Traumpfade
Herausgegeben von Ernst Wurdack und Stefanie Pappon


Die 20 besten Geschichten des Wettbewerbs 2000


Taschenbuch A5
136 Seiten


Homepage der Storyolympiade



Mittlerweile ist das Buch „Traumpfade“ ausverkauft.

Daher gibt es meinen Beitrag, die Kurzgeschichte „Fließende Übergänge“, in kompletter Länge online.

Ein Besuch auf der Homepage der Storyolympiade lohnt sich trotzdem: Dort findet der interessierte Leser Infos zu den Nachfolge-Anthologien „Geschöpfe der Dunkelheit“ und „Hexen, Magier, Scharlatane“, zum ersten Neben-Projekt „Düstere Visionen“ sowie zu weiteren in der Reihe Storyolympiade Spezial geplanten Büchern.


Kurzgeschichten von:
Bernd Schneider, Elvira Lauscher, Petra Hartmann, Anton Born, Stefanie Bense,
Dorothea Franz, Daniela Hoppaus, Armin Rößler, Catrin Hahne, Gabriele Scharf,
Andrea Tillmanns, Christiane Kleine, Petra Vennekohl, Ludger Meese, Detlef Schirrow,
Manfred Pisecky, Markus Köller, Uwe Frinker, Daniel Hengst und Olaf Mews.


Fließende Übergänge
(Leseprobe)

Natürlich hatten auch Sie schon dieses merkwürdige Gefühl. Sie sind morgens aufgewacht, vielleicht einmal, vielleicht sogar mehrfach, und verspürten einen seltsamen Verlust, der sich nicht näher präzisieren ließ.

Merkwürdig erschien Ihnen dieses Gefühl in dem Sinn, als ob Sie gerade im Moment des Erwachens etwas wirklich Wichtiges vergessen hätten. Als ob Ihnen etwas entglitten wäre, etwas von Bedeutung, von dem Ihnen dann plötzlich bewusst wird, dass Sie es nie wieder finden werden. Dass Sie nie wieder daran denken werden. Nicht weil Sie nicht wollen, sondern weil Sie nicht können. Sie haben es nicht einmal wirklich vergessen, was auch immer es war, denn es hat für Sie nie existiert.

Ich kann es ruhigen Gewissens zugeben: An diesem Zustand, der wohl jeden Menschen schon heimgesucht hat, bin allein ich schuld. Dieses Geständnis fällt mir so leicht, weil mich niemals jemand deswegen wird belangen können. Wenn Sie diese Zeilen lesen, mag es nur noch Sekunden dauern, und die Voraussetzungen sind schon wieder völlig andere. Dann bin ich vielleicht längst in einer Welt, in der Sie überhaupt nicht leben oder gerade aufgehört haben zu leben oder niemals gelebt haben.

Normalerweise sind die Wechsel natürlich nicht so abrupt, dass sich Vieles (und noch dazu Bedeutendes) in einem einzigen Augenblick, während eines einzigen meiner Träume, verändert. Aber auch das habe ich schon erlebt. Daher sollten Sie es sich ganz besonders gut überlegen, ob Sie an dieser Stelle auch tatsächlich weiterlesen wollen. Denn Nichtwissen kann auch seine Vorteile haben. Der Drang, mit dem, was ich hier offenbare - weil ich mich so sicher fühle -, an die Öffentlichkeit zu gehen, mag übermächtig werden. Und wenn dieses Wissen dann publik wird, könnte auch ich oder vielmehr mein Unterbewusstsein auf dem ein oder anderen Weg davon erfahren. Wie die Reaktion aussehen wird, können Sie sich erst dann vorstellen, wenn Sie zum Ende dieses Berichts gelangt sind - und dann ist es wahrscheinlich zu spät.


zur vollständigen Fassung


Rezension von Thorsten Küper

Die Veröffentlichungsmöglichkeiten für deutsche Nachwuchsautoren sind bekanntlich dünn gesät, insbesondere wenn es um die Genres Fantasy und SF gibt. So sind die ebenso seltenen Kurzgeschichten-Wettbewerbe für Newcomer eine schöne Möglichkeit ihre Arbeiten einem kritischen Publikum zu präsentieren. Einer der größten und bekanntesten Schreibwettbewerbe ist die Storyolympiade, die im Jahr 2000 zum zweiten Mal unter der Führung von Stefanie Pappon und Ernst Wurdack veranstaltet wurde. Insgesamt 18 Juroren wählten die 20 besten Wettbewerbsbeiträge aus, die nun in Form einer Anthologie unter dem Titel "Traumpfade" vorliegen. Insgesamt 131 Seiten lang ist dieses schön gestaltete Buch, mit einem breitegefächerten Spektrum an Storys aus SF und Phantastik, wobei letztere den etwas größeren Anteil der Anthologie ausmacht. Mir persönlich als mehr science fcition-orientiertem Leser ist die Sammlung daher vielleicht auch etwas zu "fantasy-lastig", was jedoch nicht als Kritik an der Qualität eben dieser Beiträge verstanden sein soll. Im Augenblick scheint ja ganz allgemein das Fantasygenre einen Boom zu erleben - eine reine Geschmacksfrage natürlich.

Ausnahmslos alle Storys sind unterhaltsam und gut geschrieben und könnten genauso gut einer Anthologie - derer es ja nicht mehr so besonders viele gibt - aus einem großen Verlag entstammen.

Mir fielen insbesondere Bernd Schneiders "Die Wahrheit ist irgendwo", eine Art historischer Kurzgeschichte zum Thema künstlicher Intelligenz, sowie Gabi Scharfs "Die blaue Stunde", eine sehr melancholische SF-Story, außerdem Olaf Mews "Die Schlüsselfigur" und Manfred Piseckys "Der Fluch der Dunkelwolke" auf. Interessant auch jene Kurzgeschichten, die sich keinem klar definierten Genrezweig zuordnen lassen, wie Anton Borns "Geburtstag" und Armin Rößlers "Fließende Übergänge."

Insgesamt kann ich "Traumpfade" nur empfehlen, zeigt die Anthologie doch, dass es durchaus literarischen Nachwuchs in Deutschland gibt, der in der Lage ist, eine Geschichte zu ersinnen, statt sich über zweihundert bis dreihundert Seiten hinweg über Nachtleben in der Technoszene, One-Night-Stands, Zigaretten- Drogen- und Alkoholexzesse, Schreibblockaden und mangelnde Kreativität auszulassen, so wie es die sogenannte und nicht nachvollziehbar hochgelobte "junge deutsche Literatur" tut.

Außerdem beweist die vorliegende Sammlung doch auch, dass die Kurzgeschichte noch lange nicht "tot" ist. Vielmehr fehlt den neuen Lesern wohl mehr und mehr die Fähigkeit sich immer wieder auf neue Welten einzulassen - was nichts anderes als den Verlust von Phantasie bedeuten kann und das in einer Gesellschaft, die sich kosmopolitischer und weltoffener glaubt als jede andere vor ihr.

"Traumpfade" ist ein Buch für den kleinen Hunger im Kopf zwischendurch. Die Länge der Storys ist ideal um mal eben in der Pause oder in der U-Bahn verkonsumiert zu werden.

Lesenswert!

mit freundlicher Genehmigung von Thorsten Küper
seiner Homepage Sublevel 12 entnommen


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Copyright © 2002 by Armin Rößler
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