Mumbai -riesige Stadt mit vielen Gesichtern

Angekommen in Mumbai (auch Bombay genannt) habe ich mich zuerst einmal ein paar Tage umgesehen, bevor ich weiter Richtung Norden zog.
Mumbai ist eine Millionenstadt mit vielen Gesichtern. Auf den Strassen herrscht reger Betrieb. Laerm und Abgas verursacht durch sehr dichten Verkehr belasten die Luft, was zusammen mit der Hitze sehr unangenehm sein kann und oft auch Kopfweh verursacht. Die Gehsteige sind gefuellt mit Fussgaengern, Strassenhaendlern, Bettlern und Tieren. Noch nie sah ich arm und reich so dicht zusammen und nebeneinander leben. Dieser -fuer uns grosse Gegensatz- scheint fuer die Leute hier selbstverstaendlich, schliesslich wachsen sie ja schon mit dieser Vielfalt verschiedener Gesellschaftschichten auf. Fuer den Fremden ist es allerdings sehr gewoehnungbeduerftig...nicht desto trotz ist es sehr interessant und es gibt vieles zu entdecken. Manches sieht man auf den ersten Blick, anderes faellt einem erst bei naeherem Hinschauen auf.
Eines der Wahrzeichen Mumbais ist ganz klar der "Gateway of India", der Triumphbogen Indiens. Er wurde unter der Herrschaft Englands erbaut und ist heute ein Publikumsmagnet Mumbais.

Gateway of India

Neben solch pompoesen Bauten, gibt es leider auch die andere Seite dieser riesigen 18 Millionen Einwohner zaehlenden Stadt. Mumbai hat naemlich die groessten Slums Asiens!
Waehrend eines Fussmarsches durch die Stadt gelangte ich in ein Armenviertel, wo die Leute unter aermsten Bedingungen zusammen mit Tieren auf der Strasse oder in halbverfallenen Huetten leben. Alles ist dreckig und heruntergekommen -ich habe ja schon einiges gesehen in Suedamerika- aber das hier ist ganz was anderes. Auch habe ich hier das erste Mal in meinem Leben Leprakranke gesehen. Erschreckend!

Neben diesen Begegnungen gibt es aber auch vieles Interessantes zu sehen auf den Strassen Mumbais. Kleine Strassenrestaurants bieten alle moeglichen Speisen an, in kleinen Shops wird alles angepriesen, was sich irgendwie verhoeckern laesst und Strassenhaendler versuchen mit irgendwelchen legalen und ilegalen Geschaeften ein paar Extrarupies zu verdienen. Es gab bereits einige schraege Erlebnisse mit den Strassenhaendlern. Ich dachte, ich sei diesbezueglich schon mit allen Wassern gewaschen, aber ich sehe, dass ich nochmals neu dazulernen muss. Die Strassenhaendler hier sind viel geschickter als in Suedamerika!
Kleines Beispiel:
Lauf ich so die Strasse entlang, da spricht mich einer an und deutet auf mein Ohr. Was ist? Hab ich was am Ohr? Ich bleib stehen und fass mir ans Ohr. Doch das haette ich lieber nicht gemacht, denn diese Gelegenheit hat er genuetzt, um mir aeusserts schnell und mit viel Geschick mit einem Staebchen in mein Ohr zu langen und mir meinen Ohrenschmalz rauszuputzen. Ich bleibe verdutzt stehen und denke, dass mir sowas nun doch noch nie passiert sei. Schon streckt er mir ein Kaertchen zu, auf dem zu lesen ist, dass er einer der besten Ohrenputzer der Strasse sei. Beim Studieren der Karte langt er mir ein zweites Mal in mein Ohr (schon wieder extrem schnell, so dass ich kaum reagieren kann). Diesmal meint er mit ernster Stimme, dass ich einen Stein im Ohr haette, was auch immer das heissen mag. Ich sagte ihm, dass er nichts machen soll und mich gehen lassen soll. Ich wollte nicht, dass er mir nochmals ins Ohr fasst. Das ist schon ziemlich unangenehm, wenn jemand einem im Ohr gruebelt. Zudem weiss man ja nicht ob der wirklich alles im Griff hat. Ich wende mich also ab, doch schon steckt er mir ein zweites Kaertchen zu, wo draufsteht, dass er pro Stein 250 Rupies verlangt (ca. 7 Franken). Ich schaue aufs Kaertchen und waehrend dem gruebelt er schnell schnell erneut in meinem Ohr und holt einen sogenannten Stein raus. Was rauskam, war ne riesige Menge Ohrenschmalz, die er dann mit der Pinzette auf seiner Hand verstrich und aus der gelblichen Masse einen kleinen Stein zum Vorschein holte....nachher gabs dann noch ein bisschen Medizin ins Ohr.
Natuerlich wollte er mir die andere Seite auch noch putzen. Ich liess ihn diesmal gewaehren...er schien das wirklich nicht zum ersten Mal gemacht zu haben und vielleicht war es ja wirklich mal an der Zeit, dass ich mir mal die Ohren rausputzen lasse....natuerlich fand er auch auf der anderen Seite einen sogenannten Stein, schliesslich konnte er mir somit nochmals 250 Rupies abknoepfen. Ich war so ueberrumpelt und immer noch sprachlos, dass ich ihm das verlangte Geld ohne grossen Widerspruch in die Hand drueckte. So wurde ich also um 500 Rupies (ca. 14 Franken) aermer und (und das ist ja das wichtigste) um ein Erlebnis reicher. Voellig verdutzt ging ich weiter und ueberlegte mir die ganze Sache nochmals. Ich fand das schon ein bisschen merkwuerdig, dass ich gerade auf beiden Seiten einen sogenannten Stein gehabt haben soll.
Es wurde mir klar, dass der hat mich im wahrsten Sinn des Wortes "uebers Ohr gehauen" hat.

Etwas spaeter sah ich dann, dass es sehr viele Ohrenputzer gibt auf der Strasse und das das wohl ganz normal ist, wenn man auf der Strasse die Ohren geputzt kriegt. Als ich das naechste Mal einen Ohrenputzer am Werk sah, bin ich stehen geblieben und habe vergnuegt zugeschaut.

Quito

Schliesslich habe ich jetzt ja saubere Ohren und kann jedem Ohrenputzer sagen, dass ich mich schon haette putzen lassen.

Dies ist nur ein Beispiel dessen, was man hier so alles erleben kann auf der Strasse. Ich habe auf jeden Fall gelernt, dass man hier etwas vorsichtig sein muss, sonst knoepft Dir an jeder Strassenecke wieder einer Geld ab.

In diesem Sinn wuensche ich Euch alles Gute und sage nur "haltet Eure Ohren sauber!".

Gruessli

Andi
07.02.04, Mumbai, Indien