Ryle
Descartes
Descartes

Descartes – Dualismus von Körper und Geist, Geist und Materie, Dualismus als psychophysisches Phänomen und erkenntnistheoretisches Problem, Dualismus und Monismus im Vergleich


Von Bettina Müller

Juni 2006

Begriff des Geistes: sehr oft wird der Begriff Seele oder Geist synonym oder abwechselnd gebraucht. Unter Geist meint man eher die intellektuelle Tätigkeit, während der Begriff der Seele auch das Emotionale wie Gefühle impliziert. Wie so oft beruft man sich auf den englischen Begriff „Mind“, der beide Bereiche absteckt. Mein Vorschlag, „Mind“ mit dem Schrägstrich Seele/Geist zu veranschaulichen oder hier im Text Geist oder Seele zu benutzen und „Mind“ zu meinen.

Saul Kripke, der u.a. durch seine Auseinandersetzung mit Ludwig Wittgenstein bekannt ist, nimmt eine Position ein, die in Widerspruch zu manchen gängigen Meinungen steht. Er wendet sich in Name und Notwendigkeit gegen ein deterministisches Weltbild, in dem gewisse Eigenschaften eines Menschen zwingend notwendig sind und bringt Begriffe wie Kontrafaktizität, starre Bezeichnungsausdrücke, Gültigkeit in verschiedenen Welten zur Diskussion.

Kripke kritisiert John Searle bezüglich seiner Bündeltheorie, die man in der deutschen Ausgabe „Sprechakte“ im Kapitel Eigenname finden kann. Hierbei nimmt er eine Position ein, die bei der Diskussion um Descartes bei manchen Autoren, z.B. Kemmerling, implizit vorhanden ist, ohne dass exakt differenziert wird.

Searle beschäftigt sich in diesem Kapitel mit Eigennamen – Namen beschreiben den Gegenstand nicht, sondern vertreten den Gegenstand selbst. Es geht hierbei bei diesem Zitat um Eigenschaften eines Menschen und inwiefern diese wichtig sind. „Wenn wir die Leute, die den Namen „Aristoteles“ verwenden, auffordern, einiges über ihn zu sagen, was sie als wesentlich und gesichert betrachteten, so würden wir zur Antwort eine Reihe von identifizierenden Beschreibungen erhalten. Ich möchte beweisen, dass, wenn auch nicht die einzelnen identifizierenden Beschreibungen, so doch ihre Disjunktion mit dem Namen „Aristoteles“ analytisch verknüpft ist.“ (Searle, S. 253)

Und weiter unten:

„Meine These ist, dass die Bedingung dafür, und damit zugleich die deskriptive Rolle dieser Aussage, darin besteht, dass eine hinreichende Anzahl – welche genau, bleibt offen – der oben vorausgesetzten Beschreibung oder Aussagen auf den Gegenstand zutrifft.“ (S. 253)

Um einen Namen oder einen Gegenstand zu identifizieren braucht man nach Searle eine Reihe identifizierender Beschreibungen oder mit Kripkes Interpretation von Searle gesprochen: so sei es nach Searle keine notwendige, sondern eine kontingente Wahrheit, dass sich Aristoteles als Erzieher betätigt hat. Kripke geht jedoch darüber hinaus und streitet jegliche Notwendigkeit ab, dass Aristoteles die Eigenschaften haben musste, die ihm gewöhnlich zugeschrieben wurden. Kripke versucht in seinem Buch Name und Notwendigkeit zu zeigen, dass Namen feste Bezeichnungsausdrücke sind.

Als erstes Argument für seine These bringt er die Geschichtswissenschaft an. In der Geschichtswissenschaft gäbe es manchmal Meinungen, dass ein Individuum, sobald es geboren sei, dazu bestimmt sei, bestimmte Aufgaben zu erfüllen. Gibt es notwendige Wahrheiten bezüglich einer Person, so verfällt man in ein deterministisches Weltbild.

„…, dass ein bestimmtes Individuum, sobald es einmal geboren ist, dazu bestimmt ist, verschiedene große Aufgaben zu erfüllen, und daher wird es unmittelbar zum Wesen des Aristoteles gehören, dass er Gedanken entwickeln sollte, die einen großen Einfluss auf die westliche Welt hatten.“ (Kripke, Name und Notwendigkeit, S. 89)

Auch für Kripke liegen die wichtigsten Eigenschaften des Aristoteles in seinem philosophischen Werk und die wichtigsten Eigenschaften Hitlers in seiner mörderischen politischen Rolle, trotzdem hing kein Schicksal über ihnen, sie hätten sich immer auch anders verhalten können.

„Wenn ich den Namen „Hitler“ höre, bekomme ich in der Tat ein täuschendes „Gefühl im Bauch“, dass es irgendwie analytisch ist, dass dieser Mensch böse war. Aber in Wirklichkeit ist es wahrscheinlich nicht analytisch. Hitler hätte sein ganzes Leben ruhig in Linz verbringen können.“ (Kripke, S.89)

Etwas zurückhaltender sieht Kripke seine Argumentation nun bezüglich der Sprache. Man könnte sich durchaus eine kontrafaktische Situation vorstellen, in denen Leute in anderen möglichen Welten eine andere Sprache sprechen würden, trotzdem, und hier scheint er mir den Argumenten des Sprach- und Handlungsphilosophen Donald Davidsons übereinzustimmen, selbst wenn man nun eine Sprache in einer unüblichen Weise verwendet, so würde man doch wieder diese Sprache nehmen, mit deren Bedeutungen und Referenzen, die sie normalerweise hat, um diesen unüblichen Gebrauch zu beschreiben.

„Aber bei der Beschreibung dieser Welt verwenden wir immer noch das Deutsche mit den Beschreibungen und Referenzen, die es bei uns hat.“ (Kripke, S.92)

Zurück zu den oben erwähnten Begriffen.

Kontrafaktizität oder eine kontrafaktische Situation ist eine Situation, die es so nicht gegeben hat, die jedoch denkbar ist, z.B. dass Hitler immer in Linz geblieben und nie an die Macht gekommen wäre.

Eine Gültigkeit in verschiedenen Welten heißt, dass man z.B. sagt, man kann sich eine mögliche Welt vorstellen, in der Aristoteles seine Werke nicht geschrieben hat, trotzdem ist der Name Aristoteles auch in dieser anderen Welt gültig. Kripke möchte nachweisen, dass Namen starre Bezeichnungsausdrücke sind.

Als einen starren Bezeichnungsausdruck kann man z.B. auch „einen Meter“ nehmen. Wie jedoch bekannt ist, dehnt sich z.B. Metall. So kann man sich mögliche Welten vorstellen, in denen ein Meterstab von einem Meter länger oder kürzer als ein Meter ist – trotzdem besteht der Ausdruck „ein Meter“ starr. Kripke sagt nun zu Descartes vor allem zweierlei: erstens, dass man die reale Verschiedenheit von Körper und Geist nicht nur so beweisen müsste, dass der Geist ohne Körper existieren könnte, sondern auch umgekehrt, dass der Körper auch ohne Geist hätte existieren können.

Seine zweite, wichtige Aussage zu Descartes ist, dass er sowohl Körper, als auch Geist als starre Bezeichnungsausdrücke nimmt. „Sei „Descartes“ ein Name oder starrer Bezeichnungsausdruck für eine bestimmte Person und „K“ ein starrer Bezeichnungsausdruck für ihren Körper.“ (S.165)

Wären nun Körper und Geist identisch und nicht real verschieden, so hieße dies, dass zwei starre Bezeichnungsausdrücke identisch wären, was nicht geht. „Dann wäre, wenn Descartes tatsächlich identisch mit K wäre, die angenommene Identität zwischen zwei starren Bezeichnungsausdrücken notwendig, und Descartes könnte nicht ohne K existieren, und K könnte nicht ohne Descartes existieren.“ (S.165)

Andreas Kemmerling – die erste moderne Konzeption mentaler Repräsentation:

Eine Position, die der Argumentation Searles folgt, beschreibt Andreas Kemmerling, dass das Wesen einer Sache in ihren wesentlichen Eigenschaften besteht.

„Das Wesen einer Sache besteht in ihren wesentlichen Eigenschaften;“ (Kemmerling, S. 159)

Eine wesentliche Eigenschaft ist eine Eigenschaft, auf die jede, und dies wird betont, ihrer kontingenten Eigenschaften bezogen sind.

„Eine wesentliche Eigenschaft einer Sache ist also eine, auf die je de ihrer kontingenten Eigenschaften bezogen ist; es ist, wie Descartes sagt, die eine Haupteigenschaft [una … praecipua Proprietas] der Sache, von der alle anderen Eigenschaften abhängen.“ (Kemmerling, S. 159/160)

Als Beispiel wird das Denken und das Beurteilen genannt – man kann nicht beurteilen, ohne zu denken. Also ist das Urteilen eine wesentliche Eigenschaft des Denkens. Aus dem großen Zweifeln Descartes kann man so auch folgern, dass es eine Haupteigenschaft des Menschen sei, zu denken. Weitere kontingente Eigenschaften des Menschen hängen von dieser Eigenschaft ab.

„Anders gesagt: Er kann sich dann guten Gewissens keine kontingente Eigenschaft zuschreiben, die nicht von der Haupt-Eigenschaft, ein denkendes Ding zu sein, abhängt.“ (Kemmerling, S. 160)

Frage an die Argumentation, ob nicht der Ansatz hier verkehrt ist – es scheint mir nicht schlüssig zu sein, das Wesen einer Sache in allen kontingenten Eigenschaften einer Sache zu suchen. Auch Descartes zählt nicht verschiedene Eigenschaften des Menschen auf, sondern bezieht das Denken/das Zweifeln auf den Menschen, das nicht bezweifelt werden kann.

Das zweite, hier wichtige Beweisziel ist nun das, dass der Denker ohne seinen Körper existieren kann. Hierbei scheint mir Kemmerling der üblichen Argumentation zu folgen, die ich kurz referieren möchte.

Es geht darum, dass man beweist, dass Körper und Geist getrennt werden können, nicht darum, dass der Denker jemals ohne Körper war. Entscheidend ist also die prinzipielle Möglichkeit des Getrenntseins von Körper und Geist.
Als eine hinreichende Bedingung für die reale Verschiedenheit wird die klare und deutliche Perzeption der Verschiedenheit von x und y genannt.

(1) „Wenn ich eine Substanz x klar&deutlich ohne die Substanz y begreifen kann, dann sind x und y verschieden.“ (S.161)
Desweiteren wird argumentiert:
(2) „Ich begreife mich selbst klar&deutlich als etwas, das die Eigenschaft hat, eine denkende Substanz zu sein, und nicht die Eigenschaft hat, ausgedehnt zu sein.“
(3) „Ich begreife den Körper klar&deutlich als etwas, das die Eigenschaft hat, ausgedehnt zu sein, und nicht die Eigenschaft hat, eine denkende Substanz zu sein.“
(4) Ich begreife Substanz x klar&deutlich ohne die Substanz y, wenn es Eigenschaften F und G gibt, so dass gilt: Ich begreife x klar&deutlich als etwas, das F hat und G nicht hat, und ich begreife y klar&deutlich als etwas, das G hat und F nicht hat.

Aus (2) – (4) folgt:
(5) Ich begreife mich selbst klar&deutlich ohne die körperliche Substanz.

Aus (1) und (5) und dem Ergebnis, dass ich eine Substanz bin, ergibt sich:
(6) Ich und mein Körper sind verschiedene Substanzen.

In die Argumentation mit hinein wird genommen, dass Gott die Fähigkeit hat, zwei verschiedene Substanzen getrennt voneinander existieren zu lassen, so ergibt sich:

(7) Ich könnte ohne meinen Körper existieren, und mein Körper könnte ohne mich existieren.

Kemmerling führt seine Argumentation dann noch fort, ich möchte hier jedoch zu weiteren Argumenten anderer Autoren kommen.

Interessant ist vielleicht noch Punkt (8) bis (10) – hier wird argumentiert, dass zum Wesen des Menschen ausschließlich gehört, dass es ein denkendes Wesen sei – Frage, wie sich dies mit einer Bündeltheorie verträgt oder mit den ersten Argumenten Kemmerlings, dass das Wesen einer Sache in seinen wesentlichen Eigenschaften bestehe. Implizit scheint mir hier Kripke argumentativ zu gewinnen.

(8) Ich bin ein denkendes Ding.
(9) Es ist mir über (8) Hinausgehendes darüber bekannt, was zu meinem Wesen gehört.
Also: (10) Zu meinem Wesen gehört ausschließlich, dass ich ein denkendes Ding bin.

Der naturphilosophische Beweis:

Gäbe es Maschinen, hält Descartes fest, die die Gestalt eines Affen hätten, so könnte man diese so darstellen, dass man nicht unterscheiden könnte, ob es sich nun um echte Affen oder um künstliche handelt. Beim Menschen jedoch gibt es zwei ganz sichere Mittel, warum dieser nie als Maschine darstellbar wäre. Das eine ist der Intellekt und die Vernunft, das andere die Sprache.

„Wenn es Maschinen mit den Organen und der Gestalt eines Affen oder eines anderen vernunftlosen Tieres gäbe, so hätten wir gar kein Mittel zu erkennen, dass sie nicht von genau derselben Natur wie diese Tiere wären. […] gäbe es dagegen Maschinen, die unseren Körpern ähnlich wären und unsere Handlungen insoweit nachahmten, wie dies für Maschinen wahrscheinlich möglich ist, so hätten wir immer zwei ganz sichere Mittel, um zu erkennen, dass sie keineswegs wahre Menschen sind. Erstens könnten sie nämlich niemals Worte oder andere Zeichen dadurch gebrauchen, dass sie sie zusammenstellen, wie wir es tun, um anderen unsere Gedanken mitzuteilen […]
[Und zweitens:] Sollten diese Maschinen auch manches ebenso gut oder sogar besser verrichten als irgendeiner von uns, so würden sie doch zweifellos bei vielem anderen versagen, wodurch offen zutage tritt, dass sie nicht aus Einsicht (connaissance) handeln, sondern nur aufgrund der Einrichtung ihrer Organe. Denn die Vernunft (raison) ist ein Universalinstrument, das bei allen Gelegenheiten zu Diensten steht, während diese Organe für jede besondere Handlung einer besonderen Einrichtung bedürfen […]”
(Discours 5.10, AT VI 57, PhB 261 92 f.)

Descartes naturphilosophische Argument lässt sich wie folgt verkürzt darstellen:

(1) Menschen haben die Fähigkeit, zu sprechen, und die Fähigkeit, intelligent zu handeln. (2) Keine Maschine, d.h. kein physisches System, dessen Verhalten sich allein aus den für seine Teile geltenden Naturgesetzen ergibt, verfügt über diese Fähigkeiten.

Aber:
(3) Es muss eine Seele geben, die dafür verantwortlich ist, dass Menschen diese Fähigkeiten besitzen, und diese Seele kann selbst nichts Physisches sein.

Hierbei setzt Beckermann mit Descartes ein paar Schwerpunkte und Ausführungen.
Descartes nimmt hier eine Position ein, die sich gegen das aristotelische Verständnis stellt. Wie möglicherweise bekannt, unterscheidet zwar auch Aristoteles in der „Politik“ den Menschen von anderen Lebewesen als ein Lebewesen, das Sprache und damit die Fähigkeit zum rationalen Handeln besitzt, Descartes jedoch betont den mechanischen Charakter des Körpers und zeigt sich hier eindeutig außerhalb der aristotelischen Tradition, der die vegetative und die sinnliche Seele für das Funktionieren des Organismus verantwortlich zeichnet. Descartes betont also den mechanischen Charakter des Körpers im Gegensatz zu Aristoteles. In dem Artikel „Leib-Seele-Problem in der Enzyklopädie der Philosophie“ hält Beckermann wiederum fest, dass nach antikem Verständnis die Seele das Prinzip des Lebens war, mit der Konsequenz, dass, wenn die Seele das ist, was etwas zu einem Lebewesen macht, Seele und Körper nicht getrennt sein können – es wird nochmals deutlich, was für eine Geistesleistung von Descartes ausgehen musste. Festzuhalten ist auch, dass es im 17.Jh nur wenige künstliche Systeme gab, außer z.B. Uhren und Orgeln.

Bis heute ist es trotz der künstlichen Intelligenzforschung nicht gelungen, eine Maschine herzustellen, die die sprachlichen Fähigkeiten des Menschen umfassend simulieren kann. Es gibt auch keine Programme, die die verschiedenen Fähigkeiten des Menschen nachahmen könnten.
Die Fähigkeit zu sprechen gibt es bekanntlich auch bei Tieren wie dem Papagei, doch es ist leicht einsehbar, dass es sich hierbei um die Nachahmung von Lauten handelt und nicht um Sprechen in dem Sinne. Es ist auch festzuhalten, dass durchaus Tiere mit gewissen Eigenschaften dem Menschen überlegen sind, in der Gesamtheit jedoch meinen die Texte, bliebe dies der Mensch.

„Denn Descartes gesteht explizit zu, dass Tiere bestimmte Aufgaben zum Teil sehr viel besser erledigen als wir. Aber dies ist für ihn kein Zeichen von Intelligenz. Denn solche begrenzten Eigenschaften beruhen seiner Meinung nach jeweils auf der Einrichtung bestimmter Organe. Intelligenz dagegen ist ein „Universalinstrument“, d.h. mit Hilfe unserer Intelligenz können wir nicht nur bestimmte Aufgaben lösen.“ (Beckermann, S. 34)

M.E. trifft Descartes mit den maschinellen Eigenschaften des Körpers ein modernes Menschenbild sehr gut – der Beginn der Moderne, wie sie später auch literarisch zahlreich verarbeitet wurde, z.B. von Georg Büchner, Dantons Tod. Eine Kritik an Descartes wäre allerdings auch, dass Tiere ebenso Lebewesen sind, die man so eben nicht nachbauen kann. Außerdem scheint mir bei den aktuellen Philosophen wenig die Destruktivität des Menschen gerade aufgrund seiner Intelligenz beachtet zu sein, Menschen die über Maschinen Auschwitz, Hiroshima und den kalten Krieg erzeugt haben. Dies soll die Überlegenheit des Menschen und vielleicht auch der Moderne kritisch hinterfragen, bevor man zu sehr und möglicherweise unreflektiert mit einem übertriebenen Affekt gegen die Tradition mit der Moderne anfängt die Maschine zu verehren.

Ryle

Eine bekannte und grundlegendere Kritik an Descartes hat der englische Philosoph Gilbert Ryle. Seine These lautet, dass die Theorie von der Verschiedenheit des Geistes vom Körper auf einer Kategorienverwechslung beruht und der Mensch in einer Maschine verschanzt dargestellt wird.
Ryle wendet sich mit den für ihn bekannten Schlagwörtern wie „Geist in der Maschine“ und Kategorienfehler des Leib-Seele-Problems gegen den Cartesischen Dualismus. Eine Frage beantwortet der Dualismus Descartes´ nicht, nämlich die Frage nach der Interaktion von Geist und Körper. Descartes selbst bringt die Zirbeldrüse im Gehirn als möglichen Ort an – was sich bekanntermaßen als Irrtum herausstellt und höchstens symbolischen Wert besitzt.
Ryle beschreibt den cartesischen Dualismus und die "alte Lehre" so, dass ein Mensch aufgrund der Verschiedenheit von Körper und Geist also auch zwei Lebensläufe haben müsse – die öffentlichen Lebensläufe der Körper und die inneren Lebensläufe des jeweiligen Geistes. Die Welt des Geistes wird als dem anderen als unzugänglich beschrieben.
Zwei Lebenswelten, der Gegensatz innerlich und äußerlich stellt Ryle folgendermaßen dar: physische Reize verursachen psychische Reaktionen, umgekehrt bewirkt der Geist, dass sich ein Arm hebt. Diese Interaktion bringt Ryle auf den Punkt:
„Sie sind theoretische Federbälle, die die Physiologen immer wieder zu den Psychologen und diese zu jenen zurückschlagen.“ (Ryle, S.9)

Sind Körper und Geist wie zwei Seiten einer Münze?
Ryle führt den Gedankengang fort - was sich in der Welt des Geistes eines anderen Menschen abspielt können wir nicht wirklich wissen. Die Körper kann man hören und anstoßen, für den Geist jedoch ist man blind.
Nach Ryle hat der Mensch keinen unmittelbaren Zugang zu den Ereignissen des Innenlebens, man ist - nach dieser Lehre - in seinem Innern so eine Art Robinson Crusoe.
Ryle bezeichnet die unergründlichen Regungen des Geistes als sog. Geheimbiographien. Das Festlegen von Begriffen für geistige Tätigkeiten war ein Aufgabengebiet der Philosophie, das Ryle in dieser Art und Weise für verkehrt hält.
Ryle kritisiert dies und Descartes Dualismus indem er es als offizielle Lehre bezeichnet und dagegen angeht.
„Ich hoffe zu zeigen, dass [die offizielle Lehre] ganz und gar falsch ist, nicht nur in Einzelheiten, sondern grundsätzlich. Sie ist nicht nur eine Ansammlung einzelner Fehler. Sie besteht aus einem einzigen großen Irrtum, einem Irrtum von ganz besonderer Art, nämlich einer Kategorienverwechslung. Sie stellt die Tatsachen des Geisteslebens so dar, als gehörten sie zu einem bestimmten logischen Typ oder einer Kategorie (oder zu einer Reihe von Typen oder Kategorien), während sie in Wirklichkeit zu einer andern gehören. Das Dogma [vom Gespenst in der Maschine] ist daher ein philosophischer Mythos.“ (Ryle 1949, 13f.)

Der Kategorienfehler

Ein Kategorienfehler liegt vor, wenn ein Terminus einer bestimmten Kategorie durch einen Terminus ersetzt wird, der nicht zu dieser Kategorie gehört. Dies wird als ein typisches Problem der Philosophie benannt – viele Fragen, mit denen sich die Philosophie beschäftigte, seien auf verkehrten Sprachgebrauch und auf Kategorienfehler zurückzuführen. Peter Lanz schreibt in seinem Aufsatz „Vom Begriff des Geistes zur Neurophysiologie“, dass man eines Tages dazu überging, Unlösbarkeit von philosophischen Problemen nicht mehr als so genannte Tiefe zu verstehen, sondern im Sinne Ryles, als ein Anzeichen von Begriffsverwirrungen.
Ryle nennt ein paar Beispiele, was er unter dem Kategorienfehler in Bezug auf das Leib-Seele-Problem versteht. 1. Beispiel:
Ein Ausländer kommt zum ersten Mal nach Oxford oder Cambridge, und man zeigt ihm eine Reihe von Colleges, Bibliotheken, Sportplätzen, Museen, Laboratorien und Verwaltungsgebäuden. Nach einiger Zeit fragt er:
"Aber wo ist denn die Universität? Ich weiß jetzt, wo die Mitglieder eines Colleges wohnen, wo die Verwaltung untergebracht ist, wo die Wissenschaftler ihre Versuche machen und so weiter. Aber warum zeigt man mir nicht die Universität, wo die Mitglieder eurer Universität wohnen und arbeiten?" Dann muss man ihm erklären, dass die Universität nicht noch eine weitere ähnliche Institution ist, ein weiteres Gegenstück zu den Colleges, Laboratorien und Verwaltungsgebäuden, die er schon gesehen hat. Die Universität ist einfach die Art und Weise, in der alles das organisiert ist, was er schon gesehen hat. Wenn man das alles gesehen und die Art und Weise der Zusammenarbeit verstanden hat, dann hat man die Universität gesehen.
2.) Noch ein Beispiel.
Ein Südseeinsulaner sieht seinem ersten Fußballspiel zu. Man erklärt ihm die Funktion des Torwarts, der Stürmer, Verteidiger, des Schiedrichters usw. Nach einer Weile sagt er: "Aber da ist doch niemand, der den berühmten Mannschaftsgeist beisteuert. Ich sehe, wer angreift, wer verteidigt, wer die Verbindung herstellt usw.; aber wessen Rolle ist es, den Mannschaftsgeist zu liefern?"
Und wieder müssten wir erklären, dass er nach der falschen Kategorie eines Dinges Ausschau halte. Der Mannschaftsgeist ist nicht noch eine Fußballoperation wie das Tore schießen, das Einwerfen usw. Er ist, ungefähr gesprochen, die Begeisterung, mit der alle besonderen Aufgaben des Fußballspiels ausgeführt werden, und eine Aufgabe begeistert ausführen heißt nicht, zwei Aufgaben ausführen. Gewiss, Mannschaftsgeist zeigen ist nicht dasselbe wie ein Tor schießen oder einwerfen. Aber es ist auch nicht ein drittes Ding, von dem wir sagen könnten, der Mittelstürmer habe zuerst eingeworfen 'und dann' Mannschaftsgeist gezeigt, oder der Verteidiger werde jetzt 'entweder' köpfen 'oder' Mannschaftsgeist zeigen.“ Das Problem der hier beschriebenen Personen ist dieses: sie können nicht mit den Begriffen korrekt umgehen.
Zwei Fälle von Kategorienfehler findet man bei folgenden Beispielen:
„Ein Politikstudent hat die Hauptunterschiede zwischen der englischen, französischen und amerikanischen Verfassung gelernt und auch die Unterschiede und Zusammenhänge zwischen dem Kabinett, dem Parlament, den verschiedenen Ministerien, der Richterschaft und der englischen Staatskirche. Aber er gerät noch immer in Verlegenheit, wenn er nach den Zusammenhängen zwischen der englischen Staatskirche, dem Innenministerium und der Verfassung Englands gefragt wird. Denn während die Kirche und das Innenministerium Institutionen sind, ist die Verfassung nicht eine weitere Institution im selben Sinn dieses Hauptworts.“
Oder auch eingänglich:
„Ähnlich kann Müller ein Verwandter, ein Freund, ein Bekannter oder ein Feind von Meier sein; aber er kann in keiner dieser Beziehungen zum Durchschnittszahler machen, aber er ist verdutzt, wenn er gefragt wird, warum er ihm nicht, wie etwa dem Meier, auf der Straße begegnen kann.“
Stelle man sich den Durchschnittssteuerzahler als normalen Menschen vor, so stimmt etwas nicht mehr – auf diese Weise kritisiert Ryle Descartes, dass dieser eine Philosophie entwirft, die einem „Geist in der Maschine“ gleicht und einen Kategorienfehler begangen hat.
Ein weiterer Kritikpunkt Ryles an Descartes liegt in der Frage nach Intelligenz.
Nach Descartes sind Handlungen genau dann intelligent, wenn ihnen Akte des Geistes wie Überlegen, Nachdenken oder Planen vorausgegangen sind. Dieser Position widerspricht Ryle. Ryle würde eine solche vorausgehende Überlegung als eine Schattenhandlung bezeichnen, die der offenen im Verborgenen vorangeht.
Er betont die Fertigkeit einer Handlung und bringt den Begriff der Disposition ins Spiel. Eine Disposition ist die Fertigkeit, mit der der Handelnde seine Tätigkeit ausübt. Aber auch ein Stück Zucker hat eine Disposition, nämlich die, sich im Wasser aufzulösen. Man kann Dispositionen in Paaren sehen, nämlich einerseits in Form von Verhaltensmodifikationen, andererseits in Umgebungseinwirkungen.
Ungefähr kann man sich dies so vorstellen, ein Mensch, der beim Gehen über seine Füße stolpert, besitzt in diesem Moment keine Disposition, ein Clown dagegen, der in der Manege gekonnt über seine Füße stolpert, besitzt eine Disposition zu seinem Verhalten, weil er dies so möchte, eingeübt und einstudiert hat oder dies einfach kann. Umgekehrt kann man z.B. ohne Kostüm einen Unterschied zwischen den beiden Tolpatschen nicht unterscheiden. Es wäre einem auch nicht möglich, per Fotografie die beiden Hinfaller zu unterscheiden. Was die beiden unterscheidet ist etwas anderes.
„Aber der Grund, warum die in einer Vorführung ausgeübte Fertigkeit nicht separat photographiert werden kann, ist nicht der, dass sie ein okkultes oder gespenstisches Ereignis, sondern dass sie gar kein Ereignis ist. Sie ist eine Disposition oder ein Komplex von Dispositionen, und eine Disposition ist eine Sache von einem ganz anderen logischen Typus, als dass man sie sehen oder übersehen, aufnehmen oder nicht aufnehmen könnte.“ (Ryle, S.37)
Besitzt man eine Fertigkeit, so bedarf es nicht unbedingt der Überlegung. Weiter bei der Frage danach, was eine intelligente Handlung ausmacht.
Nach Ryle gibt es sehr viele Handlungen, die der intellektualistischen Legende widersprechen, dass einer Handlung eine Überlegung vorausgehen muss. Ein Beispiel wäre z.B. die Sprachbenutzung. Ohne die grammatischen Regeln zu durchdenken, spricht im Normalfall jeder Mensch seine Muttersprache. Wer seine Sprache erklären möchte, weiß, was er unbewusst ständig richtig anwendet.
Ähnliche Beispiele wären taktisch-kluges Verhalten beim Sport, schlagfertiges Erwidern in Gesprächen, spontan richtige Entscheidungen, z.B. beim Schach. Die Argumentation läuft darauf hinaus, dass eine intelligente Handlung so definiert ist, dass eine Handlung dann intelligent ist, wenn sie eine intelligente Ursache hat. Bei einer solchen Definition reicht es aus, Gegenbeispiele zu formulieren. Dies wird in das Begriffspaar als „Wissen Wie“, Knowing How – und „Wissen dass“ Knowing That unterteilt.

Literatur:
Newen/Meixner: Seele, Denken, Bewusstsein, darin A. Kemmerling: Die erste moderne Konzeption mentaler Repräsentation
M. Prechtel: Bewusstsein – Materie –Dualismus: ein cartesisches Paradigma
Ansgar Beckermann, Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes
Ryle, Der Begriff des Geistes
Saul Kripke, Name und Notwendigkeit
Searle, Sprechakte
Peter Lanz , Vom Begriff des Geistes zur Neurophilosophie

überarbeitet im März 2008

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Bettina Müller
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