Kapitel 7
Nach Brian’s plötzlichem Verschwinden war es einen Moment lang ruhig im Zimmer. Lauren sah wieder verstohlen zu ihrer Schwester rüber. Sie saß nun gänzlich auf AJ’s Schoß, einen Arm um seine Schultern gelegt und ihre Aufmerksamkeit wieder Kevin zugewandt, der wieder angefangen hatte etwas zu erzählen. Sie war ungewöhnlich still, was den anderen vielleicht nicht auffiel, aber Lauren war Max’s Verhalten schon fast etwas unheimlich.
„Um…Lauren?“ fragte plötzlich eine sanfte Stimme neben ihr und sie drehte Nick lächelnd ihr Gesicht zu.
„Ja?“
„Hast du Lust…umm…ein Stück spazieren zu gehen?” fragte Nick leise, nicht wagend sie anzusehen.
Lauren starrte ihn einen Moment lang überrascht an, lachte dann leise und nickte. Sie war es nicht gewohnt Aufmerksamkeit von jemandem zu bekommen.
„Sehr gern.“
Nick stand auf und hielt Lauren seine Hand hin, um ihr auf zu helfen. Sie legte lächelnd ihre Hand in seine und stand auf. Sie wollte schon gerade nach Max rufen, als diese ihren Kopf drehte.
„Geh ruhig, Mommy, ich bin hier gut aufgehoben!“
„Geh ruhig Mommy, sie ist hier gut aufgehoben.“ wiederholte AJ grinsend in einer merkwürdig klingenden Baby-Stimme.
Lauren lachte auf.
„Passt trotzdem gut auf sie auf. Sonst bekommt ihr es mit mir zu tun.“
„Wie versprechen es hoch und heilig.“ rief Kevin ihr nach, nachdem sie mit Nick an der Hand das Zimmer verlassen hatte.
In dem Moment, wo sich die Tür hinter den beiden geschlossen hatte, brachen Kevin, Howie, AJ und Max in Gelächter aus.
„Oh man, ich konnte es nicht erwarten, bis die beiden weg waren. Ich hätte ihnen noch zwei Minuten mehr gegeben, bevor ich sie eigenhändigst rausgeschmissen hätte, damit sie allein sein können. Es ist so offensichtlich.“ lachte AJ.
„Dasselbe hab ich auch gedacht, obwohl ich bezweifle, dass ich sie gut hätte rausschmeißen können.“
Kevin räusperte sich leise und der Raum wurde wieder leise.
„Max…umm…tut mir leid, dass Melanie eben so einen Kommentar abgelassen hat. Sie hatte kein Recht so etwas zu dir zu sagen. Ich werde nachher noch mit Brian…-“
Max legte ihre Hand auf Kevin’s Oberschenkel, um ihn zum Schweigen zu bringen.
„Mach dir keine Gedanken Kevin. Solche Kommentare kommen alle Nase lang. Ich werde nicht dran sterben, wenn mich wieder einer verdächtigt, dass ich meine Blindheit nur spiele.“ lächelte sie beruhigend und strich sich eine Locke aus dem Gesicht.
„Ich werde trotzdem mit Brian sprechen.“
* * * * * *
Nick und Lauren gingen derweil Hand in Hand durch die leere Halle, keiner hatte das Bedürfnis gehabt, die andere Hand loszulassen. Es war zu vertraut für beide, dass sie das gewollt hätten. Beide ließen sich schließlich in einem Sitz nieder und Lauren sah umher.
„Es fühlt sich es leer an. Eben war die Halle noch so voll, als ob sie aus allen Nähten platzen würde und jetzt ist sie wieder leer.“
„Du hast Recht. Ich war noch nie nach einer Show in der Halle, nachdem alle gegangen sind. Es ist ein merkwürdiges Gefühl.“ gab Nick zu.
„Hast du niemals Angst und hast dich jemals gefragt: Warum gerade ich?“
Nick sah sie einen Moment lang an und stützte seine Ellbogen auf seine Knie.
„Ich frage mich jeden Tag auf’s Neue: Warum gerade ich! Das hier war mein Traum und er ist wahr geworden. Aber es ist schwer mit der ganzen Aufmerksamkeit, die auf die liegt, zu leben. Manchmal will man nicht mehr. Du fragst dich manchmal, warum all die Menschen dich so lieben, obwohl sie praktisch nichts von dir wissen, obwohl sie dich nicht kennen. Manchmal würde ich am liebsten einen Fan nehmen und ihn fragen: Was ist es, was du an mir liebst? Außer, dass ich den richtigen Ton beim Singen treffe und meinem äußeren Bild, das du von mir hast. Ich liebe meinen Job und würde ihn für nichts anderes in der Welt eintauschen. Aber mit all der Aufmersamkeit und all dem Ruhm kannst du nur noch schwer zwischen Freund und Feind unterscheiden. Du weißt nicht wer dich wirklich mag oder wer nur hinter deinem Geld her ist. Ich suche nach jemandem, der mich mag, weil ich ich bin. Nicht weil ich Nick Carter heiße, Geld habe, im Rampenlicht stehe und singen kann. Weißt du was ich meine?“
Nick hatte bei seiner Rede die ganze Zeit in den leeren Raum gestarrt, ganz in Gedanken. Jetzt lenkte er seinen Blick wieder Lauren zu, die neben ihm saß, ein verständnisvolles Lächeln auf ihren Lippen. Sie hatte nicht erwartet, dass Nick so ehrlich zu ihr sein würde.
„Ja, das weiß ich. Ich will auch, dass jeder Max so behandelt, als wäre sie nicht blind. Aber wenn sie sie behandeln, als wäre sie blind, frage ich mich, warum sie so daran hängen bleiben und nicht dahinter sehen, um zu erkennen, dass Max ein wundervoller Mensch ist und dass sie auf keinen Fall anders ist als du oder ich. Und bei dir bleiben die anderen Menschen an deinem Ruhm und dem Geld und den anderen Dingen hängen und sehen nicht bis zu dem wirklichen Nick hindurch, nur weil der Ruhm anziehender ist und es für sie leichter ist, nur bis zu den einfachen Dingen zu sehen. Alles andere wäre zu schwer. Es würde nicht zu ihrer Auffassung des Lebens passen. Es würde nicht zu dem Bild passen, dass sie sich von dir gemacht haben.“
Nick lehnte sich in seinem Stuhl wieder zurück und hörte ihr stumm und überrascht zu. Noch niemand hatte es sofort so klar gesehen, wie es Lauren gerade getan hatte und er lächelte glücklich darüber.
„Ich wünschte, ich könnte einen Moment mal wieder normal sein, einfach herum sitzen und nichts tun. An nichts denken.“
„Kann ich mir vorstellen.“ lächelte Lauren mitfühlend.
„So einen Moment hattest du bestimmt nicht mehr, seit….seit langem wahrscheinlich nicht mehr.”
„Seit ich 13 war nicht mehr. Nicht einmal, wenn ich Zuhause bin. Immer ist etwas zu tun. Das macht einen kaputt.“
Lauren lachte auf.
„Dann, Mr.Carter, verspreche ich Ihnen einen Tag voll mit Nichts.“
Nick starrte sie grinsend an.
„Und wie planst du das, my Lady?“
„Indem ich dich entführte, natürlich…!“
Nick brach in ein lautes Lachen aus, dass in der ganzen Halle wiederhallte. Er schien sich kaum noch beruhigen zu können, aber als er es halbwegs geschafft hatte, bemerkte er, wie Lauren sich immer wieder umsah und als sie wiederrum bemerkte, dass Nick es gesehen hatte, senkte sie ihren Blick verlegen auf den Boden. Nick hörte nun ganz auf zu lachen, sah sie besorgt an und verstand dann.
„Du machst dir Sorgen um sie, nicht wahr?“
Lauren sah ihn wieder an und nickte verlegen.
„Tut mir leid, es ist so eine alte Angewohnheit von mir. Ich weiß, dass AJ und die anderen gut auf sie aufpassen werden, aber…ich weiß nicht, sie ist halt meine Schwester und ich fühle mich, als müsste ich auf sie aufpassen, obwohl sie doch älter ist als ich…“
„Ich bin mir sicher, dass sie gut auf sie aufpassen werden. Und wenn nicht, dann werden sie großen Ärger mit mir bekommen…“
Lauren kicherte leise.
„Was denn? Ist doch wahr. Typen sollten auf sie aufpassen.”
„Keine Angst, Nick. Typen lieben Max, wenn sie mit ihr ausgehen. Jeder, mit dem sie jemals aus war, sagt, dass er noch niemals besser geküsst worden ist, als von Max.“
„Wirklich?“
Lauren nickte stürmisch an Nate, Max’s letzten Vehrer zurückdenkend.
„Wirklich. Max hat diese besondere Art jemand zu küssen.“
„Wirklich?“ fragte Nick wieder.
Lauren sah ihn verwirrt an.
„Ja.“
„Was hast du gesagt, ich kann dich nicht verstehen. Komm näher.“ flüsterte Nick leicht lächelnd.
Lauren sah ihn zweifelnd an. Sie waren allein, aus welchem Grund sollte er sie nicht hören können.
„Ich meinte, ja!“ flüsterte sie nun auch, nachdem Nick näher an sie heran gerutscht war und sich ihre Blicke getroffen hatten.
Sie war gefangen von seinem Blick, von seinen Augen.
„Ich konnte dich immer noch nicht verstehen. Komm noch näher.“ flüsterte er noch leiser und senkte sein Gesicht zu ihrem herab.
„Ich meinte…ja…“ wiederholte Lauren in derselben Lautstärke, wie Nick und verringerte ihrerseits noch den Abstand zwischen ihnen beiden.
„Jetzt hab ich dich verstanden…“ lächelte Nick und berührte ihre Lippen vorsichtig und zaghaft mit seinen, um sie nicht zu erschrecken.
Lauren schlang ihre Arme schüchtern um Nick’s Hals und erwiderte Nick’s Kuss ebenso schüchtern. Als beide von einander wieder abließen und ihre Augen öffneten, lächelten sie sich an. Lauren lehnte ihre Stirn auf seine.
„Und Mr. Carter? Ich bin zwar nicht Max, aber war das einer der besten Küsse, die Sie jemals hatten?“
Nick begann zu grinsen.
„Vielleicht, ich denke, ich muss es noch einmal testen, bevor ich es dir sagen kann!“ flüsterte er.
Kapitel 8
*Am Abend*
„Max? Bist du okay?”
„Was meinst du?” fragte Max zurück, die gedankenverloren aus dem Fenster gestarrt hatte.
Oder in die Richtung des Fensters gestarrt hatte. Sie drehte ihr Gesicht wieder ihrer Schwester zu.
„Du bist so still seit wir wieder Zuhause sind. Aber eigentlich bist du das schon, seit Melanie aufgetaucht ist.“
Lauren hoffte, dass bei der Erwähnung von Melanie’s Namen irgendeine Reaktion auf Mex’s Gesicht zu sehen wär. Aber die Hoffnung war vergebens. Keine Emotion war auf ihrem Gesicht zu erkennen.
„Lauren, hör auf mich anzustarren. Ich weiß, dass du gerade auf eine Reaktion gewartet hast. Die wirst du aber nicht bekommen. Es ist kein big deal.“
Lauren schüttelte energisch ihren Kopf und legte ihre Hand über Max’s.
„Max, dir hat der Kommentar von dieser Zicke weh getan. Ich bin deine Sis, Maxy, mir kannst du es anvertrauen. Das weißt du doch.“
Max nickte langsam und seufzte.
„Es hat weh getan richtig?“ fragte Lauren erneut vorsichtig.
Max nickte.
„Es hat weh getan, nicht wegen der Worte, sondern wegen Brian, richtig?” fragte Lauren weiter.
Max nickte erneut und seufzte wieder.
„Es ist aber nicht schlimm. Du weißt, manchmal hasse ich es, dass ich nicht sehen kann. Und gerade da war so ein Moment. Es wär schön gewesen, wenn ich hätte sehen können, um Melanie zu zeigen, dass ich genauso gut wie sie bin. Dass Brian nicht nur aus Mitleid mit mir redet.“
Lauren schlang ihre Arme fest um ihre Schwester.
„Brian redet nicht nur aus Mitleid mit dir, genauso wenig wie einer der anderen Guys. Sie mögen dich und das weißt du. Und du weißt, dass du soviel besser bist, als diese Melanie. Du weißt es. Du bist viel stärker als sie und viel hübscher…soll ich weiter machen?“ grinste Lauren.
Max lachte leise und schüttelte den Kopf.
„Es hat nur so weh getan, dass Brian nichts gegen ihren Kommentar gesagt hat. Und ich hab es in diesem Moment gehasst ihn nicht sehen zu können, um die Gefühle zu sehen, die in seinem Gesicht zu sehen gewesen wären.“ seufzte Max frustriert.
„Wenn du ihn gesehen hättest, dann hättest du nur gesehen, wie peinlich Melanie ihm gewesen ist. Nichts anderes. Und glaube mir, das erste was morgen passieren wird, wenn wir die Guys zum Frühstück treffen ist, dass sich Brian bei dir entschuldigt. Glaube mir, Max.“
Max drückte Lauren noch feste an sich.
„Danke Laur’, ich weiß manchmal nicht, was ich ohne dich machen würde.“
Max seufzte erneut.
„Lass uns schlafen gehen, Sis. Morgen wird sich alles ergeben.”
„Okay und morgen wirst du mir auch noch die AUSFÜHRLICHE Geschichte erzählen, wie du und Nick zusammen gekommen seid und nicht so wie eben auf der Autofahrt zurück, die Kurzfassung!“ lachte Max und verschwand ins obere Stockwerk.
Lauren blieb zurück im Wohnzimmer, an Nick denkend und lächelnd.
*nächster Tag, Plaza Hotel*
Als die beiden Schwestern am nächsten Morgen die Lobby des Hotels betraten, warteten die fünf Backstreet Boys schon auf sie. Alle begrüßten sich herzlich, besonders natürlich Lauren und Nick, nur zwischen Brian und Max schien etwas zu stehen. Alle schienen dies zu bemerken und fanden es seltsam, da sie gewöhnt waren, dass Brian und Max sich mehr als nur gut verstanden. Auch während des Frühstücks herrschte Stille zwischen den beiden.
„Max?....Max warte mal…” hörte Max jemanden hinter sich her rufen, als sie gerade wieder das Restaurant betreten wollte, nachdem sie der Toilette einen Besuch abgestattet hatte..
Max drehte sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war.
„Max…ich…-“
„Brian?“ fragte Max und streckte ihre Hände aus, um nach seinem Arm zu greifen.
Als sie seinen Pullover fühlte, trat sie einen Schritt näher an ihn heran.
„Ja…ich…hast du…hast du kurz Zeit?“ fragte er leise.
Er wagte es nicht sie anzusehen, obwohl er bezweifelte, dass sie den Unterschied bemerkte, ob er sie nun ansah oder nicht.
Max lächelte leicht und hakte sich bei ihm unter.
„Sicher hab ich Zeit.“
„Gut…macht es dir etwas aus, wenn wir auf mein Zimmer gehen?“ murmelte er weiter, immer noch zu beschämt um ihr direkt ins Gesicht zu sehen.
„Nein, es macht mir nichts aus.“
„Gut.“ wiederholte Brian erneut.
„Und Bri?“
„Huh?”
„Du kannst mich ruhig ansehen, wenn du mit mir redest, oder lässt es sich leichter mit deinen Schuhen reden?“ lächelte Max und tätschelte leicht seinen Arm.
„Okay.“ seufzte Brian und lächelte sie kurz an.
„Ich hoffe ich fühle das richtig und du lächelst.“
Brian lachte kurz auf, während sie zusammen sein Zimmer betraten.
„So…hier ist es.“
„Okay…umm..wär es okay, mir zu zeigen wo alles ist? Damit ich mich frei bewegen kann?“
„Sicher…sicher, tut mir leid.“
Max lachte.
„Keine Angst du bist es nicht gewöhnt um mich zu sein, du kannst es nicht wissen.“
Brian nahm ihre Hand und führte sie durch das Zimmer, versuchend ihr die Standorte der Gegenstände bestmöglich zu erklären. Zum Schluß setzten sie sich zusammen auf die Couch, die im Zimmer stand. Dabei ließ Max Brian’s Hand los, daran denkend, dass Melanie ja jede Sekunde herinkommen könnte und sie hatte nicht das Bedürfnis danach so eine Szene zu erleben, wie man Abend zuvor.
„Also, du wolltest mir doch bestimmt nicht nur dein Zimmer zeigen, oder?“ lächelte Max Brian an.
„Nein, nein…ich…ich wollte…“ stotterte Brian und nahm zu Max’s Überraschung wieder ihre Hand, aber sah immer noch auf den Boden.
„Brian, ich bin es nur. Sag einfach, was du sagen willst ja?“
„Ich wollte…ich wollte mich bei dir entschuldigen, Max.“
Er sah sie an. Sie kniff verwirrt die Augenbrauen zusammen.
„Warum?“
„Wegen Mel…es tut mir leid, dass sie so etwas zu dir gesagt hat. Ich konnte sie nicht stoppen und sie hat manchmal einfach ein loses Mundwerk. Es tut mir so leid, du verdienst so etwas nicht.“
Max schüttelte lächelnd den Kopf.
„Bri, das ist schon in Ordnung. Wenn du bind bist und dich trotzdem nur selten wie einer verhältst, bekommst du oft solche Kommentare. Mach dir keine Sorgen, ich hab mich nicht verletzt gefühlt. Ich hab gegen solche Sachen eine dicke Haut.“
„Okay…ich wollte dir das nur gesagt haben.“
„Das ist lieb von dir.“ lächelte sie zurück.
„Wo ist Melanie überhaupr?“
„Sie ist ihre Verwandte besuchen, die hier in der Stadt leben.“
Max nickte. Stille breitete sich zwischen den beiden aus. Max war still, weil sie einfach nur Brian’s Nähe genoss und Brian war still, weil er sie nur anstarrte, ohne den Blick von ich lassen zu können. So viele Gedanken über das blinde Mädchen, das hier neben ihm saß, gingen ihm durch den Kopf. Es war ruhig, bis Max nach einiger Zeit seufzte.
„Brian, würdest du aufhören mich anzustarren? Ich mein, ich weiß, dass ich einfach wunderhübsch bin, aber….“
Sie lachte leise auf, während Brian sie einfach nur überrascht anstarrte.
„Woher wusstest du das…?“
„Ich habe es gefühlt. Wenn du blind bist hat alles mit den Gefühlen zu tun. Du kennst dieses Gefühl auch. Es ist, als würde dich jemand von hinten beobachten und du fühlst ihre Blicke im Rücken. Und wenn du neben jemandem sitzt, kannst du es noch mehr fühlen, weil die Schwingungen so nahe bei dir sind.“
„Ist es…schwer?“
„Nicht sehen zu können?“
Brian nickte, aber schlug sich innerlich sofort.
„Ja, meine ich. Entschuldige.“
Max lachte sanft.
„Bri, ich fühle es, wenn du nickst. Du kannst dich größtenteils so benehmen, als wärst du mit Nick zusammen. Wenn du neben mir sitzt ist es genauso, denn dann kann ich alles was du tust fühlen.“
„Okay.“ lächelte Brian.
„Aber es ist nicht wirklich schwer nicht sehen zu können. Nicht für mich. Es war es natürlich, zuerst. Als ich im Krankenhaus aufgewacht bin und nichts sehen konnte und noch gesagt bekommen hatte, dass meine Eltern nicht überlebt haben, wollte ich mich umbringen. Ich hatte wirklich oft mit den Gedanken gespielt mich umzubringen, weil alles weg war, was mein Leben lebenwert gemacht hatte. Die Farben und Formen und was auch immer, ich konnte es nicht mehr sehen. Und das schlimmste war, dass, je länger ich im Krankenhaus war, desto mehr verblassten die Bilder in meiner Erinnerung. Und die Erkenntnis, dass ich meine Eltern nicht wieder sehen konnte brachte mich fast um. Ich kam, weil ich noch nicht 18 war in ein Heim. Dort war ich ein Outsider, was nicht nur daher kam, dass ich blind war, nein, ich war immer schlecht gelaunt oder jähzornig und verrückt. Und dann kamen die Cappadoras nach zwei Monaten des Dahinvegetierens. Und sie gaben mir wieder Mut zu leben und Liebe. Sie halfen mir in der ersten Zeit, aber sie waren nicht die einzigen die mir gezeigt haben, dass es nicht schlimm ist, blind zu sein.“
„Was ist passiert?“ fragte Brian leise, von ihrer Erzählung fast gänzlich gefangen genommen.
„Ich habe diese Frau getroffen. Sie war seit ihrer Geburt blind und wir haben uns lange unterhalten. Sie hat mir diese wundervollen Dinge gezeigt, die alle Menschen in sich haben, ohne dass sie es wirklich wissen. Und da war das schönste was jeder Mensch besitzt.“
„Was ist es?“
„Die Phantasie.“
Brian starrte sie wieder an, in seinen eigenen Gedanken gefangen.
„Ich kann mit Phantasie alles sehen. Alles, was ich berühre, stelle ich mir vor und sehe es in meinen Gedanken. Laur’ war die Erste, die ich ansgehen habe und ich weiß noch, dass ich dabei geweint habe. Meine Ma war die Zweite und danach wusste ich, dass ich wieder sehen kann. Der Unterschied zwischen einem Blinden und einem Sehenden ist ganz gering, Brian. Wir sehen nur mit den Händen.“
Brian lächelte und griff fester nach ihren Händen.
„Es ist schön, wenn du lächelst.“
„Danke…hast du vielleicht Lust…einen Film zu sehen?“ fragte er, versuchend sie bei ihm bleiben zu lassen.
Er wusste nicht warum, aber er mochte ihre Gesellschaft. Er fühlte sich bei niemandem so sicher und geborgen. Nicht einmal bei Melanie. Und dieser Gedanke jagte ihm irgendwie Angst ein. Aber konnte nichts dagegen tun. Als er die Worte jedoch ausgesprochen hatte, wollte er sich am liebsten wieder selbst schlagen.
„Scheiße…tut mir Leid, tut mir wirklich Leid, Max, ich bin so blöd.“ stammelte Brian verlegen vor sich hin.
Max lachte leise auf und legte ihre Hand auf Brian’s Schulter, um seinen Redefluss zu stoppen.
„Es ist okay Brian, hör auf dich zu entschuldigen. Es ist normal, dass du so etwas vorschlägst. Wie eben schon, du bist es nicht gewöhnt mich um dich zu haben. Wir kennen uns erst seit gestern.“
„Ja, dann werde ich mich halt daran gewöhnen müssen….“ murmelte Brian halblaut.
„Was meinst du?“
„Nichts, nur laut gedacht.”
„Okay.” lachte Max, die nicht verstanden hatte, was Brian gemurmelt hatte.
„Bri, ich denke, ich muss jetzt gehen. Melanie wird bestimmt bald zurück sein und Lauren wird sich irgendwann Sorgen machen. Sie ist meine zweite Mommy. Immer in einem Teil ihrer Gedanken bei mir.“ meinte Max und stand auf.
„Oh…okay.“
Brian versuchte möglichst seine Enttäuschung zu verbergen und stand ebenfalls auf.
„Ich komme mit dir wieder runter ins Restaurant.“
Max lächelte sanft.
„Okay.“