1. Flirten?- Qu'est ce que c'est?

Über das Flirten wird viel gesprochen, viel geschrieben und seit einiger Zeit werden Kurse angeboten. Warum? Einige Autoren geben Gründe an :

Die Nachfrage ist groß (Hollinger 1994), Hilfe für Partersuchende (Hamburger 1993), Aufreißhilfen (Elsner 1983/94), Lebensbereicherung (Bönnen 1989), Hilfe für unbegabte Flirtwillige (Lucas 1994) . Den gewichtigsten Grund lieferte jedoch kürzlich der Spiegel in einem Beitrag zur Entstehung des Menschen. Der Autor befasst sich mit der Frage, was den Menschen dazu bewogen hat, nach der Entwicklung des aufrechten Ganges seinen Kopf mit Hirn zu füllen und kommt zu einem überraschenden Ergebnis:

„Was aber war die Antriebskraft des zweiten Entwicklungsschubes auf dem Wege zum Menschen? Waren es, wie viele Forscher mutmaßten, Schaber, Messer und Hammer aus Stein? War es die erlesene Kost? Oder die Kunst des Flirtens?“

Keine Frage, sie war es! Und es ist ein Verdienst des Spiegels, wieder einmal die einfache Wahrheit auch einfach, und dazu noch bescheiden in Form einer Frage, auf den Begriff gebracht zu haben! Durch was sonst sollte der Egoismus des Triebes und die Indifferenz des Verstandes ihre Leben erhaltende Richtung bekommen, wenn nicht durch die Fähigkeit, aneinander Freude und füreinander Respekt zu haben? Erst auf dem Hintergrund der sozialen und emotionalen Intelligenz konnte sich das abstrakte Denken entwickeln.

Kafka, der selber zur Einsiedelei neigte, sagte zu einem Freund: „Einsiedelei ist widerlich, man beiße lieber ins Leben statt in seine Zunge.“ Recht hat er! Da man dabei aber Gefahr läuft, auch seine Zunge zwischen die Zähne zu bekommen, ist Kühnheit und Vorsicht geboten. Flirten hat immer mit beidem zu tun.

Es soll gezeigt werden, dass mit der Fähigkeit zu Flirten Menschen in gute Beziehungen geraten und vorhandene Beziehungen wesentlich verbessern können. Flirten kann manchen Bedarf an psychologischer Beratung und Therapie überflüssig machen, denn es fördert direkt die persönliche und die soziale Lebensqualität und hilft so seelisches Leid zu senken und neuerlichem vorzubeugen.

Die Vorgehensweise ist allerdings anders als beim "Probleme lösen" oder "Heilen von Beschwerden". Beim Flirten fragt man nicht viel danach, warum man einsam ist und Mühe hat, in Kontakt zu kommen oder ihn weiterzuführen. Man fängt unmittelbar damit an und lässt sich überraschen und verzaubern.

1.1 Umgangssprache

Umgangsprachlich wird mit dem Ausdruck Flirt meist eine erotisch gefärbte Tändelei oder ein Anbandeln beschrieben. Der Schwerpunkt liegt auf Tändelei, denn eine ernsthafte Liebeserklärung wird nicht als Flirt bezeichnet, alle übrigen Arten von sozialen Begegnungen auch nicht. Websters Dictionary definiert „to flirt“ als: „To act amorously without serious intentions“. Man spricht in diesem Falle auch von Kokettieren. Alle übrigen Lexika definieren das Flirten ähnlich..

Jedoch auch „Anmachen, Anbaggern, Angraben, Umwerben oder Verführen“ wird als eine Form des Flirtens verstanden, obwohl hier die Absichten durchaus ernst sein können. Ein anderer abwertender Ausdruck für dieses Verständnis von Flirt lautete „Poussieren“, abgeleitet vom französischen Wort pousser.(stossen) In diesen Fällen befasst sich der Anmacher nur mit seinem Vergnügen, das dann eintritt, wenn der/die Angemachte so blöd war, sich anmachen zu lassen oder zumindest das Spiel auf gleiche Weise erwidert (Fuchs-Gans Comic)

 

1.2 Etymologie:

Das Wort Flirten entspricht der Eindeutschung des englischen Worts „to flirt“, das seinerseits vom französischen Wort „Fleur“ für Blumen, bzw. „fleureter“, Blumen geben, hergeleitet werden kann. In Comic-Zeichnungen werden in den Sprechblasen zweier miteinander flirtender Menschen gerne Herzen und Blumen statt Worte gezeichnet. Man lässt Blumen sprechen, um jemanden seine Zuneigung auszudrücken. In gewisser Weise übrigens eine sehr deutliche Art, denn eine Blume ist eine sehr dekorative Anordnung männlicher und weiblicher Geschlechtsorgane, oder, wie es jemand spöttisch nannte, eine vegetarische Peepshow.

 

Wenn zwei miteinander flirten, sind sie sich irgendwie einig und lassen es langsam - und beim heißen Flirt schneller - angehen. Die nicht beteiligten Partner reagieren dann z.B. eifersüchtig, die Anderen, die auch gerne flirten würden, erfreut, amüsiert oder auch neidisch.

Auf jeden Fall sind sich die Flirtenden einig, dass der Flirt etwas sehr Schönes ist, das auf Gegenseitigkeit beruht und beide bereichert. Wenn ein Flirt einseitig ist, wird eher von "Anmachen" gesprochen.

1.3 Flirten und anderer Umgang

Flirten unterscheidet sich wesentlich von einer normalen Begegnung, wie wir sie täglich antreffen. Wenn eine solche Begegnung in einen klassischen Flirt übergehen soll, müssen vier Merkmale hinzukommen:

1. Beide Flirtpartner stellen bei sich - und möglichst ihrem Gegenüber- positive Reaktionsmöglichkeiten. Das können z.B. Gefühle (warm, aufgeregt), Gedanken (ich mag ihn), Vorstellungen (wie sie wohl tanzt) oder Urteile (der ist interessant) oder Aktionen (ich schenke ihr Blumen) sein. Man nimmt solche Möglichkeiten bei sich wahr, ohne recht wissen zu wollen oder zu müssen, wie relevant sie eigentlich sind. Zum Flirten gehöret auf jeden Fall die mindestens einseitige Bereitschaft, sich positiv anregen zu lassen und der Wunsch, dass es zu einer Beidseitigkeit kommt. Unerheblich, und nicht selten unklärbar ist, wer beginnt. Unerheblich ist sogar, welche Gefühlsqualität, welche Absichten ,Wünsche, Hoffnungen, Sehnsüchte usw. dabei eine Rolle spielen. In jedem Fall setzt der Flirt voraus, dass ich auf einen anderen Menschen positiv reagiere und bereit bin, etwas für ihn zu tun. Der totale Flirtkiller besteht darin, auf Menschen negativ zu reagieren und nur etwas zu fordern. Das ist z.B. der Fall, wenn Sie beleidigt oder nur trübselig auf einem Fest sitzen und warten, dass jemand Sie erlöst. Sie sind dann allenfalls eine Herausforderung für ein Helfersyndrom, z.B. in Form eines Therapeuten. (Gönnen Sie ihm keinen Erfolg, er geht dann nämlich zum nächsten Projekt...)

2. Zwei Menschen (oder nur der eine dem anderen) signalisieren einander diese Tatsache lediglich. Sie befassen sich nach außen mit dem ganz normalen Kontakt, spielen Tischtennis, reden über Gott und die Welt oder befinden sich nur gemeinsam an einem Ort. Mit Blicken, der Stimme, der Körperhaltung, dem zugewandten Interesse oder auch Provokationen erhält der Flirtpartner Hinweise auf „mehr“, aber eben nur Hin- und keine Beweise, u.U. noch nicht einmal dafür, dass es sich bereits um einen Flirt handelt. Unter Kinder und Jugendlichen ist es geradezu ein Sport herauszufinden, wer an wem interessiert ist - und ihn dann zu „outen“, also bloßzustellen. Später wird dies in Form von Tratsch und Klatsch weiterpraktiziert, der Bloßgestellte wiederum kann dementieren, wütend reagieren, geschmeichelt sein oder mit der Regel "Der Kavalier genießt und schweigt" reagieren. Um den Flirt in Gang zu bringen, ist es also notwendig, dem Anderen in irgendeiner Weise Hinweise zu geben, auf der anderen Seite aber auch etwas zurückzuhalten. Das kann zu einem offenen und lebendigen Spiel werden - beide genießen ihre Flirtmacht. Es kann zu einem manipulativen Spiel werden, der eine versucht den anderen auszutricksen. (Cartoon Marunde - Wild und Hausschwein, Cartoon Fuchs und Gans)

3. Beide spielen mit den vorhandenen Möglichkeiten und erkunden sie darüber. Ein Ziel des Spieles ist es, Gemeinsamkeit und Übereinstimmung bei vorhandenen Möglichkeiten herauszufinden. Das Erleben dabei entspricht der Vorfreude auf kommende schöne Ereignisse, wobei es noch nicht ganz sicher ist, ob diese Vorfreude berechtigt, kühn, tollkühn oder gar verrückt ist. Die Kunst des Flirtens besteht dann darin, dieses Spiel zu genießen und auszureizen. Die Teilnehmer lernen ihre Stärken kennen. Man könnte natürlich die Karten einfach auf den Tisch legen und dann feststellen, ob man übereinstimmt oder nicht. Es ist jedoch spannender und die Phantasie anregender, Gefühle füreinander zu erraten, als sie offenzulegen. Im Übrigen verhindert dieses vorsichtige Aufeinanderzugehen, dass sich der ein oder andere - oder beide - im Überschwang der Gefühle völlig verrennen. Wer möchte schon in der lächerlichen Position des Rotkehlchens sein, das ein rotes Wattebäuschen angeht, oder des Stieres, dem zur Paarung bereits ein duftendes Fell auf einem Gestell reicht?

4. Das Reizvollste am Flirt besteht jedoch darin, dass über den Flirt nicht nur vorhandene, sondern auch die Entwicklung ganz neuer Möglichkeiten angeregt werden. D.h., im Flirt liegt immer auch eine Verheißung, eine Versprechung, eine Provokation und Anregung. Gerade die Tatsache, dass „noch nichts“ passiert, erlaubt dem einen, alle möglichen Ideen und Phantasien anzuregen, und dem anderen sie aufzunehmen und ihnen auf der Phantasieebene nachzugehen. Es werden damit Begehren, Wünsche, Sehnsüchte einem konkreten Menschen gegenüber entwickelt, die vorher noch gar nicht da waren. Aus diesem Grund wäre es auch falsch oder gar unmöglich, sich einfach dem anderen zu öffnen - es ist vielleicht noch gar nichts richtig da. Irgendwann merken die Beteiligten dann plötzlich, dass etwas entstanden ist: Ella Fitzgerald besingt dies in: „This was the end of a wonderful friendship, and just a beginning of love." Das gleiche Thema bei K.Lage in: "Tausendmal berührt, tausend mal ist nichts passiert, plötzlich einer Nacht, hat es zoom gemacht.“

Politiker und Werber, die sozusagen nur eine Marktforschung nach vorhandenen Bedürfnissen machen, verfehlen in der Regel das Ziel. Viel wichtiger ist, bei den Menschen die Entwicklung von Visionen und Gefühlen zu befördern. Eine Ware verkauft sich oft nur über das damit erzeugte Image, das zur Ware selber nur eine sehr entfernten Beziehung hat. Man nennt das auch „Bedürfnisse wecken“. In der Liebe spricht man von Verlocken oder Verführen. Berühmtes klassisches Vorbild ist die Begegnung von Odysseus mit den Sirenen oder der Besuch bei der Zauberin Circe (jemanden becircen). Ob man den Appetit auf ein Essen durch schöne Umgebung, erlesene Bedienung und appetitliche Anrichtung erhöht , oder die Sehnsucht eines Menschen durch verführerische Kleidung, Mimik, Gestik oder Umgangsweisen weckt, kommt auf dasselbe heraus, es werden Bedürfnisse geweckt.

Selbst die Herrschaft über Menschen findet wirksamer durch Herrschaft über die Entwicklung ihrer Bedürfnisse und Wünsche als über Herrschaft über die Mittel zur Befriedigung statt. Die Kirche hätte nie Macht über Tod und Leben von Menschen (Hexenverfolgung, Kreuzzüge, Religionskriege) gehabt, wenn sie nicht die Sehnsucht nach Erlösung gefördert und Erfüllung um den Preis von Verzicht und Anpassung an Normen versprochen hätte. Nicht umsonst nimmt die Religiosität mit der Armut zu und dem Reichtum ab: Der Reiche ist weniger erlösungsbedürftig, er leidet weniger. Der ursprüngliche Buddhismus (Sidharta Gotama, 560-480 v.Ch.) sieht im Verzicht auf Begierden und Leidenschaften (nebst Beenden von Unwissenheit) den Königsweg heraus aus dem Leiden. Hätte sich diese Haltung in Indien durchsetzen können, wäre sie eine machtvolle Gegenbewegung gegen das die Herrschaft der arischen Einwanderer über die unterdrückten Völker sichernd Kastensystem geworden. (Ebenso die philosophische Richtung der Stoa).

Flirten hat daher viel mit der Entwicklung von Bedürfnissen, Wünschen, Hoffnungen, Sehnsüchten zu tun. Ein völlig saturierter Mensch flirtet nicht mehr. Das Geheimnis des guten Flirts besteht viel eher in seiner Eignung Bedürfnisse zu wecken und zu entwickeln, als vorhandene zu befriedigen. Flirten findet daher nicht nur in erotischen sondern allen Beziehungen statt, in denen noch offen ist, was Menschen miteinander wollen oder wünschen.

Flirten unterscheidet sich von Verliebtheit. Wenn man verliebt ist, kann man zwar auch flirten und wird das wohl auch meist tun. Aber nicht jeder der flirtet, ist verliebt, und nicht jeder, der verliebt ist, flirtet. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass der Verliebte schon weiß, dass er den anderen will, der Flirter weiß nur, dass er vielleicht wollen könnte, wenn er täte wie er fühlte wie er merkte, dass er sah, wie sie guckte.. ach! und überhaupt!..

Im Moment der "Liebe auf den ersten Blick", vor allem, wenn sie gegenseitig ist, sehen etliche den effizientesten Flirt überhaupt, sozusagen der Treffer im Lotto. Dieses Verständnis von Flirt ist einer der Gründe, warum so viele Menschen nicht mehr flirten: Sie warten auf den großen Durchbruch.

Heimlichkeit oder Exklusivität sind keine notwendigen Merkmale des Flirtens. Flirts finden öffentlich statt, wenn jemand keine negativen Folgen zu befürchten hat. Wem das Herz voll ist, dem fließt der Mund über. Man kann außerdem mit mehreren Menschen nahezu gleichzeitig flirten. Man sagt dann, sie (oder er) verdrehte allen möglichen Leuten den Kopf. So flirtet dann der Popstar mit seinen Fans. Diese wenden dann alles an, um auf die ein oder andere Weise mit ihm zu flirten (hinter die Bühne zu kommen, schreiben, ihn im Hotel oder auf der Straße treffen usw.)


spezial Flirt mit willigen Teens

Die erotische Komponente spielt bei vielen Flirts eine wesentliche Rolle, sie ist aber keineswegs notwendig und bei vielen Flirtarten auch völlig abwegig. Das ist die Quelle vieler Missverständnisse.

1.4 Flirten und Nebenwirkungen

1.4.1 Die positiven Auswirkungen eines Flirtes sind vielfältig.

Man fängt an, vom Gegenüber zu träumen, denkt an ihn, trägt sein Bild in der Vorstellung herum und hat Freude an diesem Bild. Ideen und Phantasien einer Begegnung entwickeln sich spielerisch und von alleine. Die Stimmung wird angehoben, ist freudig, optimistisch, gut gelaunt. Der Humor läuft leichter an, man kann mehr lächeln und mehr lachen und nimmt täglichen Ärger nicht mehr so ernst. Auch anderen Menschen begegnet man entspannter großzügiger und freundlicher. Statt selbstbezogen herumzugrübeln und an sich zu zweifeln, richtet sich die Aufmerksamkeit mehr auf die Welt und man wird neugierig auf die Person des anderen. Wenn der Flirt wechselseitig ist, fühlt man sich begehrt und attraktiv und genießt es den Anderen zu begehren. Das Leben lockt plötzlich und sieht in mir und um mich herum strahlender aus - wenn es ein guter Flirt ist. Und, merkwürdigerweise, der gerade noch verzweifelt gesuchte Sinn im Leben ist gar kein Problem mehr - seit das Leben sinnlicher geworden ist. Selbst die „sinnlose Arbeit“, die man noch kurz zuvor für die Ursache allen Übels hielt, hat nichts Erdrückendes mehr, sondern kann einfach erledigt werden. Die Welt erscheint nicht mehr so erdrückend, überfordernd, leer und lustlos. Bei vielen sinkt der Alkohol-, Zigaretten- und Fernsehkonsum und der Kühlschrank stellt so wenig eine Bedrohung dar wie eine Boutique. Tägliche Konflikte werden leicht, souverän und großzügig gelöst. Man entscheidet beruflich intuitiver und wird eher bereit., Verantwortung zu übernehmen.

Und es erstaunt nicht besonders, dass gute Flirts schnell weitere Flirts nach sich ziehen. Menschen gehen mehr auf einen zu. In amüsanter Form hat Soschteschenko diese Auswirkungen in einigen Kurzgeschichten beschrieben, Z.B. 1967, Der Flieder blüht, Goldmann).

 

 

1.4.2 Unerwünschte Nebenwirkungen

Obwohl Flirten „nur“ ein Spiel mit Möglichkeiten ist, sind sich die Flirtenden in der Regel sehr bewusst, dass ein Flirt „unerwünschte Nebenwirkungen“ haben kann, besonders wenn der Flirt sich auf die Liebe und die Erotik bezieht.

Denn im Moment des Flirtens zeigt man etwas von sich, wird sichtbarer und damit verletzbarer. Man lässt Gefühle, Wünsche, Sehnsüchte und Phantasien bei sich zu - und kann darüber ganz schön durcheinander geraten.

Liebesgefühle z.B. können so stark werden, dass sämtliche anderen Lebensinteressen und Pflichten zweitrangig oder irrelevant werden.

Beispiel: Ein Elektrotechnik Student verliebt sich nach einem heißen Flirt im Urlaub Hals über Kopf in ein Mädchen, das für ein Jahr nach Australien geht. Diese (erste) Liebe absorbiert ihn dermaßen, dass sein Studium ins Hängen gerät und er im Vordiplom nur mit allergrößter Mühe und schlechten Noten durchkommt.

Eine Architekturstudentin weist aus diesem Grund eine Flirtchance zurück: "Ich kenne mich, wenn ich jetzt damit anfange, kann ich meine Diplomarbeit abschreiben. Ich will erst die Arbeit fertig haben, dann kümmere ich mich um die Liebe." Nicht wenige Studenten beginnen daher mit der Liebe erst nach Abschluss ihrer Dissertation, z.B. mit 3O.

Aus erfolgloser Verliebtheit können auch tiefste Enttäuschung, Schmerz, Entwertungsgefühle, Verzweiflung, Sinnlosigkeitserleben, Einsamkeit oder auch nur Chaos und Desorientierung entstehen. Der Flirt als Spiel mit positiven Möglichkeiten wird zum blumengeschmücktes Tor zur Hölle, wenn ein Flirter sich verliebt, der andere aber nicht, und aus seiner Verliebtheit nicht mehr heraus kann oder will. Fehlende Übereinstimmungen in den Beziehungserwartungen können zu Verzweiflung auf der einen Seite und Schuldgefühlen auf der anderen führen. Ein schöner Abend, ein Kuss, eine sexuelle Begegnung stellt nicht selten für den einen Partner nur einen Flirt mit der Möglichkeit einer Liebesbeziehung oder nur ein Machtspiel dar, während sie für den anderen Partner bereits Ausdruck einer Liebe und Verheißung einer Zukunft ist. (Garcia Lorca: "Jede Leidenschaft schreit nach mehr")

Ein bislang hochmotivierter Student der Informatik wirbt nach einem wunderschönen gemeinsamen Flirt in der Cafeteria vergeblich um das Mädchen. Er träumt tage- und nächtelang von ihr, versucht vergeblich, sie zu treffen, zweifelt an sich und seinem Wert und bricht darüber nicht nur in seiner Stimmung, sondern auch seinem Studium völlig ein. Das Leben kommt ihm plötzlich sinnlos und leer vor. Das engagiert betriebene interessante Studium wird zur mühseligen, faden, auferlegten Pflicht. Goethe stellt in Werthers Leiden die Folgen eines aussichtslosen Flirts dar - Werther erschießt sich. Auch Hesses Held im Steppenwolf kommt nach einem aussichtslosen Flirt um.

Hoffnungslose Verliebtheit entsteht vor allem dann, wenn jemand sehr schnell einen Flirt bereits mit Verliebtheit verwechselt. Die Weigerung des Umschwärmten sich auf eine Beziehung einzulassen, regt seine Phantasie nur noch mehr an, bzw. beschränkt sein Gefühlsleben auf die Phantasie. Manche Menschen können so Jahre damit verbringen, sich um jemanden zu bemühen - der nicht will, aber sie auch nicht entschieden zurückweist. Im Extremfall gerät ein Mensch in einen Liebeswahn, ohne dass der Umschwärmte etwas davon wissen muss oder nachvollziehen können muss, was er dazu beigetragen haben soll.

Beispiel: Ein junger Mann stolpert in der Diskothek über die provozierend ausgestreckten Beine eines Mädchens. Auf dem Heimweg erinnert er sich an die Szene und das Lachen des Mädchens. Er gelangt zur festen Überzeugung, sie habe ihm absichtlich das Bein gestellt, um ihm ein Zeichen zu geben und rennt zurück um sie zu suchen. Weder jetzt noch in den nächsten Monaten gelingt es ihm, sie wiederzufinden. Noch nach Jahren hat er das Gefühl, die Frau seines Lebens verpasst zu haben. Viele bereuen es bitter, nicht rechtzeitig den Mund aufbekommen zu haben. Für diese immer etwas zu spät schlagfertigen Menschen sind schon Radiosendungen gemacht worden, in denen sie dann über den Äther ihre Ruf- und Suchmeldung abgeben können.

Die Verzweiflung richtet sich aber auch gegen andere: Der verschmähte Flirter reagiert mit Unglauben, Hass und dem Entschluss, dass niemand sonst den Gegenstand seines Begehrens haben soll und bringt die begehrte Frau um (Tom Dooley: But the gall refusend me, so I stabed her with my knife). Letztlich wurde in der Presse der Totschlag eines Mädchens durch einen verschmähten 15 Jährigen berichtet. Weil eine Gruppe von Jungs bei einer Mädchengruppe in der Heidelberger Jugendherberge nicht ankam, provozierten sie eine Rauferei, in deren Verlauf einer der Abgewiesenen einen Jugendlichen erstach. In den USA kommt sehr häufig der „date-rape“ vor. Ein Mann glaubt sexuelle Ansprüche an ein Mädchen zu haben, wenn es mit ihm ausgeht und vergewaltigt sie im Falle einer Weigerung.

 

 

Der reale Partner eines Flirtenden reagiert mit Eifersucht, Ärger, Aggressivität. Auch hier sind Mord- und Totschlag sowohl gegen die Liebste als auch den Rivalen nicht selten (Udo Lindenberg: Mach meinen Engel nicht an, sonst kriegst Du dermaßen eins auf die Schnauze). (Lied: Frankie and Jonny: He was her man, but he done her wrong). Neidische und moralisierende Nachbarn und Kollegen können durch üble Nachrede einen unschuldigen Flirt zu einer explodierenden Tretmine machen, vor deren umherfliegenden Splittern sich das Opfer nicht schützen kann. Frauen kommen dabei meist noch schlechter weg als Männer und urteilen auch härter.

Extreme Abwertung kann jemand erleben, der in der Öffentlichkeit in konservativen Ländern flirtet, wobei Frauen wesentlich härter beurteilt werden als Männer.

 

Jedes Liebesbegehren löst auch die Angst vor Enttäuschung und Schmerz im Falle des Scheiterns oder die Angst vor der Bindung und der damit unvermeidlichen Einschränkung der eigenen Lebensmöglichkeiten aus. (Riemann, Grundformen der Angst). Wer sich mühsam aus einer leidvollen Beziehung herausgelöst hat, umgibt sich daher nicht selten mit einer spröden abweisenden Aura, um nicht durch Flirts erneut in die Versuchung geführt zu werden. Die Sorge vor einem „Raus aus den Kartoffeln, rein in die Kartoffeln“ ist dominierend. Deutet jemand einen Flirt stets als Bemühung um eine Liebesbeziehung, so wird sein Flirtverhalten auch erheblich durch die Gefahren der Liebe mitbestimmt.

Nach zwei gescheiterten Beziehungen mit extrem bevormundenden Männern lehnt eine junge Frau alle weiteren Annäherungsversuche ab. „Macker vertrag ich nicht, die anderen sind mir zu langweilig. Ich muss erst wissen, was ich eigentlich will.“ Ironischerweise hat sie seitdem mehr Flirtchancen als je zuvor und kann sich das nicht erklären.

Ein Flirt als Spiel mit Möglichkeiten enthält wenig Verbindlichkeit. Jeder kann jederzeit gehen oder kommen. Es bestehen über die Beziehung keine Absprachen. Einige nutzen die Unverbindlichkeit eines Flirtes und leben ihn als ausschließliche Beziehungsform: „Wenn wir zusammenziehen würden, also, richtig als Paar auftreten oder gar heiraten, dann würde alles kaputt gehen.“ So ein Flirt ist für jemanden, der eine verbindliche Beziehung sucht, weder Fisch noch Fleisch, und sie lehnen solche Flirts grundsätzlich ab.

Zwischen zwei Mitgliedern einer Skigruppe entwickelt sich ein stürmischer Flirt, der auch nach dem Urlaub weitergeht. Das Mädchen stellt den Mann vor folgende Alternative: Ich habe keine Lust zu spielen, meine Zeit ist mir zu kostbar. Wenn Du mich willst, sag ja, wenn nicht, geh! Weiteres Flirten wird als unerwünschtes „Herummachen“ gewertet. In diesem konkreten Falle sagte der Mann übrigens ja und hat es nicht bereut. Andere sagen: Ich habe mich drängen lassen, ich hätte mehr Zeit benötigt.

Flirts mit dem Ziel einer bestimmten Position in der sozialen Ordnung oder mit dem Ziel einer Nähe zu einem Menschen unabhängig von der erotischen Beziehung, scheinen den meisten Menschen ungefährlich und unproblematisch. Das ist aber nicht richtig. Die Warnung "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern" hat durchaus ihre Berechtigung, vom Standpunkt der Warner auf jeden Fall.

Jemand kann sich in Rivalitäten völlig verzetteln und die freundschaftlichen und erotischen Aspekte völlig vernachlässigen. Er ist dann z.B. erfolgreich - aber es mag ihn keiner mehr - ein häufiges Männerrisiko. Andere klammern sich intensiv an einen Freund oder eine Freundin, haften an ihren Eltern und tun alles, um die nahe und gute Beziehung zu erhalten und zu entwickeln. Sie sind nicht mehr offen für erotische Beziehungen und/oder vernachlässigen erheblich ihre berufliche Interessen. Dies ist ein typisches Frauenrisiko.

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