Filmhaus Hasnerstraße - Filmkultur in Ottakring



In Österreich am 29. Mai 1998 neu angelaufene Kinofilme


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FIRESTORM - BRENNENDES INFERNO (FIRESTORM)

USA 1997. 86 Min
Regie: Dean Semler, Buch: Chris Soth, Musik: J. Peter Robinson, Kamera: Stephen F. Windon, Schnitt: Jack Hofstra, Darsteller: Howie Long (Jesse), Scott Glenn (Wynt), William Forsythe (Shaye), Suzy Amis (Jennifer), Christianne Hirt (Monica), Garwin Sanford (Pete)
Kinostart: 29/5/1998

Der Gefangene Shaye (William Forsythe) läßt von seinem Anwalt einen Waldbrand legen. Dieser hilft ihm, als Teil einer Feuerbekämpfungseinheit zu entfliehen. Auf der Flucht durch die Rauchschwaden nimmt er und seine Komplizen die Ornithologin Jennifer (Suzy Amis) als Geisel. Ihnen gegenüber steht der kräftige Feuerwehrmann Graves (Howie Long), der einen Gegenbrand legt, um das Feuer einzudämmen. Als er per Fallschirm in das Feuer abspringt, um es direkt zu bekämpfen, landet er direkt in der Ausreißergruppe. Es kommt zum Duell mit Schießereien und Motorrad-Stunts.
Untermalt mit fetziger Musik steuert der "Firestorm" auf ein Action- und Special-Effects-reiches Finale zu. Nach Vulkanen und Wasserkatastrophen ist ein riesiges Feuer mal eine interessante Abwechslung in den Naturkatastrophenfilmen. (film.de)

Ein "Feuerspringer", Mitglied einer Feuerwehr-Spezialeinheit, die Waldbränder bekämpft, stoppt den Ausbruchsversuch eines Schwerverbrechers, der mit Hilfe eines Waldbrandes seinem Zuchthaus entfliehen will. Ein dumm-dreister Versuch, die derzeitige Renaissance des Katastrophenfilms zu nutzen, der am Unvermögen aller Beteiligten scheitert. Weder Buch noch Regie wissen zu überzeugen, und die unterforderten Darsteller werden durch die inszenatorischen Mängel der Lächerlichkeit preisgegeben.
Manche sagen, es sei wie in der Hölle: Wenn ein Wald brennt, dann gäbe es kein Agieren mehr, sondern nur noch das Reagieren auf die Launen des Feuerteufels. Einige Verwegene, die dennoch immer das Unmögliche wagen und sich todesmutig gegen das Inferno stellen, sind die "Smokejumpers", die fliegende Feuerwehr, die mit Hacke und Schaufel, vor allem aber mit zwingender Logistik bewaffnet antreten, um den Wald und seine Bewohner zu retten. "Firestorm - Brennendes Inferno" bietet in den ersten fünf Minuten eine derart atemberaubende Paraphrase zu diesem Image, daß der völlig überwältigte Zuschauer schon jetzt mit Erstickungsanfällen kämpfen müßte: Jessie und Wynt, zwei gestandene Männer in Uniform, kämpfen sich durch explodierende Fichten und Höllenglut zu einer lodernden Blockhütte durch, um ein kleines, von den Eltern zurückgelassenes Mädchen samt Hündchen ins Kühle zu bringen. Das Unmögliche gelingt, doch Wynt wird von einem "fliegenden" Wohnwagen getroffen und ist fortan gezeichnet. Die karthatische Wirkung bezüglich des Überstehens dieses filminanten Prologs hält freilich nicht lange an. Ein Jahr später - Wynt ist auf Grund seiner Verletzung mittlerweile zum versierten, im unmittelbaren Kampf gegen Feuersbünste passiven Ausbilder der "Smokejumpers" geworden - brennen immer noch die Wälder. Mitten in einem solchen Brandgebiet liegt ein Zuchthaus für Schwerverbrecher. Shane, einer der Insassen, hat den mörderischen Plan, die von ihm initiierte Brandstiftung zur Flucht zu nutzen. Der Plan gelingt, das Feuer lodert, und Shane und seine drei Komplizen hinterlassen eine Spur aus Feuer und Gewalt. Glücklicherweise behält Jessie den Überblick, erkennt die diffizile Lage, und es dauert nicht lange, da hat er nicht nur das Feuer, sondern auch die Ausbrecher unter Kontrolle - samt einer attraktiven, im Flammenmeer orientierungslosen Vogelkundlerin, die in die Fänge der Kriminellen geraten ist. Aber nicht nur das Feuer hat seine Unberechenbarkeiten, auch die Ausbrecher handeln nicht nach Plan. Und so holt nicht nur der brennende Wald zum unausweichlichen Showdown aus, auch das Böse bekommt einen überraschenden Komplizen.
"Firestorm" zwingt den Zuschauer zu einer ernüchternden Erkenntnis: Nicht nur das Feuer sowie das unsagbar Böse kennen keine Logik, auch Drehbuchautoren und Regisseuren kommt diese Qualität schon einmal abhanden. Dabei ist der Versuch von Autor und Regisseur, mit diesem Vehikel aus der Katastrophenfilm-Hausse Kapital zu schlagen, in diesem Falle fast schon dumm-dreist zu nennen - selbst auf Video hat man schon lange nicht mehr einen in allen Belangen derart unterbelichteten Film gesehen. Die Schauspieler, allen voran der Hauptdarsteller, unterbieten mit Minenspiel und Dialog(ein)sätzen mühelos alle Soap-Akteure, wie sie einst Sydney Pollack in "Tootsie" (fd 23 849) persiflierte. Die Spezialeffekte stammen, wenn sie nicht von drittklassigen Tüftlern auf dem Home-PC erstellt wurden, zumindest aus deren heimischem Gasofen - einmal ganz zu schweigen vom Sinn und Zweck des Ganzen, das während der Produktion vollends aus den Augen verloren wurde. Man könnte fragen, ob "Firestorm" wenigstens so etwas wie einen Ed-Wood-Charme entwickelt, doch die Antwort ist eindeutig: Nein! Zwar ergibt man sich angesichts der präsentierten Unglaublichkeiten zunächst einem befreienden Lachen, doch spätestens nach einer halben Stunde staut die mit Langeweile gepaarte Dreistigkeit dieser Major-Produktion im Betrachter einen derart großen Unmut auf, daß sich selbst das fluchtartige Verlassen des Kinosaals als nur unzureichend kurierend erweist. (Jörg Gerle, film-dienst)

Schweißgekühlte Brandflecken: Schall & Rauch - "Firestorm - Brennendes Inferno": Feuerwehrmänner ohne Nerven. Ein Desaster.
Es ist verdammt hart, bei der Feuerwehr zu sein. Aber ein richtiges Abenteuer ist ja immer ein bißchen hart, und ein richtiger Mann braucht dieses bißchen Härte, um als Held etwas herzugeben. Howie Long ist zweifellos der richtige Mann für die Hauptrolle in Firestorm . In der Rolle eines Brandexperten für Feuerkatastrophen springt der kernige Ex-Football-Star mit seinem Team mitten in den Katastrophenherd hinein, um das Feuer "von innen" her zu bekämpfen. Als ob das nicht schon schwierig genug wäre, bekommt er es einen Tages auch noch mit einem Haufen von Schwerverbrechern zu tun, die als Nothilfskommando während eines (vorsätzlich gelegten) Waldbrandes ausbrechen.
Firestorm konzentriert sich nun hauptsächlich auf die Beobachtung von Longs sportlich tollkühnen Feuer- und Kriminellen-Bekämpfungsaktionen: In der Luft, im Wasser, auf Motorrädern und Bäumen; mit Motorsäge, Axt und Faust. Dazu kommt noch eine kleine Romanze mit einer wackeren Blondine (Suzy Amis), die der Feuerwehrmann aus der Hand der Verbrecher befreit. Ohne sich um dramaturgische oder szenische Plausibilitäten zu scheren, reiht Regiedebütant Dean Semler, vormals Kameramann, eine Actionszene an die andere - bis einem vor lauter Schall und Rauch die Lust aufs Hören und Sehen vergangen ist. (Robert Buchschwenter, DIE PRESSE, 24/5/1998)

"Firestorm - Brennendes Inferno" - Cornetto als Feuerwehrmann
Superheros sind selten schauspielerische Glanzlichter. Gemeint sind natürlich die Helden der Spielwiesen und Sporthallen, also Foot-, Base- oder Basketball-Spieler. Trotzdem dürfen wir uns hier an Howie Long erfreuen. Hää? Ach ja, eine US-Football-Legende. Er verkörpert einen „Smokejumper“, d. h. einen Feuerwehrmann für Waldbrände.
Dessen hervorstechendste Eigenschaften sind: kotzige Nettigkeit, die Cornetto-Form seines Körpers und 32 makellose Zähne, wovon sich 30 allein in der oberen Reihe befinden. Wenn dann ein paar Häftlinge einen Brand entfachen, um aus dem Gefängnis zu fliehen, beginnt für Howie ein großes, aber kaum erzählenswertes Abenteuer - und für uns die Katastrophe. Die mildert höchstens William Forsythe.
Der mimt einen very sophisticated Bösewicht und schaut anfangs so lustig aus wie John Malkovich mit Hippieperücke. Aber wir leben schon im Zeitalter Godzillas und rasender Kometen. Wen interessiert da noch ein Feuersturm? (Heike Obermeier, KURIER)

Weitere Kritiken der IMDb, offizielle Site: Fox

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DAS MERCURY PUZZLE (MERCURY RISING)

USA 1998. 109 Min
Regie: Harold Becker, Buch: Ryne Douglas Pearson, Lawrence Konner, Mark Rosenthal, nach der Erzählung "Simple Simon" von Ryne Douglas Pearson, Musik: John Barry, Carter Burwell, Kamera: Michael Seresin, Schnitt: Peter Honess, Darsteller: Miko Hughes (Simon), Bruce Willis (Art Jeffries), Alec Baldwin (Nicholas Kudrow), Chi McBride (Thomas "Bizzi" Jordan), Kim Dickens (Stacey)
Kinostart: 29/5/1998

Spezial-Agent Art Jeffries (Bruce Willis) ist nicht zu beneiden. Da hat ein Knirps den Regierungs-Computer und den Top-Secret-Code geknackt und damit eine Menge Leute aufgeschreckt. Das Wunderkind benötigt mithin Schutz, denn die Sicherheitspolizei unter Lt. Colonel Nicholas Kudrow (Alec Baldwin) tötet seine Eltern und ist ihm nun auf den Fersen. Jeffries sorgt für den autistischen Kleinen, der durch seine Veranlagung natürlich anders reagiert als andere Kinder seines Alters. Die beiden schließen Freundschaft.
Ein Action-Thriller, in dem Bruce Willis sich von seiner besten Seite zeigen kann. Denn hier ist er nicht nur der Actionheld, sondern kann gleichzeitig sein weiches Herz in der Beziehung zum kleinen Jungen demonstrieren. Eine rundum spannende Geschichte. (film.de)

Ein autistischer Junge aus Chicago knackt durch Zufall ein als unentschlüsselbar geltendes Kodierungssystem des amerikanischen Geheimdienstes und soll deshalb beseitigt werden. Nach der Ermordung seiner Eltern erfährt der Neunjährige Hilfe durch einen FBI-Mann, dessen selbstloser Einsatz als Undercover-Agent von den Behörden nicht honoriert wurde. Routiniert inszenierter, aber uninspirierter Actionthriller, der seine logischen Brüche nicht kaschiert, seine konventionelle Konstruktion aber auch nicht für inhaltliche Reflexionen nutzt.
Spätestens seit Dustins Hoffmans "Oscar"-prämierter Glanzleistung in "Rain Man" (fd 27 420) sind Kinogeher mit autistischen Persönlichkeitsstrukturen vertraut. Wie Raymond Babbitt, der in einer Stunde jedes Telefonbuch auswendig lernte, verfügt auch der neunjährige Simon Lynch über ein ausgeprägtes Talent zur Abstraktion: Grafische Rätselspiele oder komplizierte Puzzles löst der ganz nach innen gekehrte Junge in Windeseile; vom Rest der Welt nimmt er wenigstens so viel wahr, daß er mit dem Schulbus nach Hause fahren kann. Auch der FBI-Mann Art Jeffries ist in gewisser Weise ein einseitig begabter Spezialist, der sich als Undercover-Agent in die gefährlichsten Milieus einschleusen läßt und sein Überleben der Fähigkeit zur selektiven Anpassung verdankt. Doch Jeffries Vorgesetzten fehlt immer öfters die Geduld, ihn seine heiklen Missionen unblutig zu Ende führen zu lassen. Als wieder einmal sinnlos Menschen sterben, flippt Jeffries aus - und wird in den Innendienst abgeschoben, wo er künftig Telefone anzapft oder vermißte Kinder sucht. Dies bringt ihn mit Simon zusammen, dessen Eltern tot in ihrer Wohnung gefunden wurden. Während die Polizei von einem Familiendrama ausgeht, bleibt Jeffries argwöhnisch und kommt prompt einem Killer zuvor, der den Jungen im Krankenhaus töten will. Mit knapper Not entgehen beide bei ihrer nächtlichen Flucht in der Chicagoer U-Bahn einem weiteren Attentäter. Bis der zähe Beamte allerdings hinter das Geheimnis der mörderischen Anschläge kommt, wird er landesweit als Kidnapper und Mörder gesucht: Sein hilfloser Schützling hat nämlich das brandneue Kodierungssystem "Mercury" geknackt, mit dem die Amerikaner ihre Geheimnachrichten verschlüsseln. Obwohl der Code so konzipiert wurde, daß jedes Dekodierungs-Genie daran verzweifeln muß, hatten seine Erfinder eine entsprechend verschlüsselte Telefonnummer in einem Spiele-Magazin veröffentlicht, um den "Freak-Faktor" genannten Zufall auf die Probe zu stellen und auszutesten, ob das, was logisch unmöglich erscheint, nicht vielleicht doch passiert.
Angesichts des routiniert inszenierten, aber wenig inspirierten Actionthrillers drängt sich die ironische Frage auf, ob Regisseur Harold Becker vielleicht ein ähnliches Risiko bewußt vermeiden wollte, daß ein perfekt geplantes, nahezu hundertprozentiges Unterfangen durch einen blinden "Fehler der Evolution" über den Haufen geworfen wird. Die logischen Brüche des durchsichtigen Drehbuchs versucht Becker jedenfalls an keiner Stelle zu kaschieren. Grundsätzliche Einwände wie den, daß mit Simon zwar einer, der den Code lesen kann, nicht aber dessen Entschlüsselbarkeit, beseitigt werden soll, braucht man erst gar nicht zu bemühen. Es genügen die immanenten Unglaubwürdigkeiten: Jeffries "siebter Sinn", daß das Leben des Knaben in Gefahr schwebe; kommunikative "Kunststücke" wie der Befehl, die Geheimnummer anzurufen oder den neuen Freund auf die richtige Spur zu setzen, obwohl für Autisten angeblich doch die Außenwelt kaum existiert; manche Wendungen schließlich, die zwar den Plot-Gedanken, aber keine Plausibilität verraten. Um die Zuschauer nicht allzu sehr ins Grübeln geraten zu lassen, wird mit den Absichten des Mercury-Projektchefs nicht hinterm Berg gehalten, der von Verantwortung und Patriotismus faselt, seine amtlichen Totmacher aber hinter dem Kind herhetzt. Während Alec Baldwin diesen skrupellosen Leiter der Nationalen Sicherheitsbehörde als feistes, selbstgefälliges Frettchen spielt, zügelt Bruce Willis in der Rolle des selbstlosen Retters sein einschlägiges "Stirb langsam"-Repertoire. Im Zusammenspiel mit dem jungen Miko Hughes gelingt ihm am ehesten eine nachvollziehbare Figur, der zwar die biografischen Wurzeln fehlen, die in ihren psychischen Konturen aber einigermaßen greifbar ist. Was eine inhaltliche Ausleuchtung von Themen wie Unfehlbarkeitswahn oder perspektivischer Wahrnehmungsmuster anbelangt, die Wörter wie "behindert" oder "autistisch" heilsam hinterfragen, braucht es viel guten Willens, um den spärlichen Spuren zu folgen. (Josef Lederle, film-dienst)

Ein kleiner, geistig behinderter Junge wird verfolgt und man muß um sein Leben fürchten. Da seine Eltern bereits ermordet wurden, spielt Bruce Willis den Ersatzvater. Grund für seine Verfolgung: der Kleine hat einen supersicheren Verschlüsselungscode geknackt und stellt nun eine Gefahr für die nationale Sicherheit dar.
Eine amerikanische Sicherheitsbehörde, die NSA, hat einen neuen Code geschaffen: mit dem "Mercury-Code" können Nachrichten verschlüsselt und von keinem noch so großen Rechner der Welt ohne diesen Code wieder entschlüsselt werden. Als letzter Test wird eine so verschlüsselte Nachricht in einem Rätselheft veröffentlicht, und das Unerwartete trifft ein: ein autistischer Junge knackt den Code ohne elektronische Hilfsmittel (und sogar ohne Papier und Bleistift).
Der neunjährige Junge heißt Simon Lynch (Miko Hughes), und er sowie seine Eltern befinden sich nun in großer Gefahr. Immerhin hat die Entwicklung dieses Codes sehr viel Geld gekostet, und in den Augen der Verantwortlichen muß die Sicherheit des Schlüssels aus Gründen der nationalen Sicherheit um jeden Preis gewahrt bleiben. Die NSA setzt aus diesem Grund einen Killer auf den Kleinen und seine Eltern an. Als Polizist getarnt verschafft er sich Zutritt ins Haus der Familie und die Eltern werden eliminiert. Simon hingegen hat sich gut versteckt. Weder der Killer noch die Polizei kann den Jungen finden; erst der FBI Agent Art Jeffries (Bruce Willis, Das Fünfte Element) findet ihn - mit Hilfe eines Funktelefones. Da Simon keine Eltern mehr hat und Art wegen eines Einsatzes, bei dem ein Junge getötet wurde, sowieso einen Knacks hat, was Jugendliche angeht, spielt der FBI Agent nun den Pflegevater.
Dem Verantwortlichen für das Mercury-Projekt, Nicholas Kudrow (Alec Baldwin, Das Attentat), ist der Tod der Eltern nicht genug: er will um jeden Preis auch Simon aus dem Weg haben. Und so kommt es zu dem, was wir von Bruce Willis schon kennen: er kämpft alleine gegen eine böse Übermacht, dieses Mal die NSA. Kaum jemand kann ihm dabei helfen, lediglich einer seiner Kollegen (Chi McBride) und die Actionfilm-Quotenfrau Stacey (Kim Dickens) sind auf seiner Seite.
Fazit: mehr als ein Standard-Thriller ist bei diesem Film nicht herausgekommen. Bruce Willis spielt seine Rolle so, wie er jede Rolle spielt; lediglich der kleine Miko Hughes spielt den Autisten sehr gut und überzeugend. Sehr viel neues ist den Produzenten in diesem Film nicht eingefallen: Verschwörungen amerikanischer Geheimdienste kennt man schon seit JFK, spätestens aber seit Fletchers Visionen, und sie Tatsache, daß Computer nicht sicher sind, sieht man heutzutage in jedem Film dieses Genres.
Eine große Schwachstelle im Ablauf des Filmes ist die Tatsache, daß lediglich der eine kleine Junge, der den Code entschlüsselt hat, gesucht wird. Auf die Idee, daß auch andere Menschen eine übernatürlische mathematische Fähigkeit besitzen könnten, kommt weder der Drehbuchautor, noch der Geheimdienst. (heinz-online)

Bruce Willis rettet! Mal die Stadt ("Stirb langsam"), mal die Erde ("12 Monkeys"), mal die Welt ("Das fünfte Element"). Diesmal geht es "nur" um einen autistischen Jungen, dessen Fähigkeiten den geheimsten der amerikanischen Geheimdienste bedrohen. Trotz einer spekulativen Mischung aus Action und Gefühl a la "Rainman" überzeugt "Das Mercury Puzzle" nicht. (Günter H. Jekubzik)

Buchstabensalat mit blauen Bohnen - "Das Mercury Puzzle": Bruce Willis als Beschützer eines Kindes in einem gesichtslosen Action-Thriller.
Auf Hollywoods Heldenprofile kann man sich immer verlassen: So erkennen wir jemanden auf Anhieb als vertrauenswürdig, wenn er seiner Kampfbereitschaft und Professionalität zum Trotz Gefühle zeigt. Am Anfang von Das Mercury Puzzle muß FBI-Undercover-Agent Art Jeffries (Bruce Willis) mit ansehen, wie ein Geiselbefreiungs-Kommando einen jugendlichen Geiselnehmer erschießt - und das ausgerechnet, nachdem er ihn zum Aufgeben überredet hatte.
Das kostet den Mann zunächst ein paar Tränen und seinen Dienstrang, weil er dem übereifrigen Einsatzleiter aus Wut einen Fausthieb verpaßt. Als abgehalfterter Agent stolpert er über ein Verbrechen, dessen Hauptzielscheibe ein autistischer Bub ist. Ein Kreuzworträtsel lösend, entdeckt der neunjährige Simon (Miko Hughes) mitten in einem Buchstabensalat eine subtil versteckte Botschaft - und knackt damit den militärischen Geheimcode "Mercury". Weil der skrupellose Leiter der zuständigen Hochsicherheits-Behörde, Lt. Colonel Kudrow (Alec Baldwin) diese Panne vertuschen möchte, engagiert er einen Killer, der zunächst Simons Eltern umbringt und dann auf das Kind Jagd macht.
Jeffries aber hat sich den Buben schon geschnappt, um ihn in Sicherheit zu bringen - womit er sich sowohl seine Vorgesetzten als auch die mächtige Geheimdienst-Behörde zu Feinden macht. Der thrill, den Regisseur Harold Becker diesem Einer-gegen-den-Rest-der-Welt-Szenario abgewinnt, ist zu sehr Genre-Konfektion, als daß einen der Film mitfiebern ließe: Der lange Fluchtweg des Helden mit dem Kind besteht aus einer Aneinanderreihung von "Haaresbreiten", seine Aktionen sind ganz auf das bekannte Coolness-Design seines Darstellers zugeschnitten, und sein Leitmotiv ist das Prinzip Verantwortung.
Einer Hollywood-Mode der neunziger Jahre entsprechend, wird in Das Mercury Puzzle schließlich auch noch "Systemkritik" geübt: Man wirft Licht auf die dunklen Machenschaften mächtiger Staatsbehörden, und was dabei zum Vorschein kommt, ist ein archetypischer Bösewicht, den man nur beseitigen muß, damit das Volk wieder Vertrauen in seine Obrigkeit schöpfen kann. Das Mercury Puzzle ist ein Routineprodukt, das man ohne große Schmerzen ansehen und sofort wieder vergessen könnte, müßte man nicht befürchten, daß die kommenden Oscar-Nominierungen ohne die Darstellung eines Autisten durch einen Neunjährigen kaum auskommen werden. (Robert Buchschwenter, DIE PRESSE, 24/5/1998)

Stell ein hilfloses Kind in die Mitte eines Thrillerkreisels: schon wuchern Beschützerinstinkte auch bei den testosteronverseuchtesten Multimachos. Laß das von Killern bedrohte Kind auch noch schwer behindert sein: selbst einem Bruce Willis mit Dreitagebart schießt da die Milch praller Mütterlichkeit ein. Erst recht werden auch beim lieben Publikum sämtliche Streichel-, Rühr- und Kuschelfaktoren unbremsbar aktiviert.
Daraus resultiert die beklemmende Wirkung dieses MacAction mit harter Schale, weichem Kern. Natürlich schadet zuviel Gefühl einem hartgesottenen Stück Spannung - deshalb erleben wir hier einen seltenen Eiertanz zwischen Schüssen und Küssen, süßen und büßen, Rüschen am Dachgiebel und Mission impossible. Simon, 9, ist Autist; ein Seelengefangener mit bizarr verdrehtem Blick und extremen Kontakt- und Verhaltensstörungen.
Der Bub besitzt aber eine brach liegende Superintelligenz, die mathematische Finkeleien schneller zu lösen imstande ist als jeder Großrechner. Eines Tages entschlüsselt er zufällig online den neuen Sicherheitscode des Pentagon für sämtliche US-Agenten in aller Welt. Deren Leben geht vor sentimentaler Auslegung der Menschenrechte.
Grund genug für sicherheitsbeauftragte Hardliner, das gefährliche Kinderhirn ein für allemal mittels Stahlmantelprojektil stillzulegen. Aber da ist FBI-Agent Art davor, der nach dem Mord an den Eltern Simons den Kleinen irgendwie adoptiert und die Euthanasieaktion im Totaleinsatz zu verhindern sucht.
Das ungleiche Paar Boy und Bulle erweist sich dabei gleicher, als man vermuten sollte: der coole Polizeiheld rabaukt auf seine Weise ebenfalls autistisch, gesellschaftlich isoliert und verquert durchs Leben. Die daraus resultierende Situationsdynamik treibt die Verschwörungskiste zwischen Emotionsschnörkel und Stromlinie ins obligate Showdown.
Der Wahrscheinlichkeitsfaktor der Story ist natürflich minus 100.000. Aber wen juckt das schon, wenn der Unterhaltungswert stimmt. Und sich im Publikum die Gewißheit breitmacht, daß man nachher sicher nicht am Post-Psycho-Syndrom leidet; Alpträume, in denen Alec Baldwin statt Anthony Perkins als Monster die Zähne fletscht, sind dazu viel zu harmlos. (Rudi John, KURIER)

Weitere Kritiken der IMDb, offizielle Site: http://www.mercury-rising.com/

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OCTALUS (DEEP RISING)

USA 1998. 101 Min
Regie: Stephen Sommers, Buch: Stephen Sommers, Musik: Jerry Goldsmith, Kamera: Howard Atherton, Schnitt: Bob Ducsay, John Wright, Darsteller: Treat Williams (John Finnegan), Famke Janssen (Trillian St. James), Anthony Heald (Simon Canton), Kevin J. O'Connor (Joey Pantucci), Wes Studi (Hanover)
Kinostart: 29/5/1998

Die Terroristen-Gang rund um Hanover (Wes Studi) mietet sich ein Boot, um den Luxusliner Argonautica zu überfallen. Doch als sie dort ankommen, erwartet sie ein sehr unangenehmer Empfang. Die meisten Passagiere sind tot, lediglich der Kapitän und eine attraktive Trickdiebin haben überlebt. Ihr Verhängnis: Schleimig, schlabbernde Wesen aus dem Wasser machen sich über die Menschen her. Für die beiden einzigen Überlebenden heißt es nun, sich gegen diese und die Terroristen zur Wehr zu setzen.
Die menschenfressenden Ungetüme sind eine Mischung aus bekannten Monstern ("Aliens", "Anaconda", etc.). Die Special-Effects, die zu ihrem Auftauchen und blutigen Wirken beitragen, sind unschwer als solche zu erkennen, sorgen jedoch auch für reichlich Spannung. (film.de)

Ein Ungeheuer mit ekelhaften Tentakelarmen taucht aus den Tiefen des Meeres auf, um die Passagiere eines Luxusschiffes zu verspeisen. Auch ein Söldnertrupp, der eigentlich das Schiff für einen Versicherungsbetrug "erobern" sollte, fällt ihm zum Opfer, bevor ein smarter Abenteurer das Heft in die Hand nimmt. Konfektionierter Abenteuer-Thriller um die Bedrohung durch ein der Menschheit überlegenes Monster. Oberflächliche Spannung wird lediglich aus einer immer monotoneren Folge von Schock- und Ekeleffekten bezogen, wobei der Film nie innere Spannung und Suggestivkraft aufzubauen versteht.
In diesem Tag sei irgendwie der Wurm drin, erkennt der smarte Abenteurer und Schmuggler Finnegan, der sich von einem Trupp skrupelloser Söldner zu einer Fahrt in unbekannte Regionen des Südchinesischen Meeres hat engagieren lassen. In Wahrheit ist es ein riesiges Meeresungeheuer mit zahllosen Tentakeln, das Finnegan zu schaffen machen wird, denn dieses ekelerregende, todbringende Wesen ist aus den Tiefen des Meeres aufgetaucht, um alles Leben an Bord des luxuriösen Vergnügungsschiffes "Argonautica" zu verschlingen. Dabei sollten eigentlich die Söldner die "Argonautica" für einen großangelegten Versicherungsschwindel in ihren Besitz bringen, dann aber stehen die längst nicht mehr unerschrockenen Männer vor leeren und verwüsteten Sälen des riesigen Schiffes und müssen feststellen, daß ihnen weder ihre modernen High-Tech-Waffen noch die mitgebrachten Torpedos helfen. Das grauenhafte Monster holt sich einen nach dem anderen, und nur Finnegan, die hübsche Gaunerin Trillian sowie Finnegans Mechaniker und Freund überleben die Katastrophe.
Das namenlose Grauen, das das amerikanische Genre-Kino schon seit geraumer Zeit in Gestalt von Aliens über Soldatentrupps und aufrechte Raumfahrer hereinbrechen läßt, hat längst die Erde erreicht, wo es auch schon einmal in Gestalt einer mächtigen Anaconda sein Unwesen treibt. Nun ist es (wieder einmal) eine vom Computer geschaffene Octopus-Variante, die, mit unerklärlicher Intelligenz ausgestattet, ihre glitschigen Tentakeln durch die noch so entferntesten Gänge des Luxusliners quetscht, um ihre Opfer zu verspeisen. Wie gehabt geht es dabei um das Aufeineinanderprallen einer solch irrationalen Macht mit der menschlichen Hybris, die sich sowohl im virilen Machtgehabe der Menschen als auch in ihrer Protzerei mit einer nur vermeintlich unschlagbaren Technologie ausdrückt; und wie gehabt sind es die üblichen Zutaten und Spezialeffekte eines solchen Gebrauchskinos, die den Zuschauer in (oberflächliche) Spannung und Schrecken versetzen sollen, die hier freilich durch ebenso sinnentleerte wie unappetitliche Ekel- und Gewalteffekte einen eher fragwürdigen "Thrill" erhalten. Eine Portion sarkastischer Humor relativiert diesen martialischen Eindruck nur geringfügig und kann vor allem nicht verbergen, daß der Film aus dem unglaubwürdigen Geschehen, das sich genreüblicherweise ohnehin nicht an Fragen nach Sinn und Verstand messen läßt, keine wirkliche innere Spannung und Suggestionskraft zu beziehen versteht. Stattdessen gefällt er sich in immer kürzer aufeinander folgenden, stereotypen und vorhersehbaren Schockeffekten, die schon bald nicht mehr nervenaufreibend sind, sondern nur noch auf die Nerven gehen. (Horst Peter Koll, film-dienst)

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DIE ERSATZKILLER (THE REPLACEMENT KILLERS)

USA 1998. 87 Min
Regie: Antoine Fuqua, Buch: Ken Sanzel, Musik: Harry Gregson-Williams, Kamera: Peter Lyons Collister, Schnitt: Jay Lash Cassidy, Darsteller: Yun-Fat Chow (John Lee), Mira Sorvino (Meg Coburn), Michael Rooker (Stan (Zeedo) Zedkov), Jürgen Prochnow (Michael Kogan), Til Schweiger (Ryker)
Kinostart: 29/5/1998

Multikulturelles Downtown L.A.: Profi-Killer John Lee (Chow Yun-Fat) widersetzt sich dem mächtigen Unterwelt-Boß Mr. Wei, indem er seinen letzten Auftrag nicht ausführt. Fortan steht er auf dessen Todesliste. Mit Unterstützung der Dokumentenfälscherin Meg Coburn (Mira Sorvino) muß Lee versuchen, Weis deutschem Killerpaar (Til Schweiger und Jürgen Prochnow) zu entkommen.
Mit Unterstützung von Superstar John Woo ("Im Körper des Feindes") kommt mit Antoine Fuqua ein weiterer Fernost-Star auf die internationale Bühne, um einen Actionfilm mit Starbesetzung (Chow Yun-fat und Mira Sorvino) vorzustellen. Til Schweiger ist in einer unbedeutenden Nebenrolle zu sehen. (film.de)

Als sich ein in Diensten der chinesischen Mafia stehender Auftragskiller weigert, einen Polizisten zu erschießen, zieht er den Zorn seines Bosses auf sich. Er wird vom Jäger zum Gejagten, der sich der Verfolgung durch zwei "Ersatzkiller" erwehren muß. Konventioneller Actionfilm, der außer spektakulären Actionszenen und einer übertriebenen Klangkulisse nichts zu bieten hat und sich vor allem durch die schlampige Zeichnung der Personen um jedes Interesse bringt.
Eigentlich hat John Lee schon eine ganze Reihe solcher Jobs zur vollen Zufriedenheit seiner Kunden erledigt. Doch als der coole Profi-Killer jetzt im Auftrag von Mr. Wei, dem Paten der Chinesen-Mafia von Los Angeles, einen Polizisten töten soll, der während einer Razzia einen von Weis Leuten erschossen hat, versagt er - zumindest für seinen Berufsstand - kläglich. Obwohl er sein Opfer schon im Visier hat und eigentlich nur noch abzudrücken bräuchte, wird Lee angesichts des kleinen Sohnes des Polizisten plötzlich von Gefühlen übermannt und setzt das Gewehr wieder ab. Da er selbst weiß, daß diese Schwäche in seinem Job unverzeihlich ist, wird Lee vom Jäger zum Gejagten, der sich der Verfolgung durch zwei "Ersatzkiller" erwehren muß, die der Mafia-Boß auf ihn angesetzt hat. Und weil er dringend eine neue Identität braucht, gerät auch die junge Paßfälscherin Meg Coburn unversehens in den Strudel der blutigen Ereignisse. Zudem muß Lee um das Leben seiner Familie in China bangen, die der mächtige Mr. Wei über seine Gefolgsleute in Asien als Geiseln nehmen könnte, um seiner habhaft zu werden.
Fraglos ist dies kein sonderlich genialer Plot, aber immerhin doch einer, der das Handlungsgerüst für einen rasanten Actionfilm abgeben könnte. Und eigentlich sollte allein der Name John Woo, herausragender Regisseur zahlreicher Eastern der jüngeren Vergangenheit und hier als ausführender Produzent mit von der Partie, für ein Mindestmaß an cineastischer Qualität garantieren. Darüber hinaus ist mit Chow Yun-Fat einer der Stars des Hongkong-Kinos in seiner ersten Hauptrolle bei einer amerikanischen Produktion zu sehen, der zuvor nicht nur durch mehrere John-Woo-Klassiker wie "A Better Tomorrow" ("City Wolf") oder "The Killer" (fd 32 399) zu internationalem Ansehen kam. Doch letztlich fruchtet die Mitwirkung dieser beiden Stars des fernöstlichen Kinos wenig, weil Regisseur Antoine Fuqua, bisher in erster Linie als Regisseur einer Reihe von Musikvideos in Erscheinung getreten, sein Kinodebüt allzu schlicht auf spektakuläre Action-Sequenzen ausgerichtet hat. Auf der Flucht vor den Verfolgern jagt er seinen melancholischen Killer unaufhörlich durch eine Reihe von brenzligen Situation, bei denen der Gejagte regelmäßig mit knapper Not entkommt. Ein müßiges Spektakel, bei dem wahre Soundgewitter - jedes Klappmesser springt mit einem Getöse auf, gegen das die Trompeten von Jericho vermutlich ein zartes Säuseln waren - ersetzen sollen, was mit der überaus schlampigen Zeichnung der Figuren verschenkt wurde. So vermögen denn auch die besonderen Reminiszenzen an den deutschen (Kino-)Markt hier kaum etwas zu retten. Liefert Jürgen Prochnow als öliger Adlatus des Mafia-Paten noch einen halbwegs passablen Part, gerät Til Schweigers erster Hollywood-Auftritt unweigerlich zur Lachnummer. Wie er hier als einer der "Ersatzkiller" im schwarzen Ledermantel mit martialischem Blick und einer 007-tauglichen Koffer-MP wortlos durch die Szenerie stolpert, sorgt allenfalls für Komik der unfreiwilligen Art. So wie Schweigers Auftritte ließe sich womöglich auch der ganze Film als kultverdächtiger Trash goutieren, hätte man ihn für einen Bruchteil des Budgets produziert und käme das Hochglanzspektakel nicht so gänzlich humorlos daher. So aber ist der Film kaum mehr als der hausbackene Versuch, mit einigen renommierten Namen, stereotyp überdrehter Action und ausgelutschten Mafia-Klischees die Menschen ins Kino zu locken. Aber Produktionen von dieser "Güte" findet man auch an einem x-beliebigen Abend im heimischen Pantoffelkino. (Reinhard Lüke, film-dienst)

"The Killer" war das Original. John Woo begeisterte mit orgiastischen Schußwechseln und kunstvoll choreografierten Actionszenen die Massen und brachte dem Hongkong-Film international noch mehr Beachtung ein. Dann zog es John Woo nach Hollywood, seine Jünger - unter anderem Quentin Tarantino - tradierten Woos Stil und zitierten seine Ikonographie. Mittlerweile spielt der Hongkong-Chinese auf der Produzenten-Etage mit: Unter seinem Namen laufen die Ersatzkiller, Regie führte Antoine Fuqua. "The Replacement Killers" ist sein Spielfilmdebüt, was aber nichts macht, denn viel Erfahrung mit Musikvideos - so das prämierte Video zum Coolio-Hit "Gangsta's Paradise" - reichen, um so ein Action-Teil zu inszenieren.
Außer dem Styling geben die "Replacement Killers" auch nichts Bemerkenswertes her - sie sind eben Ersatz! Nachdem ein Polizist notgedrungen den Sohn eines chinesischen Bandenchefs erschießt, will der mächtige Mr. Wei Rache. Der Killer John Lee (Chow Yun-Fat, regelmäßig Darsteller bei Woo) hat das Opfer schon im Visier, bringt es aber nicht übers Herz, den Sohn des Polizisten zu erschießen. (Das Familienthema aus "Face Off" bekommen wir noch oft aufgetischt.) Nun wird Lee von seinen Auftraggebern und der Polizei gejagt, die junge, selbstbewußte Paßfälscherin Meg Coburn (Mia Sorvino) gerät dabei an seine Seite. Weil der Killer gekillt werden muß, werden dazu schematisch immer wieder neue Ersatzkiller herangekarrt.
Viel Geballer und nur wenig Ansätze zu faszinierenden Bewegungen und Wenden. Allein das aufwendige Styling verziert das Massenprodukt in Bild und Ton: Schon wenn ein Maschinengewehr nur zusammengebaut wird, bricht aus den Boxen ein richtiges Dolby-Erbeben hervor. Mia Sorvino glänzt im Actionfach nicht gerade - außer wenn sie lacht. Noch eine Erwähnung für die deutschen Stars "Jurgen" (so schreibt der Vorspann) Prochnow und Til Schweiger in der zweiten und dritten Reihe. Prochnow spielt die rechte Hand des Mr. Wei, die es nie schafft, den Killer Lee zu fassen. Til Schweiger darf als einer der Ersatzkiller regungslos und böse schweigen bis ihn eine Kugel in die Stirn trifft. (Günter H. Jekubzik)

In seinem ersten Hollywood-Film tritt Til Schweiger als gefühlloser Killer in schwarzer Kluft auf, schießt wild aus großkalibrigen Waffen und liegt schon nach wenigen Minuten tot auf dem Boden. Der einst nette Junge aus der "Lindenstraße" hat sonst nicht viel zu sagen in den "Ersatzkillern": Til schweigt.
Auch der Hauptdarsteller Chow Yun-fat kämpft zum ersten Mal vor amerikanischen Kameras - in Hongkong allerdings ist er bald so bekannt wie der Karate-King Jackie Chan. Nun verballert er in dem Regie-Debüt von Antoine Fuqua wie alle Actionhelden viel Blei und wilde Männlichkeit - gemischt mit einer überraschend melancholischen Aura.
Als chinesischer Killer muß Chow Yun-fat für einen mächtigen Triaden-Boß tödliche Aufträge erfüllen, um so das Leben seiner Familie zu sichern. Als er ein Kind umbringen soll, überkommen den sonst so Kaltblütigen Skrupel, und er steigt aus. Fortan ist er der Gejagte, der sich in etlichen rasanten Sequenzen und an der Seite der Oscar-Preisträgerin Mira Sorvino seinen Weg freischießen muß.
Der Newcomer Fuqua verdiente sein Geld bislang mit Video-Clips und Werbespots. In seinem ersten Spielfilm will er mit handwerklichen Tricks - schnellen Kamerafahrten, etlichen Slow-motions, eigenwilliger Schnittrhythmik - seinem Vorbild John Woo nacheifern. Das ist zwar unterhaltsam, aber ziemlich oberflächlich und bleischwer. Aufregend ist ein fulminanter Kugelhagel inmitten von Bürsten und Schläuchen in einer Waschstraße, und Chow Yun-fat weiß sich mit allem zu wehren, was nicht niet- und nagelfest ist. Einen "Taxi Driver der 90er" habe er schaffen wollen, sagt Fuqua. Das war denn doch ein wenig zu hoch gegriffen. (Martin Oversohl, DER SPIEGEL)

John Lee (Chow Yun-Fat) ist ein Killer der Extraklasse. Der chinesische Immigrant zählt in den USA zu den zuverlässigsten Auftragskillern. Doch Lee will sich aus dem Geschäft zurückziehen. Um die Sicherheits seiner Familie zu sichern, muß er noch einen letzten Job für den mächtigen Triaden-Boß Mr. Wei (Kenneth Tsang) annehmen. Er soll als Racheakt den Polizisten Stan Zedkov (Michael Rooker) umbringen. Doch Lee bringt es nicht übers Herz, den Cop zu ermorden. So muß er in Kauf nehmen, daß fortan er und seine Familie auf der Abschußliste von Mr. Wei stehen. Während er noch überlegt, ob er seine offenstehende Rechnung mit Mr. Wei begleichen soll, rücken zwei Ersatzkiller (Til Schwieger und Danny Trejo) an, die Lees Job erledigen sollen. Einzige Hilfe kann Lee von der Dokumentenfälscherin Meg Coburn (Mira Sorvino) erwarten, mit der er durch sein Schicksal zusammengebracht wurde. (expresso-online)

Made in USA: Mit der Armani-Sonnenbrille ins Ersatzkino. "The Replacement Killers" kopiert Hongkong einmal 1:1. Chow Yun-Fat schießt doppelläufig, und Til Schweiger hält den Mund.
Seit vor fünf Jahren John Woo von Hongkong nach Hollywood übersiedelt ist, lassen sich in seinem Kino hübsche Globalisierungsphänomene bewundern. Woos jüngste Filme, inszeniert mit westlichen Akteuren, großem Budget und ziemlich viel Witz, fusionieren Geschwindigkeitsmanie und bizarre Storylogik wieder mit dem US-Kino. In der eigenwilligen Kombinationen von Versatzstücken aus Hongkong und Hollywood, von Atombomben und Travolta, entstehen wahre Unikate, Zeugnisse merkwürdiger Wahlverwandtschaften von US-Genrekino und ostasiatischer Action.
Man kann natürlich auch den umgekehrten Weg gehen, d. h. Hongkong in Amerika nachstellen, ohne dabei an Erneuerung zu denken. Wie das geht, zeigt wieder Woo, freilich nicht als Regisseur. In seinem Arbeitsexil hat er The Replacement Killers koproduziert, einen lärmenden Actionfilm à la Hongkong, der sich nicht für die Innovation, sondern für die Kopie entschieden hat. Das Joint-Venture hat eine erstaunliche Besetzungsliste: Antoine Fuqua, Debütregisseur mit Werbefilmvergangenheit aus Pittsburgh, findet sich da neben einem hochpopulären Hongkong-Kinostar (Chow Yun-Fat), zwei deutschen Berühmtheiten (Til Schweiger, Jürgen Prochnow) und einem US-Stern (Mira Sorvino) wieder.
Der Killer, den Chow Yun-Fat hier spielt, spaziert in der Eröffnungsszene in eine Diskothek, wedelt - zwei Pistolen in der Hand, zwei im Hosenbund - im schönen, aber sehr unergonomischen 360-Grad-Schwung durchs Zeitlupenbild, um ein paar Berufsverbrecher zu erschießen. Nur einen Auftrag gilt es danach noch zu erledigen, dann ist er ein freier Mann. Aber da - ein Kind soll erschossen werden - will er dann doch passen. Der auftraggebende Triadenboß und dessen rechte Hand (Prochnow) sind begreiflicherweise nicht erfreut und engagieren kurzerhand Ersatzkiller, Replacement Killers eben.
Auftritt Til Schweiger: Deutschlands liebster Kinostar feiert, wie auch Chow Yun-Fat, hier sein Hollywooddebüt, nur mitzureden hat er buchstäblich nichts. Mit grimmiger Miene erscheint Ersatzmörder Schweiger auf der Spielfläche, sagt kein Wort, schießt Lee hinterher, wird erschossen. Keine zwanzig Minuten dauert sein wortloses Debüt, dann liegt Schweiger tot in einem Kino, in dem passenderweise gerade ein Cartoon- Festival läuft: der beste Witz in diesem Film. Inzwischen hat der stilbewußte Chow seine Armani-Sonnenbrille wieder zurechtgerückt und im Stahlgewitter mit einer Dokumentenfälscherin (Sorvino) ein romantisches Paar gebildet. Eine neue Identität für den Killer gibt's gratis dazu.
Ist dieser Film nun das Ergebnis einer freundlichen Beeinflussung des amerikanischen Kinos durch Hongkong? Ein Dokument neuer Wahlverwandtschaften? Wahrscheinlicher ist etwas anderes: The Replacement Killers sieht aus wie der Testlauf für Hollywoods kommende Eroberungszüge auf dem chinesischen Milliardenfilmmarkt. Vollsythetisches Ersatzkino, das so riechen und schmecken will wie die Originale aus Hongkong, nur eben: Made in USA. (Robert Weixelbaumer, DIE PRESSE, 24/5/1998)

Die neuen Heros sucht sich Hollywood jetzt aus den Gelben Seiten. Chow Yun Fat, ein Name wie die cholesterinbombige Nummer 64 aus der Speisekarte des Lucky Buddha ist die letzte Errungenschaft. In Asien längst ein Superstar, richtet His Very Coolness neuerdings seinen melancholischen Blick auf das satte Blond von Sexyhexi Mira Sorvino.
Und die wird gleich ganz schwach. Unverständlich, denn unsereins vermittelt der Mann das getrübte Charisma eines tensideallergischen Waschmittelvertreters. Zum wenig scharfen Image trägt die halbherzige Figur bei, die er spielen muß. Einen Killer mit Schießhemmung und Kindersicherung. Der will für den Triadenpaten nicht den ballspielenden Sohn des Polizeidetektivs abknallen. Und befindet sich daher auf der Flucht vor der Rache seines Auftraggebers bzw. unterwegs als Rettungsengel des Hilfsprogramms für das gefährdete Kind.
Schon die Kurzzusammenfassung läßt die Überforderung ahnen, die hier den darzustellenden Charakter trifft, doch wird dies durch einander überschlagende Schußwechsel übertüncht, -tönt und -trumpft. Die Schauplätze sind ausnahmslos auf raffinierte optische Reize hin gewählt, von der Verfolgungsjagd in der negativeverhangenen Fotodunkelkammer bis zum Schlachtfest in einer Autowaschanlage, alles in Zeit- und Geldlupe gedreht und wild durcheinander geschnitzelt.
Auch die unökonomische Verwendung von Munition gehört zum Stil des einst als Musicvideoclipper tätigen Regisseurs. Wenn’s früher ein Schuß und fünfzig Tote hieß, kommen jetzt fünf Tote auf hunderttausend Feuerstöße. Einen davon trifft übrigens Germanys Star Til Schweiger beim US-Debüt, der als Ersatzkiller (Replacement Killer) wie aus einer Werbebroschüre der SS entstiegen scheint: der Preis für den Eintritt in den Club Hollywood. (Rudi John, KURIER)

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HÄRTETEST

D 1997. 84 Min
Regie: Janek Rieke, Buch: Janek Rieke, Musik: Jan Dvorßk, Kamera: Florian Ballhaus, Schnitt: Brigitte Kirsche, Margot Neubert, Darsteller: Janek Rieke (Jonas), Lisa Martinek (Lena), Gerhard Garbers (Vater), Katrin Saß (Mutter), Florian Lukas (Robert), Sigi Terpoorten (Max)
Kinostart: 29/5/1998

Ein 26jähriges ängstliches Muttersöhnchen aus gutem und reichem Hamburger Elternhaus verliebt sich in eine ebenso selbstbewußte wie flippige Fahrradkurierin und "Ökoterroristin", der ihr beweisen soll, daß er alles andere als ein "Weichei" ist. Eine mit Witz und viel Gespür für Pointen und Timing entwickelte Initiationskomödie um den Gegensatz von falsch verstandenem Mut und echter Zivilcourage; unverkrampft inszeniert und erfrischend unbekümmert gespielt.
Bei aller Sympathie für den liebenswerten Jonas: der 26jährige ist und bleibt ein Muttersöhnchen, das es sich im elterlichen Nest, der schicken Hamburger Villa seines Vaters, einem reichen Reeder im Ölgeschäft, so richtig behaglich gemacht hat. Mehr unbeholfen als erfolgreich hat er eine kleine Karriere in der väterlichen Firma begonnen, pflegt ansonsten seine Schlangenphobie, ist eher lebensunerfahren und dementsprechend ängstlich. Ausgerechnet er muß sich in eine junge Frau aus einer ganz anderen Welt verlieben: die selbstbewußte und flippige Lena jobbt als Fahrrad-Kurierin, lebt in einer Wohngemeinschaft mit "ökoterroristischem" Hintergrund und will eigentlich gar kein "Weichei" wie Jonas in ihrem Bett. Daß sie sich so richtig verliebt hat, will sie sich nicht eingestehen und stellt ihn vor die Alternative: entweder verläßt sie Jonas, oder er beweist ihr, daß er mutig und standfest ist.
Janek Rieke, 1971 in Hamburg geboren, spielt in seinem ersten langen Kinofilm selbst das liebenswerte "Weichei" Jonas und konstruiert um ihn bzw. sich herum eine mit viel Gespür für Pointen und Timing entwickelte Initiationskomödie, die in ihrer unverkrampften Unmittelbarkeit viel frischen Wind ins deutsche Lieblingsgenre bringt. Bereits der Beginn ist ein kleines Kabinettstück: Jonas, hier noch vermeintlich in "festen Händen", will seiner Braut eine Geburtstagsüberraschung bereiten und versteckt alle geladenen Freunde und Bekannte in ihrer Wohnung. Daß diese Minuten später vielbeobachteter Schauplatz eines Stelldicheins mit einem anderen Geliebten wird, ist für Jonas peinlich und entblößend, für den Zuschauer ein äußerst witziger Einstieg ins Geschehen. Ohne mit aller Kraft brüllend komisch sein zu wollen, entwickelt sich der Humor des Films ganz aus der genauen Hinwendung zu den Figuren, die zwar alle mehr oder weniger auf griffige Konturen reduziert sind, dabei aber stets ihre Indivualität und ihren Charakter bewahren. Egal ob es bei Jonas' Herausforderungen um den Kampf gegen die Brachialgewalt von marodierenden Skinheads geht, um einen skurillen "politischen" Nachtangriff auf die Kürbisse in einem Genlabor oder um den sich permanent verschärfenden Zwist mit den Eltern - immer geht es Janek Rieke um das Gefälle zwischen Wunsch und Wirklichkeit und, damit verbunden, um die Diskrepanz von sinnlos-albernen Mutbeweisen und echter Zivilcourage, die Jonas am Ende unter Beweis stellt. Das hat nie etwas Dröge-Belehrendes, sondern lebt von jenem überraschenden Witz, dem man sich von einer Komödie erhofft, der aber immer so schwer zu inszenieren ist. Und auf Idee, Ex-Fußball-Star Rudi Völler als erträumte Lichtgestalt auftreten zu lassen, muß man ohnehin erst einmal kommen! (Horst Peter Koll, film-dienst)

"Nicht feige, nur schmerzempfindlich!"
Eine Überraschungsparty mit nicht geplanter Überraschung für den überraschten Überraschenden: Jonas (Janek Rieke) muß bei der heimlich geplanten Fete für seine Freundin Tanja miterleben, wie diese sich mit einem anderen Liebhaber vergnügt. Nach der Peinlichkeit - in jedem Winkel der Wohnung steckte ein Überraschungsgast - folgt der Rauswurf durch Tanja: Jonas ist ab jetzt solo und noch jämmerlicher.
Der überängstliche HSV-Fan Jonas wohnt mit 26 Jahren noch bei seinen Eltern. Als er die Wahl hat, eine neue Freundin zu finden oder zu joggen, sieht man ihn schwupps auf der Trimming-Piste. "Bist du Mann oder Maus," fragt der Macho-Freund Thilo (Sebastian Münster) ihn immer wieder. Der ruhigere, einfühlsamere Robert (Florian Lukas) spart auch nicht mit Tips, aber es klappt nichts. Bis Thilos Protzschlitten auf dem Radweg von der militanten Radfahrerin Lena (Lisa Martinek) demoliert wird. Jonas ist hoffnungslos verliebt und auch Lena würde gerne ... hätte sie sich nicht geschworen, nie wieder auf "Weicheier" reinzufallen. Nun ist aber gerade Jonas ein Musterexemplar dieser Mimosengattung. Während Lena die Konfrontation selbst mit einer ganzen Gruppe von Skinheads sucht, findet Jonas sein Heil in der Flucht. Dazu ist Lena engagierte Ökologin, während Jonas' Vater nicht immer ganz sicher mit Öltankern hantiert. Die Liebe zwingt den Feigling nun zu einer Reihe von albernen und wahren Mutproben....
Dieser humorige Härtetest wurde in Hamburg abseits der üblichen Vertriebswege zum Überraschungserfolg. Jan Riekes erster ganz langer Film liefert reichlich Episödchen um einen seltsamen Typen. Es wimmelt vor witzigen Ideen, vor allem der eifersüchtige WG-Mitbewohner Max verhindert mit originellen Störungen die Zweisamkeit von Jonas und Lena. Die Geschichte erzählt sich treffend über das Off der Nouvelle Vague und einige Fotos. Sie ist mit einfachen Mitteln originell präsentiert und flott geschnitten, es fehlt ihr nur an Substanz. Denn auf Dauer sind derart beschränkte kindliche Beziehungsvorstellungen nicht wirklich komisch.
Wie schon in Riekes Kurzfilm "Jenseits von Schweden" hat der Held große Probleme mit dem anderen Geschlecht. Auch der Rest soll ziemlich autobiographisch sein: Immerhin spielt Jan seine eigene Hauptrolle und auch Lisa Martinek (Lena) war tatsächlich die Partnerin des Regisseurs (und etwas zu alt für diese Rolle). Nur WGs scheint der Junge nicht zu kennen: Auf diesem Boden wirkt der Film dumm stereotyp. Am Ende enttäuscht dann ein völlig unpassendes, banalisierendes Heldenfinale. Wie in einem schlechten Film aus Hollywood, der dann allerdings insgesamt wohl flotter erzählt wäre. Obwohl dann nicht Rudi Völler als Lichtgestalt aufgetreten wäre!
Auch ansonsten fehlte es nicht an prominenter Unterstützung: Florian Ballhaus stand hinter der Kamera - so ähnlich er schon seinem Vater sieht, so gleicht auch der bewegte Stil seiner Kameraarbeit dem großen Meister der Fahrten und des Kreiselns. Hark Bohm versucht als Therapeut Jan/Jonas die Angst zu nehmen. (Günter H. Jekubzik)

Jonas (Janek Rieke) ist wirklich ein Weichling wie er im Buch steht: er ist so ziemlich gegen alles allergisch wogegen man nur allergisch sein kann, hat Angst vor Horrorfilmen und Schlangen und fährt mit dem Auto wie ein Fahrschüler in den ersten Fahrstunden. Seine Freundin fand das am Anfang ja noch ganz nett, aber irgendwann hat auch sie die Nase voll und verläßt ihn.
Seine beiden besten Freunde wollen ihm nun helfen eine neue Lebenspartnerin zu finden, aber Jonas hält weder etwas davon, in einer Disco zu balzen noch sonst irgendwo wildfremde Frauen einfach so anzusprechen, denn die könnten ja rauchen oder einen wilden Hund haben.
Durch Zufall lernt er auf der Straße die Fahradbotin Lena (Lisa Martinek) kennen, die ihn zur Eröffnung eines Clubs einlädt. Jonas kommt zur Eröffnung, oder besser: er will. Vom Türsteher der linksautonomen Kneipe wird er aber nicht hereingelassen, das Auftreten des Sohns eines Reedereibesitzers scheint ihm wohl unpassend für dieses Lokal. Also wartet er mit seinen Freunden im Auto vor der Disco bis es hell wird und Lena nach Hause fährt, ihr unverkennbares Fahrrad steht schließlich vor der Tür.
Doch auch das hätten sie besser nicht gemacht: einer seiner Freunde legt sich mit einer radikalen Fahradfahrerin an, die sich beschwert, daß er behindernd auf dem Gehweg parkt, bis diese flennend das Weite sucht. Dummerweise war dieses Mädchen eine WG-Mitbewohnerin Lenas, die nun ihrerseits die Männer vom Gehweg vertreiben will indem sie auf dem Dach des Porsche herumtrampelt.
Nachdem sie Jonas Freunde abgehängt hat und mit ihm davonradelt, kommt es gleich zur nächsten Konfrontation: eine Gruppe Bremer Hooligans zerstören Telefonzellen - und das mitten in St. Pauli! Während Jonas sich das ganze aus der Ferne betrachtet, mischt Lena sich natürlich ein und taucht kurz darauf wieder im Blickfeld ihres Verehrers auf, gefolgt von wütenden Glatzköpfen.
Irgendwie entkommen sie ihren Verfolgern und tauchen in der WG Lenas auf. Ihre Mitbewohner überzeugen sie ihren neuen Bekannten erst einmal zu testen, bevor sie sich auf eine Beziehung mit ihm einläßt. Also muß Jonas erst einmal den "Härtetest" bestehen um Lena zu gewinnen.
Das interessante an diesem Film sind die Gegensätze von Lena und Jonas: sie ist eine in jeder Hinsicht hemmungslose, engagierte Umweltschützerin aus der linken Szene, die auf den FC St. Pauli steht, er ist ein verklemmtes, ängstliches Mutersöhnchen aus reichem Hause, der sich immer noch von Mutter verwöhnen läßt und ein Anhänger des HSV. Trotzdem gibt es bei den vielen Unterschieden einiges, was sie verbindet, denn eigentlich sind beide im Inneren gar nicht so extrem wie sie selbst glauben. Janek Rieke hat mit diesem Film gezeigt, daß auch in Zukunft mit ihm zu rechnen sein wird, ob als Autor, Schauspieler oder Regisseur, denn all dieses hat er bei diesem Film selbst gemacht. Beim Max Ophüls Preis 1998 in Saarbrücken gewann "Härtetest" den Publikumspreis. (heinz-online)

Liebesleben als Endloswitz: Wellen, Wogen, Witzfiguren. Die Beziehungskomödie, der Deutschen liebstes Kino-Eigenbau-Produkt, feiert weiter Hochkonjunktur. Der Jungmänner-Problemkomödie "Härtetest" folgt nächste Woche der Multibeziehungsklamauk "Frau Rettich, die Czerni und ich". Wie angelt man sich einen Partner? Wie manövriert man sich möglichst gewitzt aus einer Beziehungskrise? Das sind Fragen, die die Welt der deutschen Komödie bewegen. Dafür, daß die filmische Antwort auf solche und ähnlich Fragen nicht zwangsläufig trivial ausfallen muß, gibt es in der Filmgeschichte genügend Beispiele - angefangen bei der temporeichen und mit umwerfendem Dialogwitz gesegneten Screwball-Comedy im Hollywood der vierziger Jahre.
Auch im deutschen Kino der neunziger Jahre bemüht man sich, das ewige Thema Liebe (inklusive Sex) mit viel Tempo und Dialogwitz durchzunehmen. Tempo bedeutet dabei allerdings meistens, daß man Leute hintereinander her rennen (oder, besser noch, reisen) läßt - und Dialogwitz meint, daß jeder gesprochene Satz als Kalauer daherkommt.
(...) Noch trivialer als Frau Rettich, die Czerny und ich hört sich der Plot von Härtetest an: Der 26jährige Jonas (Regisseur und Drehbuch-Autor Janek Rieke) ist ein miserables Muttersöhnchen, das bei den Eltern in Hamburg wohnt, in der Firma seines Vaters arbeitet und sich vor nichts mehr fürchtet als vor Schlangen und vor Frauen. Die Versuche seiner Freunde, ihn zu verkuppeln, enden ausnahmslos in Debakeln. Die Frau (Lisa Martinek), in die er sich schließlich verliebt, verkörpert die perfekte Kehrseite von Jonas' Leben: Sie wohnt in einer WG, treibt sich nächtelang in Szenelokalen herum, begeht als Umweltschutz-Aktivistin schon mal die eine oder andere Straftat und prügelt sich, wenn es sein muß, mit Skinheads. Dieser Frau soll Jonas beweisen, daß er kein Weichling ist.
Dem Drang aber widerstehend, mit jedem Satz und jeder Szene einen Lacher erzielen zu wollen, schält Rieke seine Figuren langsam aus der genreüblichen Witzfiguren-Schablone heraus. So gibt es zwischen den Erwartbarkeiten der Handlung doch erstaunlich viele unerwartete Nuancen im Verhalten der Handelnden.
Darüber hinaus gelingen Rieke einige imposante, mit mehr oder weniger karikaturesken Linien gezeichnete Skizzen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und Jugendkulturen (was mit Blick auf die Welt der Lifestyle-Schickeria von Frau Rettich und Co. eine besondere Wohltat ist). Auch wenn Härtetest immer wieder ins Seichte oder allzu Gefällige abgleitet, schlägt der Film doch einen Erzählton an, der die deutsche Komödie, sollte dieses Modell Schule machen, wenigstens erträglich aussehen ließe. (Robert Buchschwenter, DIE PRESSE, 30/5/1998)

"Härtetest". Rottweilerin liebt Chihuahua
Zwei Klischees, aufeinander gehetzt wie Kampfhunde. Ein ungleicher Catch, als jagte ein läufiges Rottweilerweibchen ein angstbeissendes Chihuahuamännchen. Da wird zwecks Lachvorlage die hübsche, aber unterschichtige Fahrradbotin und Ökoterroristin Lena auf Jonas, einem attraktiven Softie aus der Upperclass, losgelassen und zwischen ihnen herrscht nicht gerade gleich Greenpeace.
Auch wenn die Hormoncocktails von beiden sehnsüchtig nach dem Schüttelbecher schreien, stehen vorerst gröbere Reibungsflächen im Vordergrund. Der Einfluß eines charakterschweinischen WG-Genossen auf Lena und Jonas’ gepflegte Angstneurosen. Ihr rabiatpolitisches Engagement und seine muttersöhnchenhafte Abhängigkeit vom Ölreederkonzern seines Vaters. In die Richtung läuft’s ab.
Die wenigen romantischen Konstellationen werden durch kriminelle Skinheads, sogenannte gute Freunde und massenhaft andere Probleme aufgemischt. Wobei sich herausstellt, daß neben Lenas herzhafter Zivilcourage alle untauglichen Versuche des geborenen Feiglings Jonas zu einer Mutprobe verblassen. Herzig, harmlos und nett, diese skurrile Lovestory zwischen einem Weichei und einer Hart..., ...ja, wie könnte man eigentlich das Gegenteil benennen?
Fragen stellt einem neuerdings der deutsche Film! Sicher ist, daß der Weg aus der früheren Identitätskrise desselben jetzt eindeutig auch durch seichte Rinnsale parfümerierten Humors führt und ranzige Fettnäpfchen. „Es gibt Frauen, die reden über Emanzipation. Die sind O.K. Und es gibt Frauen, die leben den Schwachsinn!“ stellt Jonas’ Kumpan fest, um diesen zur Vernunft zu bringen. Sager dieser Qualität haben in diesem Regiedebüt Vorrang. Und Schnecken. Wenn es inmitten dieser Betulichkeit Tempo gibt, ist es höchstens ein Taschentuch. (Rudi John, KURIER)

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