12. Februar 1934 – vor 75 Jahren:
Bewaffneter Kampf gegen christliche Reaktionäre
von sozialdemokratischen Führern verraten!


Nach zwölf Jahren Faschismus und knapp 70 Jahren institutionalisierter Klassenzusammenarbeit der Ausgebeuteten mit ihren Ausbeutern („Sozialpartnerschaft“) steckt die österreichische Arbeiter/innenklasse in einer schwierigen Lage. Jetzt in der Krise zeigt sich, dass selbst die einfachsten Formen des gewerkschaftlichen und demokratischen Kampfs Großteils in Vergessenheit geraten sind. Fast die gesamte Generation heutiger Lohnarbeiter/innen ist ratlos, wenn es um die Verteidigung demokratischer Rechte geht. Umso ungehinderter können die Scharfmacher der herrschenden Klasse Schritt für Schritt ihre Vorstellungen von einem „starken Staat“ unter dem Deckmantel der „Terrorbekämpfung“ umsetzen.
Wir müssen weit in die Geschichte der früher kämpferischen österreichischen Arbeiter/innenklasse zurückgehen, um die positiven und negativen Erfahrungen aus den politischen Klassenkämpfen gegen Faschisierung für die heutige Zeit wieder bewusst zu machen. Herausragend war der 12. Februar 1934, als die bewusstesten Teile der österreichischen Arbeiter/innenklasse bewaffnet gegen die Errichtung der austrofaschistischen Diktatur aufstanden.

Die Folgen der Februar-Niederlage sind in groben Zügen allgemein bekannt:
Nach der Niederschlagung des Aufstands und der Entwaffnung und Zerschlagung aller legalen Arbeiter/innen-organisationen durch den Austrofaschismus war der Weg bereitet für die Okkupation Österreichs durch den deutschen Imperialismus. Dieser zwang schließlich die österreichische Arbeiter/innenklasse und die werktätige Bevölkerung in den grausamsten und blutigsten Krieg des 20. Jahrhunderts hinein.

Aber die Vorgeschichte der Februar-Kämpfe 1934 ist mindestens ebenso wichtig wie die Ergebnisse: Bereits 1918, nach dem Sturz der Monarchie, hinderten die Sozialdemokraten mit Zuckerbrot und Peitsche („austromarxistische“ Mischung aus radikalen Phrasen und pragmatischer, bürgerlicher Politik) die Arbeiter/innenklasse daran, ihre eigene politische Macht zu errichten. Statt einer sozialistischen Räterepublik wie in Ungarn, Bayern und anderen Teilen Deutschlands errichteten Otto Bauer und Konsorten eine bürgerlich-parlamentarische Demokratie, in der sich die Kapitalistenklasse ungehindert wieder zur herrschenden Klasse aufschwingen konnte. In den 1920er Jahren wurde Zug um Zug der politische Einfluss der Arbeiter/innenklasse zurückgedrängt. Und während die Sozialdemokraten noch stolz auf ihre Wahlerfolge hinwiesen (über 50% bei den letzten Gemeinderatswahlen), rüstete die kapitalistische Reaktion unter Führung der Monopolbourgeoisie schon zum entscheidenden Schlag, mit dem alle bürgerlich-demokratischen Einrichtungen beseitigt wurden. Bei jeden Faschisierungsschritt, jedem Arbeitermord, jedem Terrorurteil der Klassenjustiz, selbst beim Freispruch der Arbeitermörder von Schattendorf 1927 verkündeten die Führer der Sozialdemokratie verbalradikal: Wir stehen Gewehr bei Fuß! Wenn die Kapitalisten die Demokratie beseitigen wollen, werden wir die Diktatur des Proletariats errichten! Und immer weiter wichen sie zurück. selbst die Auflösung des Parlaments durch die Austrofaschisten, des Verbots des Republikanischen Schutzbunds und weiterer Arbeiter/innenorganisationen, darunter der KPÖ im Jahr 1933 wurden kampflos hingenommen.

Mit ebenso defensiver Ausrichtung wurde schließlich der bewaffnete Aufstand in die Niederlage geführt, als die SP-Führer ihre empörten Anhänger/innen nicht mehr zurückhalten konnten.
Trotz militärisch äußerst günstiger Ausgangsbedingungen (der gut bewaffnete Schutzbund hätte ca. 60.000 Kämpfer/innen mobilisieren können, denen 30.000 Soldaten und 10.000 Polizisten gegenüber standen) erlitt der Schutzbund wegen der selbstmörderischen Defensive im Kampf eine Niederlage. Statt in die Offensive zu gehen, die Machtzentren des Kapitals anzugreifen und zu erobern, wurden die ohne zentrale Kampfleitung heldenhaft kämpfenden Schutzbündler auf die Verteidigung von Wohnanlagen und Arbeiterheimen konzentriert. Nur in wenigen Fällen, wo Kommunist/innen die Führung übernahmen, gab es offensive Vorstöße.
Die wahren Gründe für die Niederlage liegen aber tiefer, eben in der grundsätzlich falschen politischen Ausrichtung der sozialdemokratischen Führung: Verheerend war vor allem die Fehleinschätzung des bürgerlichen Staats (insbesondere seines bewaffneten Kerns, des Militärs und der Polizei samt Justiz) als vermeintlich klassenneutrale Institution, die es auf demokratischem Weg zu erobern gelte. Dazu kam die vollkommen defensive Ausrichtung des gesamten Kampfes gegen den Faschismus auf eine Verteidigung der bürgerlich-demokratischen Einrichtungen statt auf revolutionäre Stärkung der Positionen der Arbeiter/innenklasse mit Orientierung auf Volksdemokratie und Sozialismus.

Die Kommunist/innen haben im Februar 1934 wie schon in den Jahren davor entschlossen und heldenhaft gekämpft, waren aber noch zu schwach, um entscheidenden Einfluss auf den antifaschistischen Kampf und seine politische Ausrichtung zu nehmen. Erst in den Monaten und Jahren nach den Februarkämpfen von 1934 ist es der KPÖ gelungen, die Vorherrschaft des („austromarxistischen“) Reformismus in der Arbeiter/innenklasse zu brechen. Das konnte allerdings an der historischen Niederlage nichts mehr ändern und die Austrofaschisten lieferten binnen weniger Jahre ihren maroden Staat dem deutschen Kapital und Nazifaschismus aus. Bezeichnend ist, dass die österreichische Bourgeoisie, die 1934 ihre geballten Streitkräfte gegen die Arbeiter/innenbewegung einsetzte, 1938 keinen einzigen Schuss auf ihre deutschen Brüder abgeben ließ, sie vielmehr begeistert in die Arme schloss.

Die revolutionären Teile der österreichischen Arbeiter/innenbewegung hatten in den 1930er Jahren die Gefahr des deutschnationalen Nazifaschismus in Österreich unterschätzt. Doch während die („austromarxistischen“) Revolutionären Sozialisten die österreichische Nation bis Mitte der 1940er Jahre leugneten und damit der Nazipropaganda auch in den Reihen der Arbeiter/innenklasse Vorschub leisteten, packte die damals noch revolutionäre KPÖ um die Mitte der 1930er Jahre die Frage der österreichischen Nation theoretisch an und entwickelte ihre politische Linie für den Kampf um ein antifaschistisch-demokratisches Österreich. Während sich diese proletarisch-revolutionäre Ausrichtung der KPÖ im antifaschistischen Kampf hervorragend bewährt hatte, hat sich allerdings dieselbe Partei nach 1945 in den Fallstricken der (klein-)bürgerlichen Ideologie verheddert und nicht verstanden, den Kampf um die sozialistische Revolution anzupacken. (vgl. dazu: PR34)

Die heldenhaften Kämpfer/innen des 12. Februar 1934 legten unter anderem den Grundstein für die Partisan/innen-Einheiten, die ab 1943 einen Beitrag für die Befreiung Österreichs vom NS-Faschismus leisteten.

Auch wenn heute in Österreich noch keine unmittelbare Gefahr eines faschistischen Putsches besteht, müssen wir die wichtigste Lehre aus den Februarkämpfen 1934 beherzigen: Ohne bewussten, offensiven Kampf unter organisierter Führung der entschlossensten und klassenbewusstesten Teile der Arbeiter/innenklasse wird uns der Klassenfeind Niederlage um Niederlage zufügen – auch heute
!

10.2.2009