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"Paradies uff Erden."
Wolf Biermann über seine neue CD bei Zweitausendeins.


Cover

"Es ist das erste Mal, daß ich in einem Schwung, einen ganzen Sack voll grundverschiedener Balladen und Lieder zu ein- und dem selben Thema geschrieben habe: Berlin, Berlin, Berlin und Berlin. Der Anlaß dafür mag von Interesse sein:

Ich lebte, 22 Jahre nach meiner Ausbürgerung, wieder für ein ganzes Jahr in dieser Stadt. Die Wiederbegegnung mit meinen alten Freunden, auch mit einigen treuen Feinden, war zugleich eine Wiederbegegnung, geschrieben mit einem "i" ohne "e" genau so wie in dem schmerzhaften Wörtchen Widervereinigung.

Die neuangefangene Affaire mit meiner haßgeliebten Stadt hat mich wahnsinnlich aufgeregt. Kein Wunder, wenn man bedenkt, daß ich in den prägenden Jahren meines Lebens trotz meiner hanseatischen Kiemen hinter den Ohren ein "Baliiner" wurde, mit Schnauze und Herz.

Etlicher Bilder meines Berliner Bilderbogens malte ich, das sei zugegeben, auch mit einem bösen Lächeln. Mir, der in dieser Stadt ja keine Besitztitel zu verteidigen hat, gehören nämlich für immer zwei Teilchen vom ostberliner Kietz Mitte "janz pasönlich": der preußische Adler auf der Weidendammer Brücke und meine Wohnung in der Chausseestr. 131.

Warum wieso? - Menschenskind, dort schrieb ich ja die Verse, gegen die unsere allmächtigen Angstmacher im Politbüro der SED so schön machtlos waren. Aber ausgerechnet in meiner alten Höhle wohnt jetzt nicht irgendein netter Normalmensch, sondern da haust ein mielkischer Spitzel und spuckt kesse Töne.

Zu Hause, im wunderschönen Altona an der Elbe, hatte ich diesen Tort fast vergessen. Aber nun in Berlin tat mir die längst verheilte Wunde doch wieder weh. Und genau das war womöglich der notwendige Stachel in meinem Herzen, den ich brauchte.

Wie grau-bunt auch immer, ich erlebte Ost/West/Berlin in dem geschichtsträchtigen Moment, da dieses preußische Vielvölkerdorf sich als Hauptstadt der Berliner Republik aufrappelt.

Die neuen Lieder liefern eine Art Stadtplan für Ost- und Westberlin. Die Geschichten der Menschen und ihre Schicksale spannen einen Bilderbogen von DDR-Zeiten, über den Sturz der Mauer bis in diese Tage. So entsteht ein politisches Sittenbild Berlins in politisch heftig bewegten Zeiten.

Was die Liedform betrifft, so ziehe ich alle Register, die nun mal auf meiner Orgel sind: Lyrische Liebeslieder und ordinäre Gassenhauer, böse Spottgesänge und noble Balladen."

Wolf Biermanns neue CD "Paradies uff Erden. Ein Berliner Bilderbogen" (Um Deutschland ist mir gar nicht bang, In Pankow anner Panke, Kohlen-Otto, Weihnachtsmarkt auf dem Marxengels, Knutsch-Ede, Mimi mit die Kuschelmollis, Im Haus zur ewigen Lampe, Am Alex an der Weltzeituhr, Das Herz vom Prenzlberg, Mama in Weißensee, Jürgen Fuchs, Im Steinbruch der Zeit, Mein Kietz, Ich lag wohl, Adieu, Berlin).

(Gleichzeitig erscheint Wolf Biermanns Berlin-Buch: unter dem selben Titel wie die CD, enthält aber noch mehr Lieder und Gedichte, Liebespoesie und Spottverse. Das Buch hat 160 Seiten, einen festen Einband, gibt's nur bei uns und kostet 34 DM. Es hat die Bestelnummer 15928.)

Die neue CD erscheint, wie alle CDs von Wolf Biermann, exklusiv bei Zweitausendeins.