heinz jansen´s
frühe stein- und kurzgeschichtenseite
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wasser und stein - emotion und beharrlichkeit
betrachte aufmerksam, 
alles wird zu einer frage,
der stein stellt fragen,
die pflanze,
das tier,
doch versuchst du die fragen zu lösen,
wirst auch du selbst zur frage - und du kannst dich einreihen in das unbeantwortete.
gedanken
plutarch


oft ist es ratsamer wenig zu wollen, als um vieles zu kämpfen, denn dadurch ist ein möglicher verzicht auch geringer
die flucht vor uns selbst, hat uns zu fasanen gemacht.
zu fasanen, die jedes hindernis mit dem kopf anrennen - weil sie nicht sehen, dass ein schritt rückwärts genügen würde, das hindernis zu umgehen.
wir haben - genau wie sie - angst, diesen wichtigsten aller schritte zu tun, in der furcht, ein verfolger könnte uns einholen.
wir, die wir unsere eigenen jäger sind.
überall augen
sie sehen dich an
von überall her an
aus den blättern und gräsern
von unten und oben
ringsumher augen
aus allen wassern und tiefen
aus allen meeren
und aus dem firmament
sehen sie dich an
und du sie
stumm -- still
ich gehe durch einen birkenwald und ich sehe wie die bäume sich dem licht entgegenrecken - doch, schließe ich die augen, verzerrt sich das bild in meinen gedanken: efeu schlängelt sich an den mächtigen stämmen hoch und lianen suchen sie zu bedecken, ihnen das zum leben notwendige licht zu nehmen.
hier und da stehen noch vereinzelte bäume, die die anderen überragen - aber auch in ihren ästen züngelt schon das efeu
--- wieviel zeit wird ihnen noch bleiben, das licht zu erreichen und den anderen davon zu berichten?
da ziehen sie vorüber, nebeneinandern, hintereinander,
einige werden getragen,
sie sind nicht krank, sie könnten selber gehen ---
sie meinen besser zu sein ---
schau,
andere liegen, sind gefallen,
man tritt auf sie, und geht weiter --- man meint sie seien schlechter ---
doch komm ein stückchen weiter weg, sieh genau hin,
sind sie nicht alle gleich?
eins,
eine masse, blind und ohne willen,
sich fortbewegend im nebel,
komm, rufe:
bleibt stehen und wartet bis der nebel sich lichtet, damit ihr seht! --
nichts -- noch einmal --
nichts -- noch enmal --
nichts, hör` nicht auf zu rufen.
doch was treibt sie,  zieht sie für immer?
im land der tausend inseln lebt ein mann, von dem man sagt, er sei nicht mehr herr seiner sinne.
gleichsam einer magie folgend, baut er brücke um brücke, von einem steinchen zum anderen.
von einem felsbrocken zum nächsten.
über schluchten und meeresarme
- alles, was durch einen spalt oder eine kluft getrennt ist, verbindet er durch eine brücke
- dann überschreitet er sie,
fällt auf die knie und trauert kurze zeit.
danach zieht er seine besten kleider an und erzählt der ganzen welt, er feiere seine geburt und wehmütigen blickes gedenkt er seiner leiche am jenseitigen ufer
nebel umgibt uns,
immer und immer.
noch nicht lange höre ich die stimmen, die uns rufen, locken wollen zu diesem ort, den wir kennen, wie das haus unserer eltern, obwohl wir ihn nie sahen.
wir haben angst, jene angst, die wie eine eisgefüllte kugel zwischen den nackenwirbeln die bandscheibe ersetzt.
unsere schritte sind unsicher
überall nebel
wo ist deine hand, zusammen können wir gehen,
doch hörst sie auch, die stimmen, die jetzt von dem ort erzählen, wo wir gelebt, auf dem berg, die stadt zu füßen?
sein blick war ruhig
- aber aufmerksam,
sorgsam wiegte er seinen kopf,
der in seinem weißen bart eingebettet war;
fast zärtlich trug er die schweren bohlen,
fast wie eine geliebte kostbarkeit,
fügte bohle um bohle zusammen,
berechnend und überlegt,
hast war ihm hierbei zuwider,
sein werk sollte haltbar und sicher sein, damit die menschen gefahrlos über die brücke zuein-ander kommen konnten
- während er sich, gleichsam körperlos, auf einen stein setzte
- und zuschaute.
da geht er wieder, der alte mann;
im laufe der jahre ist der abstand zwischen seinen füßen und der straße geringer geworden,
heute hebt er kaum noch die füße,
es ist als wolle er die erde betören,
als streichle er sie, um zeit zu erbetteln;
wenn er mit einem fuß an einen stein stößt,
bückt er sich,
hebt ihn auf, wirft ihn nicht weg,
er betrachtet abwechselnd den stein und die stelle wo er lag,
bückt sich,
legt ihn zurück.
behutsam setzt er dann fuß vor fuß,
damit das wieder zusammengesetzte mosaik keinen schaden nimmt
leben wir nicht alle in einem tal?
genau wie alle, in einem tal, das wir unsere welt nennen, die von einem bergring abgeschlossen wird.
aber eines tages erklettern wir die berge und stellen zu unserem erstaunen fest, dass hinter den bergen viele täler sind, in denen andere menschen leben.
befriedigt dieses gesehen zu haben, kehren wir dann in unsere welt zurück und leben unser leben;
aber wenn in den anderen tälern not und elend ausbrechen und todesschreie in verzweiflung gegen den himmel branden, verhindern die berge, dass wir sie hören.
wir haben vergessen, tunnel und brücken zu bauen.
weshalb tragen die mich auf einer bahre
- die mit den kapuzen vor dem gesicht?
wir gehen an häusern vorbei, in denen menschen wohnen,
an denkmälern und bäumen
- oder sind bäume auch denkmäler?
wir sind auf einem friedhof,
auf einem gigantischen friedhof aus stein
und mitten zwischen den gräbern sitzt ein mann, ganz aus gold, mit einer bischofsmütze, 
menschen gehen auf den goldenen mann zu, der nicht lächeln und nicht weinen kann,
sie tragen mich in ein grab, durch die haustüre, ich bin dankbar dafür, denn hier bin ich allein und muß nicht immer in das gesicht des goldenen schauen,
sie stellen die bahre auf die erde und gehen weg, doch ich bin nicht allein, eine hand aus gold kommt fordernd und bittend, unausweichlich, auf mich zu,
ich kann nicht anders, oder doch?
ich fasse die hand
- und sterbe.
er wollte nicht,
man hatte ihn nicht gefragt,
- er hatte zu sein, weil er da war
man hat ihn gelehrt, regeln zu beachten,
alles lief in vorgezeichneten bahnen,
er sah den anderen zu und lernte von ihnen,
bis er glaubte einer der ihren zu sein,
wuchs heran,
doch die nicht zu entziffernde ablaufregel der dinge zog ihn heraus,
heraus aus diesem dasein,
heraus zu einem anderen licht.
zuerst war er geblendet,
dann sah er alles,
sah andere, die nicht so waren wie die, die er kannte,
und er fühlte, er war einer wie diese hier, die in diesem fremden, gleißenden licht herumtollten.
doch er wurde in die alte welt zurückgeholt.
aber er erkannte seine neue aufgabe,
er mußte das fremde, gleißende licht und die anderen suchen

das meer ist für den seemann voller balken
- und wir müssen alle seeleute sein.
wir steuern unser schiff durch den tau sonniger moore,
durch brodelnde, dampfende gletscherspalten,
ahnen nichts von den sich emporstreckenden, rosafarbenen schlünden,
die unser schiff in wunderliches morgenrot verwandeln.
doch was,
wenn ein rinnsal unsere schiffe  trennt,
wenn du die arme mir entgenzustrecken  vermeinst,
wenn ich nicht wage zurückzusehen,
wenn ich nicht wage zurückzusteuern,
obwohl wir immer weiter auseinander getrieben werden
- so gekingt es uns nicht,
einander die hand zu reichen,
gemeinsam ein ruhendes ufer zu finden

                                                                                    
die bühne ist leer - bis auf eine milchglasscheibe im hintergrund,
ein schauspieler - in lendenschurz und pelzkragen - , einen löwen spielend, erscheint mit verbundenen augen,
er geht sicher , wie einer, der nicht nach dem wohin fragen muß.
- hinter der milchglasscheibe kann man undeutlich eine gestalt erkennen, die sich an die scheibe drückt.
ein pfarrer, ein gut gekleidetes paar schieben einen vergoldeten käfig, in dem drei - auch als löwen verkleidete - schauspieler in weichen sesseln liegen,mit hochmodischen hosen in fellimitationen, mit mähnen aus glänzendem, klirrenden blech und augenverdeckenden sonnenbrillen.
der pfarrer legt sich unter den käfig
- das paar schlendert arm in arm umher.
die drei löwendarstellenden schauspieler im goldenen käfig zeigen auf den freien löwen - den schauspieler mit lendenschurz und pelzkragen bewehrt:
"seht den, der arme muss sich seine nahrung selbst erlegen - um sein leben zu schützen, findet er in der ekelhaft rauhen natur keine ruhe. wir? wie wären wir dumm, selbst mit göttern zu tauschen?"
der freie löwe schüttelt lachend seine mähne, stürzt sich auf das paar,
der pfarrer unter dem käfig liest in seinem brevier,
die gestalt im hintergrund kommt um die scheibe herum,
sie trägt ein schild mit der aufschrift
WIR,,
die augen bedeckend, greift sie in einen beutel, nimmt eine pistole heraus und erschießt den freien löwen.