Antarktische Seen: ein Eldorado für Prokaryonten

E. Stackebrandt, E. Brambilla und B. Tindall

DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH, Mascheroder Weg 1b, 38124 Braunschweig

Die molekulare Analyse einer mikrobiellen Matte aus dem Lake Fryxell soll stellvertretend für bereits mehrere untersuchte Seen der Antarktik vorgestellt werden. Lake Fryxell, der im Sommer im Uferbereich auftaut, liegt im Dry Valley, 77º 36' Süd, 162º 6' Ost.

In Rahmen des EU Projektes MICROMAT wurde im Februar 1999 eine Probe entnommen und bei 5º C an die Universität von Nottingham gesandt, von wo aus eine kleinere Probe gefroren an die DSMZ weitergeleitet wurde. DNA wurde aus mehren Positionen einer Matte isoliert und die 16S rRNA Gene amplifiziert. TGGE Analyse ergab eine relativ homogene Verteilung selektiver 16S rDNA Fragmente, so daß weitere Untersuchungen an nur einer einzigen Probe durchgeführt wurden. Parallel zu den molekularen Untersuchungen wurden über 800 aerobe und anaerobe Bakterienstämme isoliert, und diese über FT-IR sortiert (Tindall et al., 2000). Da Methanogene weder mikroskopisch identifiziert, noch kultiviert werden konnten kann man auf unzureichenden Sauerstoffausschluß bei Probennahme und Versandt schließen. Vertreter der FT-IR Gruppen werden mit molekularen, chemotaxonomischen und konventionellen Klassifizierungsmethoden untersucht.

Die mit Archaea- und Bacteria-spezifischen Primern amplifizierten 16S rDNA wurden kloniert und die Klonbibliotheken mithilfe der Partialsequenzierung selektiver 16S rDNA Klone analysiert. Von 72 sequenzierten Klonen der Archaea Bibliothek waren 96% zu Methanoculleus palmolei, und 4% zu Antarktik Klon Ant 12 verwandt. Hybridisierung dieser Bibliothek mit einer M. palmolei-spezifischen Oligonukleotidsonde ergab eine positive Reaktion zu über 90% der Klone. Die Analyse der 378 Klone analysierten Bibliothek der Bacteria ergab eine wesentlich höhere Diversität, die in der Identifizierung von etwa 150 phylogenetischen Gruppen bestand, die untereinander zu weniger als 99%, oft nur 80-85%, miteinander verwandt waren. Vertreter der Klone stammen, mit Ausnahme der im Stammbaum tief abzweigenden und meist thermophile Organismen beherbergenden Linien, aus allen bisher definierten Phyla. Allerdings scheinen nur wenige Klone völlig neue Entwicklungslinien zu repräsentieren. Von diesen Klonen werden zur genaueren phylogenetischen Analyse 16S rDNA Totalsequenzen ermittelt. Hauptvertreter stammen aus dem Verwandtschaftsbereich der Clostridien (C. estertheticum-ähnlich), Rhodoferax fermentans, Verrucomicrobium spinosum, Bacterioides forsythus und verschiedener Arten der Gattungen Sphingomonas, Eubacterium, Acidaminobacter und Sporomusa. Die Diversität dieser Seen scheint zumindest ähnlich komplex zu sein wie die weniger extremer Standorte, wie Ozeane und Böden gemäßigter Zonen.

  1. Tindall et al: (2000) Cultivatable Biodiversity: Gnawing at the Gordian Knot. Env. Microbiol. (in press)