Udaipur = Romantik pur

Beim Verlassen Mumbais war ich heilfroh endlich aus dem Strassengestank und -laerm rauszukommen. Mein Weg fuehrte mich in den Nordwesten Indiens, in die Region Radjasthan, die von vielen Indienreisenden als die interessanteste bezeichnet wird. Mein erstes Ziel in Radjastan war Udaipur, welches an einem See liegt und als die romantischste Stadt Radjasthans gilt. Schnell wird einem auch klar wieso! Der Citypalast, der frueher vom Maharaja bewohnt wurde, liegt direkt am See und bietet atemberaubende Aussichten.

Citypalast

Der Bau des Palast begann 1526 und erreichte seine heutige Groesse um 1700. Er wurde also waehrend der Zeit des Mogulreichs erbaut. Die muslimischen Moguls (Dynastie tuerkisch-mongolischer Abstammung) herrschten waehrend rund 200 Jahren ueber das schon damals hinduistische Indien und setzten in den verschiedenen Gebieten ihre Maharajas ein, die unzaehlige pompoese Palaeste erstellten. Der wohl bekannteste aus dieser Zeit ist der Taj Mahal in Agra, den ich auf meinem "Indienstreifzug" sicherlich auch noch besuchen werde.
Der heutige Maharaja lebt zwar noch in einem beachtlich grossen Teil des Palasts, hat aber keine politischen Vollmachten mehr (Indien ist heute eine Demokratie).
Hier sichtbar ein Teil des Innenhof des Palasts. Die unterschiedlich hohen Mauern vor dem Palast dienten dem Maharaja auf sein Pferd oder auf den Elefanten zu steigen (darum verschiedene Hoehen -je nach Tier).

Citypalast Innenhof

Habt Ihr gewusst, dass einige Szenen des James Bond Films "Octopussy" hier in Udaipur gedreht wurden? Ich mag mich zwar nicht mehr genau an den Film erinnern, aber ich bin sicher, dass die Szene mit dem Palast eine besonders romantische war...denn was man hier sieht, ist zum Teil einfach ueberwaeltigend...

Balkon

Das obige Bild zeigt einen kleinen mit Gold, Silber und verschiedenfarbenen Steinen und Spiegeln verzierten Balkon, welcher vom Maharaja benutzt wurde, um in den daruntergelegenen Hof zu blicken und den Taenzerinnen und Musikanten zuzuschauen.

Balkon

Die buntverzierten Balkone, bieteten den damaligen Herrschern nicht nur eine tolle Aussicht auf die Stadt, sondern auch Schatten. Zudem wehte, dank der offenen Bauweise, staendig eine leichte Brise durch die Hoefe und Balkone, was nicht ganz unwichtig ist, denn hier kann's ziemlich heiss werden!

Balkon

Auffallend sind auch die vielen farbigen Fenster. Es handelt sich dabei um Einwegglaeser, was bedeutet, dass man rausschauen konnte ohne von draussen gesehen zu werden. Hinter diesen Fenstern sassen die Haremsfrauen des Maharajas, die leider den Palast nur selten verlassen durften und wenn, dann nur verschleiert! Ihr Gesicht durfte von keinem anderen Mann gesehen werden...der Maharaja war der einzige der diese Frauen zu Gesicht bekam. So sassen also die armen Frauen den ganzen Tag an diesen Fenstern und schauten auf das Treiben in der Stadt hinunter...

Farbiges Fenster

Der Citypalast wurde nur waehrend dem Winter bewohnt. Die Sommerresidenz war im Lakepalast, welcher mitten im See gelegen ist. Der Lakepalast ist umgebaut worden und dient heute als Hotel und Restaurant.

Lakepalast

Waehrend der Monsunzeit wohnte der Maharaja im Monsunpalast, welcher einige Kilometer ausserhalb der Stadt auf einem Huegel steht. Der Grund dieser Platzwart ist offensichtlich, wenn man weiss, dass waehrend der dreimonatigen Monsunzeit (Juni- August) ein Dauerregen ueber das Land hereinbricht. Der Monsun bringt zwar Erloesung von der vorangehenden dreimonatigen Hitzeperiode, verwandelt aber Strassen in reissende Baeche und ueberschwemmt oft riesige Teile Indiens. Der Grund den Monsunpalast auf einen Berg zu bauen ist somit klar: der Maharaja hat nicht gerne nasse Fuesse!

Neben Palaesten gibts in Udaipur auch andere schoene Gebaeude zu bestaunen: sogenannte Havelis. Havelis sind grosse reich verzierte Bauten, in denen die Minister des Maharajas und andere Reiche wohnten. In Udaipur findet man viele dieser Havelis mit Blick aufs Wasser.

Blick von einem Haveli aufs Wasser

Hier ein verzierter Torbogen, der zwei Havelis miteinander verbindet.

Haveli

Neben dem Besuch von Sehenswuerdigkeiten kam ich natuerlich auch hier mit der indischen Bevoelkerung in Kontakt. Udaipur ist bekannt fuer seine Maler und Schneidermeister. Sogenannte Malschulen "produzieren" Bilder nach alter indischer Kunst. Das besondere daran ist, dass es sich dabei um Miniaturmalereien handelt, deren feinste Details oft nur per Lupe erkennbar sind. Jede Malschule hat im Schnitt ca. 10 Maler, die solche Miniaturbilder malen. Natuerlich muessen diese Kunstwerke dann auch an den/die Mann/Frau (sprich auch: Tourist) gebracht werden. So kommt es dann auch, dass man keine fuenf Meter gehen kann, ohne angesprochen zu werden. Da der Konkurrenzkampf verstaendlicherweise gross ist (es gibt ca. 50-100 Malschulen hier), versuchen sie es mit allen erdenklichen Mitteln. So wird man des oeftern zu einem Jai (sprich: Tschai), einem indischen Gewuerztee eingeladen oder man wird per Motorrad gratis zu einem beliebigen Ort hin chauffiert (mit dem Versprechen, dass man sich nachher ganz bestimmt die Bildersammlung anschauen kommt).

Auch die Schneider sind sehr emsig hier und versprechen einem einen Armani-Anzug fuer 200 Franken masszuschneidern. Und der Bruder des Geschaeftsfuehrers ist selbstverstaendlich ein Armani-Model. Sofort ist auch irgend ein Armaniheft von 2001 zur Hand, welches dann auch tatsaechlich im Vordergrund ein indisches Model zeigt, im Hintergrund den Citypalast von Udaipur! Wenige Minuten spaeter taucht dann das Model (oder sagt man der Model, wenns ein Mann ist?) auch noch hoechstpersoenlich im Laden auf....klar dass sich da viele Touristen nicht zurueckhalten koennen und sich sofort einen sogenannten "Armani-Anzug" anfertigen lassen!

Ich will mich keineswegs ueber die Inder lustig machen -die meisten sind sehr liebenswert- aber ihre Geschaeftstuechtigkeit ist am Anfang schon ein bisschen ungewohnt fuer uns Europaer!

Falls jemand dieselbe Koerpergroesse hat wie ich und sich einen billigen Anzug wuenscht, kann ich ihm den gerne besorgen..."Very good, very cheap, special price just for you!"

Gruessli

Andi
15.02.04, Udaipur, Indien