3. Verschiedene Vorurteile über das Flirten erschweren es, das Flirten zu lernen.

Das bislang Gesagte soll unter dem Thema „Vorurteile über das Flirten „ in einigen wichtigen Punkten zusammengefaßt werden:

1. Vorurteil: Flirten wird oft als eine Art Naturphänomen wie Verliebtheit betrachtet. Auch diese „trifft“ einen eher, als daß man sie „einüben kann“, und da Flirten vom Erleben her dem Verliebtsein oft vorausgeht, und von der Gefühlsqualität dem Verliebtsein oft gar nicht unähnlich ist, ist diese Auffassung naheliegend. Viele weigern sich, das Flirten zu lernen aus Angst, ihre Spontaneität damit zu verbiegen und haben Sorge, als Trickser noch verklemmter zu sein als sonst.

Die unangenehme Folge dieser Haltung ist, daß man warten muß bis „es“ von alleine irgendwie passiert, und wenn nicht, hat man eben Pech gehabt. Man kommt so gar nicht mehr auf die Idee, daß man Flirten lernen könne und wartet eben, bis das Glück sich von alleine einstellt.

Der wahre Kern an dieser Haltung ist:: Richtiges Flirten enthält immer und notwendigerweise überraschende Momente, die ich nicht vorhersagen, folglich auch nicht einüben kann (ich wäre dann wieder im Machtflirt, wie grabe ich eine Schnecke an?). Weiter ist es sehr praktisch und ökonomisch, wenn meine Intuition mir unfehlbar signalisiert, mit wem ich am ehesten einen (möglichst zukunftsträchtigen) Flirt beginnen kann. Das erspart Umwege und Risiken.

Falsch ist, daß ich nur Warten kann. Alles, was wir spontan gut können, hat eine lange Lerngeschichte hinter sich. Aller Anfang ist schwer. Auch das spontane Kind muß lernen, sein selbstvergessenes Flirten auf die soziale Situation so anzupassen, daß es sich weder völlig zurückzieht,. noch abgrenzungslos auf jeden zugeht. Der erste Weg zum erfolgreichen Flirten lautet daher: Flirtmacht steigern: Dazu nutze ich die unendlich vielen Möglichkeiten, meine Beziehungen zu Menschen zu entwickeln. Aus diesen Begegnungen entstehen schon von ganz alleine zahlreiche Flirtmöglichkeiten. Also verlassen Sie z.B. ihren Fernseher oder PC und spielen mit einem Kommilitonen heftig Tischtennis, Skat, Doppelkopf oder beteiligen Sie sich an Öffentlichkeit, Kultur, Politik und Gemeinschaft. Da Flirten etwas Gemeinsames ist, benötigen Sie Gemeinschaft. Da Flirten mit Interesse und Zuwendung zum Leben zu tun hat - leben Sie! Auf diese Weise sind Sie sichtbar für andere Menschen und geben ihnen eine Chance, Sie kennenzulernen. Weiter können Sie sich selber ihren eigenen Gefühlen, Gedanken, Phantasien und Impulsen anderen Menschen gegenüber aussetzen und Ihre eigenen Flirtmöglichkeiten kennenlernen.

2. Vorurteil: Wer flirtet, strebt eine Liebesbeziehung an. Das allgemeine Verständnis von „Flirt“ als Vorform von Verliebtheit und Weg zur Partnerbeziehung überfrachtet das Flirten mit hohen Erwartungen und Ansprüchen an sich und den Partner. Wird mein Trick funktionieren? Werde ich ankommen? Lächelt sie zurück (oder er)? Hat er schon eine Freundin? Tod oder Leben hängen hier von einer richtigen Entscheidung ab! Und da der Betreffende alle die notwendigen Informationen zu seiner Sicherheit nicht hat - verzichtet er lieber auf den Flirt. Dazu gehört ebenfalls: „Ich weiß ja gar nicht, ob ich wirklich mit dem/ der eine Beziehung haben will, daher fange ich lieber gar nichts an, nachher bildet der/die sich noch was ein. Man nennt das auch eine Saure Trauben Reaktion: Da die Trauben zu hoch hängen, redet man sie sich sauer. Andere räumen resigniert das Feld. Wieder andere weichen auf den Machtflirt aus. Im ein wie anderen Fall wird auf die Flirtgelegenheit verzichtet und nichts Neues gelernt.

Wahr daran ist, daß Flirten durchaus vereinbar mit dem Wunsch nach einer Beziehung ist und solchen oft voraus geht. Falsch ist, daß Flirten nur dazu da ist und zwangsläufig daraufhin führt. Betrachtet man den Flirt wirklich als eine Art Minaturverliebtheit mit einem eigenen Lebensrecht, kann man ihn unbeschwerter genießen und praktizieren. Man kann ja auch die Natur lieben, ein kühles Bier, einen wundervollen Tratsch, seinen Hund oder seine Oma. Warum also nicht etwas Liebenswertes an meinen Kommilitonen neben mir finden und genießen? Lassen Sie jedem Moment in der Begegnung seine eigene Würde und mißbrauchen ihn nicht als Mittel zum Zweck.

Der zweite Weg zum erfolgreichen Flirten lautet daher: Flirten wird dann erfolgreich, wenn Sie über den Moment des Flirtens hinaus nichts weiter anstreben als nur diesen Moment. Und dann erst, wenn überhaupt, einen weiteren und dann erst - wenn überhaupt, einen weiteren. Wer diese beiden Wege beschreitet, kann einem erfolgreichen Flirt praktisch nicht mehr entkommen. Sie müßten dafür lediglich auf das Ziel verzichten, im Voraus wissen zu wollen,

wie die Sache ausgeht. Da sie jederzeit innehalten oder zurückgehen können, ist das Risiko ziemlich gering. Je häufiger man gute Erfahrungen mit dem Verzicht auf Erwartungen und Berechnungen macht, umso leichter wird dieser Verzicht fallen.

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3. Vorurteil: Flirten heißt immer, daß jemand ein sexuelles Interesse an seinem Gegenüber hat.

Richtig daran ist, daß auch ein sexuelles Interesse beim Flirt eine Rolle spielen kann. Falsch ist, daß dies zwangsläufig und immer der Fall ist. Die flirtenden Kinder haben in der Regel absolut kein sexuelles Interesse, und Menschen mit sexuellem Interesse flirten keineswegs immer.

Der dritte Weg, das Flirten zu erlernen lautet daher: Beschränken Sie das Flirten nicht auf die erotische Begegnung, sondern weiten Sie es auf Menschen überhaupt an. Wer nämlich in allen möglichen Beziehungstypen flirten kann, kann es auch in erotischen Beziehungen, und wer es in alltäglichen Begegnungen nicht kann, kann es in erotischen Beziehungen erst recht nicht. Wer dies als einen lästigen Umweg betrachtet, hat schon verloren. Er steht dann nämlich wie das sprichwörtlich dumme Huhn vor der Glasscheibe, hinter der das Futter liegt und kann, gebannt vom Anblick des Futters, den Umweg um die Scheibe herum nicht gehen. Dabei auftretende andere Möglichkeiten erkennt es dann schon gar nicht. Übrigens: Hähne sind dabei noch ungeschickter als Hühner.

In der erotischen Liebesbeziehung sind alle drei hauptsächlichen Beziehungsziele eines Menschen verdichtet: Wunsch nach Nähe, Wunsch nach Sexualität, Wunsch nach sozialer Bedeutung und Macht. Da man sozusagen drei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann, also einen Freund, einen Lover und einen sozialen Status zugleich bekommen kann, konzentrieren viele Menschen ihr Flirten auf dieses eine Ziel. Ist es einmal erreicht, hört das Flirten auf. Zum einen glaub sie , bereis alles Wesentliche zu haben. Zum anderen setzen sie sich ungerne dem Verdacht aus, weitere Partner suchen zu wollen. Viele Menschen gehen nicht mehr auf Feste oder stellen das Tanzen ein, sowie sie eine „feste Beziehung“ haben. Auf einem Fest bleiben sie stets in der Nähe des Partners oder tanzen nur noch mit dieswem.

 

Auch wenn das Flirten so verschiedene Ziele haben kann wie eine kurze Begegnung, eine Nachbarschaft, eine kollegiale Beziehung, eine Freundschaft, eine Rivalität, eine Liebesbeziehung, werden diese Unterschiede im vorliegenden Script nicht besonders berücksichtigt.Grund: Das Flirten selber unterscheidet sich gar nicht besonders bei verschiedenen Zielen. Das Flirten ebnet überhaupt erst den Boden für das ein oder andere Ziel. Den aufgeführten Übungen und Anleitungen können Sie in der Regel nicht entnehmen, welches Beziehungsziel Sie momentan oder auf längere Sicht hin haben. Um es in einem Vergleich zu sagen: Wenn Sie das Autofahren erlernen, müssen Sie nicht wissen, ob Sie anschließen nach Süden, Norden, Osten oder Westen verreisen wollen. Ein Flirt legt so wenig fest, was aus ihm wird, wie die bloße Tatsache, daß Sie ins Auto steigen und starten, erraten läßt, wohin Sie fahren werden.

4.. Vorurteil: In diesem Vorurteil sind die vorgenannten zusammengefaßt: Flirten ist ein Vorspiel einer sexuellen oder sonstwie gearteten Liebesbeziehung und hat nur als dieses Vorspiel seinen Sinn.

Richtig ist vielmehr, daß das Flirten Ausdruck einer fundamentalen Fähigkeit fast aller höheren Lebewesen ist und in sämtlichen sozialen Begegnungen auftreten kann. Dieser Gedanke soll ausführlicher dargestellt werden, um mehr Mut zum Flirten als Begegnungsform überhaupt zu machen.

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