FLUX belletristik
Joachim Bessing (Hrsg.) "Tristesse royale"
Ullstein Verlag
Das große Palaver
 
Fünf junge Männer treffen sich im Berliner Hotel „Adlon“ zu einem Gespräch. Dreißig Stunden Tonband werden aufgezeichnet, das Ergebnis des Dialogs in diesem Buch veröffentlicht.  

Joachim Bessing, Mastermind und Stichwortgeber der Herrenrunde, sammelt um sich eine Schar von Leuten, die nicht wirklich seine Freunde sind und nach ihren eigenen Gesetzen funktionieren. Ein Gespräch führen sie auch nicht, denn das, was sie zu sagen haben, nimmt einen Anfang und ein Ende und dazwischen schlängelt sich der Gesprächsfaden am selbstgewählten Motto „traurig, aber interessant“ entlang. 
Die Gespräche wurden akribisch vom Tonband abgetippt, mit wenigen, surreal anmutenden Anmerkungen angereichert und ähneln in dieser Form einem literarischen Genre: dem Drama.  

Jeder der Beteiligten nutzt die Gunst der Stunde und die Gelegenheit, um sich selbst egomanisch ins rechte Licht zu rücken. Hochinteressant, wie extravagant und „unique“ jedermann sein will, aber letztlich nur sein provinzielles Ego dem Leser preisgibt. Dabei streitet man nicht, weil diese Generation das Streiten schon längst nicht mehr gelernt hat, sondern gräbt sich gegenseitig mit Statements das Wasser ab. Man plaudert und wundert sich dabei, wie die Zeit vergeht. Das ist überhaupt nicht aufregend.  

Ein Diskussionsleiter, der das Gespräch im Gang hält, Fragen aufwirft und Widersprüche provoziert fehlt leider. Denn so homogen die Männergruppe teilweise in ihren Ansichten und Gedankengängen übereinstimmt, so langweilig und belanglos ist sie in ihren Äußerungen.  

Herausgekommen ist eine gewollt kritisch-ironische Momentaufnahme einer Generation, die in einer Wohlstandsgesellschaft aufgewachsen ist, sich in ihrem bizarren Halbwissen aus Werbung und Weltreisen langweilt, sich beunruhigend wenig zu sagen hat und sich nur peripher für das Geschehen in der Welt interessiert. Keiner der Joachims, Benjamins, Alexanders etc. überblickt das, was außerhalb des eigenen Kopfes vor sich geht, macht sich auch nicht die Mühe, davon etwas begreifen zu wollen. Allen Gesprächsteilnehmern haftet der Geruch der beiden Alten, Waldorf und Stattler, aus der Muppet-Show an: Witze reißen, über die nur sie lachen können, aber schön, daß wir mal drüber gesprochen haben. 
 

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