Schmach und Schande über den, der Feindschaft gegen die Juden, Hass gegen andere Nationen sät! (Lenin)

„Antisemitismus nennt man die Verbreitung von Feindschaft gegen die Juden. Als die verfluchte Zarenmonarchie ihre let-ten Tage durchmachte, war sie bemüht, unwissende Arbeiter und Bauern gegen die Juden aufzuhetzen. Die Zarenpolizei veranstaltete im Bunde mit den Gutsbesitzern und Kapitalisten Judenpogrome. Den Hass der von der Not gepeinigten Ar-beiter und Bauern wollten die Gutsbesitzer und Kapitalisten auf die Juden lenken. Auch in anderen Ländern hat man nicht selten Gelegenheit, zu sehen, dass die Kapitalisten Feindschaft gegen die Juden schüren, um den Blick des Arbeiters zu trüben, um seine Aufmerksamkeit von dem wirklichen Feind der Werktätigen – vom Kapital – abzulenken.“ (LW 29, 239)
Lenin charakterisiert in diesem Zitat aus dem Jahr 1919 den Antisemitismus klar und deutlich als Spaltungsinstrument der bürgerlichen (und vorbürgerlichen) herrschenden Klassen um das eigene Klasseninteresse rücksichtslos – der Tod von Jüdinnen und Juden wird als Kollateralschaden in Kauf genommen – durchzusetzen. Lenins Worte und die Praxis der Okto-berrevolution, deren 90. Jahrestag wir dieser Tage begehen, sprechen eine deutliche Sprache: Der Revolutionäre Kommunismus verfrachtet den reaktionären Plunder der Klassengesellschaften wohin er gehört: auf den Misthaufen der Geschichte.
Weil Antisemitismus aus einem wüsten Sammelsurium von Gerüchten über die Juden genährt wird, benötigen wir für den Kampf gegen die antisemitischen Mythen Tatsachen: Jüdinnen und Juden sind besonders exponiert für die Funktion des Sündenbocks durch ihre Spezialisierung auf bestimmte Tätigkeiten in den alten europäischen Gesellschaften. Nach dem Verlust ihrer politischen Autonomie in ihrer ehemaligen Heimat Palästina im Jahr 63 vor unserer Zeitrechnung, nach einer starken Auswanderungsbewegung, die bereits vor diesem Zeitpunkt eingesetzt hat, aber durch das Scheitern der Aufstände in Palästina in den Jahren 70 und 135 unserer Zeitrechnung noch zunimmt, und durch die Zerstörung ihres kulturellen Zent-rums, des Tempels in Jerusalem, im Jahre 70 u. Z., wird aus dem jüdischen (oder hebräischen oder israelischen) Volk eine verstreute religiöse Gemeinschaft. Sie befindet sich überall in einer minoritären und untergeordneten Stellung (abgesehen von kurzlebigen jüdischen Staaten im Jemen und an der unteren Wolga) und ist vor allem in den christlichen Staaten oft Verfolgungen ausgesetzt. Sie hält an ihren besonderen religiösen Bräuchen fest, bewahrt sich ihre ethnischen Merkmale und stellt je nach Land mehr oder weniger eine Subkultur dar. Das Hin und Her jüdischer Aus- und Einwanderung, fast im-mer bewirkt durch Verfolgung, verstärkt noch ihren fremdartigen Charakter.
Besonders in Europa sind Juden, die durch die Umstände des Exils in ihrer Mehrzahl frühzeitig zu Städtern geworden sind, dazu gezwungen, sich auf besonders unpopuläre Tätigkeiten zu spezialisieren: als Geldverleiher, Steuerpächter, Verwalter von feudalen Gütern etc. Sie sind Repräsentanten der Geldwirtschaft in Gesellschaften, die von dieser nichts verstehen. Sie bilden daher in vielen Ländern eine Volksklasse oder –kaste, die Abneigung und Hass auf sich zieht. Diese These wird be-reits von Marx nahe gelegt und wird von späteren Marxist/innen wie Karl Kautsky oder Abraham Léon weiterentwickelt bzw. genauer ausgearbeitet.

In den ersten vier Jahrzehnten nach 1945, nach dem Ende des durch den deutschfaschistischen deutsch/österreichischen Imperialismus vorangetrieben industriell-bürokratischen Massenmords an Jüdinnen und Juden, an Roma und Sinti, an Slawinnen und Slawen, wurde in Österreich der Kampf gegen den Antisemitismus, nur nebenbei und fast ausschließlich im Zusammenhang mit so genannten „neo“-faschistischen Aktivitäten behandelt. Dabei ist der Antisemitismus ein Grundpfeiler der Ideologie der imperialistischen Bourgeoisie im Allgemeinen und der faschistischen Ideologie im Besonderen.

Die politische Linke der verschiedenen Schattierungen war sozusagen „selbstverständlich“ gegen den Antisemitismus, oh-ne diese Frage jemals tiefgehend zu analysieren und sie war deshalb über weite Strecken nicht in der Lage einen nachhal-tigen ideologischen Kampf gegen diesen hochgradig reaktionären und gemeingefährlichen Dreck zu führen. Das Versagen der Linken in dieser prinzipiellen Angelegenheit wurde allzu oft mit dem Hinweis auf reaktionäre Maßnahmen des Staates Israel abgetan womit der Sache selbst allerdings kein guter Dienst erwiesen wurde.
Erst Mitte der 1980er Jahre, im Zuge der Wahl Waldheims zum Bundespräsidenten, wuchs bei einem Teil der Linken das Bewusstsein für die schwelende Gefahr, weil schlaglichtartig deutlich wurde, wie weitgehend unversehrt das antisemitische Ressentiment noch immer funktioniert.
Andere halten bis heute mehr oder weniger ungebrochen an den antiemanzipatorischen Positionen des sowjetischen So-zialimperialismus fest. In Hinblick auf den Waldheimskandal haben die Revisionisten aus dem Kreml z.B. folgendermaßen Stellung genommen: „Die US-Regierung und zionistische Kreise übten flagrante Einmischung in den Wahlkampf aus und entfachten eine Kampagne persönlicher feindseliger Angriffe gegen Waldheim in dem Versuch, das Wahlergebnis zu beein-flussen.“ (TASS, 8.6.1986). Antisemitische Untertöne haben bereits in den sowjetischen Richtungskämpfen der 1930er Jah-re eine Rolle gespielt und kamen im Zuge des Aufstiegs der neuen Bourgeoisie vermehrt zum Vorschein. An der Geschichte der SU lässt sich deutlich erkennen: Solang die revolutionär-kommunistischen Kräfte die Oberhand haben wird mit reaktio-nären Erscheinungen wie Antisemitismus entschlossen aufgeräumt. Sobald aber den revolutionär-kommunistischen Kräften die Initiative im Klassenkampf entgleitet und restaurative Kräfte an Einfluss gewinnen, kehrt auch der Ungeist der Vergangenheit wieder.
Gegen den Antisemitismus, der weit zurückliegende Wurzeln in der österreichischen Geschichte hat – hingewiesen sei hier nur auf die verheerende Rolle der römischen Kirche – und niemals radikal erledigt wurde, wird der Kampf immer dringender. Ebenso wie der Kampf gegen Chauvinismus und Rassismus, gegen ausländerfeindliche Hetze und andere widerwärtige Erscheinungen, die immer wieder auch mit antisemitischen Parolen bzw. unterschwelligen antisemitischen Nahelegungen ein-hergehen.
Der verbrecherische Feldzug des deutsch/österreichischen Imperialismus gegen den „jüdischen Bolschewismus“, der un-trennbar mit dem mörderischen Vernichtungslagersytem des NS-Faschismus verknüpft war, erfolgte mit dem wohlwollenden Segen des Vatikan. Dazu passt, dass der deutsche Papst jetzt 500 Gefolgsleute der Franco-Faschisten selig spricht genau-so wie die Seligsprechung des Giftgaskaisers und Kriegsverbrechers aus dem Ersten Weltkrieg Karl Habsburg durch seinen polnischen Vorgänger.
Erst vor wenigen Wochen fand mitten in Wien unter dem Vorwand des Protests gegen einen angeblichen Moscheebau in Wien-Brigittenau ein skandalös-widerlicher Faschistenauflauf statt. Unter den mehr oder weniger gutbetuchten Demonstran-ten aus dem Spießbürgerumfeld von FPÖ und ÖVP marschierten fast 100 Glatzköpfe und grölten: „Ausländer raus!“ und „Hier marschiert der nationale Widerstand“. WC Strache (FP) attestierte dem Nazipack prompt pauschal Rechtschaffenheit und Redlichkeit. Womit wieder einmal klargestellt wäre, wessen Geistes Kind dieser Herr ist und wie gut er den bereits abgenutzten Haider nachmachen kann. Genauso wie Faschismus und parlamentarische Demokratie zwei Formen bürgerlicher Herrschaft auf kapitalistisch/imperialistischer Basis sind, so verhält es sich auch mit den ideologischen Entsprechungen und den Verlautbarungen des dazugehörigen Politikerpersonals. Deshalb ist klein/bürgerlicher Antifaschismus stets nur eine tak-tische Option und keine solide Grundlage, auf die wir uns verlassen oder aufbauen könnten. Die Erfahrung der Zweiten Republik lehrt unerbittlich, dass alle größeren Faschisierungschritte von der SP vorangetrieben oder mitgetragen wurden.

Der Antisemitismus war noch nie von der zahlenmäßigen Größe des jüdischen Teils der Bevölkerung abhängig. Die Tatsache, dass es sich bei den in Österreich nach dem faschistischen Massenmord noch lebenden Juden nur um eine relativ kleine Gruppe handelt, ändert überhaupt nichts an der prinzipiellen Bedeutung des antifaschistischen ideologischen und politischen Kampfes ge-gen den Antisemitismus. Das ergibt sich nicht zuletzt auch aus der Mitverantwortung des österreichischen Volkes an den Verbrechen des NS-Faschismus.

Die Ausbreitung und stillschweigende Duldung des Antisemitismus stellt einen unversöhnlichen Gegensatz zur dringenden Notwendigkeit der Förderung und Festigung des Proletarischen Internationalismus auch in Österreich dar!
Kampf dem Antisemitismus! Kampf dem Antiziganismus! Kampf der Ausländer/innen-Feindlichkeit! Kampf gegen Ras-sismus und Nationalchauvinismus! Das ist das ABC jeder ernsten demokratischen, antifaschistischen und revolutionä-ren Haltung!

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Friedrich Engels: „Über den Antisemitismus“,
(zuerst abgedruckt in der „Arbeiter-Zeitung“ vom 9. Mai. 1890); hier zitiert nach MEW 22, 50/51.

Revolutionär-kommunistische Grundsätze und entschiedenste Gegnerschaft gegenüber dem Gift des Antisemitismus sind zwei Seiten einer Medaille:
Dazu kommt, dass der Antisemitismus die ganze Sachlage verfälscht. Er kennt nicht einmal die Juden, die er nieder-schreit. Sonst würde er wissen, dass hier in England und in Amerika, dank den osteuropäischen Antisemiten, und in der Türkei, dank der spanischen Inquisition es Tausende und aber Tausende jüdischer Proletarier gibt; und zwar sind diese jü-dischen Arbeiter die am schlimmsten ausgebeuteten und die allerelendsten. Wir haben hier in England in den letzten zwölf Monaten drei Streiks jüdischer Arbeiter gehabt, und da sollen wir Antisemitismus treiben als Kampf gegen das Kapital?
Außerdem verdanken wir den Juden viel zuviel. Von Heine und Börne zu schweigen, war Marx von stockjüdischem Blut; Lassalle war Jude. Viele unserer besten Leute sind Juden. Mein Freund Victor Adler, der jetzt seine Hingebung für die Sa-che des Proletariats im Gefängnis in Wien abbüßt, Eduard Bernstein, der Redakteur des Londoner „Sozialdemokrat“, Paul Singer, einer unserer besten Reichstagsmänner – Leute, auf deren Freundschaft ich Stolz bin, und alles Juden! Bin ich doch selbst von der „Gartenlaube“[das war eine Berliner Zeitung kleinbürgerlicher Richtung] zum Juden gemacht worden, und al-lerdings, wenn ich wählen müsste, dann lieber Jude als „Herr von“!



(8.11.2007)



IA.RKP
Initiative für den Aufbau einer Revolutionär Kommunistischen Partei
(vormals komak-ml)

Wir verbreiten seit 1995 Flugblätter, mit denen wir uns vor allem an klassenbewusste Arbeiter/innen wenden, und geben seit 2001 eine Zeitung, jetzt ‚Proletarische Revolution’, heraus. Unser Ziel ist eine Gesellschaftsordnung ohne Klassen, ohne Unterdrückung und Ausbeutung. Dazu muss die Klasse der Arbeiterinnen und Arbeiter eine eigene Kampfpartei aufbauen, die Macht erobern, die Besitzer der Produktionsmittel enteignen und den Klassenkampf fortsetzen, bis alle Reste der bürgerlichen Ordnung verschwunden sind. Wir stellen uns in die Tradition der internationalen revolutionär-kommunistischen Bewegung, die Mitte der 1960er Jahre in Auseinandersetzung mit den Fehlern der KPdSU und in scharfem Kampf gegen die Wegbereiter des bürokratischen Staatskapitalismus in der Sowjetunion eine marxistisch-leninistische Generallinie verteidigt hat und zur Gründung neuer kommunistischer Parteien führte. Wir sind revolutionäre Kommunist/innen und deshalb nicht in der KPÖ organisiert.

IA.RKP
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