Die Design Challenge

(Die Design Challenge war eine Aktion einiger Leser/Schreiber des Forums für Hobbyschneiderinnen. Den Thread findet ihr hier.
Die Ergebnisse der Challenge sind hier zu bewundern.)

Motivation für die Teilnahme:

1) Ich möchte für meine Tochter ein Abiballkleid machen. Wochenlanges Suchen nach einem geeigneten Schnitt/Stoff verliefen ergebnislos, so dass ich mich entschlossen hatte, einfach ein Probe-Kleid zu machen um bei ihr ein gewisses Interesse für das Thema zu wecken
2) Ich habe im Forum der Hobbyschneiderinnen in diesem Thread erstmals von der Firma Rembo erfahren, und wollte eine Technik testen, die ich dort gesehen habe
3) Ich werde eine Website über meine Kleider machen, und zu diesem Zweck benötige ich ein paar “Image-Bilder” für die meine Tochter posieren soll


Ursprünglich sollte das “Rembo”-Kleid grün werden. Und die Stadt Berlin mag ich nicht. Also kurz ein bisschen Brainstorming gemacht, die Augen hilfsuchend nach oben gerichtet und da war sie, die Idee für MEINE Challenge:



Der Himmel über Berlin

(nach einem Film von Wim Wenders)

Wer den nicht kennt: Filmlink

Umsetzung:
a) das Material

12 Meter Stoff bestellt, die rasend schnell geliefert wurden (Danke, Stoff am Stück!)
Schnitt für eine Corsage, Burda “Festliche Mode” 24/94, Modell 310, Größe 44
Schnitt für ein Kleid (ohne oberes Corsagenteil) aus Burda Brautmode 14/95, Modell 908 Größe 44
Blaue Stofffarbe für die Waschmaschine
Ein Rest bestickte Seide
5 Meter Coupon Polyester-Organza (Quelle siehe diesen Thread)



Stempel
Chlorbleiche
Stoffmalfarbe Deka Permanent


Zubehör(NäMa, Overlock, Garne, Stoffeinlage, Reißverschluß etc)

b) die Verarbeitung
12 Meter Stoff PLUS den Seidenrest in der Waschmaschine gefärbt. Da es sich um eine solche Menge Stoff handelte (der Hersteller der Farbe rät davon ab so viel Stoff auf einmal zu färben) ist das Färbeergebnis “wolkig” geworden, was in diesem speziellen Fall aber gewünscht war.
(Anmerkung: Falls ich das noch mal machen sollte, färbe ich erst NACH dem Nähen! Färbt man vorher, hat man später grosse Farbunterschiede entlang der Nähte, färbt man nachher, läuft der “Wolkeneffekt” über die Nähte)
Aus dem Baumwollstoff habe ich dann den Rock zweimal zugeschnitten.
Den unteren Rock habe ich mit Bleiche bestempelt. Dazu benetze ich den Stempel mit Chlorbleiche und drucke auf den Stoff

Achtung! Bleichen kann man nur nicht-kochechte Farben, weshalb ich solche zum Färben genommen habe.
Der untere Rock bekam eine umlaufende Bordüre aus Sternen und Monden, der erste Bezug zum “Himmel über Berlin”
Das sah dann anfangs so aus (es wurden noch viel mehr Sterne und Monde):


Außerdem wurde der untere Rock mit Wäschestärke (höchste empfohlene Konzentration) behandelt, um ihm die gewünschte Festigkeit zu geben.

Den oberen Rock habe ich an einigen Stellen gerafft. Ich habe dazu eine Stoff-Kräusel-Technik abgewandelt, die ich auf dieser Seite (Stoff kräuseln (nach unten scrollen)) gesehen hatte. Die Schnur, mit der man die Kräuselung anzieht, hatte mir bereits einmal Probleme bereitet (Unregelmässigkeiten in der verwendeten Hanfschnur blieben im ZickZack hängen), darum wollte ich diese Technik einmal abwandeln. Zufällig hatte ich Satinband im Fundus, dessen Breite EXAKT der Stichbreite meines breitesten ZickZack entsprach.
Bei mir sah das dann so aus:



Da das Satinband recht hübsch anzusehen ist, habe ich diese Kräuseltechnik AUF die rechte Stoffseite der oberen Rocks angewendet.
Der weitere Vorteil dieser Kräuselung ist, dass ich die angezogenen Satinbänder nutzen konnte, um einen weiteren Raffeffekt mit 2 langen Bahnen Organzastoff einfach damit zu erzeugen, dass ich das Organza mit den Satinbändern festgebunden habe (ich hoffe das ist jetzt verständlich, weitere Eräuterung und Bilder demnächst hier)


Als Unterbau für den Rock habe ich einen bodenlangen Unterrock mit Rüschen aus meinem Fundus verwendet, den man auf den Bildern nicht sieht.


Nun zur Corsage:
Übliche Verarbeitung: Miederstäbchen, mit Baumwollstoff gefüttert, und statt des vorgeschriebenen Reißverschlusses eine Schnürung aus Schlaufen angebracht (dann kann man die Weite anpassen falls Tochter zu-/ oder abnimmt)
Dann mit dem Organzastoff eine Drapierung erstellt (der Stoff wurde unten zwischengefasst) und diese mit Handstichen an der Corsage befestigt. Die nach oben verlaufende Drapierung sollte (Rembo-Style) weiter über die Schulter als Neckholder verlaufen. Da ich diese an meiner Puppe abgesteckt habe, passte es meiner Tochter so nicht (tieferer Nacken) und der “Träger” wurde nur einseitig. Pech und was gelernt.


Zusätzlich zu der Drapierung wollte ich Applikationen aus gestempelten Schmetterlingen anbringen. Zu diesem Zweck habe ich Tests mit Flisofix durchgeführt, die nicht das gewünschte Ergebnis gebracht haben. Ich wollte diese Ergebnis dann abwandeln, jedoch hat mich am letzten Abend vor dem Fototermin mein Bügeleisen im Stich gelassen, also musste ich wieder abwandeln.
Da ich die gestempelten Schmetterlinge als Applikation ausschneiden wollte, mussten die Schnittkanten gesichert werden. Statt sie mit Flisofix zu festigen hab ich sie dann mit der Nähmaschine umstickt (Stichlänge 1, Stichbreite 1), zur Festigung habe ich den Organza der Drapierung verwendet. Dabei hab ich auch mal probiert, den Organza ÜBER dem gestempelten Stoff aufzunähen (statt als Festigung darunter)... Das sah super aus und gab den Schmetterlingen einen hübschen Glanz. Einige Schmetterling (die kleinen) wurden auf die unbestickte Stoffkante der Seide geduckt, diesen Seidenglanz wollte ich nicht überdecken und hab den Organza beim Sticken unter der Seide belassen. Die Schmetterling mit Organza drüber wurden auf den Baumwollsatin gestempelt.


Eine ausführliche Anleitung zum Stempeln stelle ich demnächst hier ein, erst müssen wir mal den 7ten Geburtstag meines Jüngsten UND Ostern überstehen!


Also die Schmetterling gedruckt, bestickt/verstärkt und sorgfältig knapp entlang des schmalen Zickzack ausgeschnitten. (Hier muss ich anmerken dass das Flisofix fehlt, die Applikationen sind immer noch recht lappig)


Die Applikationen mit der Hand aufgenäht. Ich wollte mit den nach oben fliegenden Flattermännern den Effekt erzielen, als würden sie nach oben wegfliegen.... Wenn man´s weiß sieht man es :-D



c) das Ergebnis

“Himmel über Berlin”

..... Der Rock sollte das gewählte Thema in zweierlei Hinsicht wiederspiegeln: Sterne und Wolken.


Mit den bedruckten Sternen bin ich sehr zufrieden (die Bilder zeigen das leider nicht gut)
Die Drapierungen finde ich weniger gelungen. Das mag am Stoff liegen (das ist keine Kritik am Stoff, eher an meiner Verwendung des Selbigen), denn eine Drapierung wie ich sie angewendet habe braucht leichten Stoff mit “Stand”. Abgehakt.


Die Corsage.... Tja, dazu gäbe es viel zu sagen (diese Website hat ja noch viiieeel Platz *grins*)) aber letztendlich zählt ja nur das Ergebnis. Bei der Corsage flattert der Baumwollsatin in Form von Schmetterlingen über das Kleidungsstück... Wer hätte das gedacht? Die Corsage ist VÖLLIG anders geworden als ich es geplant hatte. Aber solche Überraschungen sind vielleicht das Salz in der Suppe, denn im Nachhinein mag ich das Ergebnis, auch wenn es so ganz anders ausgefallen ist. Ich würde vieles daran anders machen (zum Beispiel erst die Drapierung annähen und DANN erst füttern :-D ), aber dennoch denke ich dass es ganz nett aussieht...


d) die neue Technik

erste: Ja also... Meine Ausgangsbasis für eine neue Technik war der Wunsch, diesen Drapierungseffekt wie bei den Rembo-Kleidern zu erzielen. Das ging total daneben. Ich wollte das mit Spitze machen, hab aber in den nicht mal 3 Wochen Restzeit keine geeignete auftreiben können. Darum sind die gestempelten Schmetterlinge eine Notlösung. Also nehmt die Organza-Drapierung als meine ERSTE neue Technik.


Da die Technik Gegenstand der Challenge ist, hier ein paar Worte dazu:
Ich habe den Organza (Nicht im queren Fadenverlauf, der legt sich auch im geraden Fadenlauf sehr gut) erst gekäuselt und dann am unteren Rand der Corsage zwischengefasst. Dann über den Stoff gezogen und an der oberen linken Spitze der Corsage festgesteckt. Die entstehenden Falten dann mit einigen Handsticken fixiert. Das sah schon ganz nett aus, aber da der Organza durch die Falten dann doch recht undurchsichtig wurde ging der “Rembo”-Effekt verloren. (bestickte Spitze hätte ich nicht in Falten gelegt)


Zweite: Da ich nun noch was zum verzieren brauchte, kam ich auf die Stempel (zu den Sternen komme ich noch) Ich habe ja hunderte, aber Schmetterlinge sind eins meiner Sammelgebiete in Sachen Stempel. Also ein paar davon genommen und mit blauer Stoffmalfarbe (Deka Permanent) und einem Schwämmchen eingefärbt (ja, das geht genauso wie Blauweisschen das immer mit den Modeln macht) Auf den glatten Stoffen (Satin und Seide) wurden die Abdrücke perfekt. (weitere Erläuterungen demnächst hier)
Auf Stoff habe ich schon oft gestempelt, aber jetzt kommt´s: Rechtzeitig zur selbst gesetzten Deadline ging mein Bügeleisen kaputt. Die geplante Verstärkung der Drucke mit Vlies waren als nicht mehr drin. Darum hab ich - wie gesagt - die Drucke mit einem Rest des Organzas verstärkt, dazu musste ich die Kanten der Motive mit einem farblich passenden Garn und einem schmalen ZickZack umsticken. Ich wollte das im Stickrahmen tun, aber dieser ging nicht unter die Nadel der Maschine (der Rand des Stickrahmens war zu breit) also alles nur mit der Hand festgehalten. Das ging leidlich, aber halt nicht so ganz perfekt, nächstes Mal mache ich das besser! Applikationen aus Stoff selbst zu machen waren Neuland für mich, also Technik Nummer zwo!


Drei: Die Drapierung des oberen Rockes... Ich wollte versuchen diese am fertigen Teil zu machen. Also habe ich sie an der Puppe abgesteckt, erst an einer Seite. Dann- damit das Ganze symmetrisch wird- von der Puppe gezogen und alle Markierungen auf die andere Seite übertragen. Dann wie beschrieben das Satinband aufgenäht und gerafft. Dazu könnte ich einen Roman schreiben, aber wichtig ist wieder einmal das Ergebnis, und das finde ich ein wenig enttäuschend. Aber da ich so was never ever gemacht hab: das war Technik Nummer drei.


Vier: Jetzt kommt meine Lieblingstechnik. Und die kam so: Im Hobbyschneiderinnenforum wurde eine Jacke in der aktuelle Burda diskutiert, die die typischen Bleicheffekte an den Nähten und Säumen aufweist. Auf die Frage wie man diese denn (an einer selbstgemachten!) Jacke erzielen soll, hat Anne Liebler im Burda-Forum den Tipp gegeben, den Stoff mit Bleiche zu behandeln.
Ich habe in meiner aktiven Stempelzeit oft mit Bleiche gestempelt. Tipps dazu findet ihr hier:stempeln mit Bleiche

Also hab ich gleich mein Dan Clorix geholt und an einer selbst genähten Jeans rumgefummelt..... Nix Bleicheffekt. Ich weiß von Papier, dass man nicht jedes bleichen kann, ist ja irgendwie logisch: Farben, die nicht bei Lichteinwirkung oder waschen ausbleichen, reagieren auch nicht auf Bleiche! Darum habe ich beim Färben der Baumwolle Farbe benutzt, die als NICHT waschecht bezeichnet wurde. Man soll die gefärbten Kleidungsstücke immer separat waschen und bis max. 30 Grad. Diese Farbe ließ sich ganz hervorragend bleichen. Ich habe dazu dann Schaumstoff-Stempel benutzt, die halten die Bleiche besser als Gummistempel und zufällig hatte ich genau die gewünschten Motive auf Lager. Das war Technik Nummer vier.


e) die Fotos:

Meine Tochter und ich habe viele Bilder gemacht, einige mit Schwerpunkt KLEID, andere wiederum mit Hinblick auf das IMAGE oder die Bildwirkung.
Gepasst hat es meiner Tochter sehr gut, das Abiballkleid wird also in dieser Größe gefertigt, den Schnitt können wir dazu getrost verwenden (ohne Schleppe)
Ich habe in den 3 Wochen, in denen ich das Kleid gemacht habe, hin- und herüberlegt wo ich es fotografieren soll. Das Kleid ist recht umfangreich, also schliessen sich Bilder in der Wohnung aus. Ich dachte an Museen oder Galerien... Ich habe sogar öffentliche Schwimmbäder in Erwägung gezogen, wollte das aber meiner Tochter nicht antun. Das Kleid in Mutter Natur zu knipsen verbot sich von selbst, ich wollte es nicht verschmutzen!
Am Ende sind wir auf der Terrasse meines Papis gelandet, wo ein sauberer Boden, eine regensichere Überdachung und eine weisse Wand als Hintergrund gegeben waren. Dennoch werde ich weiterhin nach einer geeigneten Location suchen, und bin für Vorschläge sehr aufgeschlossen.



Mailt an babbelgum61 ät yahoo dot de

Nun endlich das Ergebnis einer 3-wöchigen Reise in den

“Himmel über Berlin”, sehr frei nach Wim Wenders:




Aber der Reihe nach:

Zunächst ein Bild vom Kleid"unterbau", dem unteren Rock, mit den gestempelten Bleiche-Sternen (hier sieht man den Schnitt gut, leider weniger von den Sternen, die sieht man auf einem der nächsten Bilder besser:



Dann ein Bild von der zweiten Kleiderlage, dem gerafften Überrock:


Man sieht schon die Sterne etwas besser.


Nun die Schmetterlinge, die auf der Corsage nach oben fliegen:



Und zu guter Letzt noch ein Bild von allem zusammen, hier sieht man am besten die Sterne. leider sieht man nicht, wie schön sich die Sternenbordüre um den Saum herumzieht, an einigen Stellen laufen die Sterne bis zur halben Höhe des Rocks.




Und noch das Lieblingsbild meiner Tochter, man sieht nicht viel von gar nix, aber sie liebt es:





Das wäre geschafft, auf zu neuen Taten! Eure Bärbel Born