Praesident inspirierte und förderte eine ganze Nation. Heute haben wir nichts zu fuerchten außer George W. Bush. Es ist meine feste Überzeugung daß Bush und seine Helfershelfer (allen voran Justizminister John Ashcroft) nur ein Ziel verfolgen: Uns eine solche Heidenangst einzujagen, daß wir, egal welches Gesetz sie bewilligt haben oder welche Vollmacht sie vom Kongreß gewährt bekommen möchten, ihnen freudestrahlend geben, wonach immer ihnen der Sinn steht.

Unmittelbar nach dem 11. September konnte Bush den »USA Patriot Act« durch den Kongreß bringen (ausgeschrieben heißt das Gesetz: »Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act of 2001« [»Gesetz zur Einigung und Stärkung Amerikas durch die Bereitstellung der geeigneten und erforderlichen Instrumente zur Abwehr und Verhinderung des Terrorismus«, A. d. Ü.]). Das Gesetz gewährt der Regierung unter weitgehender Mißachtung der bürgerlichen Rechte und des Rechts auf Privatsphäre in einem beispiellosen Maße Freiheiten bei der Informationsbeschaffung. Der Senat nahm das Gesetz mit 98 zu l Stimmen an. Der einzige aufrechte Patriot im Senat an diesem Tag war der demokratische Senator Russ Feingold aus Wisconsin. Nachdem Feingold die einzige Neinstimme abgegeben hatte, erhob er sich und hielt eine ebenso kurze wie brillante Rede:

Es gab Zeiten in der Geschichte unserer Nation, in der die bürgerlichen Freiheiten zurückstehen mußten hinter Forderungen, die damals als legitime Zwänge des Krieges erschienen. Unser nationales Bewußtsein ist noch immer getrübt und gezeichnet von diesen Ereignissen: Die Fremden-und Aufruhrgesetze von 1798, die Aufhebung der Habeas-Korpus-Akte während des Bürgerkriegs, die Intemierung von Amerikanern japanischer, deutscher und italienischer Abstammung während des Zweiten Weltkriegs, die schwarzen Listen angeblicher kommunistischer Sympathisanten während der McCarthy-Ära und die Überwachung und Schikanierung von Antikriegsdemonstranten, darunter auch Dr. Martin Luther King, während des Vietnamkriegs. Wir dürfen nicht zulassen, daß diese Ereignisse der Vergangenheit heute zu einem Prolog werden.
Erpicht darauf, den Republikanern zu einer einstimmigen Annahme des Gesetzes zu verhelfen, versuchten die demokratischen Parteispitzen mit allen Mitteln, Feingold "auf Kurs" zu bringen. Vergeblich. Feingold weigerte sich beharrlich, fuer das Gesetz zu stimmen, und mußte dafür im Senat den Zorn des Fuehrers der Demokratischen Partei, Tom Daschle, über sich ergehen lassen. Gegenüber der Zeitschrift Congressional Quartely erklärte Feingold später: »Ich weiß nicht, ob [mit Nein stimmen] gefährlich ist oder nicht, und offen gesagt, es ist mir auch egal... Falls sich das Schlimmste, was mir deshalb jemals passieren sollte, darauf beschränkt, aus dem Amt geworfen zu werden kann ich mich noch ziemlich glücklich schätzen, wenn man bedenkt, gegen was wir hier antreten.«

In Wahrheit ist die Bezeichnung »USA Patriot Act« auf geradezu groteske Weise irreführend. Das Gesetz ist alles andere als patriotisch. Das angebliche »Patrioten«-Gesetz ist so unamerikanisch wie Mein Kampf. Der Name ist Bestandteil eines ausgeklügelten Plans, dessen Sinn und Zweck darin besteht, einen Mief zu überdecken, der noch schlimmer stinkt als die Brühe in einem Sumpf in Florida.

Ihr könnt das Gesetz natürlich selbst nachlesen, vorausgesetzt, ihr habt mehrere Tage Zeit und eine Schar Anwälte im Schlepptau. Dieses Gesetz ist nicht wie andere Gesetze, die in klarer, unmißverständlicher Sprache sagen, »Dies darfst du hm« oder »Dies darfst du nicht tun«. Der Patriot Act beschränkt sich größtenteils darauf, bereits bestehende Gesetze zu ergänzen oder abzuändern. Auf 342 Seiten erläutert der Gesetzestext mit keinem einzigen Satz, um was es eigentlich geht, sondern bezieht sich ausschließlich auf irgendwelche Absätze in irgendwelchen im Laufe der letzten einhundert Jahre erlassenen Gesetze. Um den Patriot Act lesen zu können, müßtet ihr alle im letzten Jahrhundert verabschiedeten Gesetze kennen, um nachprüfen zu können welchen Satz oder welche Passage der Patriot Act ändert und was dies dann bedeutet. Um euch eine ungefähre Vorstellung zu geben, wovon ich spreche, hier der Abschnitt 220 des USA Patriot Act:
 

Abschnitt 220. Landesweite Ausstellung von Durchsuchungsbefehlen für elektronische Beweise.

(a) GENERELL -- Kapitel 121 in Artikel 18, United States Code, wird wie folgt abgeändert -

(1) in Abschnitt 2703 durch die durchgängige Streichung von »unter der bundesstaatlichen Strafrechtsordnung« und Einfügung von »unter Anwendung der Vorschriften, festgelegt in der bundesstaatlichen Strafrechtsordnung durch ein Gericht mit Jurisdiktion über die Straftat, die Gegenstand der Ermittlung ist«, und

(2) in Abschnitt 2711 --

(A) in Paragraph (1) durch die Streichung von »und«;

(ß) in Paragraph (2) durch die Streichung des Punktes

und die Einfügung von »und«; und

(C) durch die Einfügung am Ende des folgenden Satzes:

(3) »der Begriff "zuständiges Gericht" entspricht der in Abschnitt 3217 definierten Bedeutung und schließt ohne geographische Einschränkung jedes Bundesgericht ein, auf das diese Definition zutrifft.« (b) ENTSPRECHENDE ABÄNDERUNG -- Abschnitt 2703(d) in Artikel 18, United States Code, wird abgeändert durch die Streichung von »beschrieben in Abschnitt 3127(2)(A)«.
 

Habt ihr's kapiert?
Aus diesem Grund raufen sich die Leute im Justizministerium jedesmal die Haare, wenn jemand wissen will, was das alles denn nun genau zu bedeuten hat, und sie empfehlen den Bürgern regelmäßig, den »Gesetzestext selbst zu lesen«, um sich Klarheit zu verschaffen - eine in Anbetracht der verklausulierten Sprache des Gesetzes an Hohn grenzende Empfehlung.

Am 11.Oktober, gerade einmal einen Monat nach dem 11.September, stimmte der Senat einer Version des Gesetzes zu, die Bürgerrechtsexperten für noch weniger akzeptabel hielten als die dem Repräsentantenhaus vorgelegte Version, über die am nächsten Tag abgestimmt werden sollte.

Der Bush-Regierung mißfielen die in der Vorlage für das Repräsentantenhaus enthaltenen Einschränkungen, und so arbeitete das Justizministerium mit dem Sprecher des Repräsentantenhauses die ganze Nacht daran, sämtliche von den Ausschüssen des Hauses an die Vorlage angehängten bürgerrechtlichen Schutzklauseln wieder daraus zu entfernen. Die endgültige Version wurde am 12. Oktober um 3.45 Uhr eingereicht. Als die Repräsentanten ein paar Stunden später zur Abstimmung über das Gesetz im Kongreß schritten, dachten sie, nun würde über die Vorlage abgestimmt werden, auf die sie sich am Vortag geeinigt hatten. Statt dessen stimmten sie über ein Gesetz ab, dem Justizminister John Ashcroft über Nacht die letzten bürgerrechtlichen Zähne gezogen hatte. Nach Angaben der Bürgerrechtsgruppe American Civil Liberties Union hat kaum ein Kongreßabgeordneter vor der Abstimmung die endgültige Version des Gesetzes auch tatsächlich gelesen - der ungeheuerlichste und verantwortungsloseste Vorgang in der gesamten Geschichte des amerikanischen Kongresses.

Was das Gesetz tut? Es erlaubt der amerikanischen Regierung, all die zahllosen E-Mails, die ihr für vertraulich gehalten habt, »abzufangen und nachzuverfolgen«. Wenn das so weitergeht, könnt ihr das Wort »VERTRAULICH« getrost aus eurem Rechtschreibprogramm streichen. Gleichfalls zur Überprüfung freigegeben: Bankaufzeichnungen, Schularchive, die Liste der Bücher, die ihr und eure Kinder dieses Jahr in der Stadtbücherei ausgeliehen habt (oder wie oft ihr euch in der Bibliothek ins Internet eingeloggt habt) und eure privaten Einkäufe. Glaubt ihr etwa, ich übertreibe? Das nächste Mal, wenn ihr im Wartezimmer eures Arztes sitzt oder in der Bank Schlange steht, müßt ihr unbedingt die neuen Vertrautlichkeits Vorschriften lesen. Irgendwo in dem juristischen Kauderwelsch werdet ihr auf einen neuen Warnhinweis stoßen, demzufolge euer Recht auf den Schutz eurer Daten nach den Big-Brother-Bestimmungen unseres neuen Patriot Act geregelt ist.

Und das ist noch nicht alles. Dank der speziellen »Schnüffel und Spitzel«-Vorschriften des Patriot Act können Bundesagenten eure Häuser und Wohnungen durchsuchen, ohne -- stellt euch das mal vor -- euch jemals sagen zu müssen, daß sie dawaren!

Einer der wichtigsten Artikel der amerikanischen Bill of Rights ist der 4. Verfassungszusatz. Wir Amerikaner schätzen unser Recht auf Privatsphäre und lieben es, in einem Land zu leben, in dem der freie Meinungsaustausch gefordert wird. Aus diesem Grund verlangt die Verfassung der Vereinigten Staaten für eine Hausdurchsuchung einen Durchsuchungsbefehl, für dessen Ausstellung es eines verdammt guten Grundes bedarf. Doch jetzt gibt es die neue Anordnung von Ashcrofts Gnaden, die unser liebgewonnenes Verständnis von Heim und Herd kurzerhand außer Kraft setzt. Ashcrofts Gesetz ist kein patriotischer Akt. Weder meine Geschichtslehrerin in der 7. Klasse, Schwester Mary Raymond, noch unsere Gründungsväter (am allerwenigsten Jefferson) würden es mir verzeihen, wenn ich hier nicht auf eine schlichte Tatsache hinwiese: Wenn ihr den Herrschenden erlaubt, in eurem Leben herumzuschnüffeln und eure »Privatsphäre« zu verletzen, dann könnt ihr euch die Hoffnung abschminken, daß ihr in einer freien Gesellschaft lebt.

Statt vor einem ordentlichen Gericht einen hinreichenden Tatverdacht belegen zu müssen, erhalten Ashcrofts Agenten ihre geheimen Durchsuchungsbefehle von einem geheimen Gericht (dem 1978 gegründeten, »regierungseigenen« Foreign Intelligence Surveillance Court, kurz FISA). Dort reicht es, wenn die Feds auftauchen, die Zauberformel »aus geheimdienstlichen Gründen« aussprechen, und schon bekommen sie von ihrem Geheimgericht jeden beliebigen Antrag abgestempelt. Dazu kommen noch die, laut Zeitungsberichten, über 170 im Jahr 2002 ausgestellten »Notfall«-Durchsuchungsbefehle (in den 23 Jahren davor wurden insgesamt nur 47 »Notfall«-Durchsu-chungsbefehle ausgestellt). Diese »Notfall«-Durchsuchungsbe-fehle sind nichts weiter als ein vom Justizminister unterzeichnetes Stück Papier, das den FBI-Agenten ohne Überprüfung durch ein FISA-Gericht erlaubt, 72 Stunden lang Telefone abzuhören und Hausdurchsuchungen vorzunehmen.

Zu den Finessen des USA Patriot Act gehört auch eine Knebelanweisung. Wenn sich das FBI von eurer Bücherei die Liste eurer Ausleihungen hat aushändigen lassen, dürfen die Bibliothekare keinen Menschen über diesen Vorgang informieren -unter Androhung von Strafe versteht sich. (Aber vielleicht könnten Bibliotheken ohne Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen einen wöchentlich aktualisierten Anschlag mit der Aufschrift aushängen: »Hallo Leute, letzte Woche haben keine FBI-Agenten hier herumspioniert.«) Bush/Cheney/Ashcroft und Konsorten müssen nun nicht mehr ernsthaft fürchten, daß ihnen jemand auf die Finger schaut, und können endlich nach Belieben in unserem Leben und in unseren Angelegenheiten herumschnüffeln.

Unter dem Patriot Act kann das Büro des Justizministeriums durch die bloße Ausstellung eines sogenannten »national security letter« von jedem Verdächtigen die Herausgabe aller gewünschten Informationen erzwingen. Seitdem hat Ashscrofts Ministerium solche Sicherheitsanweisungen mit einer Geschwindigkeit ausgestoßen, daß niemand - noch nicht einmal der Rechtsausschuß des Repräsentantenhauses - weiß, wie viele solcher Anweisungen bislang ausgestellt wurden. Als der Rechtsausschuß eben dies wissen wollte, wurde er von Ashcroft mit Hinweis auf seine neuen Kompetenzen abgewiesen. Die Ermittler brauchen jetzt nur noch eine dieser nationalen Sicherheitsanweisungen zu zücken, und voilä - ruck, zuck werden gegeschäftliche, Bildungs-, Internet-, Verbruachs- und andere persönliche Daten herausgegeben, ohne daß ein begründeter Tatverdacht oder auch nur eine geheimdienstliche Notwendigkeit nachgewiesen werden müßten. Mit anderen Worten, das FBI kann jeden ausspionieren und überwachen, und zwar - Ashcroft weigert sich nämlich zu sagen, wen sie ausspionieren - ohne dalj der Kongreß auch nur die Möglichkeit zur Oberprüfung hätte.

Aber das ist noch nicht alles. Inzwischen haben wir so viele Leute ohne Gerichtsurteil in Geheimhaft gesteckt, daß so manche Bananenrepublik auf uns neidisch geworden sein dürfte. So wurden rund 5 000 junge Leute, größtenteils Studenten, vom FBI »interviewt«. Als Begründung reichte nun aus, daß ihre Staatsangehörigkeit ungeklärt war oder sie aus dem Nahen Osten stammten. Weitere l 200 Personen wurden verhaftet und ohne Gerichtsverfahren und ohne Angabe der Haftdauer eingesperrt, und daß zumeist nur wegen geringfügiger Verstöße gegen die Einwanderungsbestimmungen, nach denen früher kein Hahn gekräht hätte. Von den aufgrund von Verstößen gegen die Einwanderungs- und Aufenthaltsbestimmungen Verhafteten saßen elf Prozent länger als sechs Monate hinter Gittern, bevor sie wieder freigelassen oder abgeschoben wurden. Etwa die Hälfte war über drei Monate in Haft.

In einem sehr kritischen Bericht monierte sogar der General-inspektor des Justizministeriums, daß die in einem Bundesgefängnis in Brooklyn festgehaltenen Häftlinge »systematischem körperlichem und verbalem Druck« ausgesetzt waren und unter »übermäßig harten« Haftbedingungen litten, darunter 23-stündige Schließzeiten, rund um die Uhr beleuchtete Zellen, eine Kommunikationssperre und die übermäßige Verwendung von Handschellen, Fußeisen und schweren Ketten. Weiter wurde dem FBI in dem Bericht vorgeworfen, sich »kaum die Mühe einer Unterscheidung« zwischen Einwanderern mit möglichen Verbindungen zum Terrorismus und der großen Mehrheit derjenigen zu machen (viele waren zufällig ins Netz der Fahnder geraten), die offenkundig keine Verbindungen zum Terrorismus hatten.

Es ist unamerikamsch, eine große Gruppe von Menschen ein zukerkern, solange es keinen triftigen Grund für die Annahme gibt, daß sie gefährlich sind.

Schlimmer noch, gegen einige der Inhaftierten wurden heimlich, still und leise Abschiebeverfahren in Gang gesetzt Bereits kurz nach den Anschlägen vom 11. September leiteten Einwanderungsgerichte in den ganzen Vereinigten Staaten zahllose Geheimverfahren ein. Diese Vorgänge auch nur zu bestätigen war den Gerichtsangestellten verboten.

Nun sagen sich vielleicht einige meiner Leser, daß sie als gute US-Bürger mit einer Identitätskarte im Geldbeutel sicher sind vor Bushs Terror. Seid euch da mal nicht allzu sicher. Was ihre größeren Ziele angeht, hat sich die Bush-Administration bislang noch nie von Gesetzen behindern lassen. Bush ist der Ansicht, er habe als Oberbefehlshaber qua Amt die Macht -- soll heißen, ohne Rücksicht auf die geltenden Gesetze des Landes --, Jede beliebige Person als »feindlichen Kämpfer« zu definieren, hinter Gitter zu sperren, abzuschließen und dann den Schlüssel wegwerfen zu dürfen. Ein feindlicher Kämpfer ist laut dieser neuartigen Auffassung - die übrigens einen eklatanten Verstoß gegen das internationale Recht und gegen alles darstellt, wofür unser Land steht - eine Person ohne juristisch festgelegte Rechte.

Der USA Patriot Act und die Erfindung des »feindlichen Kämpfers« lassen erahnen, was Bush noch für uns in petto hat. Da wäre zum Beispiel das vom Pentagon entwickelte Konzept der »Total Information Awareness«. Als jemand Einwände gegen den beängstigenden Begriff »total« erhob, wurde das Konzept kurzerhand in »Terrorist Information Awareness« (TIA) umgetauft. Dieses anfangs von dem Iran-Contra-Mitverschwörer Admiral John Poindexter geleitete und der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) unterstellte Programm soll später einmal in der Lage sein, die Aufzeichnungen aller von über zweihundert Millionen Amerikanern getätigten Transaktio-