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 GELBGESICHT WELLENSITTICHE: Ein Erklärungsmodell 

 Bild Goldgesicht Wellensittich ( Goldenface budgerigar )

Gelbgesicht-Wellensittiche: Erklärungen zur Funktionsweise der Gelbgesicht-Gene

von Peter Bergman

Wann ist ein Gelbgesicht kein Gelbgesicht?

Über keinen Farbschlag wurde vermutlich mehr geschrieben und diskutiert als über Gelbgesicht-Wellensittiche. Die Meinungen über das Wesen der Gelbgesichter gehen auseinander und Diskussionen über die Vererbung waren zu gewissen Zeiten ziemlich angeheizt.

Die vorherrschende Meinung ist heute, dass die drei Gelbgesichtvarianten zusammen mit Blau und Grün eine Reihe von Allelen bilden. Weil dieselbe genetische Infrastruktur für die Produktion von gelbem Pigment in Grünen und Gelbgesichtern genutzt werden könnte, ist diese Annahme durchaus sinnvoll.

Wenn die Gelbgesicht-Gene keine Allele von Grün und Blau wären, dann wäre eine Neuentwicklung der Infrastruktur für die Produktion von gelbem Pigment in Gelbgesichtern nötig gewesen. Eine solche Entwicklung ist um einiges unwahrscheinlicher, als die Annahme, dass bereits existierende Gene durch eine Mutation verändert wurden.

Nicht alle Züchter glauben, dass die Gelbgesicht Gene Allele von Blau sind. Einige Züchter behaupten, dass sie Grüne mit Blauen verpaart haben und im Nachwuchs sowohl Grüne, als auch Blaue und Gelbgesichter auftauchten. Eine unmögliche Situation, wenn diese Mutationen tatsächlich Allele sind.

Es muss aber betont werden, dass die Gelbgesichter, in allen, mir bekannten Fällen, in denen in Grün x Blau Verpaarungen neben Grünen sowohl Gelbgesichter als auch Blaue im Nachwuchs auftauchten, Australische Goldgesichter waren. Diese Tatsache allein lässt die Vermutung nahe, dass die erwähnten Grünen nicht Grüne, sondern stark pigmentierte Goldgesichter waren.

Vererbungsmuster

Die meisten Artikel über Gelbgesichter befassen sich mit der Vererbungslehre. Genetik ist soweit gut und recht, aber sie beschreibt nur Vererbungsmuster. Um zu begreifen warum ein Gelbgesicht wie ein Gelbgesicht aussieht, muss man einen Schritt zurück machen und die Perspektive erweitern, auf die Art und Weise, wie Gene funktionieren.

Die Gelbgesichtmutationen entsprechen den "Parblue" Mutationen in anderen Papageienarten. Typisch und einzigartig für den Wellensittich scheint die Tatsache, dass doppelfaktorige Gelbgesichter weniger gelbes Pigment haben, als einfaktorige Gelbgesichter. Dieser Widerspruch hat in den letzten Jahren für viel Verwirrung gesorgt, und ist die Ursache der Diskussion, ob die Gelbgesicht Allele die Produktion von gelbem Pigment ankurbeln oder hemmen.

Blaue Wellensittiche tauchten um 1880 zum erstenmal auf. Es dauerte allerdings weitere Jahrzehnte, bis Blaue allgemein erhältlich waren. Die Gelbgesichter tauchten kurz nacheinander in der Mitte der Dreissigerjahre auf. Das gleichzeitige Auftauchen der Gelbgesichter lässt vermuten, dass sie lange in Spalterbigen der Grünreihe versteckt waren.

Die interessanteste Gelbgesichtmutation ist die Mutation 1, denn doppelfaktorige Mutation 1 Vögel sehen aus wie gewöhnliche Blaue. Es drängt sich natürlich sofort die Frage auf, ob wir wirklich sicher sein können, dass die gewöhnlichen Blauen nicht in Wahrheit die doppelfaktorigen Mutation 1 Vögel darstellen. In diesem Gedankenexperiment wären dann die Blauen, von denen wir glauben, dass sie doppelfaktorige Mutation 1 Vögel sind, die richtigen Blauen.

Meiner Meinung nach haben wir bis heute ein wichtiges Detail übersehen:

Es gibt keine Regel die sagt, dass mutierte Gene in einer definierten Reihenfolge auftauchen müssen

Wir glauben, dass die gewöhnlichen Blauen die richtigen Blauen sind, weil sie als "richtige Blaue" etabliert wurden. Die Gelbgesicht Mutation 1 ist später aufgetaucht. Es hätte genauso gut umgekehrt sein können. Wie können wir sicher sein, dass wir uns nicht irren, und in Tat und Wahrheit die doppelfaktorigen Mutation 1 Gelbgesichter die "richtigen Blauen" sind.

Wenn ihnen das als weit hergeholt erscheint, dann sehen sie sich die Situation beim Pfirsichköpfchen genau an. Es sind zwei "Parblue" Mutationen bekannt, aber die reinen Blauen fehlen bis heute.

Eine andere Sichtweise

Stellen sie sich eine Welt vor, in der doppelfaktorige Mutation 1 Gelbgesichter als "richtige Blaue" zuerst etabliert worden wären. Die später aufgetauchten, aus heutiger Sicht "richtigen Blauen" wären dann logischerweise als doppelfaktorige Mutation 1 Gelbgesichter bezeichnet worden, denn sie würden mit den "richtigen Blauen" nur Mutation 1 Gelbgesichter ziehen.

Unsere grünlichen einzelfaktorigen Goldgesichter würden als eine Kombination aus Goldgesicht und Mutation 1 Gelbgesicht angesehen werden. Die Kombination von Goldgesicht und Mutation1 Gelbgesicht wäre demnach ein einzelfaktoriges Goldgesicht. Das gelbe Pigment in einzelfaktorigen Goldgesichter wäre gleich verteilt, aber leicht verdünnt, im Vergleich zu den doppelfaktorigen Goldgesichtern.

Goldgesichter und Gelbgesichter der Mutation 2 würden sich gleich verhalten, wie die "Parblue" Mutationen anderer Papageien. Ein einzelnes Gelbgesicht Gen produziert eine gewisse Menge von gelbem Pigment und zwei Gelbgesicht Gene produzieren einfach mehr davon. Es würde bei dieser Ausgangslage niemandem in den Sinn kommen, die Gelbgesicht Allele als Suppressor Gene zu bezeichnen.

Unser Verständnis der Gelbgesichter ist durch den Zufall beeinflusst worden. Wenn zuerst die doppelfaktorigen Gelbgesichter der Mutation 1 aufgetaucht wären, dann wäre unsere Vorstellung von der Vererbung der Gelbgesichter eine ganz andere. Zum Leidwesen der Gelbgesicht Züchter ist das falsche Allel zuerst aufgetaucht.

Die oben genannte Sichtweise könnte die Problematik um die Goldgesichter und die Gelbgesichter der Mutation 2 aufklären, aber es gibt nach wie vor keine Antwort auf die Frage warum doppelfaktorige Gelbgesichter der Mutation 1 blau gefärbt sind. Diese Frage ist sehr schwierig zu beantworten, wenn man die Arbeitsweise von Genen versteht.

Vielleicht haben wir aber die falsche Frage gestellt. Meiner Meinung nach haben wir bis heute ein zweites wichtiges Detail übersehen:

Es gibt keine Regel die sagt, dass es nur ein Allel für Blau gibt

Die Mehrheit der Züchter glaubt, dass drei Gelbgesicht Mutationen und eine Blau Mutation existieren. Wer sagt uns aber, dass es nicht zwei Gelbgesicht Mutationen und zwei Blau Mutationen gibt?

Was definiert eine Farbvarietät?

In doppelfaktorigen Vögeln sehen wir die Arbeitsweise der Gene in ihrer reinsten Form. Doppelfaktorige Vögel definieren die Farbvarietät. Wenn ein doppelfaktoriges Gelbgesicht der Mutation 1 Blau aussieht, dann doch nur darum, weil es ist was es ist, nämlich Blau. Es ist ein Allel für Blau und nicht ein Gelbgesicht Allel.

Dies ist meine Sichtweise der Gelbgesichter und der Blauen. Für meinen eigenen Gebrauch habe ich das gewöhnliche Blau als Blaumutation 1 (b1) bezeichnet und die Gelbgesicht Mutation 1 als Blaumutation 2 (b2). Die Vögel sind die gleichen geblieben, aber ich habe meinen Blickwinkel geändert. Ich brauche jetzt nicht mehr die schwierige Frage "Warum sind doppelfaktorige Gelbgesichter der Mutation 1 blau?" zu beantworten, denn meine Frage lautet jetzt: "Wie ist es möglich, dass die Kombination von zwei verschiedene Blaumutationen ein Gelbgesicht ergibt?" Dieses Problem ist leicht lösbar, wenn man moderne Kenntnisse der Biochemie heranzieht. Um das zu verstehen, müssen wir aber zuerst begreifen, wie Gene funktionieren.

Gene sind wie Bauanleitungen

Gene sind nichts anderes als Bauanleitungen um Proteine (Eiweisse) herzustellen. Gene sind wie Blaupausen, nach denen die Proteine gebaut werden. Die Qualität der Vorlagen entscheidet, wie effizient die Proteine tatsächlich ihre Funktion erfüllen. Wenn sich Gene ungewöhnlich verhalten, wie in dem Fall, in dem eine Kombination von zwei Blaumutationen Gelbgesichter ergeben soll, dann müssen wir herausfinden, ob eine Erklärung auf der Ebene der Proteine (=der Genprodukte) möglich ist.

Die meisten Proteine, die nach Vorlage der Gene produziert werden, sind Enzyme. Enzyme führen im Körper sehr viele biochemischen Vorgänge durch. In einem grünen Wellensittich kodiert das Gen für Grün (bezeichnet als B) für ein Enzym, das für die Produktion von gelbem Pigment verantwortlich ist. Das b1 Allel (die Blaumutation 1) ist eine veränderte Form (Mutante) von B und produziert eine leicht veränderte Form des Enzyms. Dieses (b1) Enzym ist defekt und produziert keine gelbes Pigment mehr. Ein Vogel mit zwei solchen b1 Genen, die für defekte Enzyme kodieren, erscheint blau.

Es ist nun aber wichtig zu verstehen, dass die defekten Enzyme trotzdem gebildet werden. Die Blaumutation 2 hat kein gelbes Pigment, weil das b2 Allel ähnlich wie das b1 Allel, ebenfalls defekte Enzyme herstellt. Weil die b1 und b2 Allele verschieden sind, produzieren sie beide Enzyme, die unterschiedliche Defekte haben.

  • Die Blaumutante 1 hat zwei b1 Allele und produziert nur (b1) Enzym; darum wird kein gelbes Pigment produziert.

  • Die Blaumutante 2 hat zwei b2 Allele und produziert nur (b2) Enzym; darum wird kein gelbes Pigment produziert.

  • Gelbgesichter der Mutation 1 haben ein b1 Allel und ein b2 Allel; darum werden zwei Typen von defekten Enzymen produziert.

Die Frage lautet nun: "Wie können zwei verschiedene defekte Enzyme zusammen trotzdem gelbes Pigment bilden"?

Die Struktur von Proteinen

Proteine sind Ketten aus Aminosäuren, die zu einem funktionierenden Endprodukt zusammengesetzt werden müssen. Verschiedene Enzyme haben unterschiedliche Strukturen, und sie können aus einer oder auch mehreren Teilketten zusammengesetzt sein.

Wenn das Enzym, das von dieser Serie von Allelen gebildet wird, nur aus einer einzigen Kette bestehen würde, dann könnten Gelbgesichter der Mutation 1 nicht existieren. Vögel mit der genetischen Kombination b1b2 würden wie gewöhnliche Blaue aussehen.

Daraus kann man ableiten, dass das Enzym, welches für die Produktion des gelben Pigmentes zuständig ist, aus mindestens zwei Proteinketten besteht. Die folgenden Argumente unterstützen das Zweikettenmodell:

  • Reine Grüne BB produzieren (B/B) Enzyme.

  • Die Blaumutation 1 b1b1 produziert (b1/b1) Enzyme.

  • Die Blaumutation 2 b2b2 produziert (b2/b2) Enzyme.

  • "Gelbgesichter der Mutation 1" b1b2 produzieren (b1/b1) Enzyme und (b2/b2) Enzyme.

Weil aber die Proteinketten in den Zellen zufällig zusammengesetzt werden, produzieren "Gelbgesichter der Mutation 1" b1b2 auch eine Mischform des Enzyms (b1/b2). Diese Mischform allein kann gelbes Pigment produzieren. Die beiden Blau Allele tragen gleichviel zur Mischform des Enzyms bei. Die "Gelbgesicht Mutation 1" ist in Tat und Wahrheit nur ein Folge der Zusammenarbeit von zwei verschiedenen Blau Allelen. Es gibt keine "Gelbgesicht Mutation 1". Keines der beiden Blau Allele ist dominant oder rezessiv. Beide stehen auf der Hierarchiestufe B › bg › by2 › b1, b2 zusammen auf der untersten Stufe.

Die "Gelbgesicht Mutation 1" ist eine Kombination ähnlich wie der "Grauflügel mit voller Körperfarbe". "Der Grauflügel mit voller Körperfarbe" hat ein Grauflügel Allel und ein Hellflügel Allel. Es gibt kein Gen, das für die Farbvariante "Grauflügel mit voller Körperfarbe" kodiert.

Warum nicht Cremegesicht?

Hier in Australien wird der Gelbgesicht der Mutation 1 oft als Cremegesicht bezeichnet. Diese Beschreibung ist präzis und verleitet den Züchter nicht dazu zu glauben, dass vielleicht ein Gelbgesicht Gen beteiligt sein könnte. Ich werde die Bezeichnung Cremegesicht im weiteren Verlauf der Diskussion beibehalten. Cremegesichter geben uns eine Menge von Informationen, wenn wir die Botschaft zu lesen verstehen.

  • Es gibt zwei verschiedene Allele für Blau.

  • Das Enzym, das die Herstellung von gelbem Pigment regelt, besteht aus mehr als einer Proteinkette.

  • Die zwei Blaumutationen befinden sich an verschiedenen Stellen auf dem ursprünglichen Gen für Grün. Man würde sie als Homo-Allele bezeichnen.

Die Begründung für den Punkt drei lautet wie folgt:

Damit das Mischenzym (b1/b2) funktioniert, müssen die (b1) und (b2) Proteine für einander die Fehler kompensieren. Das ist möglich, wenn der Defekt im (b1) Protein sich an einem anderen Ort befindet, als der Defekt im (b2) Protein. Das (b1/b2) Mischenzym funktioniert nicht besonders gut, deshalb ist das gelbe Pigment nicht sehr intensiv. Wir sollten aber nicht vergessen, dass jedes Mischenzym nach wie vor zwei fehlerhafte Proteine enthält. Diese beiden Defekte werden an verschiedener Stelle im ursprünglichen Gen für Grün kodiert.

Die richtigen Gelbgesichter

Im ersten Teil haben wir unser Hauptaugenmerk auf den umstrittenen Status der "Gelbgesicht Mutation 1" gerichtet. Im Gegensatz dazu sind das Australische Goldgesicht und die Gelbgesichter der Mutation 2 richtige Gelbgesicht Allele, bei denen doppelfaktorige Vögel ebenfalls visuelle Gelbgesichter sind. Das Vererbungsmuster ist bei beiden identisch, wobei die Goldgesichter im Vergleich zu den Gelbgesichtern der Mutation 2 ein intensiveres gelb aufweisen.

In Australien werden Goldgesichter irrtümlicherweise in vielen Publikationen als Gelbgesicht Mutation 2 bezeichnet, weil die Autoren stark beeinflusst sind, durch die ziemlich oberflächliche Beschreibung der Gelbgesichter im Standardwerk der Wellensittichgenetik (Genetics for Budgerigar Breeders). Als eine Folge davon, wurden die beiden Mutationen unabsichtlich unter dem Namen "Australische Gelbgesichter" zusammengefasst, und die Gelbgesicht Züchter wurden im Glauben gelassen, dass nur eine Gelbgesichtmutation mit einer grossen Variationsbreite existiert.

Offensichtlich tauchten in Australien zuerst die Goldgesichter auf, und die später gefundene Gelbgesicht Mutation 2 wurde nicht als neue Form erkannt, weil beide das gleiche Vererbungsmuster zeigen. In den Zoogeschäften in Sydney findet man jedoch jede Menge Vögel, die als Gelbgesichter der Mutation 2 identifiziert werden können.

Viele Diskussionsrunden drehen sich um die Frage, ob Gelbgesichter blaue Vögel sind mit zusätzlichem gelben Pigment oder grüne Vögel, bei denen das gelbe Pigment vermindert ist. Das ist eine Scheindiskussion, die eigentlich nur aufzeigt, wie das menschliche Gehirn funktioniert. Wir haben die Tendenz alles einzuteilen in einfache Kategorien wie schwarz-weiss, recht-falsch oder gut-böse.

Im Fall von Wellensittichen bevorzugen es Züchter die Gelbgesichter als Vögel entweder der Grün- oder der Blaureihen zu sehen. Schauen sie sich die genetische Formel für doppelfaktorige Goldgesichter bgbg an. Es macht keinen Sinn diese Vögel als grün oder blau zu bezeichnen, denn ihnen fehlt sowohl das Allel für Grün als auch das Allel für Blau.

Die doppelfaktorigen Goldgesichter sind eine Form zwischen den Grünen und den Blauen. "Parblue" wäre der richtige Ausdruck. Dasselbe Prinzip gilt für die Gelbgesichter der Mutation 2 by2by2.

Die Australischen Goldgesichter

Der doppelfaktorige Goldgesicht definiert die Farbvarietät. Das goldfarbige gelbe Pigment findet man vor allem in der Kopfregion und in geringem Masse in den kurzen seitlichen Schwanzfedern. Die Körperfarbe der ausgewachsenen Tiere ist blau, obwohl man über den Rumpf verstreut geringe Mengen von gelbem Pigment findet.

Doppelfaktorige Goldgesichter produzieren nur (bg/bg) Enzym. Im Gegensatz zu den beiden Blaumutationen ist dieses Enzym aber noch fähig, gelbes Pigment zu produzieren.

Zusätzlich zu den doppelfaktorigen Goldgesichtern gibt es zwei verschiedene Formen von einzelfaktorigen Goldgesichtern. Der weitverbreitete Typ (bgb1) ist beinahe grün gefärbt und ist den meisten als "einzelfaktoriges Goldgesicht" ein Begriff. Der zweite Typ hat die genetische Formel bgb2. Die Farbverteilung ist wie bei doppelfaktorigen Goldgesichtern, aber die gelbe Farbe scheint weniger intensiv zu sein. Diese Form ist traditionell auch bekannt als Kombination von Goldgesicht und Gelbgesicht der Mutation 1. In Tat und Wahrheit kommt diese Form zustande, weil der Goldgesichtfaktor mit der Blaumutation 2 b2 an Stelle der gewöhnlichen Blaumutation 1 b1 kombiniert ist.

Einzelfaktorige Goldgesichter können drei Varianten des Enzyms produzieren, das die gelbe Pigmentierung steuert. In allen Fällen ist die Menge an gelbem Pigment aber kleiner, als bei doppelfaktorigen Goldgesichtern.

Einzelfaktorige Goldgesichter kombiniert mit der Blaumutation 2

Mit der Blaumutation 2 verknüpfte einzelfaktorige Goldgesichter bgb2 produzieren Goldgesicht (bg/bg) Enzym das funktioniert, Blaumutation 2 (b2/b2) Enzym, das nicht funktioniert und das Mischenzym (bg/b2). Es ist schwierig zu beurteilen, ob das Mischenzym funktioniert oder nicht. Wenn es funktioniert, dann nicht sehr gut, denn es trägt nicht wesentlich zu der Gelbfärbung der Vögel bei. Das meiste gelb würde in diesem Fall vom Goldgesichtanteil (bg/bg) herstammen. Die mit der Blaumutation 2 verknüpften einzelfaktorigen Goldgesichter produzieren weniger funktionelles Enzym im Vergleich zu den doppelfaktorigen Goldgesichtern. Sie sind im Durchschnitt auch weniger intensiv gelb gefärbt.

Die Tatsache, dass (bg/b2) Mischenzyme wenig zur Gelbfärbung beitragen sagt uns, dass die bg and b2 Proteinketten nicht gegenseitig für die Fehler kompensieren können. Dies legt nun die Vermutung nahe, dass die Fehler in einer ähnlichen Position auf der Proteinkette liegen könnten. Die Mutationen für die bg und b2 Allelen würden sich deshalb nahe beieinander auf dem ursprünglichen Gen für Grün befinden.

Wenn zwei Mutationen am selben Ort zwei unterscheidbare Allele schaffen, dann nennt man diese "Homo-Allele". Ich werde sie in Zukunft jedenfalls als solche bezeichnen. Nur eine Sequenzierung der DNS könnte uns hier über die genauen Positionen der Mutationen aufklären.

Einzelfaktorige Goldgesichter kombiniert mit der Blaumutation 1

Der traditionelle einzelfaktorige Goldgesicht ist mit der Blaumutation1 gekoppelt und hat die genetische Formel bgb1. Dieses sind die Vögel, die wegen des grossen Gelbanteils beinahe aussehen wie Grüne.

Mit der Blaumutation 1 verknüpfte einzelfaktorige Goldgesichter bgb1 produzieren Goldgesicht (bg/bg) Enzym das funktioniert, Blaumutation 1 (b1/b1) Enzym, das nicht funktioniert und das Mischenzym (bg/b1). Die mit der Blaumutation 1 verknüpften einzelfaktorigen Goldgesichter unterscheiden sich von den mit der Blaumutation 2 verknüpften einzelfaktorigen Goldgesichtern vor allem durch das unterschiedliche Mischenzym, das sie produzieren.

Wenn b1 and b2 Hetero-Allele sind, und b2 und bg "Homo-Allele", dann kann man daraus schliessen, dass b1 und bg ebenfalls Hetero-Allele sind. Tatsächlich, die b1 und bg Proteine kompensieren ihre Defekte sehr gut und produzieren das funktionelle Mischenzym (bg/b1), das verantwortlich ist für das grünliche Aussehen der traditionellen einzelfaktorigen Goldgesichtern.

Zuchtstrategien

Seit Jahrzehnten hat man den Züchtern geraten einzelfaktorige Goldgesichter mit gewöhnlichen Blaue zu paaren, und die Jungen mit dem tiefsten Gelbanteil im Körpergefieder für die Wiederzucht zu verwenden. Mit wenig Erfolg, denn die Ironie besteht gerade darin, dass diese Blaumutation 1 direkt verantwortlich ist für die erhöhte Produktion von gelbem Pigment.

Betrachten wir die Vögel mit den genetischen Formeln bgbg, bgb2, und bgb1. Die ersten zwei zeigen die gewünschte Gelbverteilung, aber der dritte zeigt die unerwünschte Überproduktion von gelb im Körpergefieder. Für die Gelbverteilung ist nicht das Verdoppeln des bg Allels zwingend nötig, sondern die Abwesenheit des b1 Allels. Dies allein verhindert die Produktion des aktiven Mischenzyms (bg/b1). Das b1 Allel ist nicht der Unschuldsengel, wie immer vermutet wurde, sondern der Kern des Problems.

Weil in den traditionellen einzelfaktorigen Goldgesichtern auf alle Fälle ein Anteil an Mischenzym (bg/b1) gebildet wird, kann die unerwünschte Überproduktion von gelb im Körpergefieder nicht weggezüchtet werden. Dieses Mischenzym wird immer ein Problem bleiben, denn die Geschichte zeigt, dass traditionelle einzelfaktorige bgb1 Goldgesichter noch genau so aussehen, wie vor sechzig Jahren. Die beste Strategie, um das Dilemma zu lösen, besteht darin, die alternativen einzelfaktorigen bgb2 Goldgesichter zu züchten, die kein Mischenzym (bg/b1) produzieren können. Bis heute haben Züchter vermieden Cremegesicher oder "doppelfaktorige Cremegesichter" mit Goldgesichtern zu verpaaren, weil sie glaubten, dass im Nachwuchs Vögel wären, die eine Kombination von zwei verschiedenen Gelbgesichtmutationen sind.

In einer Welt, in der die Blaumutationen 1 und 2 in umgekehrter Reihenfolge aufgetaucht wären, wäre es selbstverständlich, dass bgb2 Goldgesichter gezüchtet würden. Die "grün" gezeichneten traditionellen einzelfaktorigen Goldgesichter bgb1 würden früher oder später verschwinden. Bis heute hat die Züchtergemeinschaft nicht verstanden, dass "doppelfaktorige Cremegesichter", die ja eindeutig blau aussehen, wahrscheinlich auch blau sind.

Die Gelbgesichter der Mutation 2

Die Gelbgesicht Mutation 2 ist eine Farbvarietät, die eng mit den Goldgesichtern verwandt ist. Sie zeigt das gleiche Vererbungsmuster und ebenfalls einen grünen Überhauch, der verursacht wird durch die Einlagerung von gelbem Pigment durch das aktive (by2/b1) Enzym. Der einzige wirkliche Unterschied zwischen den Goldgesichtern und den Gelbgesichtern der Mutation 2 ist die Aktivität des gelb produzierenden Enzyms.

Kreuzungen zwischen Goldgesichtern und den Gelbgesichtern der Mutation 2 produzieren drei verschiedene Enzyme, nämlich (bg/bg), (by2/by2) und das Mischenzym (bg/by2). Alle drei Formen sind aktiv, wobei das Mischenzym nicht hochaktiv scheint. Diese Vögel gleichen den doppelfaktorigen Goldgesichtern.

Die Gelbgesicht Mutation 2 by2 kann deshalb als weiteres Homo-Allel zu bg und b2 angesehen werden.

Zwei verschiedene Arten von gelbem Pigment

Der Wellensittich hat nicht nur eine Art von gelbem Pigment, sondern zwei.

Der deutsche Wissenschafter Otto Völker, entdeckte um 1936 herum, dass Wellensittiche, wie viele andere Australische Papageien auch, fluoreszieren, wenn man sie im Dunkeln mit UV Licht beleuchtet. An bestimmten Stellen des Gefieders, vor allem in der Kopf- und Flügelregion erscheinen neue Zeichnungselemente, die für das menschliche Auge bei Tageslicht nicht sichtbar sind.

Die Hauben und der Unterflügel der Kleinen Gelbhaubenkakadus fluoreszieren ebenso, wie gelbe Gefiederanteile in Nymphensittichen. Es wird deshalb vermutet, dass gewisse Papageien ein breiteres Farbspektrum wahrnehmen, als Menschen. Bei Loris, bei afrikanischen Agapornis und bei den meisten Südamerikanischen Papageien fehlen ähnliche Beobachtungen.

Ich habe Photos gesehen von ausgestopften grünen Wellensittichen, die unter UV Licht gemacht wurden. Der vordere Teil des Kopfes, der am meisten fluoresziert, entspricht genau dem intensiven goldgelb der doppelfaktorigen Goldgesichter. Aus meiner Sicht können wir daraus ableiten, wie die Gelbgesicht Allele funktionieren könnten.

  • Weil die Blau Allele die Produktion von beiden Pigmenten hemmt, müssen die beiden gelben Pigmente chemisch verwandt sein.

  • Doppelfaktorige Goldgesichter und Gelbgesichter der Mutation 2 produzieren genau an den Stellen gelbes Pigment, an denen auch das fluoreszierende gelbe Pigment gefunden wird. Die Vermutung liegt nun nahe, dass diese Vögel nur das fluoreszierende gelbe Pigment produzieren.

  • Wir könnten nun von Punkt 2 schliessen, dass die Enzyme, die von grünen Vögeln gebildet werden, auf zwei verschiedene Substrate einwirken. Ein Substrat wäre das Vorläufermolekül für das fluoreszierende gelbe Pigment und ein chemisch verwandtes Substrat wäre das Vorläufermolekül für das nicht fluoreszierende gelbe Pigment.

  • Die aktiven Mischenzyme (bg/b1) und (by2/b1), die von den traditionellen einzelfaktorigen Goldgesichtern und den Gelbgesichtern der Mutation 2 produziert werden, wirken auf beide Substrate ein, und die unerwünschte Überproduktion von gelb im Körpergefieder ist auf das nicht fluoreszierende gelbe Pigment zurück zu führen.

  • Das aktive Mischenzym (b1/b2) der Cremegesichter ist schwieriger einzuordnen. Entweder produziert es reduzierte Mengen vom nicht fluoreszierenden gelben Pigment oder es produziert weniger von beiden.

Um die Verhältnisse aufzuklären, müsste man die entsprechenden Versuche mit UV Licht durchführen. Es wäre ethisch nicht vertretbar Vögel direkt mit UV Licht zu bestrahlen, aber es wäre möglich Federn aus den geeigneten Körperregionen zu untersuchen.

Ein Aspekt ist noch offen, denn obwohl die Verteilung des fluoreszierenden gelben Pigments bei doppelfaktorigen Goldgesichtern gut verfolgt werden kann, ist die Verteilung des nicht fluoreszierenden gelben Pigments schlecht zu messen. Enthalten Federn aus dem Kopfgefieder, oder Federn aus der Maske von grünen Wellensittichen, beide Formen oder sind die Übergänge scharf? Die Antwort auf diese Frage hat einen direkten Bezug zu der Frage, die mein Züchterkollege Andrew Wisniewski gestellt hat:

“Wird eines Tages die Mutation "Weissköpfige Grüne auftauchen?”

Ich bin sehr vorsichtig und würde nicht ausschliessen, dass sogar rote Wellensittiche möglich wären. Wenn die Federn auf dem Kopfgefieder oder in der Maske von grünen Wellensittichen beide Formen von gelbem Pigment enthalten, dann wäre die Antwort nein. Ein Vogel, der nur nicht fluoreszierendes gelbes Pigment produzieren kann, würde grün gefärbt sein und aufgehellte, aber trotzdem noch gelbe Kopfpartien zeigen. Auf der anderen Seite aber, wenn die Übergänge scharf sind, dann ist die Antwort ja. Eines Tages könnten dann tatsächlich "Weissköpfige Grüne" auftauchen.

Zusammenfassung

  • Die Allele der Gelbgesichter und der Blauen können in zwei Gruppen unterteilt werden. Die erste Gruppe enthält die Homo-Allele (Allele mit Mutationen am gleichen Ort) b2, by2, und bg. Die zweite Gruppe enthält im Moment nur das Allel für das gewöhnliche Blau b1. Dieses Allel entstand durch eine Mutation an einer anderen Stelle des Gen und kodiert für ein defektes Enzym, das aber sehr aktive Mischenzyme bilden kann.

  • Es besteht kein Zweifel, dass die Farbe der Blaumutation 2 b2b2 (früher "doppelfaktorige Gelbgesichter der Mutation 1") genauso blau ist, wie die Farbe der gewöhnlichen Blaumutation 1 b1b1. Es wird Zeit, dass die Blaumutation 2 anerkannt wird. Die Farbenkombination Cremegesicht sollte in Zukunft nicht mehr als Gelbgesicht der Mutation 1 bezeichnet werden.

  • Wellensittiche produzieren zwei Arten von gelbem Pigment. Jedes Allel oder jede Kombination von diesen Allelen kodieren für Enzyme, die diese gelben Pigmente in unterschiedlichen Mengen produzieren.

Referenzen

Völker, Otto. (1936) Ueber den gelben Federfarbstoff des Wellensittichs (Melopsittacus undulatus); Journal für Ornithologie 84, p. 618-630.

Völker, Otto. (1937) Ueber fluoreszierende, gelbe Federpigmente bei Papageien, eine neue Klasse von Federfarbstoffen; Journal für Ornithologie 85, p. 136-146.

Boles, Walter. (1991) Black-light Signature for the Birds?; Australian Natural History, Vol 23 No. 10 p. 752.

Copyright: Peter Bergman (Sydney, Australia)

Translation: Ygor Bonsaiev

YB