Hoffmann-La Roche während des  Krieges

 

 

 

 

Das NS-Regime erlässt neue Gesetze. Juden in deutschen Firmen sollen entlassen werden. Welche Personalpolitik verfolgt Hoffmann-La Roche bei diesem politischen Hintergrund? Wie steht Roche zum NS-Staat? Welche Geschäfte sind unter den Kriegsumständen möglich?

 


 

  Massnahmen in der Personalpolitik

 

  Gründe dieser Entscheidungen

 

  Probleme der Nationalität

 

  Geschäfte während des Krieges

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Personalpolitik 

Schon sehr bald nach der „Machtergreifung“ am 30. Januar 1933 wurde Roche Berlin mit den Folgen der staatlichen antisemitischen Politik für ihre eigenen Mitarbeiter und Aufsichtskräfte konfrontiert. 

Die ersten Verfolgungsmassnahmen, die das „Dritte Reich“ ergriff, betrafen vor allem die Beamtenschaft und die Ärzteschaft. Gerade in Medizin und Gesundheitspolitik sollten personelle Konsequenzen gezogen werden. So lässt sich beispielsweise für Berlin zeigen, dass schon in der ersten Hälfte des Jahres 1933 ein grosser Teil der antisemitischen administrativen Verfolgungsmassnahmen der Stadtverwaltung auf die Verdrängung jüdischer Ärzte aus dem Gesundheitswesen konzentrierte. 

Im Dezember 1937 mehrten sich bei Roche Berlin Informationen darüber, dass verschiedene deutsche Behörden das Unternehmen als jüdische Firma bezeichneten, da Roche jüdische Mitarbeiter beschäftigte. Im selben Monat liess Veiel (Roche Berlin, Direktor) den beiden jüdischen Aufsichtsräten Willy Wolf und Dr. Paul Simon mitteilen, dass sie zurückzutreten hätten; an ihrer Stelle sollten „arische“ Deutsche gewählt werden. Im Herbst und Winter desselben Jahres mussten auch 4 andere Hochangestellte das Berliner Unternehmen verlassen. Seit Ende 1937 wurden im „Dritten Reich“ verstärkt antisemitische Massnahmen eingeführt und umgesetzt; Juden sollten endgültig aus der deutschen Wirtschaft verdrängt werden. Innerhalb der ersten sechs Monate des Jahres 1938 verloren fast alle jüdischen Aufsichtsräte grosser deutschen Unternehmen ihre Sitze. Am 14. Juli 1938 trat die „Dritte Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ in Kraft, die gesetzliche Bestimmungen formulierte, wann ein Betrieb als jüdisch galt und entsprechend registriert werden sollte. Bereits einen Tag zuvor war ein Schreiben der Wirtschaftsgruppe Chemische Industrie an Roche Berlin eingegangen, in dem das Unternehmen aufgefordert wurde, sich selbst als jüdisch oder nicht jüdisch einzustufen. Unter anderem galt ein Unternehmen dann als jüdisch, wenn ein Aufsichtsrat jüdisch war. Veiel informierte Barell drei Tage später brieflich über das Schreiben und über die neue Verordnung. Er teilte mit, dass er in seiner offiziellen Antwort an die Wirtschaftsgruppe Roche Berlin als „nichtjüdisch“ bezeichnet hatte.

 

Quelle: Veröffentlichungen der UEK; Bd. 7 "Schweizer Chemieunternehmen im Dritten Reich"; S.189 ff

 

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Gründe der Entscheidungen

 

 

Die Entscheidungen von Roche in den Jahren 1937 und 1938, die jüdischen Aufsichtsräte und Mitarbeiter nicht länger in der Berliner Firma zu belassen, sondern sich von ihnen zu trennen, lässt sich einerseits als Reaktion auf zunehmende antisemitische Praktiken wie die Denunziation von Roche Berlin als jüdische Firma sehen. 

Andererseits ist sie aber auch vor dem Hintergrund neuer antisemitischer Gesetze und Verordnungen zu betrachten. Beides, Praxis und Gesetz, konnte im Zusammenspiel Konsequenzen für ein Unternehmen haben, wie beispielsweise jene, als jüdisches Unternehmen von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen zu sein. Roche Berlin thematisierte innerhalb des Unternehmens sehr früh und sehr klar die NS-„Judenpolitik“. Das Unternehmen hielt lange an seinen jüdischen Aufsichtsräten und Mitarbeiter in „Dritten Reich“ fest. Es versuchte einen Ausgleich zu finden zwischen einer Anpassung an die antisemitische Politik des NS-Regimes, den ökonomischen Interessen des Unternehmens und der Loyalität gegenüber den jüdischen Angestellten und Aufsichtsräten. Letztlich aber trennte sich Roche Berlin doch von ihnen, um als nichtjüdisches Unternehmen im nationalsozialistischen Deutschland tätig sein zu können.

 

Quelle: Veröffentlichungen der UEK; Bd. 7 "Schweizer Chemieunternehmen im Dritten Reich"; S. 195 f

 

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Probleme der Nationalität

 

Immer wieder kam die Frage auf nach der Nationalität von Roche und der Beteiligung ausländischen Kapitals. Zudem verdächtigten Kunden das Unternehmen, „jüdische“ Medikamente zu produzieren. Auf diese Fragen und Vorwürfe brachte man die sogenannte Antiroche-Note heraus. Von der es drei Varianten gab:

 

A, B und B modifié

 

Die Variante A bezieht sich auf die Familiengeschichte und zeigt, dass die Herkunft der 

  Gründerfamilien in Deutschland ist.

Die Varianten B und B modifié hingegen setzen die Geografie an den Anfang. Sie  

  schrieben: „Der Sitz der Verwaltung und das Hauptbüro unserer Firma befinde sich in

  Berlin, die Fabrikationsstätte in Grenzach in Baden. Dieses Werk wurde bereits im Jahre

  1898 gegründet und war schon vor dem Kriege die Hauptfabrikationsstätte des

  Roche-Konzerns.

Man wollte hier eine Abgrenzung machen, welche hier von „schweizerisch“ und „deutsch“ beziehungsweise „französisch“ ablief.

Nun war es an den Behörden und Parteistellen den Begriff „deutsches Unternehmen“ zu definieren. Doch wurde ein Vorschlag angenommen, war er in kürzester Frist wieder nichtig. Viele Unternehmen bezogen jetzt die Bezeichnungen „deutsches“ bzw. „ausländisches“ Unternehmen in die Werbung mit ein. Doch meist hatte die Benutzung eine positive und negative Auswirkung.

Roche entschied sich, sich als „ausländisches“ Unternehmen zu klassifizieren. Da man als „jüdisches“ Unternehmen nicht längerfristig in NS-Deutschland tätig sein konnte. Dieser Entscheid brachte zwar Anfeindungen seitens ihrer Konkurrenten ein, aber man fand trotzdem seinen Marktanteil.

Quelle: Veröffentlichungen der UEK; Bd. 7 "Schweizer Chemieunternehmen im Dritten Reich"; S. 209 ff

 

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