ACADÉMIE DES SCIENCES SOCIALES ET POLITIQUES

DE LA REPUBLIQUE SOCIALISTE DE ROUMANIE

INSTITUT D'HISTOIRE ET D'ARCHROLOGIE

,,A.  D. XENOPOL" IASI

 

 

BIBLIOTHECA ARCHAEOLOGICA IASSIENSIS

I

 

 

 

 

 

LA CIVILISATION DE CUCUTENI EN CONTEXTE EUROPÉEN

 

Session scientifique dédiée au centenaire des premières

découvertes de Cucuteni

(Iaşi - Piatra Neamţ, 24-28 septembre 1984)

 

Edité par le soin de Mircea Petrescu-Dîmboviţa avec la collaboration de Nicolae Urulescu, Dan Monach at Vasile Chirica

 

UNIVERSITÉ: ,,AL. I. CUZA”

laşi

1987

 

 

 

S. 223

BETRACHTUNGEN ÜBER DIE STEPPENVÖLKER UND

IHREN EINFLUSS IN SÜDOSTEUROPA (IV. JH. - II. JH.

V. U. Z.).

 

GISELE BURGER

(Stuttgart)

 

 

 

Die geschichtliche Bedeutung der Steppenvölker wurde schon früh in der prähistorischen Forschung erkannt, aber erst in den letzten Jahrzehnten hat sich das Interesse an ihnen zunehmend verstärkt, und neue Grabungen bringen wichtige Aufschlüsse.

 

Es gibt wenig Gebiete, auf denen so viele und so widersprüchliche Theorien entwickelt wurden wie gerade im Zusammenhang mit den Step­penvölkern.

 

Im vorliegenden Artikel hat sich der Verfasser die Aufgabe gestellt, sich mit einigen Hypothesen, nach dem neusten Stand der Forschung, ausein­anderzusetzen.

 

In der Literatur erscheinen die Steppenvölker, wenn von ihnen ganz allgemein im Zusammenhang mit Migrationen nach Südosteuropa die Rede ist und nicht in Verbindung mit bestimmten Stämmen, unter Sammelbegriffen, die sich jeweils auf bestimmte typische Merkmale beziehen.  Es muss aber nach­drücklich darauf hingewiesen werden, dass diese Sammelbezeichnungen für Völker oder Stämme verwendet werden, die sich ethnisch voneinander unter­scheiden und in ihrer „Urheimat" in verschiedenen Gebieten und zu verschiedenen Zeiten siedelten.  Sie weisen aber trotz ihrer Verschiedenheit und grossen territorialen Ausbreitung eine überraschend einheitliche Kultur auf.  Diese Einheitlichkeit ist wohl durch die geographischen Gegebenheiten in ihrem Ursprungsgebiet zu erklären.

 

Die betreffenden Völker und Stämme werden als „pontische",  bzw. „nordpontische" Steppenvölker, als „Träger der Ockergrabkultur", bzw. „Grubengrabkultur", als ,,Kurgane", ,Streitaxtleute" oder ,,Träger der Schnurkeramik" bezeichnet.

 

Der erste Ausdruck bezieht sich auf ihr vermutliches Herkunftsgebiet, die anderen weisen auf ihre Bestattungssitten und andere kulturelle Merkmale hin.

 

,Kurgan" bedeutet im Russischen ,Grabhügel".  Es handelt sich also um Beisetzungen unter Tumuli, die vom Äneolithikum an üblich waren.

 

 

 

224                                     GISELE BURGER

 

Vereinfacht dargestellt, zerfällt diese Sitte der Bestattungen in zwei Hauptphasen: in die ältere Grubengrabphase (daher auch die Bezeichnung „Grubengrabkultur“) und in die jüngere Katakombenphase.  In der russischen Literatur wird das Grubengrab als „jamnaja pogrebenije“ (von „jama“, Grube) und in der englischen als „pit-grave“ bezeichnet.

 

An die Katakombenphase schliesst sich diejenige der Holzkammergräber (srubnje) an, die sich aber nur auf einen Zweig der Steppenvölker bezieht. Nach Ansicht mancher Forscher1 deuten die Träger der Holzkammergräber auf die Kimmerier hin.

 

Die Kurgane bestehen aus Erde (oft mit Steinwerk darüber)2 und können eine Höhe von 13 m erreichen.3

 

Die meisten Hügel haben Steinkreise in der Art der Cromlechs (wie sie auch in der russischen Literatur genannt werden).  Bei ihrer Deutung wendet sich Ecsedy4 gegen Shepinskii,5 der sie mit dem Sonnenkult in Verbindung bringt. Er erklärt sie als Schuzwall für den Toten.

 

Die Gruben sind viereckig mit abgerundeten Ecken oder oval.6  Oft haben sie eine Unterlage aus Matten oder Rinde.7  Aber man findet auch Teppiche, die z. T. aus Kamelhaar bestehen.  Über den Gruben ist manchmal eine Art Baldachin oder Zelt mit Holzpfosten als „Wohnhaus" für die Toten errichtet.8  Auch der sorgfältig gestampfte Lehm verstärkt den Eindruck eines „Hauses“.  Der haus- oder zeltähnlichen Bestattung liegt die Vorstellung zugrunde, dass der Tote weiterhin Glied der Gemeinschaft sei.9

 

Die Grubengräber unterscheiden sich von den Katakombengräbern durch Armut an Beigaben, vor allem an Keramik.  Nach Ansicht des Verfassers könnte das dadurch erklärt werden, dass bei den Nomaden die Keramik noch selten war; erst die Sesshaftigkeit begünstigte die Entwicklung der Keramik.

 

Für die Katakombengräbern wird ägäischer – Einfluss angenommen.10 Zum Teil waren sie mit reichen Beigaben versehen, so vor allem die fürstlichen Beisetzungen im Nordkaukasus.11  Sowohl die Grubengräber als auch die Kata­komben befanden sich unter Kurganen.

 

Im Zusammenhang mit den Beisetzungen sind noch die anthropomor­phen Stelen zu erwähnen, die auf den Hügelgräbern lagen.  Nach Ecsedy12

1 A. Terenozhkin, Die Kimmerier und ihre Kultur, in Die Hallstattkultur.  Internationale Ausstellung des Landes Ob. Österreich, 1980, S. 22 f.

2 H. Müller-Karpe, Handbuch der Vorgeschichte, III (Kupferzeit), München, 1974, 1, S. 352.

3 Ibidem.

4 Ecsedy, The People of the Pit-grave Kurgans in Western Hungary, Budapest, 1979, S. 44.

5 A.A. Shepinskii, Kul'tury eneolita i bronzy v Krymu, in SA, 1966, 2, S. 227-231.

6 Ecsedy, a.a.O., S. 37.

7 Ibidem, S. 37 f.

8 Ibidem, S. 8.

9 Ibidem.

10 M. Gimbutas, Die Kurgan-Kultur, in K. Narr, Handbuch der Urgeschichte, II, 1976, S. 477.

11 H. Müller-Karpe, a.a.O., S. 355.

12 I. Ecsedy, a.a.O., S. 45.

 

 

 

                  BETRACHTUNGEN ÜBER DIE STEPPENVÖLKER                          225

 

spiegeln sie den Ahnenkult wider.  Gimbutas13 jedoch deutet die Darstellungen bewaffneter (Axt, Bogen) männlicher Gestalten als Gottheiten.

 

Diese Idole stehen im Gegensatz zu den überwiegend weiblichen Gotthei­ten der Agäis und Südosteuropas.  Es könnte dabei an einen Zusammenhang zwischen den männlichen Darstellungen der Steppenvölker mit ihrem patriar­chalischen System, im Gegensatz zum matriarchalischen der ägäischen und südosteuropäischen Komplexe gedacht werden.

 

Kulturelle Elemente auf materiellem Gebiet werden durch Grabbei­gaben ersichtlich, so vor allem die Streitaxt und Schnurkeramik.  In der Literatur werden die Steppenvölker deshalb auch ,Streitaxtleute" oder ,,Träger der Schnurkeramik“ genannt.

 

Die Streitaxt ist eine steinerne Nachahmung der Kupferaxt mit einem Schaftloch, die südlichen Ursprungs zu sein scheint.14

 

Was die Schnurkeramik (Abb. 1) anbetrifft, ist es strittig, ob sie von den Steppenvölkern nach Mittel -, Ost- und Südosteuropa gebracht worden ist oder nicht.  Müller-Karpe15 nimmt eine rasche Verbreitung der östlichen Schnur-

13 M. Gimbutas, Proto-Indoeuropean Culture.  The Kurgan-Culture during the fifth, fourth and third - Millenia B.C., in Indo-European and Indo-Europeans, Papers presented in the third Indo-European Conference at the University of Pennsylvania, Philadelphia, 1970, S. 170.

14 Mündliche Mitteilung von M. Korfmann, der auf die Funde von Steinäxten anlässlich der Grabungen bei Troia, 1984, hinweis.

15 H. Müller-Karpe, a.a.O., S. 487.

 

 

 

226                                        GISELE BURGER                                               

 

keramik bis nach Mitteleuropa an und gebraucht sogar den Ausdruck „schnurkeramische Kolonisation", räumt aber ein, dass auch ein Ursprung in Mitteleuropa anzunehmen sei.

 

Die Schnurkeramik wird in die Zeit zwischen 2 500 -2 300 v. Chr. an­gesetzt.16  Ähnlich Raduncheva,17 die die Schnurkeramik mit der Frühbronzezeit parallelisiert.

 

Zu den Beigaben gehört auch die aus Knochen, Kupfer oder Bronze geschnitzte Hammerkopfnadel, die wohl von Frauen mit Ketten an den Hüften getragen wurde.18

 

Eine weitere Beigabe von besonderem Interesse ist das sog.  Szepter:19 eine flache Figurine in Form von Pferdeköpfen (seltener Hundeköpfen) aus Halbedelstein.  Manche haben Andeutungen von Zügeln. Sie könnten als Symbol der Macht gedeutet werden.  Vielleicht hat man ihnen aber auch eine magische Kraft zugeschrieben.

 

Die Steppenvölker waren Nomaden, bzw.  Halbnomaden oder Hirten, deren wichtigste Wirtschaftsgrundlage Viehzucht, vor allem Pferdezucht, war.  In diesem Zusammenhang wird auf die Domestizierung des Pferdes hingewiesen.  In geringem Masse kann auch Ackerbau getrieben worden sein.

 

Als typisches Merkmal des Nomadentums20 wird der Karren genannt, der wohl von Kühen gezogen wurde und nicht nur zum Transport, sondern auch als Behausung diente.  Gimbutas21 unterscheidet zwischen dem ge­schlossenen zweirädrigen und offenen vierrädrigen Karren.

 

Auch die Wagenbestattungen und tönernen Wagenmodelle als Symbol eines „Hauses auf Rädern" sind eine typische Darstellung des Nomadentums.  Ebenso können die bereits erwähnten Teppiche als Grabunterlage in diesem Sinne gedeutet werden.

 

Nach anderen Hypothesen22 waren die Steppenvölker jedoch sesshaft.  Als Beweis werden Kurgane erwähnt, die einen längeren Zeitraum hindurch von den gleichen Stämmen benutzt wurden.  Nach Ansicht des Verfassers kann es sich nur um einzelne Gruppen handeln, die mit den anderen nicht mitgezogen sind und sich in den betreffenden Gebieten, in denen die Kurgane aufgefunden wurden, niedergelassen haben.

 

Die Kultur auf dem Gebiet des Bestattungswesens wurde bereits behan­delt.  In diesem Zusammenhang sei auf den Aufwand hingewiesen, den die Beisetzungen erforderten.  Sie spiegelt eine Totenverehrung wider, die- eine höhere geistige Entwicklungsstufe voraussetzt.

 

Eine andere Bezeichnung für die Steppenvölker lautet, wie bereits erwähnt, „Träger der Ockergrabkultur".  Dieser Ausdruck bezieht sich auf

16 C. Renfrew, The Aegean and the Balkans at the Close of the Neolithic Period, in Sym­posium Baden, S. 437.

17 A. Radunčeva, Die prähistorische Kunst in Bulgarien. 5.- 2. Jahrt. v.u.Z., Sofia, 1973, S. 15.

18  H. Müller-Karpe, a.a.O., S. 354.

19 O. Höckmann, Das Neolithikum Südosteuropas und des südöstlichen Mitteleuropas, in K. Narr,  a.a.O., S. 199.

20 I. Ecsedy, a.a.O., S. 57 f.

21 M. Gimbutas, a.a.O., 1970, S. 161.

22 A. Häusler, Die Gräber der älteren Ockergrabkultur zwischen Ural und Dnepr, 1974, S. 110.

 

 

 

                  BETRACHTUNGEN ÜBER DIE STEPPENVÖLKER                          227

 

ein typisches Merkmal der Bestattungsart, nämlich auf das Bestreuen des Toten mit Ocker (seltener mit Kalk).  Auch Holzkohle wird in den Gräbern gefunden.23  Da Ocker in den Gräbern sehr weit verbreitet war, ist erst das Zusammentreffen von Ocker und Kurganen ein einigermassen sicheres Indiz für die Expan­sion der Steppenvölker, obwohl es auch Kurgane ohne Ocker gab.

 

Bei der Frage nach dem Ursprungsgebiet der Steppenvölker stossen wir auf die ersten Widersprüche.  Der Grund für diese Widersprüchlichkeit liegt wohl darin, dass man in unserem Fall nicht von der "Urheimat" eines einzelnen Volkes sprechen kann, da es sich um mehrer grössere oder kleinere Stämme handelt, die während eines grossen Zeitraumes durch riesige Gebiete zogen, wobei es zu ethnischen und kulturellen Verschiebungen kam.

 

Die meistert Forscher suchen das Ursprungsgebiet der Steppenvölker in der pontischen, bzw. nordpontischer Steppe oder auch in Teilen der Steppen­zone nördlich, nordöstlich und nordwestlich davon.24  Auch wird das Gebiet des Schwarzen Meeres als Ursprungs -, bzw.  Einwanderungsgebiet aus an­deren Gebieten genannt.25  Nach Gimbutas26 lag das Ursprungsgebiet in ­den Kazakstan-Steppen und an der unteren Wolga.  Zu einem späteren Zeitpunkt sei fast der ganze Steppenstreifen in Sibirien besiedelt worden.

 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass aufgrund von Kurganen, Ockerbestattungen, Streitäxten und Szeptern die.  Stossrichtungen der Steppenvölker verfolgt werden können.  Bei Schnurkeramik ist Vorsicht geboten.

 

Es soll hier der Versuch unternommen werden, die Hypothesen über die Expansion der Steppenvölker westlich und südlich von ihrem Ursprungs­gebiet zu beleuchten.

 

Die Auswanderung vollzog sich in einzelnen Etappen, wobei grosse Gebiete besetzt wurden, was durch die Ausstattung der Steppenvölker mit Streitäxten, zweirädrigen Karren und Pferden erklärt wird.  Oft gingen den grossen Invasionen kleine Infiltrationen voraus, die kaum oder nur wenig fassbar sind.

 

Die Stossrichtungen der Steppenvölker können aber nicht nur durch die erwähnten archäologischen Fakten verfolgt werden, sondern auch durch Zerstörungen von Siedlungen und das plötzliche Aufhören blühender Kul­turen.  So führt Todorova27 den Zerfall der kulturellen Einheit in Bulgarien, die auf einer hochstehenden Metallurgie fusste, auf eine Steppeninvasion zurück, die durch Ockergräber in Bulgarien (Bulgarien und Rumänien waren die ersten Einfallsländer) belegt seien.  Als Beweis für das Eindringen der Step­penvölker in die Moldau und in das Gebiet der unteren Donau führt Ecsedy28 Ausgrabungen zwischen Dnestr und Donau und das Aufhören der Cucuteni ­B-Phase an.

23 H. Müller-Karpe, a.a.O., S. 352.

24 R. Crossland, Immigrants from the North, in CAH, I, 2, 1971, S. 870; M. Garašanin, The Eneolithic Period in the Central Balkan Area, in CAH, III, 1, 1982, S. 140.

25 N. Hammond, A History of Macedonia, I, Oxford, 1972, S. 270.

26 M. Gimbutas, a.a.O., 1970, S. 175 f.

27 H. Todorova, The Eneolithtc Period in Bulgaria in the fifth Millenium B.C., BAR, 1978, S. 8.

28 I. Eesedy, a.a.O., S. 54.

 

 

 

228                                  GISELE BURGER

 

Nach Gimbutas29 wanderten die Steppenvölker in ein riesiges Gebiet ein: Nord-, Mittel-, Ost- und Südosteuropa.  Ecsedy30 wendet sich gegen diese Theorie mit dem Argument, dass die genannten Gebiete grösser als diejenigen seien, in denen Kurgane vorkommen, dass sie also nicht archäologisch belegt seien.

 

Die Datierungen der Einwanderungen schwanken.  Nach einigen Hypo­these fanden sie im 2. Jt., nach den meisten jedoch im 3. Jt. statt.  Diese Annah­me wird durch den Zerstörungshorizont in bulgarischen Tells in der Über­gangszeit vom Äneolithikum zur Frühbronze unterstützt.31

 

Nach dem neuesten Stand der Forschung wird jedoch das 4. Jt. als Einwanderungsperiode (von zumindest ersten kleineren Gruppen) angesehen.  Als Beweis dienen östliche Elemente in Cucuteni - C (4.  Jt.), wie Magerung der Keramik durch Kalk und Sandsteinchen, Kamm- bzw.  Schnurkeramik.  Es kann sich dabei wohl nur um kleinere Infiltrationen handeln.

 

Morintz und Roman32 unterscheiden für Rumanien zwei grosse Ein­wanderungswellen.  Zur zweiten gehörten Stämme der Usatovo-Gruppe (die der Folteşti-Kultur aus dem Gebiet der südlichen Moldau), die durch Ocker­gräber und Schnurkeramik belegt sind.  Diese Gruppe drängte die Träger der Cernavoda I-Kultur, die die erste Welle bildeten und in die Dobrudscha sowie in das Donautal in Nordost-Muntenien eingedrungen waren, nach Westen und siedelten sich in deren Gebiet an.33  Die Cernavoda I-Gruppe hatte vorher einige Stämme, die zum Gumelniţa - und Sălcuţa-Komplex gehörten, nach Westen und Norden abgedrängt.  So entstanden durch die Einwanderungen der Steppenvölker Kettenreaktionen.

 

Durch die zweite Invasion kam es zur Unterbrechung langandauernder neolithischer und äneolithischer Kulturen, wie z. B. der blühenden Cucuteni-Kultur.

 

Aufgrund der von den Steppenvölkern verursachten Kettenreaktionen kam es aber auch zur Assimilation zwischen den Steppenvölkern und den lokalen Gruppen, wodurch eine Reihe neuer Kulturen entstand, so u.a. Horo­diştea-Erbiceni, Folteşti, Cernavoda II, Coţofeni, Baden und Ezero.  Die Folge der Assimiliation war nicht nur eine Übernahme typischer Elemente der Steppenkultur, sondern es kam auch zu sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen, deren Kennzeichen die Einführung des patriarchalischen Systems und die wachsende Bedeutung der Viehzucht waren.

 

Interessanterweise sind auch anatolische Einflüsse auf die neuen Kul­turen festzustellen, und zwar durch Steppenvölker, die in den Süden ein­drangen, sich dort mit der lokalen Bevölkerung vermischten und Troia I-­Elemente aufnahmen.  Eine solche Synthese ist z. B. Ezero.  Die anatolischen

29 M. Gimbutas, The Prehistory of Eastern Europe, Cambridge, Massachusets, 1956, S. 169, 211.

30 I. Ecsedy, a.a.O., S. 55.

31 A. Radunčeva, a.a.O., S. 43 ff.

32 S. Morintz, P. Roman, Über die Übergangszeit vom Äneolithikum zur Bronzezeit in Rumänien, in Symposium Baden, S. 260.

33 P. Roman, Contributions à la connaissance des problèmes de l'énéolithique avancé et de la période de trasition à l'âge du Bronze, à la lumière des fouilles archéologiques de Băile Herculane­ Peşterea Hoţilor et de Moldova Veche, dans Comunicări. Seria arheologie, VI, Craiova, 1968, S. 3 ff.

 

 

 

              BETRACHTUNGEN ÜBER DIE STEPPENVÖLKER                                    229

 

Einflüsse gelangten dann nach Norden und wurden von den dort neuentstan­denen Kulturen aufgenommen, wie z.B. von Baden.34

 

Mit der Frage nach der Ausbreitung der Steppenvölker in Südosteuropa ist diejenige ihrer Einwanderung nach Griechenland eng verbunden.  Vielen Theorien zufolge befanden sich unter den Stämmen der Steppenvölker Protogriechen oder Griechen, die nach Griechenland einwanderten.35  Dort stiessen sie auf eine nichtgriechische Urbevölkerung.  Nach Georgiev36 war die Hauptbevölkerung Griechenlands, die Pelasger, nicht griechisch, wenn auch, wie die Steppenvölker, indoeuropäisch.  Sakellariou37 unterscheidet zwei Gruppen der nichtgriechischen Urbevölkerung: eine ältere, mediterrane, und eine jüngere, die schon indoeuropäisch gewesen sei.  Zu dieser zählt er neben den Pelasgern noch drei weitere Völker, von denen die Achäer die grösste Rolle gespielt haben.

 

Als Beweis für das Eindringen der Steppenvölker nach Griechenland werden Zerstörungen weiter Landstriche, ein Umbruch der lokalen Kultur und Kurgane angeführt.38  Die meisten Hypothesen führen zwei Einwande­rungswellen an: Ende FH II und Eade FH III.  So Schachermeyr,39 der die zweite grosse Einwanderungswelle in FH III datiert, da ab MH Gemeinschafts­tumuli in ganz Griechenland auftraten.  Von der ersten Welle, bei der es nicht sicher sei, ob es sich um Einwanderungen oder nur Plünderungen handle, sei lediglich ein Kurgan auf Leukas40 festzustellen.  Ausser diesen beiden Wellen nimmt er noch weitere, und zwar im Laufe von Mykene III C, an.

 

Auch Hanschmann und Miloijčić vertreten die Theorie von den zwei Wellen, wobei die erste, Ende FH II, wohl als kleiner Vorstoss von der See her erfolgt und gegen Ostattika und Argolis gerichtet gewesen sei, während die grössere, FH III, von Makedonien ausgehend, über Thessalien weiter nach Süden gedrungen sei.  Die Autoren bringen die kulturelle Verschiedenheit zwischen FH und MH mit diesen Einwanderungen in Verbindung.41  Dabei stützen sie sich auf die Verwandtschaft zwischen mittelthessalischer und mit­telmakedonischer Keramik.42  Allerdings identifizieren sie die Einwanderer nicht als Steppenvölker.

 

Auch Gimbutas43 vertritt die These der beiden Wellen : eine vom Schwarzen Meer und der Ägäis her und eine auf dem Landweg.  Beide bringt sie mit den Steppenvölkern in Verbindung.

34 P. Roman, I. Németi, Cultura Baden In România, Bucureşti, 1978, S. 156; P. Roman, Strukturänderungen des Endäneolithikums im Donau-Karpatenraum, in Dacia, NS, XV, 1971, S. 129 ff.

35 F. Schachermeyr, Die ägäische Frühzeit, Wien, 1976, S. 190 f.; M. Sakellariou, Peuples préhelléniques d'origine indo-européenne, Athènes, 1977, S. 311 ; A. Birchall, R. Crossland, Retrospect and Prospect, in Bronze Age Migrations in the Aegean. Archeological and Linguistic Problems in Greek Prehistory, New Jersey, 1974, S. 345.

36 Vl. Georgiev, Introduction to the History of Indo-European languages, Sofia, 1981, S. 192.

37 M. Sakellariou, a.a.O., S. 321 f.

38 E. Hanschmann, VI.  Miloijčić, Die frühe und beginnende mittlere Bronzezeit, Bonn, 1, 1976, S. 105 f.

39 F. Schachermeyr, a.a.O., S. 190 f.

40 Ibidem.

41 E. Hanschmann, Vl. Miloijčić, a.a.O., S. 229.

42 Ibidem.

43 M. Gimbutas, a.a.O., 1970, S. 191.

 

 

 

230                                                      GISELE BURGER

 

Die erwähten drei Hypothesen über die Einwanderungen basieren auf der Feststellung von Katastrophen.  Dazu gehört die gewaltsame Zer­störung der Frübhronze-Siedlung auf Argissa,44 wobei es, ähnlich wie in Lerna IV,45 zu einem Wandel der Kultur kam: die Keramik wurde primitiv.  Aber auch andere Siedlungen der Argolis und Ostattikas wurden jäh ver­nichtet.46 Neben den Zerstörungen wird der Umbruch der materiellen Kultur als Indiz für Einwanderungen benutzt.  Es erscheint jetzt die graue sog. minysche Keramik47 sowie Schnurkeramik (Abb. 2).  French48 wendet sich gegen die Ver­bindung der minyschen Keramik mit Steppenvölkern und nimmt für sie lokalen Ursprung an.  Blegen49 dagegen, der sich auch mit der grauen minyschcn Kera­mik auseinandersetzt, und zwar im Zusammenhang mit Troja VI, bringt dessen kulturellen Umbruch mit dem Erscheinen fremder ethnischer Elemente in Verbindung.  Das Eindringen fremder Gruppen in Troia erklärt er durch weit­räumige Migrationen im östliclien Mittelmeer.  Auch stellt er eine Ähnlichkeit zwischen der minyschen Keramik Trojas und derjenigen Griechenlands in Form und Technik fest.

 

In diesem Zusammenhang könnte man auch auf die bemerkenswerte Tatsache der zeitgleichen Zerstörung von Troia VI und Lerna IV hinweisen.

 

Bis vor kurzem gab es nur spärliche schnurkeramische Funde in Griechenland, und zwar im Norden (Makedonien und Thessallen).50  In letzter Zeit allerdings wurde schnur- und wickelschnurverzierte Keramik, die Miloijčić51  mit Steppenvölkern in Verbindung bringt, in verschiedenen Teilen Grie­chenlands gefunden.52

 

Bei der Schnurkeramik werden zwei Phasen unterschieden,53 wovon die jüngere in die erste Hälfte FH II zu datieren sei.  Die Keramik der beiden ­Phasen stehe miteinander und mit der bulgarischen (Ezero) und rumäni­schen (Celei-Variante) in Verbindung54. Wie bereits erwähnt, werden auch Kurgane als Beweis für das Eindringen der Steppenvölker benutzt.  Dagegen wendet sich Häusler:55  bei einem völligen Bruch der bisherigen Kultur müss­ten sich auch die Bestattungssitten ändern, was aber nicht der Fall sei.  Schachermeyr56 spreche von „Gemeinschaftstumuli“ in ganz Griechenland ab MH. In den Ockergräbern gäbe es aber nur Einzelbestattungen.  Die Grab­sitten im MH beruhten somit auf einheimischer Tradition.  Wenn nämlich ­die Steppenvölker Griechenland besiedelt hätten, hätten sie dort die gleichen

44 E. Hanschmann, Vl. Miloijčić, a.a.O., S. 105.

45 F. Schachermeyr, a.a.O., S. 192.

46 E. Hanschmann, Vl. Miloijčić, a.a.O., S. 184.

47 Ibidem.

48 D.French, Migrations and “Minyan” Pottery in Western Anatolia and the Aegean, in Bronze Age Migrations in the Aegean. Archeological and Linguistic Problems in Greek Prehistory, New Jersey, 1974, S. 55.

49 C. Blegen, Troy, New Jersey, 1961, S. 140, 145.

50 E. Hanschmann, Vl. Miloijčić, a.a.O., S. 233.

51 Vl. Miloijčić, Grosser Historischer Weltatlas, Erläuterungen, 1. Teil, München, 1954, S. 35.

52 E. Hanschmann, Vl. Miloijčić, a.a.O., S. 231.

53 lbidem, S. 233.

54 lbidem, S. 233 ff.

55 A. Häusler, Die Indoeuropäisierung Griechenlands nach Aussage der Grab- und Bestattungssitten, In SlovArch, XXIX, 1, 1981, S. 59 ff.

56 F. Schachermeyr, a.a.O., S. 292.

 

 

 

232                                          GISELE BURGER

 

Tumuli wie in Rumänien, Bulgarien und Ostungarn errichtet.  Die Tumuli in Griehenland ähnelten den Kurganen aber nur in der äusseren Form.

 

Abschliessend noch einige Bemerkungen zur Kultur der Einwanderer in Griechenland - falls es Steppenvölker gewesen sein sollten : Elemente materieller Kultur sind spärlich vertreten.  Es ist aber möglich, von einem Ein­fluss in sozialer und politischer Hinsicht zu sprechen.  Die Einwanderer besassen eine straffe soziale Ordnung57 und eine kriegerische Dynamik.

 

Ihrer Organisationsgabe und der Tatsache, dass sie über eine fähige Führungsschicht verfügten,58 war es zuzuschreiben, dass sie in späteren Jahr­hunderten in ihren Handelsbeziehungen und Kolonisationsbestrebungen erfolgreich waren.

 

Wie die meisten Hypothesen zeigten, werden die Steppenvölker mit den ersten Griechen in Verbindung gebracht waren.59

 

Es gibt noch eine weitere Auseinandersetzung in Verbindung mit den Steppenvölker: waren sie Indoeuropäer oder nicht?

 

Ausgangspunkt einer versuchsweisen Antwort kann die Feststellung der „Urheimat" der Indoeuropäer sein.

 

Eine klare Antwort darauf ist beim heutigen Stand der Forschung, auch bei vereinten Bemühungen der Archäologie, Linguistik und Anthro­pologie, noch nicht möglich.

 

Während Sakellariou60 die Wiege der Indoeuropäer in der eurasischen Steppe, in Verbindung mit den Kurganen, sucht (als Argument nennt er u.a. das Nomadentum und den kriegerischen Charakter der Steppenvölker), ist Kilian61 gegen die Kurgankultur als Urkultur des Indoeuropäischen.  Er62 sieht aufgrund linguistischer und archäologischer Kriterien in der Trichterbecher - (mit ihren Nachfolgekulturen, darunter, auch der Schnurkera­mik), Bandkeramik- und der Ockergräberkultur Träger des Indoeuropäischen im Neolithikum.  Seiner Theorie nach63 (er glaubt in den Indoeuropäern vorwiegend Angehörige der nordischen Rasse zu sehen)64 reiche das Ausgangs­gebiet der indoeuropäischen Einzelgruppen von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer.

 

Nach Bosch-Gimpera65 dagegen bildeten sich während des Neolithikums zwei Zentren indoeuropäischen Gruppen in Mitteleuropa.  Das eine Zentrum sei in der Tschechoslovakei zu suchen, aus dem die donauländische Kultur hervorgegangen sei.  Das andere glaubt er in der Kultur der polnischen Hoch­ebene, die in Kontakt mit derjenigen des Pontischen Gebieets stand, zu sehen.  Diese polnisch-pontische Gruppe sei, in Verbindung mit der donauländischen, eine der ersten Keimzellen des Indoeuropäertums.

 

Nach V. Georgiev66 siedelten indoeuropäsche Stämme während des frühen Neolithikums in Mittel- und Südosteuropa.  Die nörrdliche Grenze sei

57 R. Crossland, a.a.O., S. 875.

58 ibidem.

59 L. Kilian, Zum Ursprung der Indogermanen, Bonn, 1983, S. 106.

60 M. Sakellariou, a.a.O., S. 311.

61 L. Kilian, a.a.O., S. 160.

62 Ibidem, S. 159.

63 Ibidem, S. 156.

64 Ibidem, S. 152 f.

65 P. Bosch-Gimpera, Les Indoeuropéens, Paris, 1961, S. 264 f.

66 Vl. Georgiev, a.a.O., S. 356.

 

 

 

BETRACHTUNGEN ÜBER DIE STEPPENVÖLKER                           233

 

die Nordsee, die Ostsee und das westliche Donauufer gewesen, während die südliche die Balkanhalbinsel und Westklainasien eingeschlossen habe.

 

Ecsedy67 sucht das Ursprungsgebiet der Indoeuropäer in den westasia­tischen Steppen mit der Begründung, dass nur Nomaden eine linguistische, Kontinuität jahrhundertelang bewahren konnten.  Das gleiche, lässt sich aber eher von grosse.  Ackerbau treibenden Komplexen, die eine langandauernde kontinuierliche Entwicklung aufweisen können, feststellen.

 

Wie bereits erwähnt, entstand durch Assimiliation zwischen Steppen­völkern und autochtonen Gruppen neue Kulturen, zu denen auch die Badener gehört.  Sie soll hier stellvertretend für andere vorgestellt werden.

 

Die Badener Kultur ist nach ihrem Fundort benannt worden, der Königshöhle bei Baden bei Wien.  Eine andere Bezeichnung, auch nach einem Fundort in Österreich, lautet „Ossarner Kultur".  In der ungarischen Literatur heisst sie nach ihrem Fundort Pecel „Peceler Kultur“ und in der tschechischen Literatur „Kultur mit kannelierter Keramik“.

 

Diese Kannelüren sind ein typisches Merkmal der Badener Keramik.  Daneben treten Zick-Zack-Gitter- und Dreiecksbänder auf.  An der Form fallen hochgezogene Bandhenkel an Tassen, breite Henkel an Schüsseln sowie Hängegefässe mit Ösen auf.

 

Als Kristallisationsgebiet der Badener Kultur wird Mähren angesehen, wo sie aus der Trichterbecherkultur hervorging.68  Nach den meisten Theorien empfing sie intensive Einflüsse aus dem ägäisch-anatolischen Raum.69

 

Nemecjova-Pavukova70 sucht das Entstehungsgebiet im Karpatenbecken innerhalb eines Komplexes verwandter Kulturen, bei denen sich eine Verbindung mit dem östlichen Mittelmeer nachweisen lasse, die entweder über Bulgarien und Jugoslawien oder den unteren Donauraum bis zum Eisernen Tor entstanden sei.  Neben den ägäischen stellt sie starke Steppenelemente fest.

 

Im Zusammenhang mit ihrer Ausführung unterscheidet sie fünf verwandte kulturelle Gebiete, bzw. Kulturen: Ezero, Baden, Sitagroi, Cernavoda III und Coţofeni.

 

Auch Roman71 weist, wie bereits erwähnt, auf südliche Einflüsse auf Baden hin, und zwar im Zusammenhang mit dem Ezero-Komplex, der er als Synthese zwischen den Steppenelementen, dem betreffenden Substrat und Troja-I-Elementen bezeichnet.  Seiner Hypothese nach verlagerten sich die südlichen Einflüsse nach Norden und drangen in die neuentstandenen Kulturen, zu denen auch Baden gehört, ein.  Aber auch er betont die Steppenmerkmale in Baden, die durch Cernavoda III in die Badener Kultur gelangt seien.

67 I. Ecsedy, a.a.O., S. 56.

68 J. Pavelčik, Zur Problematik der mährischen kannelierten Keramik, in Symposium

Baden, S. 379.

69 E. Neustupny, Zur Entstehung der Kultur mit kannelierter Keramik, in SlovArch,

VII, 2, 1959, S. 271 ff.

70 V. Nemecjova-Pavukova, Načrl periodizacie badenskej kultury a jej chronologickych vztahov k juhovychodnej Europe, in SlovArch, XXIX, 2, 1981.

71 P. Roman, a.a.O., 1971, S. 129 ff.

 

 

 

234                                                      GISELE BURGER                                

 

Renfrew72 wendet sich gegen die Hypothesen über die südlichen Ein­flüsse und hebt die Steppenelemente hervor, wobei er das Auftreten von Schnurkeramik und unbemalter Keramik nicht nur in der Badener Kultur, sondern auch in den zeitgleichen Cernavoda- und Ezero­-Kulturen aufzeigt.  Sein stärkstes Argument gegen die Theorien von den südlichen Einflüssen basiert auf chronologischen Fakten.

 

Neue Datierungen ergeben sich aus Ausgrabungen in Ezero und Sitagroi.  Merpert und Georgiev73 stellen im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Ausgrabungen des Tells Dipsis bei Ezero fest, dass zu Beginn der anatolischen Frühbronze eine Parallelentwicklung zwischen Baden und Ezero bestand und verbinden Ezero II/III mit Troja II (somit auch Baden mit Troja).

 

Renfrew74 kommt durch Ausgrabungen in Sitagroi zu ähnlichen Schlüssen: Sitagroi sei älter als Troja I. Während dieser Zeit habe sich Ezero in Bulgarien entwickelt.  Da die Datierung durch Sitagroi beweise, dass das Äneolithikum auf dem.  Balkan zeitgleich mit dem Spätneolithikum der Ägäis sei und zeitlich weit vor der ägaischen Frühbronze liege, das Neolithikum auf dem Balkan somit früher stattgefunden habe, könne die Badener Kultur nicht von der ägäischen abgeleitet werden.  Weiterhin stellt er fest, dass das Endneolithikum der Ägäis zeitgleich mit der rumänischen Übergangszeit zwischen dem Äneolithikum und der Frühbronze und der frühen Badener Kultur in Mitteleuropa (3000 -2 600 C14) war.  Auch Roman75 bezieht das klassische Baden auf Ezero I und, da Ezero I und Troja zeitgleich seien, auf Troja.. Ausser­dem parallelisiert er Sitagroi mit Vorbaden.

 

 

SCHLUSSBEMERKUNGEN

 

Der vorliegende Artikel dürfte gezeigt haben, dass nach dem heutigen Stand der Wissenschaft eine allgemeinverbindliche Theorie der Steppenvölker nicht möglich ist.

 

Es soll jedoch der kurz festgestellt werden, in welcher Hinsicht die Hypothesen miteinander übereinstimmen und voneinander abweichen.

 

Weitgehende Übereinstimmung herrscht in der Anerkennung der geschichtlichen Existenz der Steppenvölker und ihrer Expansion nach Westen.

 

Weitere Übereinstimmungen herrscht in der Frage nach den ersten Einfallsländern.

 

Die Theorien über die Ausgangsgebiete, der Steppenvölker sowie über die Datierungen ihrer Migrationen zeigen jedoch Abweichungen.

 

Auch herrschen gegenteilige Ansichten in der Beurteillung der geschicht­lichen Rolle der Steppenvölker.  Die Hypothesen schwanken zwischen „Kurga­nisierungen Mittel-, Ost-, und Südosteuropas“ und „schwachen Einflüssen aufgrund nachbarschaftlicher Kontakte“.

 

Auch in der Indoeuropäerfrage stellen wir gegensätzliche Meinungen fest, die hier aber nicht wiederholt werden sollen.

72 C. Renfrew, Problems in European Prehistory, Edinburgh, 1979, S. 142 f.

73 N. Merpert, G. Georgiev, Die Siedlung Ezero und ihre Stellung in der Frühbronzezeit

Osteuropas, In Symposium Baden, S. 257

74 C. Renfrew, a.a.O., 1973, S. 433.

75 P. Roman, I. Németi, a.a.O., S. 156.

 

 

 

BETRACHTUNGEN ÜBER DIE STEPPENVÖLKER                           235

 

Noch eine kurze Bemerkung im Zusammenhang mit den Hypothesen, die in den Steppenvölkern die ersten Griechen sehen und u.a. auf der sog. „minyschen“ Keramik basieren.  Da diese Keramik in den Theorien von den Steppenvölkern nicht als typisches Merkmal ihrer materielle Kultur erscheint, ist es nicht möglich, sie als Beweis für ihre Invasionen nach Griechenland zu werten.

 

Am Schluss wiesen wir noch darauf hin, dass die Hypothesen über die anatolische-ägäischen Einflüsse auf die Badener Kultur durch die jüngsten Ausgrabungen widerlegt werden können.

 

Dieser letzte Punkt ist von grosser Bedeutung, denn dadurch werden die Theorien von den frühen südlichen Einflüssen auf Europa erschüttert.  Auch müssen die Datierungen neu angesetzt werden.

 

Anschliessend noch einige allgemeine Bemerkungen.  Bei der Beurteilung der Rolle der                Steppenvölker muss berücksichtigt werden, dass ihr Einflüss vielfältig, reziprok und komplex war.  Es waren Einflüsse in Form von nach­barschaftlichen Kontakten, Infiltrationen kleinerer Gruppen und Invasionen.

 

Da der Grund für die Expansionen Hypothesen zufolge in der Bedrohung der Existenz der Steppenvölker durch die Austrocknung ihrer Weideplätze bestand, ist in vielen Fällen anzunehmen, dass diese Migrationen westwärts nicht von vornherein zielgerichtet waren, sondern durch die Suche nach bes­seren Weideplätze ausgelöst wurden.  Es waren oft z.T. kleinere Gruppen, die aufbrachen und in fremde Gebiete nach Westen stiessen. Ihre Wanderungen waren oft kurz, da sie entweder die Bewohner der betreffenden Gebiete verdrängten, die ihrerseits westwärts expandierten und sich dort niederliessen oder vom Substrat assimiliert werden.  So entstanden Migrationen in kleinen Schüben, die aber auch schon Kettenreaktionen auslösen konnten.  Daneben gab es grössere Invasionen, wobei lokale Gruppen mitgerissen wurden.  So war die Übergangszeit zwischen dem Äneolithiktim und der Frühbronze in Südost­europa eine Zeit der Unruhen und grossen Massenbewegungen.  Am Schluss noch eine kurze Beurteilung der Steppenvölker und ihrer geschichtlichen Rolle:

1)         Die Feststellung einer erstaunlichen kulturellen Einheit der Step­penvölker, die in einem riesigen Ausgangsgebiet siedelten und in grosse Migra­tionsgebiete drangen.

2)         Die Beibehaltung ihrer typischen kulturellen Elemente, auch nach Wegzug aus ihrem Ursprungsgebiet.

3)         Ihre rasche Ausbreitung.

4)         Ihre starke Wirkung auf lokale Gruppen, denen sie zahlenmässig unterlegen waren.  Als Beispiel sei die Übernahme der Kurgane und die lang­same Verdrängung des matriarchalischen Systems durch das patriarchalische genannt.

5)         Die Bedeutung der Steppenvölker im Zusammenhang mit der Genese neuer Kulturen.

 

 

 

Back:

 

http://www.oocities.org/giselaburger/Burger.html