Seppuku


Wenn ein Samurai seinem Leben ein ende setzen wollte, so gab es dafür nur eine einzige ehrenvolle Methode: Seppuku - das "Aufschlitzen des Bauches". Der zum Tode Entschlossene setzte sich mit gekreuzten Beinen auf den Boden, entblößte den Leib, stieß sich das Wakizashi oder einen langen Dolch tief in die linke Flanke, zog die Klinge langsam zur rechten Seite hinüber und endete die äußerst schmerzhafte Prozedur mit einem kleine Schnitt aufwärts. Allerdings kam es so weit nur selten, denn gewöhnlich öffnete der tiefe Schnitt bereits auf halbem Wege die im Bauchraum liegenden großen Gefäße, so dass der Betreffende in Sekundenschnelle verblutete.



(Vorbereitung auf Seppuku)


Vermutlich ist Seppuku irgendwann zwischen 1150 und 1170 erfunden und erstmals vollzogen worden. Der qualvollen Methode lag die uralte japanische Vorstellung zugrunde, dass die Seele und die tieferen Empfindungen des Menschen ihren Sitz im Bauche haben. Sich den Bauch zu öffnen bedeutete demnach: >>Schaut her, in diesem, meinem letzten Augenblick sind meine Seele und meine Gedanken unbefleckt; ich sterbe in Reinheit.<< Natürlich war für eine solche Tat übermenschlicher Mut nötig. Doch genau das machte Seppuku für die Kriegerkaste um so anziehender. In späterer Zeit nahm der mit Bedacht ausgeführte Selbstmord immer mehr den feierlichen Zeremonie an. Insbesondere für das Seppunku eines zum Tode Verurteilten galten fortan feste Regeln. Den Rahmen bildete ein Kreis offizieller und privater Zeugen. Vor ihnen erschien der Todgeweihte in einem weißen Gewand, zusammen mit dem sogenannten Kaikashu, einem selbstgewählten Freund oder Verwandten, der die Aufgabe hatte, dem Sterbenden den Tod zu erleichtern, indem er ihm auf dem Höhe punkt der Zeremonie den Kopf abschlug.



(links: der Zeuge; rechts: Kaikashu; mitte: Der Todgeweihte)


Während der Verurteilte öffentlich seine Schuld bekannte, sich niedersetzte und nach dem Dolch griff, trat der Kaikashu einen Schritt zurück und zog unhörbar sein Katana - das eigentliche Ritual hat begonnen. Ein Moment tiefer Stille.... dann stach er wie abwesend Dasitzende sich den Dolch mit einer jähen Bewegung tief in die linke Bauchseite, zog ihn ohne eine Äußerung des Schmerzes langsam nach rechts hinüber, neigte sich, während ihm die Sinne schwanden, leicht vornüber und streckte den Hals vor. Das war der Augenblick, in dem der Kaikashu mit aller Kraft zuschlug. Während der Kopf zu Boden fiel und das Blut aus dem toten Körper strömte verharrten die Anwesenden noch eine Weile unbewegt. Dann erhoben sie sich und verließen mit feierlichen Miene den Raum. Was auch immer der Tote getan haben mochte, die Tat war gesühnt, seine Ehre wiederhergestellt.