Diskussion zum Thema FFH-Richtlinie im Landkreis Cham

Unter dem Titel "2. Nößwartlinger Umweltstreitgespräch: FFH-Umsetzung im Landkreis Cham" lud die LBV Kreisgruppe Cham zusammen mit dem Wasserwirtschaftsamt Regensburg zu einer Podiumsdiskussion in das Zentrum "Mensch und Natur: Alte Mühle" ein. Gekommen waren etwa 50 Naturinteressierte um die Ausführungen der Fachleute auf dem Podium zu verfolgen. Diese waren: Karl Holmeier, 1. Bürgermeister der Gemeinde Weiding, Georg Hiegel, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes, Dr. Hans-Georg Schmeller, Fachberater für Fischerei an der Regierung der Oberpfalz, Dr. Andreas von Lindeiner, Artenschutzreferent des LBV, Gerhard Weiherer, Bündnis 90/Die Grünen, Dipl. Ing. Harry Lipsky, Heribert Mühlbauer, 1. Vorsitzender der Kreisgruppe Cham des LBV, Regierungsdirektor Rüdiger Schmid, Wasserwirtschaftsamt Regensburg, der die Diskussion leitete.

Als Gastgeber führte Heribert Mühlbauer kurz in die Thematik "FFH-Richtlinie und ihre Umsetzung im Landkreis Cham" ein. Ein großer Teil des Chambtales zwischen Furth im Wald und Cham ist als Vorschlag für eine Fläche nach der FFH-Richtlinie vorgesehen. Aufgrund des Widerstandes betroffener Gemeinden gegen die Meldung nach Brüssel wurden einige Flächen aus diesem Vorschlag herausgenommen. Anhand eines Dias zeigte Mühlbauer, dass die FFH-Fläche genau am Rand des LBV-Sees bei Neumühlen endet. Das sei völlig unverständlich, da die herausgenommene Fläche ebenfalls einen wichtigen Rastplatz für den Vogelzug darstelle und es sich außerdem um ein Hochwassergebiet handle.

Rüdiger Schmid erinnerte als Diskussionsleiter daran, das die FFH-Richtlinie seit 1992 geltendes EU-Recht sei. Erst im Jahre 1999 begann man in Deutschland damit, geeignete Flächen nach Brüssel zu melden., Und das erfolgte auch nur, da bei einer Nichtmeldung Strafen in Millionenhöhe drohten. Aufgrund eines Mangels an Information, fühlten sich viele Grundstücksbesitzer bei der Meldung ihrer Flächen hintergangen. So kam es zu einem Dialogverfahren mit den betroffenen Gemeinden und Bürgern.

Karl Holmeier zeigte sich sehr dankbar, dass dieses Dialogverfahren durchgeführt wurde. Um das zu erreichen, war allerdings enormer Druck seitens der Kommunalpolitik auf die Staatsregierung notwendig. "Wem bringt die FFH-Richtlinie etwas?", fragte er und wertete es als Erfolg, dass im Rahmen des Dialogverfahrens in seiner Gemeinde große Gebiete aus der Meldung nach Brüssel herausgenommen wurden.

Andreas von Lindeiner, kam gerade erst wieder aus Brüssel zurück, wo er in die Verhandlungen um die Durchführung von FFH eingebunden ist. Er bedauerte, dass der Zeitplan für die Durchführung der Richtlinie so durcheinandergeraten sei. Man hätte schließlich 10 Jahre Zeit gehabt, um in aller Ruhe geeignete Flächen nach Brüssel zu melden. Dabei wurden zunächst verschiedene Lebensraumtypen festgestellt und weitergegeben. Lindeiner nannte dazu ein Beispiel: bestimmte Waldflächen gehören dem Lebensraum Buchenwald an. Das sei eine biologische Tatsache, die unverrückbar ist. Solche Informationen über Lebensräume in Bayern wurden an die EU gegeben. Doch genau zu diesem Zeitpunkt wurde in Bayern das Dialogverfahren durchgeführt, bei dem die Grundstücksbesitzer ihre Einwände gegen eine Meldung ihrer Flächen vorbringen konnten. Doch sei es absolut widersinnig, sich gegen biologische Tatsachen zu wenden und über Maßnahmen wurde ja noch lange nicht entschieden. Trotzdem wurde dabei ein Großteil der Flächen aus der FFH-Richtlinie herausgenommen. Im Idealfall, so Lindeiner weiter, wird ein Flächenmanagementplan erstellt und dann wird der Kontakt zu den Flächenbesitzern gesucht und das weitere Vorgehen besprochen. Anknüpfungspunkte könnten dabei nachhaltiges Wirtschaften sein, das von vielen Landwirten ohnehin schon durchgeführt wird.

Gerhard Weiherer verwies noch einmal auf die großartige Zielsetzung der FFH-Richtlinie. Das europäische Naturerbe soll erhalten werden, indem ein Netz von Lebensräumen erhalten werden oder wiederhergestellt werden soll. Er bedauerte es, dass schon vor der Erstellung eines Flächenmanagementplanes viele Flächen herausgestrichen wurden. "Ich befürchte, dass jetzt genau auf diesen Flächen ordentlich zugelangt wird," fuhr Weiherer fort und verwies auf die Naturzerstörung am Arber oder im Rahmen des Neubaus der B 16. Dabei wäre gerade die FFH-Richtlinie und die damit verbundene finanzielle Förderung hervorragend geeignet den Umstieg auf extensive Landwirtschaft zu fördern.

Georg Hiegel bemerkte zunächst, dass man das dicht besiedelte Deutschland in Sachen Natur nicht mir anderen Ländern Europas vergleichen könne. Deshalb habe der Bayerische Bauernverband schon einiges gegen die Umsetzung der FFH-Richtlinie erreicht: So müssten immer Ausgleichszahlungen angeboten werden, wenn Einschränkungen für die Landwirtschaft erfolgen. Außerdem war er stolz darauf, Privatwald oder Ackerflächen größtenteils aus der Meldeliste herausbekommen zu haben. Die Grundbefürchtung vieler Bauern sieht Hiegel darin, dass eine Fläche weniger intensiv genutzt wird und zu einem Biotop werde, dann aber nie mehr intensiv genutzt werden kann.

Hans-Bernd Schmeller nannte die Kernidee von NATURA 2000, ein europaweites Biotopsystem zu schaffen als durchaus richtig. Dennoch lehne er die Umsetzung der FFH-Richtlinie ab. Als Begründung nannte er einige Bestimmungen des Naturschutzrechtes. So würden seiner Meinung nach die FFH-Flächen in Bayern unter das Naturschutzrecht fallen., was eine Reihe von starken Einschränkungen der Fischerei bedeute.

Harry Lipsky erstellt im Auftrag der Regierung einen Testmanagementplan für die FFH-Flächen im Chambtal. Dabei wurde das Chambtal mit vier weiteren Gebieten Deutschlands für diese Testphase ausgewählt. Was sagt dieser Managementplan aus? Zunächst, so Lipsky, werden Informationen über Lebensräume von Tieren und Pflanzen in den FFH-Flächen im Chambtal gesammelt. Dabei wird vor allem auf schon vorhandene Daten zurückgegriffen. Diese Flächen werden in eine Karte eingetragen. Jetzt schaut man sich an, ob und wie diese Flächen bewirtschaftet werden. Dabei sei entscheidend, dass die geschützten Arten erhalten werden können. In den meisten Fällen ist die Erhaltung der Tiere und Pflanzen ohnehin gesichert, so dass alles bleiben könne wie es ist. Nur bei etwa 1,5% der gemeldeten Flächen könnte es Konflikte geben. Lipsky stellte nochmals die großartigen Möglichkeiten heraus, die mit der FFH-Richtlinie für den Naturschutz geschaffen wurden. Endlich sei es möglich, größere Flächen für bedrohte Arten zu erhalten, was für bestimmte Tiere überlebensnotwendig ist. Wie läuft es ab, wenn eine Fläche im Mananagementplan aufgeführt ist? Zunächst werde der Kontakt mit dem Besitzer gesucht und geklärt, wie die Fläche genutzt wird. Sollte eine Änderung der Nutzung nötig sein, liegt es an dem Grundstücksbesitzer, ob er eine Nutzungsänderung vornehmen will oder nicht. Lehnt er ab, ist seine Fläche nicht mehr im Verbund enthalten. Für die Natur wäre das wahrscheinlich die schlechteste Lösung. Stimmt er einer Nutzungsänderung zu, bestehen mehrfache Förderungsmöglichkeiten im Rahmen des "life"-Programms der EU.

In der folgenden Diskussion wurde deutlich, dass bei manchen Landwirten noch immer Ängste vor der FFH-Richtlinie vorhanden sind, was wohl auf die miserable Informationspolitik einiger offizieller Stellen zurückzuführen ist. "Es handelt sich um keinen Hammer, der über ihre Flächen hinweggeht", so von Lindeiner. Vielmehr böte die FFH-Richtlinie viel flexiblere Kooperationsmöglichkeiten zwischen Landwirten und Naturschutz. Während beispielsweise das Wiesenbrüterprogramm sehr starr in seinen Bestimmungen ist, könnten jetzt Verträge viel besser auf einzelne Situationen abgestimmt werden. Er stellte fest, dass es fatal wäre, diese neuen Möglichkeiten nicht zu nutzen, weil so Chancen für Natur und Mensch verkannt werden.

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