Das Stichwort: DienstrechtsreformKampf mit Unterschriften - Professoren wollen die Hochschulreform verhindern
3759 Namen nebeneinander, alle mit einem Doktor- oder Professorentitel davor - soviel
Einigkeit ist selten. In einer einmaligen Aktion forderten Hochschullehrer auf einer
vierseitigen Anzeige der FrankfurterAllgemeinen Zeitung Bundesbildungsministerin
Bulmahn (SPD) auf, ihre Reform desDienstrechts zu stoppen.
Bulmahn will uns eine unsinnige Reform aufzwingen, sagte Hartmut Schiedermair,
Vorsitzender des Deutschen Hochschul-Verbands, der 18 000 Dozenten vertritt. Der Verband
warnt in der Anzeige vor einer Abwanderung von Spitzenkräften als Folge der Reform.
Schon jetzt bestehe ein erhebliches Vergütungsdefitzit im Vergleich mit der
Wirtschaft. Eine Reduzierung des Grundgehalts für neu zu berufende Professoren um 1500 DM
auf 6500 Mark lehnen die Hochschullehrer daher vehement ab; ebenso die Einführung von
Junior-Professuren sowie die Abschaffung der Habilitation als Lehrvoraussetzung.
Das Ministerium wehrt sich gegen die Kampagneder Professoren, nennt sie unseriös und
irreführend.
Die Habilitation werde nicht verboten, stellte die Ministerin klar, sondern in ihrer
Bedeutung geschwächt. Sie sei überflüssig und bringe den wissenschaftlichen Nachwuchs viel
zu spät in Verantwortung. Die Gehaltssumme bezeichne lediglich eine Mindestgrenze. Die
Reform sehe ja vor, dass sich die Professoren, je nach Leistung, Zulagen hinzuverdienen können.
Insgesamt ist aber dafür nicht mehr Geld im Vergütungstopf, hatte auch das
Beratungsunternehmen Kienbaum bemängelt. Wenn eine Universität also teure Spitzenforscher
locken und bezahlen will, muss sie das Geld an anderer Stelle einsparen.
Unerwartet mischten sich jetzt deutsche Wissenschaftler aus dem Ausland in den Streit
ein. 464 Forscher unterstützten in einem Brief die Bundesregierung und forderten die
geplanten Reformen. Das deutsche Hochschulsystem sei schon längst nicht mehr
zeitgemäß und international allenfalls zweite Wahl. Den Widerstand ihrer Kollegen in
Deutschland bezeichneten sie als Interessenpolitik einer Gruppe, die um ihre
Macht und Privilegien fürchtet.Christopher Onkelbach
WAZ vom 31.3.2001, Ressort Politik