Das Schweigen brechen


Denn wer sein Schweigen nicht bricht, der ist dazu verdammt niemals entkommen zu könnten.

Und ich wollte entkommen

Ich hatte drei oder vier Jahre ein unendliches Martyrium hinter mir, bevor ich mein Schweigen endlich brechen konnte. Ich hatte mich einige Wochen zuvor eine Freundin anvertraut. Zu der Zeit konnte ich die Übergriffe noch nicht deuten, zudem fehlten mir Erinnerungen. Wirklich helfen konnte sie mir nicht, machte mir aber deutlich das dies ein eindeutiger sexueller Missbrauch gewesen sei. Ich wehrte mich gegen diesen Gedanken sehr, denn ich hatte damals noch kein eindeutiges Bild von meinem Täter sondern nur zwei: Der liebe nette Mann, der böse alte Mann. Dieser Mensch war für mir zwei unterschiedliche Personen. Zu begreifen, dass es ein und dieselbe Person ist viel mir sehr schwer und es hatte auch in der Therapie lange gedauert, bis ich es akzeptiert und angenommen habe und sagen konnte "Ich bin missbraucht worden, ich bin ein Opfer und nicht Täter".

Das Ganze brach aus mir herraus als ich wieder mal Streit mit meinen Eltern hatte. Ich war psychisch ganz unten und mit den Nerven an Ende. Würde ich es jetzt nicht sagen, würde ich nicht mehr lange leben. Ich hatte großes Glück das mir meine Eltern glaubten. Nicht jeder hat das und ich bin bis heute dafür Dankbar. Ich hatte ein langes Gespräch mit meiner Mutter und musste alles ganz genau erzählen. Dabei fand ich herraus, dass der Missbrauch von einer Generation in die Nächste überging. Nicht nur ich bin ein Opfer von ihm, sondern auch meine Mutter.

Nach diesem Ausbruch bekam ich einen Therapieplatz bei einer Beratungsstelle für Frauen und Mädchen die sexuelle Gewalt erleben mussten. Ich war dort zwei Jahre lang bis ich sagen konnte "Ab hier versuche ich mein Leben selbst zu meistern". Während diesen zwei Jahren der Therapie sind Erlebnisse aus meiner Kindheit hochgekommen, die ich bis dahin immer verdrängt hatte. Ich begriff immer mehr was damals geschehen ist und dieser Weg war sehr hart zu gehen und hat mich oft all meine Kraft die ich besaß gekostet.

Ich sollte zwischenzeitlich in eine Psychiatrie kommen, da die Gefahr zu Hoch war das ich mir etwas antuen könnte zwischen den einzelnen Therapiestunden. Nach mehreren Therapeutischen Gesprächen in der Psychiatrie bekam ich die Diagnose Borderline-Persönlichkeitsstörung und PTSD (posttraumatische Belastungsstörung) Auf diese zwei Fachbegriffe werde ich später noch eingehen.

Ich bin am Ende nicht in diese Psychiatrie gegangen, da sie bei mir wohl mehr Schäden angerichtet hätte, als ich Hilfe bekommen hätte.