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Brüssel, den 29. Mai 2001
PRESSEMITTEILUNG
DIE INSTITUTIONNELLE VISION LIONEL JOSPINS 
IST UNZUREICHEND
 
Endlich hat nun auch der französische Premierminister Lionel JOSPIN in seiner Rede am 28. Mai in Paris seinen Beitrag zur Debatte über die Zukunft Europas geleistet. Die Union der Europäischen Föderalisten (U.E.F.) begrüßt an seinen Vorstellungen besonders, dass die Frage der politischen Finalität Europas dabei in den Mittelpunkt seiner Überlegungen steht. 
Die U.E.F. teilt die Überzeugung, dass allein eine europäische Föderation den Herausforderungen von Erweiterung, Globalisierung und Umwelt begegnen kann. Laut JOSPIN soll sich Europa als Wertegemeinschaft und Wirtschafts- und Sozialmodell verstehen. In diesem Sinne verlangt die U.E.F. bereits seit mehreren Jahren eine Europäische Verfassung, die die Prinzipien von Demokratie, Subsidiarität, Solidarität, der Grundrechte der Bürger, Pluralismus, soziale Gerechtigkeit und den Umweltschutz normiert und garantiert. Die Rede Lionel JOSPINS, wie auch die ihm vorangegangenen (Fischer, Ciampi, Chirac, Rau, Schröder), ermutigt die U.E.F., ihre Kampagne fortzusetzen. 
Aber : für die U.E.F. ist JOSPINS Vision des Europäischen Föderalismus unzureichend. So wie von JOSPIN verstanden, reduziert sich die "schöne Idee einer Föderation von Nationalstaaten" nur darauf, dem derzeitigen institutionellen Gefüge einen anderen Namen zu geben. Dieses hat jedoch bereits seine Unfähigkeit bewiesen, die gesellschaftlich relevanten Ziele zu erreichen. JOSPIN meint, dass "sehr starke föderale Elemente bereits vorhanden sind", dass jedoch "die zwischenstaatliche Zusammenarbeit nach wie vor einen wichtigen Platz einnimmt", und dass dies auch künftig unerlässlich sei.
Der französische Premierminister möchte seine Bereitschaft beweisen, dem Ruf Europas zu folgen, dabei aber das Gleichgewicht des aktuellen institutionellen Dreiecks zu bewahren. Die Vorschläge von Lionel JOSPIN verstärken hingegen das Ungleichgewicht zugunsten der intergouvernementalen Institutionen, denn sie unterstreichen die Vorherrschaft des Europäischen Rates, der das Europäische Parlament auflösen kann, und die Stärkung des Ministerrats. Es sind Vorschläge, deren Inhalte ungewiss bleiben und die nicht über das bestehende intergouvernementale System hinausgehen.
Die Tatsache, dass bestimmte Staats- und Regierungschefs sich nun trauen, die Wörter "Verfassung" und "Föderation" in den Mund zu nehmen, bedeutet nicht, dass sie die Notwendigkeit erkennen, dass von nun an Europas Bürger die Zukunft gestalten, und nicht mehr Diplomaten, die ihre Nationalstaaten repräsentieren.