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Wann zahlt die Krankenkasse?

Quelle: Enuresis Gruppe

Kostenübernahme/-Erstattung durch die Krankenkassen(gilt nur für Deutschland) Quelle ex

1. Allgemeines zur Leistungspflicht der Krankenkassen

Nach § 33 SGB V haben die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)Anspruch auf die Versorgung mit Hilfsmitteln, soweit diese erforderlich sind,um körperliche Beeinträchtigungen und Funktionseinschränkungen zu beheben bzw. zu lindern.
Ob dazu auch aufsaugende Inkontinenzprodukte (Windeln, Vorlagen etc.) gehören, war lange Zeit umstritten. Die Krankenkassen haben in den 80er Jahren die Leistungspflicht vielfach mitdem Argument verneint, Windeln u.ä. seinen eine lediglich hygienische Maßnahme und dienten insoweit nur der Bequemlichkeit des Versicherten bzw. der Erleichterung der Pflege.
In mehreren Gerichtsverfahren mußte die Kostenerstattung von Versicherten durchgesetzt werden. Die entsprechenden Urteile haben zu einer etwas merkwürdigen Lage geführt:
Inkontinenzwindeln gelten immer noch als nur beschränkt erstattungsfähig, d.h. die Kasse zahlt nicht in jedem Fall. Es existieren aber anerkannte Fallgruppen, in denen die Erstattung unproblematisch ist. Das betrifft folgende Fälle:

a) Das Hilfsmittel ist zu Behandlung einer Krankheit erforderlich.Hier kommen vor allem Hauterkrankungen in Betracht, die durch die Verwendungvon Windeln gebessert werden können.

b) Durch die Windeln kann dem Entstehen von Hautkrankheiten vorgebeugt werden.

c) Durch die Windeln kann Pflegebedürftigkeit vermieden bzw. vermindert werden.

d) Die Windeln ermöglichen dem Versicherten die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

Betrachtet man die Fallgruppen, dann wird klar, daß 99% der Fälle erfaßt werden: Bettlägerige und/oder pflegebedürftige Personen fallen regelmäßig unter a) - c), während für aktive Personen ohne weiteres Fallgruppe d) anzunehmen ist: Bei einer bestehenden Inkontinenz ist ohne die Verwendung entsprechender Hilfsmittel ein Aufenthalt außerhalb der eigenen vier Wände eben nicht möglich.

2.Konsequenzen der beschränkten Erstattungsfähigkeit

Ganz ohne Folgen ist die lediglich beschränkte Erstattungsfähigkeit aber nicht. Sie führt zu folgenden Einschränkungen:

a) Anforderungen an das Produkt
Nur Inkontinenzprodukte, die durch die Krankenkassen zugelassen sind, können verordnet werden. Es muß sich um spezielle Produkte für diesen Zweck handeln, die im Hilfsmittelverzeichnis der GKV gelistet sind. Das ist bei Inkontinenzprodukten aller bekannten Hersteller der Fall.

Nicht verordnungsfähig sind jedoch zB Damenbinden oder Babywindeln -es handelt sich eben nicht um Inkontinenzprodukte.

b) Anforderungen an das Rezept
Damit die Krankenkasse die Übereinstimmung mit den oben erwähnten Fallgruppen prüfen kann, muß das ärztliche Rezept die Verordnung kurz begründen, also zumindest den Zusatz "Wegen Harninkontinenz" enthalten und auf eine der Fallgruppen verweisen.
Korrekt also zB "Wegen Harninkontinenz - zur Ermöglichung der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben".

c) Besonderheit bei inkontinenten Kindern

Bei kleinen Kindern ist Inkontinenz keine Krankheit, sondern ein Normalzustand - alle Menschen werden inkontinent geboren. Die GKV erkennt die Verordnungsfähigkeit von Hilfsmitteln für Kinder also erst dann an, wenn die Inkontinenz "altersunüblich" ist, d.h. wenn Kinder dieses Alters normalerweise trocken sind. Die meisten Kassen ziehen die Grenze dafür bei vier Jahren. Vorher müssen die Eltern selbst zahlen, auch wenn klar ist, daß das Kind einen organischen Defekt hat und voraussichtlich inkontinent bleiben wird (zB bei spina bifida).
Ausnahmen von dieser Regelung sind möglich, liegen aber im Ermessen der Krankenkasse.

d) Bettnässen/nächtliche Inkontinenz
Schwierig ist die Lage bei einer nur nachts bestehenden Inkontinenz oder bei Bettnässen.
Natürlich ist auch dies eine Krankheit, bei der Hilfsmittel verordnet werden können (zB sind Bettnässer-Weckgeräte ja problemlos verordnungsfähig). Zweifelhaft ist aber, ob eine der Fallgruppen von oben gegeben ist. Gruppe a)- c) scheidet von vornherein aus.
Es bleibt also nur die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.Man kann sich gut auf den Standpunkt stellen, daß bei Kindern nachts kein gesellschaftliches Leben stattfindet und deshalb die Windel nur dazu dient, den Eltern das Problem mit der Wäsche zu erleichtern. Dafür aufzukommen dürfte nicht Aufgabe der Krankenkasse sein. Andererseits wird aber auch für das Kind das Problem erleichtert und Übernachtungen außer Haus, zB im Urlaub mit den Eltern (Hotelbett!) werden in vielen Fällen erst mit Windeln überhaupt möglich.Von daher ließe sich eine "Erleichterung der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben" durchaus bejahen.

In der Praxis dürfte zu diesem Problem viel vom Arzt abhängen. Wenn er bereit ist, ein entsprechendes Rezept auszustellen, in dem er Inkontinenz und die Erforderlichkeit der Windeln zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben bescheinigt, wird die Kasse kaum Fragen stellen. Gerichtlich geklärt ist die Frage bisher nicht.

3. Finanzielle Grenzen der Erstattung
Für Inkontinenzhilfsmittel gibt es keine Rezeptgebühr oder allgemeine Zuzahlungspflicht.
Seit dem 1.9.1997 gelten jedoch auch für Inkontinenzhilfsmittel sogenannte Festbeträge.
D.h., die Kassen übernehmen nicht mehr Kosten in beliebiger Höhe, sondern nur noch bis zu einem bestimmten Betrag. Ist das verordnete Hilfsmittel teurer, muß der Patient zuzahlen.
Die Höhe der Festbeträge ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich, so daß das gleiche Produkt in Bayern zuzahlungspflichtig, in Hessen zuzahlungsfrei sein kann.
Die Festbeträge sind relativ knapp bemessen; sie liegen zB bei etwas über einer DM für eine Windelhose mittlerer Größe. Dafür wird häufig ein qualitativ hochwertiges Markenprodukt nicht zu bekommen sein. Es liegt dann am Versicherten, ob er sich mit einer billigeren Windel zufriedengeben will oder den Differenzbetrag zuzahlt.

Eine Verpflichtung, ein bestimmtes Hilfsmittel zu wählen (zB. wiederverwendbare Windelstatt Einwegprodukt), besteht weder für den Arzt noch für den Versicherten. Hat der Arzt ein Einwegprodukt verordnet, so muß die Kasse auch zahlen, wenn sie Mehrwegprodukte für günstiger hält. Die Kasse kann insoweit nur Empfehlungen, keine Verpflichtungen aussprechen.

4. Hinweise für Selbstzahler
Alle, die regelmäßig oder gelegentlich Inkontinenzprodukte selbst bezahlen, sollten beachten, daß sich Preisvergleiche hier besonders lohnen. Eine 28er Packung Tena Slip wird zB an Selbstzahler zum Teil für 40, zum Teil aber auch für 60 DM abgegeben. Der Grund für die Preisunterschiede liegt darin, daß viele Apotheken und Sanitätshäuser hier mit gespalteten Preisen arbeiten, also gegenüber der Kasse das Produkt zum (kaum kostendeckenden) Festbetrag abgeben,gegenüber Selbstzahlern aber einen höheren Preis berechnen, weil sie so mehr verdienen. Nicht alle Anbieter folgen jedoch dieser unschönen Praxis. Sie berechnen auch Selbstzahlern nur den niedrigeren Kassenpreis. Es lohnt sich daher, nach einer günstigen Apotheke/Sanitätshaus zu suchen.Die Ersparnisse können beachtlich sein.


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