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Betrachtungen |
Die Vorüberlaufenden |
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Wenn man in der Nacht durch eine Gasse
spazieren geht, und ein Mann, von weitem schon sichtbar denn die Gasse vor uns
steigt an und es ist Vollmond , uns entgegenläuft, so werden wir ihn nicht
anpacken, selbst wenn er schwach und zerlumpt ist, selbst wenn jemand hinter ihm läuft
und schreit, sondern wir werden ihn weiterlaufen lassen.
Denn es ist Nacht, und wir können nicht dafür, dass die Gasse im Vollmond vor uns
aufsteigt, und überdies, vielleicht haben diese zwei die Hetze zu ihrer Unterhaltung
veranstaltet, vielleicht verfolgen beide einen Dritten, vielleicht wird der Erste
unschuldig verfolgt, vielleicht will der Zweite morden, und wir würden Mitschuldige des
Mordes, vielleicht wissen die zwei nichts voneinander, und es läuft nur jeder auf eigene
Verantwortung in sein Bett, vielleicht sind es Nachtwandler, vielleicht hat der erste
Waffen.
Und endlich, dürfen wir nicht müde sein, haben wir nicht so viel Wein getrunken? Wir
sind froh, dass wir auch den Zweiten nicht mehr sehn. |
DER
FAHRGAST
Ich stehe auf der Plattform des elektrischen
Wagens und bin vollständig unsicher in Rücksicht meiner Stellung in dieser Welt, in
dieser Stadt, in meiner Familie. Auch nicht beiläufig könnte ich angeben, welche
Ansprüche ich in irgendeiner Richtung mit Recht vorbringen könnte. Ich kann es gar nicht
verteidigen, dass ich auf dieser Plattform stehe, mich an dieser Schlinge halte, von
diesem Wagen mich tragen lasse, dass Leute dem Wagen ausweichen oder still gehn, oder vor
den Schaufenstern ruhn. Niemand verlangt es ja von mir, aber das ist gleichgültig.
Der Wagen nähert sich einer Haltestelle, ein Mädchen stellt sich nahe den Stufen, zum
Aussteigen bereit. Sie erscheint mir so deutlich, als ob ich sie betastet hätte. Sie ist
schwarz gekleidet, die Rockfalten bewegen sich fast nicht, die Bluse ist knapp und hat
einen Kragen aus weißer kleinmaschiger Spitze, die linke Hand hält sie flach an die
Wand, der Schirm in ihrer Rechten steht auf der zweitobersten Stufe. Ihr Gesicht ist
braun, die Nase, an den Seiten schwach gepresst, schließt rund und breit ab. Sie hat viel
braunes Haar und verwehte Härchen an der rechten Schläfe. Ihr kleines Ohr liegt eng an,
doch sehe ich, da ich nahe stehe, den ganzen Rücken der rechten Ohrmuschel und den
Schatten an der Wurzel.
Ich fragte mich damals: Wieso kommt es, dass sie nicht über sich verwundert ist, dass
sie den Mund geschlossen hält und nichts dergleichen sagt?
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