Das Geheimnis des Glücks: Leben im Jetzt

Der französische Philosoph Blaise Pascal (1623-1662) Pascal beschreibt treffend die ständige Sehnsucht des Menschen und seine oft vergebliche Suche nach dem Glück: „Wir halten uns niemals an die Gegenwart. Wir nehmen die Zukunft vorweg, als käme sie zu langsam oder wir rufen die Vergangenheit zurück, um sie anzuhalten. So leben wir nie, sondern hoffen zu leben."

Warum ist so schwer, das Glück auf dem Weg durch dieses Leben zu finden? Warum ist ein Mittelloser oft glücklicher als ein Vermögender? Warum suchen immer mehr Menschen das Glück im Rausch oder im Abenteuer?

Wir sollten es wagen, aufzubrechen!

Viele Meister und spirituelle Lehrer wurden erst durch eine spontane innere Erleuchtung zu dem, was sie jetzt sind. Durch einen Blitz der Selbsterkenntnis, der selbst aus einem Alkoholiker oder einer Drogenabhängigen einen unabhängigen befreiten Menschen machen kann. Einer von ihnen ist Eckhart Tolle, der in Deutschland geboren wurde Eckhart Tolle und jetzt in Kanada lebt. Er berichtet:„Bis zu meinem dreißigsten Lebensjahr lebte ich in einem Zustand fast ununterbrochener Angstgefühle, unterbrochen nur von Phasen lebensmüder Depression. Eines nachts, nicht lange nach meinem 29. Geburtstag, erwachte ich in den frühen Morgenstunden mit einem Gefühl absoluten Grauens." Eckhart Tolle wollte nicht mehr leben. Eine tiefe Abscheu vor der Welt, vor der eigenen Existenz erfüllte ihn. Verzweifelt suchte er nach einem Halt, nach einem Lebenssinn. In tiefster Niedergeschlagenheit, als er bereit war, alles loszulassen, kam jedoch die große Verwandlung.

„Ich fühlte mich in eine Art Energiewirbel hineingezogen", beschreibt er das Erlebnis, das ihn gewissermaßen über Nacht zu einem neuen Menschen machte. „Wie aus dem tiefsten Inneren meiner Brust hörte ich die Worte: Wehre dich nicht! Ich fühlte, wie ich in eine Leere hineingesaugt wurde und plötzlich war keine Angst mehr da und ich ließ mich in diese Leere hineinfallen."

Fünf Monate lang lebte er in einem Zustand absoluten Friedens und vollkommener Glückseligkeit. „Ich wußte natürlich, daß etwas zutiefst Bedeutsames mit mir geschehen war, aber ich verstand es nicht."

In einer intensiven Reise in sein Inneres suchte Eckhart Tolle nach einer Erklärung für das Wunder. Buchtip! Seine Erkenntnisse hat er in seinem Buch "Jetzt - Die Kraft der Gegenwart" aufgezeichnet. Viele Menschen in unserer bewegten Zeit scheinen auf diesen spirituellen Leitfaden über die Umkehr aus dem Dunkel zum Licht gewartet zu haben. Denn die Leserschaft wächst weltweit.

Offensichtlich fühlen sich heute immer mehr Menschen unglücklich und verunsichert. Die steigende Zahl der psychisch Kranken, der Suizidtoten (immer mehr auch Kinder) sowie der Drogen- und Alkoholabhängigen spricht eine deutliche Sprache. Bei anderen, die "Leben" spüren wollen, führen waghalsige Erlebniskitzel bis zur körperlichen Selbstzerstörung. Tatsache ist, daß weder diese Verrücktheiten, noch die moderne Technik mit ihren scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten dauerhaftes Glück vermitteln können. Doch wo finden wir die Quellen, um unsere brennende Sehnsucht zu stillen?

Was Eckhart Tolle ratlosen und suchenden Menschen vermitteln will, ist keine grundlegend neue Lehre. Aber seine Anweisungen sind nachvollziehbar, wenn man bereit ist, sie anzunehmen und das Leben als großes Übungsfeld zu betrachten. Tolle ist den Weg schon gegangen. Er hat erkundet, wie dauerhaftes Glück zu erreichen und wo es zu finden ist. Allerdings: Gehen mußt du den Weg allein!

So nützt es nichts, nur entsprechende Bücher zu lesen oder Seminare zu belegen und den Lehrenden zuzustimmen. Denn kaum sind wir wieder im „wirklichen Leben", setzt sich das Ego durch und der alltägliche Kampf beginnt schon beim Gerangel um einen Parkplatz.

Man sollte auch nicht glauben, daß Menschen, die geistige Lehren weitergeben, vollkommen sind. Das war nicht einmal Jesus. Auch diese „besonderen" Menschen müssen sich täglich neu bewähren. Denn jeder von uns hat Schwächen. An sich zu arbeiten und offen für Kritik zu sein, das macht wahres Menschsein und Persönlichkeit aus.

Unsere Seele will liebevoll gepflegt werden

Gerade der Hang zum Perfektionismus ist es, der uns vom wahren Leben ablenkt. Alles muß perfekt sein, wie es uns beispielsweise die Werbung vorgaukelt: Die Beziehung, die Familie, die Freunde, die Wohnung, das Auto, die Arbeit und vor allem wir selbst. Bei der Sucht nach einem fehlerlosen tollen Outfit wird aber oft das Wichtigste vernachlässigt: unsere Seele. Ihre Bedürfnisse bleiben im Laufe eines Lebens vielfach auf der Strecke.

Doch die Seele, diese sensible Kostbarkeit, will liebevoll gepflegt werden. Dann sprudelt aus ihr - wie aus einer unversiegbaren Quelle - auch die ersehnete Lebensfreude und Liebesfähigkeit.

Kinder zeigen, wie wir im Einklang mit uns leben können: Voller Arglosigkeit erleben sie ihre Welt und geben ihren kleinen Seelen noch genügend Raum. Kinder verschwenden in der Regel keine Zeit mit Grübeln. So überwinden sie auch Verluste durch Tod häufig schneller als Erwachsene.

Von der Zukunft haben sie noch keine konkrete Vorstellung. Hingebungsvoll widmen sie sich dem Moment: Versunken im gegenwärtigen Tun ist für sie die Welt, so wie sie ist, in Ordnung. Vorausgesetzt, wir Erwachsenen gewähren ihnen dieses Glück.

Schenken wir ihnen zudem unsere Liebe und Zeit, sind das die notwendigen Zutaten, die ein Kind braucht, um ein starker zufriedener Mensch zu werden.

Kinder als Lehrmeister

KinderMenschen, die mit Kindern leben dürfen, haben es sicher leichter als andere, den Weg ins Glück zu finden, denn: Kinder sind die besten Lehrmeister! Ihre Hingabe an den Augenblick mitzuerleben, ihre Liebe annehmen und beantworten zu dürfen - das schenkt tiefe Zufriedenheit. „Was immer der Moment bringt, schenke ihm deine ganze Aufmerksamkeit", fordert Eckhart Tolle daher nicht nur die Eltern, sondern alle Menschen auf.

Was uns verloren geht auf dem Weg von der Kindheit zum Erwachsenenalter, ist häufig die Leichtigkeit des Seins. Doch wie, so wird mancher fragen, soll man unbekümmert sein und sich freuen, wenn man Tag für Tag einer Arbeit nachgeht, die keinen Spaß macht, wenn man beginnt, das Alter zu spüren oder die Finanzen Probleme bereiten?

„Wenn du dein Hier und Jetzt unerträglich findest und es dich unglücklich macht," sagt Eckhart Tolle, „dann gibt es drei Möglichkeiten: Verlasse die Situation, verändere sie oder akzeptiere sie!"

Wenn du auf dem Weg zum Glück vorankommen willst, dann mußt du eine dieser drei Möglichkeiten wählen und diese Wohl mußt du jetzt treffen. Ohne Wenn und Aber.

Sicher - oft wird uns nur die Wahl des Akzeptierens bleiben. Dann sollte man wirklich jeden Widerstand loslassen. Damit das unglückliche Selbst nicht länger mit seinem Jammern, seinen Vorwürfen und seinem Selbstmitleid überleben kann. „Das nennt man Hingabe. Hingabe ist in diesem Fall keine Schwäche, sondern eine große Stärke. Durch sie wirst du innerlich frei von der Situation. Und dann kann es auch geschehen, daß die Situation sich völlig ohne dein Zutun verändert. Auf jeden Fall bist du frei!"

Wie wir uns von der Angst befreien

Auch wenn es manchen so ganz und gar nicht gefallen mag: Das Geheimnis aller Geheimnisse heißt Akzeptieren! Nimm das Leben an, wie das Leben fließt!

Es ist gar nicht schwer. Alles, was du tun mußt, ist, deinen bisherigen Standpunkt zu ändern. Die Geschehnisse des Lebens richten sich nicht nach deinen Wünschen - also mußt du dich nach den Geschehnissen richten. Alles, was ab jetzt auf dich zukommt, darf also so sein, wie es ist. Die Dinge, die Geschehnisse, die Menschen, einfach alles! Was kann dann noch passieren? Wovor mußt du dich noch ängstigen?

Angst richtet sich als ein beklemmendes Gefühl auf die ungewisse Zukunft und raubt uns gleichzeitig die Kraft, die wir im Augenblick brauchten. Haben wir weniger Angst, wird folglich ein gewaltiges Energiepotenzial frei, das uns neue Leichtigkeit und Fröhlichkeit beschert. Eckhart Tolle bezeichnet dieses völlige Freiwerden von bedrückenden Gefühlen als eine Art von Erleuchtung.

Doch wie können wir es schaffen, die Negativitiät in unserem Leben loszulassen? Die Antwort von Eckhart Tolle: Laß sie los. Wie läßt du ein Stück heiße Kohle los, das du in der Hand hältst? Wie läßt du schweres Gepäck los, das du mit dir herumträgst? Indem du erkennst, daß du den Schmerz nicht mehr erleiden und die Last nicht mehr mit dir herumtragen willst. Und dann läßt du einfach los."

Das Leben - immer wieder ein Abenteuer

Jeder Tag ist neu und das Leben ein Abenteuer. Wie alt muß man werden, um vor Überraschungen sicher zu sein? Immer neue Anfänge locken zum Aufbruch, nur die Strecke wird mit der Zeit kürzer. Der Augenblick ist die einzige Freiheit in der Zeit, die uns als Chance bleibt. Die Vergangenheit ist unabänderlich und wie ein Bleigut nach dem Erkalten erstarrt. Die Zukunft ist noch nicht greifbar. Sie erschließt sich uns zögernd. Wir betreten sie über die Schwelle des Augenblicks, in dem wir leben. An ihn sollten wir uns halten, ihm uns öffnen und hingeben. Nur er enthält das Erlebnis von Glück, das dann allerdings weit in die Vergangenheit und in die Zukunft reichen kann ...

Eigentlich ist es gleich, ob und wie viel einer Wegstrecke ich schon hinter mir oder vor mir habe, wenn ich jetzt den Augenblick lebe.

Jetzt leben, das klingt so einfach und es mag in manchen Momenten gelingen, doch es bedarf - zumindest anfangs - eines besonderen Trainings und einer aufmerksamen Selbstkontrolle. Immer wieder stürmen die Gedanken wie Wildpferde in entgegengesetzte Richtungen davon, in die Vergangenheit und in die Zukunft.

Dazu ein Beispiel: Während einer besonders gelungenen Geburtstagsfeier sagt ein Gast zu seinem Tischnachbarn: „So eine wunderschöne Feier habe ich noch nie erlebt." Sofort kramt der Angesprochene in seinen Erinnerungen, um mit einem anderen besonderen Ereignis aufzutrumpfen, statt - den Moment genießend - einfach nur zuzustimmen. Außerdem erwähnt er noch, daß er demnächst auch seinen Geburtstag ganz ungewöhnlich feiern werde. Auf diese Weise nimmt er sich viel von der Freude des Augenblicks und belastet die schöne Stunde mit Planungen für die Zukunft.

"Spannung, Streß, Sorgen - alle Arten von Angst entstehen durch zu viel Zukunft und nicht genug Gegenwart", sagt Eckhart Tolle. Und weiter meint er: „Dankbarkeit für den gegenwärtigen Moment und die Fülle des Lebens in diesem Moment - das ist wahrer Wohlstand."

Der Lärm der Gedanken stört die innere Stille

Das größte Hindernis ist unsere Unfähigkeit, das Denken anzuhalten und Ruhe zu finden. „Diese Unfähigkeit", erläutert Tolle, „ist eine schlimme Krankheit. Wir sehen das nicht so. Wir halten es für normal, weil jeder darunter leidet. Doch der unaufhörliche geistige Lärm hindert uns daran, den Raum innerer Stille zu finden. Der Verstand ist ein hervorragendes Instrument, wenn er richtig benutzt wird. Bei falschem Gebrauch kann er allerdings sehr destruktiv werden. Genauer gesagt ist es nicht so, daß du deinen Verstand gebrauchst - er gebraucht dich. Er hat Macht über dich. Das ist die Krankheit. Du hältst dich für deinen Verstand. Das ist eine Wahnidee!"

Das zwanghafte Denken ist nach Meinung von Tolle eine Sucht: „Du weißt nicht mehr, daß du die Wahl hast, damit aufzuhören. Etwas scheint stärker zu sein als du. Das führt dann zu einem trügerischem Gefühl von Lust - und diese Lust wird unweigerlich zu Schmerz."

Wie aber soll man den unaufhörlichen Gedankenfluß anhalten? Auch dazu weiß Tolle Rat: „Höre auf die Stimme in deinem Kopf und tue dies vorurteilslos. Während du dem Gedanken zuhörst, fühlst du eine bewußte Gegenwärtigkeit - dein tiefes Selbst - sozusagen hinter oder unter den Gedanken. Der Gedanke verliert so an Macht über dich. Das ist der Anfang vom Ende des unbeabsichtigten und meist zwangharten Denkens. Wenn ein Gedanke nachläßt, erlebst du eine Unterbrechung im Strom der Gedanken. Zunächst werden diese Lücken kurz sein - ein paar Sekunden vielleicht - aber allmählich werden sie länger. In diesen so genannten No-Mind-Phasen fühlst du eine gewisse Stille und einen Frieden in dir. Du wirst auch eine feine Ausstrahlung von Freude aufsteigen fühlen, von tief innen: Der Freude des Seins. Dieser Zustand hat übrigens nichts mit Trance zu tun. Die Bewußtheit läßt nicht nach, im Gegenteil."

Eine zweite Möglichkeit, eine Unterbrechung im ständigen Gedankenfluß zu erreichen, sieht Eckhart Tolle darin, die Aufmerksamkeit vollkommen auf das Jetzt zu richten: „Mach dir einfach ganz intensiv den gegenwärtigen Moment bewußt. Das zu tun, ist äußerst befriedigend. Auf diese Weise löst du deine Aufmerksamkeit von den Aktivitäten des Verstandes und schaffst eine Lücke im Geist, in der du höchst auf- merksam bist, aber nicht denkst. Das ist ei- ne Essenz von Meditation."

Wie sich Gedankenfreiheit im Alltag trainieren läßt

Im täglichen Leben bieten sich ständig Routinehandlungen, diese „Gedankenfreiheit" zu trainieren, so zum Beispiel beim Treppensteigen. „Achte," so rät Tolle, „genau auf jeden Schritt, jede Bewegung und auch auf deinen Atem. Sei ganz gegenwärtig. Auch beim Händewaschen ist das möglich: Gib allen Sinneswahrnehmungen, die dazugehören, deine Aufmerksamkeit - dem Geräusch und Gefühl des Wassers, der Bewegung deiner Hände, dem Duft der Seife, ..."

In der Ruhe, heißt es, liegt die Kraft. Und in der inneren Stille die Kreativität, so könnte man ergänzen. Denn die wahren Künstler schaffen ihre Werke ebenfalls auf einer Ebene von No-Mind, von Nicht-Denken. „Somit würde ich behaupten", sagt Tolle, „den meisten Wissenschaftlern mangelt es nicht deshalb an Kreativität, weil sie nicht denken können, sondern weil sie nicht aufhören können zu denken."

„Flow" = tiefes Glücksempfinden

Für dieses besonders tief empfundene Glück prägte der Psychologe Professor Mihali Czikszentmihalyi von der Universität Chicago den Begriff „Flow". Buchtip!

„Flow" bezeichnet die Erfahrung, die jemand macht, der völlig in seinem Tun aufgeht, wobei alle Probleme und sogar das Gefühl für die Zeit vergessen werden. Das sind die besten Momente des Lebens!

Auf die Frage, wie es möglich ist, zu mehr „Flow" zu gelangen, antwortete der berühmte Psychologe: „Man muß herausfinden, woran man interessiert ist. Die meisten Menschen wachsen auf und denken, ihre Art zu leben sei die einzig mögliche. Weil sie daran gewöhnt sind und weil sie meinen, ihre Gene, ihre Eltern und ihre Schule hätten sie dazu gezwungen. Sie akzeptieren deshalb ihre Bedingungen. Philosophen nennen das 'falsches Bewußtsein'. Ich glaube, daß wir alle so ein falsches Bewußtsein überwinden können, indem wir herausfinden, was wir am besten können, was uns wirklich interessiert. Und wenn wir den Mut haben, mehr davon in unser Leben einzubringen, selbst wenn es schwierig erscheint oder es an Zeit mangelt."

Die Hingabe ist nach Ansicht von Professor Csikszentmihalyi nicht lernbar, sondern nur lebbar.