Gäbe es in der rhythmischen Sportgymnastik eine Zungendisziplin, Lil Bow Wow würde sicher Weltmeister. 16 aufeinander folgende Phrasen ohne Luft holen zu müssen – das rappt ihm so schnell keiner nach. Vor allem macht er das extrem flink, akzentuiert aber die einzelnen Silben äußerst sauber. Lil Bow Wow hat physiologische Fertigkeiten – und rappt, wie ihm der Mund gewachsen ist.
Natürlich ist ihm mehr als nur das Mundwerk gut geraten. Lil Bow Wow ist enorm begabt, was soviel heißt wie: Er hat mehr drauf als andere. „Er erinnert mich an den jungen Michael Jackson“, sagt Jermaine Dupri über seinen 13-jährigen Schützling. „Michael war mit sechs oder sieben Jahren sehr reif, wenn es an die Arbeit ging. Aber sobald er von der Bühne runter kam, war er 100 % Kind. Bow Wow ist ein wirklich kleines Kind, aber wenn es Zeit ist zu arbeiten, verwandelt er sich in eine erwachsene Person.“ Dupri kann das beurteilen, er hat das Kinder-Rap-Duo Kris Kross entdeckt, das 1992 mit „Jump“ acht Wochen lang die Billboard Charts anführte.
Entdecker des Kleinen war allerdings Snoop Dogg, der ihn 1993 als 6-Jährigen auf Dr. Dres alljährlicher Chronic Tour auftreten sah und ihn in seinen Umkleideraum rufen ließ. Ein paar Stunden später taufte er ihn Lil Bow Wow und engagierte ihn als Vorkünst-ler für die Tour. Seitdem ist der Junge aus Columbus, Ohio, zum jüngsten Veteranen der Rap-Geschichte geworden. Er hatte seine Auftritte auf Snoop Doggs „Doggy Style“, Will Smiths „Wild Wild West“ und Jermaine Dupris „Big Momma’s House“.
Jermaine Dupri hat sich seiner Karriere mit Bedacht angenommen. Zunächst als Labelvater von So So Def, dann (gemein-sam mit Da Brat) als Lieferant gänzlich unprofaner Texte, schließlich als Visionär mit klaren Zielen: „Ich wusste, es war Zeit für ihn, raus zu kommen, weil kleine Mädchen von elf bis sechzehn Jahren niemanden haben, den sie als den Ihren bezeichnen können. Niemand verwendet Zeit darauf, einen Künstler für sie aufzubauen. Ich will, dass Bow Wow einen jungen, schwarzen Superstar repräsentiert.“
Es ist ein Thron, den Bow Wow gewillt, bereit und fähig ist anzunehmen. Mit seinen makellosen Haarähren und seinem Mickey-Mouse-Anhänger aus Platin und Diamanten um den Hals (ein Geschenk von Dupri) schaut er aus wie der HipHop- Superstar schlechthin. Seine messerscharf und sparsam produzierten, fröhlichen Stücke werden die Leute wackeln und ihre Köpfe wippen lassen. Lil Bow Wow wirkt nie kindchenhaft, dafür sorgen schon die „alten Hunde“ auf seinem Debüt: Snoop Dogg, Xscape, Jagged Edge, Big Duke, R.O.C. und natürlich Jermaine Dupri und Da Brat. Man höre „Beware Of Dog“, und Lil Bow Wow kann sicher sein: Die Leute wissen, es ist ein neuer Hund in der Stadt. Was heißt Stadt? Im ganzen Land! Der 13-Jährige war schon in einer Reihe großer Magazine zu bewundern, darunter Esquire, Vibe und People. Sein Foto wurde sogar über Millionen Klassenhefte verteilt (eine in den USA erlaubte Schulwerbung – kostenloses Schulmaterial mit Werbung drauf). Mit bewegendem Erfolg: Als Lil Bow Wow Anfang Oktober in einer Shopping Mall zur Autogrammstunde erschien, kam es zum Chaos. Das Center musste komplett geschlossen werden.
Ach ja, „Beware Of Dog“ ist in den USA sofort auf # 8 in die Billboard-Charts gestiegen ...
|