FLUX sachbuch
Holger Jenrich (Hrsg.) "Meine erste Platte"
Fischer Taschenbuch
Erinnerungen an die Schallplattenära
 
Jeder von uns erinnert sich vielleicht noch an seinen ersten Freundin bzw. ersten Freund. Holger Jenrich hat anderes im Sinn. Er beschwört eine tapfere Schar audiophiler deutscher Journalisten und Prominenten, die sich zur musikalischen Vergangenheitsbewältigung zusammengefunden haben, zu einer Zeitreise in die Schallplattenära. „Meine erste Platte“ ist ein Buch geworden, das aus lauter persönlichen Erinnerungsstücken besteht und kuriose Offenbarungen enthält, die viel über die Befindlichkeiten einer ganzen Generation aussagt. 

Schon das Medium „Schallplatte“ läßt einige interessante Rückschlüsse auf das Alter der Befragten zu. Keiner der Autoren ist jünger als Jahrgang 1970. An den CD-Player und MPEG ist noch nicht zu denken. Unschuldig, fast schüchtern gerät der Umgang mit dem Plattenspieler in der elterlichen Wohnung. Die erste Schallplatte wird wie eine Reliquie behandelt, ehrfürchtig angebetet, vom ersten zusammengesparten Taschengeld bezahlt und laut und tausendmal hintereinander gehört. 

Am häufigsten fallen die Namen „Beatles“ und „Rolling Stones“. Der alte Gruppenzugehörigkeitskonflikt findet hier seinen postpubertären Niederschlag. Doch wie das Gerangel um Musikgeschmack und Plattenkauf von vielen Autoren beschrieben wird! Da schimmert bisweilen das deutsche Zeitungsfeuilleton allerübelster Sorte durch. Zähflüssig im Stil und lahm in der Pointe. Ein paar Beispiele sollen das verdeutlichen: Plattenspieler werden aufs i-Tüpfelchen genau von den Autoren beschrieben, wie im Schulaufsatz der 5. Klasse, Gespräche mit Schallplattenverkäuferinnen werden in peinlicher Manier dialogisiert und die leidige Taschengeldproblematik breit ausgewalzt. Merkwürdigerweise schreibt fast jeder Zweite über eines der Themen. Es macht einfach keinen Spaß und keinen Sinn knapp zwanzigmal in abgewandelter Form und pseudo-humoristisch verpackt, das gleiche Elaborat zu lesen. 
Einzig und allein die Promis fassen sich kurz, sind auch mal unfreiwillig komisch und schön schräg in ihrem Musikgeschmack. Die 16,90 Mark, die das Buch kostet, sollten besser in einer Schallplatte oder CD angelegt werden. 
 

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