Lonza Chemie nach dem 1. WK

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Meta

 

Nach dem Ersten Weltkrieg führte der wirtschaftliche Misserfolg der Alkoholherstellung zu einer Entmutigung. Einzig der desolate Zustand der Anlagen verhinderte 1921 den Verkauf der Lonza an einen deutschen Chemiekonzern. Die Suche nach einem festen «Alkohol» auf Acetaldehyd- Basis führte zum Metaldehyd, der unter dem Markennamen «Mets» als fester Brennstoff während Jahrzehnten weltweit bekannt war. 1923 trug die Fabrikationsaufnahme von Metaldehyd zur Erholung des Betriebes bei.

 

 

Unter dem Einfluss geeigneter Katalysatoren entsteht bei Temperaturen unter 0 °C durch den Zusammenschluss von vier Acetaldehyd-Molekülen Metaldehyd. Die Reaktion erfolgt ansatzweise in Rührwerken unter starker Wärmeentwicklung, die eine intensive Kühlung erfordert. Die heftige Reaktion stellte bis in die 50er Jahre das grösste potentielle Risiko im Werk Visp dar. Nur ein Teil des Acetaldehyds setzt sich zu kristallinem Meta in Form feiner Nadeln um, zusätzlich entsteht flüssiger Paraldehyd. In Zentrifugen wird das kristalline Meta vom flüssigen Nebenprodukt getrennt, ein inerter Gasstrom trocknet das Produkt unter Zugabe eines Stabilisators.

 

Nach dem Grossbrand von 1928 erhielt der Metaldehyd einen neuen Betrieb; im «Alten Meta» entstand eine Spinnerei für Acetatseide, die bis 1932 betrieben wurde. Am 29. Juli 1974 erlitt die Meta-Anlage bei einem verheerenden Brand nochmals Totalschaden. Drei Wochen später gelang es wieder, behelfsmässig Meta herzustellen. Die neue Meta-Anlage wurde mit verbesserten Sicherheitseinrichtungen im nicht mehr genutzten Kalksalpetergebäude untergebracht.

 

Nach der Trocknung stellt Meta ein voluminöses Pulver dar, das für den Verkauf als Brennstoff zu länglichen kleinen Briketts gepresst wurde. Für den Vertrieb entstand in Basel eine eigene Tochtergesellschaft, die Meta AG. Leider ist Metaldehyd giftig. Zur Vermeidung von Kinderunfällen imprägnierte man die Tabletten mit einem Bitterstoff und gab ihnen eine abstossende mausgraue Farbe. Trotzdem geriet Meta in den 70er Jahren ins Schussfeld des neuen Giftgesetzes, es durfte in der Schweiz nur noch in Drogerien verkauft werden. Dies führte 1985 zur Aufgabe von Meta als Brennstoff, der Tablettier und Abpackbetrieb wurde geschlossen. Die Produktion läuft trotzdem mit guter Auslastung weiter, weil 1936 zufällig die toxische Wirkung des Metaldehyds auf Schnecken entdeckt wurde. Meta gibt es noch heute in Form von Schneckengift.

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Die Arbeit am Carbidofen

 

 

 

 

 

 

Die Arbeit am Carbidofen und speziell der stündliche Abstich waren hart. Das Abstichloch musste mit einer Hilfselektrode aufgeschmolzen und bei Bedarf mit der Sauerstofflanze vergrössert werden. Das über 2000 °C heisse Carbid floss durch das Abstichloch über eine gekühlte Gussplatte in kippbare Mulden, die an einer Hängebahn verschoben wurden.

 

 

Der Abfluss wurde durch Bewegen mit langen Eisenstangen unterstützt. Später wurde für diesen Arbeitsgang eine spezielle Stochermaschine entwickelt. Eine Absaugung verbesserte die Sicht aufs Abstichloch, führte aber auch zu einem grossen Rauch- und Staubausstoss. So konnte der Abstich in der Umgebung des Werkes beobachtet werden. Während der Nacht wurde die graue Wolke über der Anlage durch den Schein des Feuers gespenstisch beleuchtet.

 

Nach dem Erstarren wurden die Carbidblöcke aus den Auffangmulden gekippt und in der Kühlhalle gelagert. Zur Zerkleinerung hob man die Blöcke mit einem Kran mehrere Meter an und liess sie auf einen hochgelagerten Schrägrost fallen. Danach querten die Brocken einen Steinbrecher und wurden auf einem Sieb nach Korngrössen getrennt.

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Höhepunkt und Ende der Carbidproduktion

 

Zu Beginn der 20er Jahre war die Zukunft des Carbids ungewiss. Vor allem als Basis für Lösungsmittel und Essigsäureanhydrid genutzt, bewegte sich die mässige, von der Konjunktur abhängige Produktion bis 1939 zwischen 10 000 und 20 000 Jahrestonnen. Wie der Erste Weltkrieg bewirkte auch der Zweite einen starken Aufschwung. Neben dem Ausbau der Lösungsmittelproduktion ging ein Grossauftrag des Volkswirtschaftsdepartements zur Produktion von Ersatztreibstoffen ein.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erforderte die Entwicklung der Acetylenchemie einen dauernden Ausbau der Carbidproduktion. 1951/52 wurde die Leistung des Ofens I auf 22 000 Kilowatt erhöht. Ende der 50er Jahre erreichte die Produktion den sechsfachen Wert der Zwischenkriegszeit. Dieses Wachstum, das die Anlagen zu klein werden liess, zwang zu einem grundsätzlichen Entscheid zwischen Kohle und Erdölchemie. Der Entscheid fiel zugunsten der neuen Benzinspaltanlage aus. Im Jahr 1962 stieg die Jahresproduktion im Werk Visp auf den höchsten Wert von 67040 Jahrestonnen, bereits zwei Jahre später wurde die Carbidanlage im Gampel stillgelegt. Der Ofen II in Visp folgte 1966. Die Carbidherstellung mit dem Ofen I sackte 1972 auf 14 000 Jahrestonnen ab. Am 14. September 1972 morgens um fünf Uhr wurde letztmals in Visp und damit auch letztmals in der Schweiz Carbid abgestochen. Nach dem Beginn der Carbidproduktion in Gampel im Jahr 1898 fand eine beinahe 75jährige wechselvolle Geschichte ihr Ende.

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Die Beschaffung von Rohstoffen

 

Neben der eigenen elektrischen Energie bildeten Kohle und Kalk Ausgangsprodukte zur Carbidproduktion. Trotz verschiedener kleiner Kohlevorkommen im Wallis bestand nie eine reale Aussicht, hier selbst genügend Kohle von geeigneter Qualität auszubeuten. Im Gegensatz dazu unternahm die Lonza im steinreichen Wallis verschiedene Versuche, selbst Kalk abzubauen.

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Steinbrüche im Ober- und im Mittelwallis

 

Im Vertrag vom 24. Juli 1898 mit der Burgergemeinde Gampel wurde der Lonza das Recht eingeräumt, den «Kalksteinbruch der Gemeinde vom Kalkofen bis zum Brunne» auszubeuten. Dabei wurde eine « Vergütung von 40 Rp. per m^3; gelösten Felsen» vereinbart. Pläne aus dem Jahre 1909 enthalten Details zur Reparatur des Kalkofens I in Gampel. 1917 entstand das Projekt für eine Feldbahn von den Kalköfen in « Feldmettelte» bei Niedergampel zum Werk Gampel. 1924 wurde eine Seilbahn zwischen dem Steinbruch Niedergampel und dem Bahnhof Gampel geprüft. Einer Darstellung aus dem Geschäftsjahr 1919/20 können die täglichen Lieferungen und die Gestehungskosten des Steinbruchs Hohtenn entnommen werden.

1928/29 eröffnete die Lonza in der Rufi bei Leuk/ Susten einen grossen Kalksteinbruch. Eine eigene Förderbahn mit einer Spurweite von 60 cm führte vom Steinbruch über den Rotten zum Bahnhof Susten. Der Steinbruch in der Rufi ist heute teilweise mit Reben bestockt, teilweise noch sichtbar.

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Kalk aus Monthey

 

Bereits 1905 erwarb die Lonza im Gebiet von Le Muguet-Rocheys-Le Pellard, in den Kalksteinbrüchen von Monthey an der Bahnlinie nach Champéry, erste Parzellen. 1925 wurde der Terrainbesitz der Lonza mit 58 129 m^2 ausgewiesen. In unmittelbarer Nachbarschaft kauften sich die Firmen «Produits chimiques Bale und « G. Stächelin» ein. In den Jahren 1916 bis 1919 wurde im Steinbruch in Eigenregie an fünf Kalköfen hart gearbeitet. Pro Tonne gebrannten Kalk mussten 265 kg Kohle eingesetzt werden. In detaillierten Statistiken wurden die täglichen Kalklieferungen nach Visp, Waldshut und Gampel erfasst. Obwohl die Qualität des Kalks wegen geringeren Magnesium- und Siliciumgehalts besser war als im Oberwallis, bereitete der Kalksteinbruch in Monthey auch Probleme. Im zweiten Halbjahr 1918 stieg der Kokspreis von 131 auf 227 Franken pro Tonne. Einem Diagramm vom B. Oktober 1918 kann folgende Bemerkung entnommen werden: < Mit Schreiben vom 29. April ersuchten wir die Dir. Basel, den ungenügenden Verkaufspreis v. Fr. 33.75 (pro Tonne) zu erhöhen.» Der reale Tonnenpreis wurde mit etwa 90 Franken angegeben. Im August 1919 brach die Lieferkurve des Lonza-eigenen Steinbruchs brüsk ab. Auf den Plänen erschien neben den Kalköfen der Lonza der Name Dionisotti. Bis zum Ende der Carbidproduktion wurde der risikofreudige Unternehmer Dionisotti Kalklieferant der Lonza.

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