Verschönerungsaktion):
|