Die Zäune
01.03.06/09.11.06

Der Blick nach außen. Er ist alleine. Die ersten Takte von „Replica“. Da ist nichts außer ihm. Er lehnt sich weit aus dem Fenster, nimmt die schneidende Kälte wahr. „I'm a replica, I'm a replica“.
Der Schneesturm wirkt fast märchenhaft, doch gleichzeitig offenbart er ihm, was er nicht sehen möchte.
Worte stellt er über alles andere. Nichts ist mächtiger, nichts vermag Dinge so zu erfassen, zu bändigen, so unauffällig einzusperren. An sie halten  muss er sich, an sie klammern! Alles andere kann abgetötet werden.
Längst hat er gemerkt, dass Worte sich nur an denjenigen binden wollen, der sie schreibt. Sie entzünden ein kleines Feuer in dem, der sie einmal in ähnlicher Form dachte, wahrnahm, vielleicht zu Papier brachte. Ein Anderer erkennt bestenfalls ihren Rohwert.
Und jetzt? Alles daran setzen, um das Tote wieder zu erwecken? Er weiß nicht einmal, was das bedeutet. Er ist nicht mehr wie damals. Doch wie er war, kann er nur noch in eben diesen  verschwommenen Wörtern zum Ausdruck bringen, die den Gegebenheiten kein Gefängnis mehr sind, die falsche Momentaufnahmen in seinem Kopf hervorrufen, Erinnerung an Sekundengefühle, jedoch ohne die vergangenen Stimmungen oder Sinneseindrücke zumindest noch einmal für ein Infinitesimal zu durchleben. Nichts außer Abbildungen, Kopien, als ob er nur dabeigestanden und sich selbst zugesehen hätte.
Er setzt sich auf den Boden, reißt irgendwo einen Fetzen Papier ab und will anfangen, seine Gedanken einzufangen. Er blickt auf die Buchstaben. Wie lange nur schon? Wie viel Zeit ist vergangen? Das Blatt ist gefüllt, Zeile für Zeile. In ungefähr drei Tagen wird er mit diesen Sätzen nichts mehr anfangen können.
Mittlerweile ist es halb zwei Uhr nachts. Die Gedanken wälzen sich durch seinen Kopf wie überdimensionale Schleimschnecken. Weitere Blicke aus dem Fenster meidet er, obwohl seine Sehnsucht dem Außen gilt. Tut er es wirklich? Ich glaube dir nicht!





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