Kongo: Eine nicht endende Kolonialgeschichte
Proletarische Rundschau Nr. 12, September 2003
Am 4. Juni 2003 beschloss der sicherheitspolitische Ausschuss der EU-Regierungen
die Teilnahme an einer massiv aufgestockten UN-"Friedenstruppe" (unter
Führung Frankreichs) in der Demokratischen Republik Kongo. UNO-Generalsekretär
Kofi Annan plant insgesamt ca. 11.000 Soldaten in die DR Kongo zu schicken.
Ziel ist angeblich, einen Völkermord wie in Ruanda 1994 zu verhindern.
Als "Erfolg" der Intervention der UNO wurde am 1. Juli von Präsident
Kabila eine "Regierung der Übergangszeit" ernannt.
Laut offiziellen Meldungen heißt es außerdem, dass Truppen aus
Simbabwe und Angola auf Regierungsseite und aus Uganda und Ruanda auf Rebellenseite
bereits 2002 den Kongo verlassen hätten (mit Ausnahme "kleinerer
Kontingente" aus Uganda im Nordosten und Ruanda im Osten des Landes, die
aber jetzt von einer französisch geführten Eingreiftruppe ersetzt
wurden). Verlangt wird nun die massive Aufstockung der UNO-"Friedenstruppen" und
ein neues Mandat (über das der Sicherheitsrat aber noch nicht entschieden
hat), damit die "chaotischen Zustände beseitigt und der Frieden gewährleistet
werden kann...
Seit Beginn dieses Krieges im Jahr 1998 sind in der DR Kongo, dem drittgrößten
afrikanischen Land und dem 12. größten der Welt mit ca. 53 Millionen
Einwohnerinnen offiziell 4,7 Millionen Leute umgekommen (Mai 2003). Weitere
Millionen sind zu Flüchtlingen geworden. X Millionen Menschen leiden wegen
des Krieges an Unternährung, Hunger und Krankheiten. In den meisten bürgerlichen
Medien werden Kriege in Afrika in erster Linie mit Stammeskonflikten begründet.
Aber dort wo es heute um Stammeskonflikte geht, stehen imperialistische Interessen
dahinter. Die DR Kongo ist geradezu ein Paradebeispiel dafür, dass Kolonialismus
und Imperialismus von diesem Gebiet nie wirklich vertrieben wurden. Und: Die
heutige DR Kongo ist für Einsätze der UN alles andere als ein unbeschriebenes
Blatt - sicher kein ruhmreiches... Die Geschichte Afrikas ist durch die Kolonisation
derart maßgeblich bestimmt worden, dass für ein Verständnis
der Vorgänge in Afrika ein Blick in die Kolonialgeschichte angebracht
ist.
Eroberung und Aufteilung
Die Kolonisierung Kongos begann 1482 mit einer portugiesischen Expedition,
die einen Seeweg nach Indien suchte, an der afrikanischen Küste an einen
großen Fluss gelangte und diesen hinaufsegelte, bis in die Gegend des
heutigen Matadi. Zu dieser Zeit bestand auf diesem Gebiet schon seit mehr als
100 Jahren das Königreich des Mani-Kongo. Es dauerte nur wenige Jahre
und Handwerker und Franziskanermönche folgten als Missionare aus Portugal.
Es wurde fleißig missioniert, der König des Kongo, Nzinga Nkuwu,
trat zum Christentum über, er bekam den Namen Joao. Seine Versuche, die
Religion auch seinem Volk zu verordnen, führten allerdings zu blutigem
Widerstand. Sein Sohn Alfonso, der ihm 1507 auf den Thron folgte, handelte
als direkter Agent der Kolonialherren: Er befahl die Christianisierung des
Landes und übernahm das portugiesische Regierungsmodell.
In den folgenden Jahrhunderten blühte der Sklavenhandel, nahezu alle
europäischen Mächte waren an ihm mehr oder weniger stark beteiligt.
Dabei wurden nach Schätzungen etwa 5 Millionen Menschen als Sklaven "exportiert" (ganz
Afrika über 100 Mill.).
Die portugiesischen Kolonialisten setzten sich seit 1576 in Luanda fest und
gründeten die Kolonie Angola. Von dort unternahmen sie Versuche, das Hinterland
und somit die ,,Quelle" der Sklaven sowie die reichen Gold- und Silberminen
(die allerdings nur in der Einbildung der Portugiesen existierten), zu erobern.
Durch militärische Drohungen zwangen die Portugiesen den Mani-Kongo 1648
wichtige Gebiete abzutreten, ihnen innerhalb des Königreichs freien Sklaven-,
Stoff- und Salzhandel sowie die Ausbeutung der Kupferminen zu gewähren.
Da der König den letzten Punkt nicht erfüllen wollte, zog er es vor
weitere Gebiete zu verlieren, ,,als mitzuerleben, dass sich die Portugiesen
im ganzen Königreich festsetzten".[1]
Sein Nachfolger erklärte alle mit den Portugiesen abgeschlossenen Verträge
für ungültig und verlangte die Rückgabe aller verlorenen Gebiete.
Dies bildete die Grundlage für eine portugiesische Generaloffensive. Ein
Krieg stand unmittelbar bevor, daher forderte der Mani-Kongo am 13. Juni 1665
sein Volk auf zu den Waffen zu greifen:
"(...) jede Person, welchen Standes auch immer, ob Adeliger oder Handwerker,
reich oder arm, die fähig ist, Angriffswaffen zu tragen, aus allen Städten,
Dörfern und Weilern meines Königreichs, ist aufgefordert, innerhalb
der nächsten zehn Tage sich der Armee anzuschließen, um unsere Länder,
Eigentumsrechte, Frauen und Kinder, unser eigenes Leben und unsere Freiheitsrechte
zu verteidigen, die die portugiesische Nation an sich reißen will, um Herr über
sie zu sein"[2]
Am 29. Oktober 1665 standen sich die beiden Armeen in der Nähe von Ambuila
(Mbwila) gegenüber. Nach zehn Stunden Kampf trugen die Portugiesen den
Sieg davon. Der kongolesische König wurde getötet, sein Kopf nach
Luanda gebracht und zum Gedenken an die Schlacht in der Kapelle Nosso Senhora
da Nazaré begraben. Diese Schlacht setzte nun den Schlusspunkt unter
den Zerfall des Reiches, das jetzt nur noch die Umgebung von Mbanza Kongo umfasste
und keinen Machtfaktor mehr darstellte.
Mitte
des 19. Jahrhunderts erforschten u.a. Livingstone und Stanley in englischem
Auftrag auf verschiedenen Expeditionen das Innere des Kongogebietes. Nachdem
Stanley seine Reiseberichte vorgelegt und England vorerst kein Interessen an
dem Gebiet gezeigt hatte, trat Stanley 1878 in die Dienste König Leopold
II. von Belgien. Dieser Leopold II. war wahrscheinlich der größte
Geschäftsmann, Finanzier und Spekulant, der damals auf einem Königsthron
saß. Er gründete die die Association Internationale du Congo[3] ,
die Stanley beauftragte, in das Gebiet zurückzukehren, um Handelsstationen
zu errichten und Beziehungen zu den Stammesfürsten aufzubauen. Durch 400
Verträge, sogenannte "Schutzabkommen", mit verschiedenen Stammesoberhäuptern,
die nicht selten mit Gewalt erzwungen wurden, sicherte er Belgien die Rechte
an weiten Gebieten entlang des Kongo.
Der belgische Kolonialismus befand sich zu dieser Zeit in massiver Konkurrenz
mit dem französischen: Auch die französische Kolonialmacht hatte
einen Abgesandten (namens de Brazza) in die Region geschickt, der 1880 im Reich
der Teke ankam und mit dem dortigen König einen Protektoratsvertrag abschloss.
Die französische Kolonialmacht gründete 1880 eine Militärstation
(später Brazzaville, heute Hauptstadt von Kongo-Brazzaville) als Zentrum
der Kolonie Kongo Francaise, so mussten sich die belgischen Kolonisatoren mit
dem Gebiet östlich und südlich des Kongos und des Ubangi "begnügen",
wo Leopoldville (das heutige Kinshasa) als Sützpunkt sowie etwa 40 Handelsposten
im Inneren des Landes gegründet wurden. Bis 1884 war fast das gesamte
Gebiet des späteren belgischen Kolonialreiches in das persönliche
(!) Eigentum Leopolds II. übergegangen. Seit Mitte der 1890er-Jahre fanden
im Kongo-Staat eine Reihe von Aufständen statt, die sich gegen die belgischen
Kolonialisten richteten. Deutschland nahm diese Vorkommnisse zum Anlass, verlassene
belgische Militärstationen zu übernehmen und angrenzende Gebiete
- das spätere Ruanda und Burundi - zu besetzen.
Die belgische Kolonialherrschaft
1884/85 wurde auf Einladung des kaiserlichen Deutschland die Berliner
Kongokonferenz einberufen, um die territorialen Streitigkeiten unter
den Kolonialstaaten zu schlichten. 15 an Kolonialbesitz interessierte Staaten
entsandten Delegierte: Frankreich, Großbritannien, USA, Deutschland, Österreich-Ungarn,
Portugal, Belgien, Italien, Spanien, Türkei, Holland, Russland, Dänemark,
Schweden, Norwegen.
Die Konferenz bestätigte den Besitzanspruch des belgischen Königs
Leopold II. auf das Kongo-Becken. Sie fixierte die Freiheitsklausel des Handels
für den Kongo und legte die Grenzen des "Freistaates Kongo",
wie die Privat-Kolonie des Königs nun genannt wurde, fest. Die Kongokonferenz
der Kolonialmächte verabschiedete außerdem die Maximen der ,,effective
occupation" und der Hinterlandszugehörigkeit. Demnach durfte jede
Macht die Gebiete ihr Eigen nennen, die sie selbst besetzt und erschlossen
hatte. Besaß eine Macht Küstenniederlassungen, so hatte sie das
Recht, ihre Herrschaft auf das Hinterland auszudehnen und zwar solange, bis
sie an den Herrschaftsbereich einer anderen Macht herantrat. Afrika wurde also
am runden Tisch aufgeteilt. Die Tatsache, dass die einzige Bedingung für
den Erwerb von Kolonien die Besetzung von fremdem Land und die anschließende
Bekanntgabe dieses Aktes waren, löste einen regelrechten Wettlauf um koloniale
Besitzungen aus. 1876 waren ca. 10% Afrikas in europäischer Hand. Innerhalb
von 25 Jahren hatten die Kolonialmächte 90% des Territoriums Afrikas untereinander
aufgeteilt. Seit Ende des 19. Jahrhunderts war Afrika nahezu völlig ökonomisch
abhängig von den Zentren des Weltkapitalismus.
Die
Imperialisten hatten unterschiedliche Methoden der Kolonisierung - direkte
und indirekte. Hilferding beschreibt in seinem Werk "Das Finanzkapital" die
dominierende afrikanische Variante der Proletarisierung, wie sie besonders
krass in Kautschukgebieten, wie dem Kongo, auftrat: "Wo die Expropriation
nicht auf einmal so radikal gelingt, wird derselbe Zweck erreicht durch Einrichtung
eines Steuersystems, das von den Eingeborenen Geldbeiträge in einer Höhe
verlangt, die nur aufzubringen sind durch unablässige Arbeit im Dienste
des fremden Kapitals. Diese Erziehung zur Arbeit hat seine Vollendung erreicht
im belgischen Kongo, wo neben der erdrückenden Besteuerung chronische
Gewaltanwendung der infamsten Art, Betrug und Hinterlist die Mittel kapitalistischer
Akkumulation darstellen."
Im Kongo-Staat entfielen 2.420.000 km2 der Ländereien auf den belgischen
Staat und die Konzessionsgesellschaften (das entspricht mehr als der 70fachen
Fläche Belgiens) und nur 30.000 km² verblieben formal dem "freien
Handel". Der Kongo-Staat war den europäischen Großmächten
mit seiner besonders brutalen Art der Ausbeutung und Kolonisierung Vorbild
für andere Teile Afrikas. 1911 ergab eine Volkszählung im Kongo,
dass in den ersten 25 Jahren der belgischen Kolonialherrschaft rund 25 Millionen
Afrikaner/innen dort ausgerottet worden waren. Aufgrund vieler Aufstände
und Kämpfe gegen die Kolonialmächte, die die Kolonialprofite gefährdeten,
wurde ab ca. 1906 eine etwas geänderte Kolonialpolitik verfolgt. Leopold
II. verkaufte seine Privatkolonie für 8 Millionen Goldmark an den belgischen
Staat nachdem er zwischen 1885 und 1905 ein Vielfaches davon, ca. 71 Millionen
belgische Franc, aus dem Kongo herausgepresst hatte, vor allem durch Produkte
wie Elfenbein, Kautschuk, Kupfer und Diamanten.
Der steigende Einfluß des US-Imperialismus
So wurde 1908 der Freistaat Kongo in die Kolonie Belgisch-Kongo umgewandelt.
Dies geschah nach internationalen Protesten der rivalisierenden Imperialisten
(allen voran Großbritannien und die USA), angeblich gegen die brutale
Ausbeutung des Landes und der Bevölkerung sowie der Nichtachtung der Freiheitsklausel
und der festgelegten Grenzen.
Die Entwicklung der Produktivkräfte in Industrie und Landwirtschaft geschah
ausschließlich im Interesse der ausländischen Monopole und führte
zur Herausbildung einer völlig einseitigen kolonialen Wirtschaftsstruktur.
Eisenbahnlinien wurden gebaut, die wie überall in Afrika von den Bergbau-
und Plantagengebieten zu den Küstenplätzen führten.
In
den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es vor allem gegen die Zwangsarbeit
auf den Plantagen und ständige Steuererhöhungen zahlreiche Aufstände,
gegen die mit Strafexpeditionen und Hinrichtungen vorgegangen wurde. In Belgisch-Kongo
waren eine Reihe von Konzentrationslagern (sog. "Besserungslager")
errichtet worden, in denen tausende Freiheitskämpfer gefangen gehalten
wurden.
Im 2. Weltkrieg kam es in der Kolonialfrage zwischen den Westmächten
zu massiven Widersprüchen. Die französische und belgische Kolonialmacht
wurde deutlich geschwächt, Großbritannien und die USA kämpften
verstärkt um eine Neuaufteilung der Einflusszonen in Afrika. Belgisch-Kongo
wurde während des Krieges von London aus verwaltet, wohin die belgische
Regierung, nach der Okkupation Belgiens durch deutsche faschistische Truppen, übersiedelt
war.
Seit der Ankunft amerikanischer Truppen September 1942 in Belgisch-Kongo errichteten
die USA eine vollständige Kontrolle über die Uran-Radium-Vorkommen
in Katanga (Südkongo). 1942 wurde zwischen USA, Großbritannien und
Belgien ein Abkommen getroffen, durch das die USA das Kaufrecht für drei
Viertel des in Belgisch-Kongo geförderten Uranerzes erhielten. Der imperialistische
Feldzug der USA hatte jedenfalls in großem Stil begonnen...
Das Ende des Kolonialsystems, Lumumba und die UNO
Nach Ende des 2. Weltkriegs blieb Belgien Kolonialmacht, spätestens
seit Mitte der 50er-Jahre aber war das gesamte Kolonialsystem im Wanken. 1955
wurde im Auftrag der belgischen Regierung ein Plan vorgestellt, die Kolonie
nach einer Übergangsfase von 30 Jahren in die Unabhängigkeit zu entlassen.
Daraufhin publizierte ein Kreis kongolesischer Intelektueller unter der Führung
von Ileo und des Kardinals Malula ein "Manifeste de la concience africaine" (1956),
das die Emanzipation Kongos verlangte. ABAKO, eine der später wichtigen
Parteien, unter J. Kasavubu forderte in einem anderen Manifest nicht nur demokratische
Freiheiten wie das Recht auf Gründung politischer Parteien, sondern die
schnellstmögliche Selbstständigkeit und staatliche Unabhängigkeit
des Landes. Noch 1958, zwei Jahre vor der Unabhängigkeit, plante Belgien
einen Zeitraum von 10 Jahren bis zur Beendigung des kolonialen Status des Kongo
ein.
Anfang Januar 1959 versuchte die belgische Administration die Abhaltung einer
ABAKO-Versammlung zu verhindern - antikolononiale Massendemonstrationen und
Straßenkämpfe in der Hauptstadt Léopoldville (Kinshasa) waren
die Folge. Mehr als 50 Kongoles/innen wurden dabei von den Sicherheitskräften
getötet, über 300 verletzt. Als Reaktion darauf erklärte der
belgische König wenige Tage später, am 13. Januar, die Absicht, den
Kongo in "Wohlstand und Frieden" zur baldigen Unabhängigkeit
zu führen. Der belgische Kolonialismus sah sich aufgrund des stärker
werden Drucks der antikolonialen Bewegung zu Zugeständnissen gezwungen,
vom "Paternalismus" sollte zum "Fraternalismus" übergegangen
werden.
Die "Charte coloniale" von 1908, hatte den Kongoles/innen jegliche
politische Aktivität untersagt; doch dieses Recht musste Belgien Ende
der 1950er-Jahre einräumen. Aber, anders als in anderen afrikanischen
Ländern wo eine einzige Partei Ausdruck des neuen antikolonialen Nationalbewusstseins
war, entstanden im Kongo zum Teil mit Unterstützung der Imperialisten
unzählige politische Parteien mit unterschiedlichsten Interessen (im September
1959 gab es 31 Parteien; Ende Mai 1960 schon 120). Die "Mouvement National
Congolaise" (MNC) von Patrice Lumumba war die einzige, die sich politisch
auf das ganze Staatsgebiet, nicht nur auf einzelne Regionen, ausrichtete und
somit einen kongolesischen Nationalismus vertrat.
Ansporn für die Unabhängigkeit waren auch verschiedene Ereignisse
außerhalb des Landes: Die Unabhängigkeit Ghanas 1957 unter dem Nationalrevolutionär
Nkrumah,
oder auch die "All African People's Conference" in Accra, der Hauptstadt
Ghanas, 1958, an der Patrice Lumumba im Gegensatz zu seinem politischen Gegenspieler
Joseph Kasavubu teilnehmen konnte. In seiner Rede sagte er: "Die Unabhängigkeit,
die wir im Namen des Friedens fordern, kann nicht länger als Geschenk
Belgiens angesehen werden, im Gegenteil ... sie ist ein Recht, das das kongolesische
Volk verloren hat." Das trug sicher nicht zu seiner Beliebtheit bei den
Imperialisten bei.
Unter den kongolesischen Politikern gab es vor allem zwei verschiedene Vorstellungen
von der politischen Gestaltung des unabhängigen Kongo: ein zentralistisches
und ein föderalistisches Konzept. Lumumba und seine Partei MNC waren zentralistisch
orientiert, sie forderten die Unabhängigkeit sowohl in politischer, als
auch in wirtschaftlicher Hinsicht und forderten auf internationaler Ebene Bündnisfreiheit,
so waren sie Belgien und anderen der westlichen Mächte ein Dorn im Auge.
Joseph Kasavubu gehörte den "Gemäßigten" an, er wurde
von den Belgiern und anderen westlichen Regierungen unterstützt. Seine
Partei ABAKO wollte aus dem Kongo eine Föderation autonomer Regionen machen.
Eine Koalition aus MNC, ABAKO und PSA forderte von den Belgiern einen "Runden
Tisch", wo die Bedingungen und der Zeitplan für die Unabhängigkeit
ausgearbeitet werden sollten. An dieser Konferenz Anfang 1960 nahmen zehn belgische
Abgeordnete und 44 kongolesische Delegierte teil. Die Kongolesen einigten sich
auf eine sofortige Unabhängigkeit, die für den 30. Juni desselben
Jahres festgelegt wurde. Ihr vorausgehen sollten Wahlen auf kommunaler und
nationaler Ebene im Mai. Das Zentrum des kolonialen Staates, die Verwaltung
und die Armee, sollte nach diesen Verhandlungen aber in der Hand Belgiens bleiben,
ebenso die Wirtschaft. Die zweite Konferenz im April, in der es hauptsächlich
um wirtschaftliche Fragen ging, fand dann auch weitgehend unter Ausschluss
der Kongolesen statt. Die beglische Kolonialmacht sicherte sich für die
Zeit nach der Unabhängigkeit gewaltigen Einfluss und Macht auf wichtige
Bereiche des Staates.
Lumumbas Partei wurde bei den Wahlen zwar die stärkste Fraktion, hatte
jedoch nur 33 der 137 Sitze und musste für die Regierungsbildung mit anderen
Parteien koalieren, vor allem mit Kasavubus ABAKO. Lumumba wurde Premierminister,
Kasavubu Präsident des unabhängigen Kongo.
Die Ermodung Lumumbas und der Übergang zum Neokolonialismus
Die durch das Parlament am 24. Juni 1960 demokratisch gewählte Regierung
Lumumbas geriet bereits fünf Tage nach der offiziellen Unabhängigkeit
in arge Schwierigkeiten.
Die
kongolesischen Streitkräfte revoltierten gegen die noch immer belgischen
Offiziere (1.100 belgische Offiziere kommandierten 24.000 Kongolesen). Um die "Ordnung
wiederherzustellen", besetzten die Belgier mit ihren noch im Kongo befindlichen
Truppen strategisch günstige Orte, flogen zusätzliche Kräfte
ein und bombardierten die Stadt Matadi. Die neue kongolesische Regierung sah
darin einen Eingriff in die Angelegenheiten eines unabhängigen Staates
und fürchtete zu Recht, dass Belgien auf diesem Wege versuchte, seinen
Herrschaftsanspruch neu zu formulieren.
Zur gleichen Zeit gab es von den Imperialisten unterstützte Abspaltungsbestrebungen
der Provinzen Katanga und Kasai. In Katanga, wo die reichsten Kupfervorkommen
des Landes sind, proklamierte der Premier Moïse Tshombé, unterstützt
von belgischen Minenbetreibern, die Unabhängigkeit und bat Belgien um
militärische und politische Hilfe. Lumumba wandte sich an die Vereinten
Nationen. Er bat um die Entsendung von Militärkontingenten zur Sicherung
des inneren Friedens. Daraufhin ordnete der UN-Sicherheitsrat den Rückzug
der belgischen Truppen an und entsandte ein militärisches Kommando in
den Kongo, die UN-Truppe ONUC[4].
Tshombé willigte in den Einmarsch der UN-Truppe nach Katanga ein, wenn
sie nicht in interne Konflikte eingreifen würde. Die UN weigerte sich
also offensichtlich, Lumumba zu unterstützen, der sich daraufhin an die
UdSSR wandte und um Militärflugzeuge bat, damit seine Truppen nach Katanga
fliegen könnten. Zugleich betrieben die Imperialisten auch die Sezession
der diamantenreichen Provinz Kasai (nördlich von Katanga). 
Während dieser Vorgänge enthob Kasavubu, der durch belgische und
französische Berater und die CIA unterstützt wurde, Lumumba am 5.
September 1960 seines Amtes. Die kongolesische Armee unter der Führung
von Oberst Joseph Desiré Mobutu übernahm nach einem Putsch die
Kontrolle über das Land. Kasavubu schloss einen Kompromiss mit Mobutu
und übertrug diesem am 29. September die Exekutive und die Verwaltungshoheit.
Lumumba wurde am 2. Dezember verhaftet. Aber der stellvertretende Premierminister
unter Lumumba, Antoine Gizenga, erklärte sich zum Premierminister und
machte Stanleyville (heute Kisangani) zur Hauptstadt. Daraufhin marschierten
am 9. Januar 1961 Soldaten, die mit Lumumba sympathisierten, im Norden Katangas
ein. Diesmal reagierte die UNO sofort und schickte ihre für den Kongo
bereitgestellten Truppen in die abtrünnige Provinz.
Die politischen Kämpfe nach der Unabhängigkeit, führten dazu,
dass sich westliche Staaten, allen voran Belgien und die USA, wieder etablieren
konnten. Vor allem die USA wollten Einfluss im Kongo gewinnen. In Lumumba hatten
sie ihre Interessen gefährdet gesehen, da dieser die nationalen Interessen
seines Landes verfolgte. Die USA und Belgien drängten darauf, einen Vertreter
an die Macht in Kinshasa zu bringen, der ihnen wohl gesonnen war.
Am
17. Januar 1961 wurde Lumumba an die proimperialistische Provinzregierung von
Katanga ausgeliefert, wo er am 12. Februar von belgischen Soldaten ermordet
wurde. Hinter dem Mord steckte die CIA, die UNO spielte dabei ebenfalls eine
sehr zwielichtige Rolle. Die genauen Umstände seines Todes und des seiner
Mitkämpfer (Mpolo und Okito) wurden von Belgien jahrzehntelang vertuscht.
Erst 40 Jahre später wurde eine Untersuchungskommission eingesetzt und
im 2001 erschienenen Buch von Gerard Soete ("The Arena: The Story of Lumumba's
Assasination") die Details und Hintergründe genauer beschrieben.
Mobutus geschäftsführende Regierung wurde bereits im Februar von
Präsident Kasavubu wieder entlassen und durch eine provisorische Regierung
unter Premierminister Joseph Ileo ersetzt. Cyrille Adoula, der die lumumbistische
Politik fortführen wollte, wurde am 2. August 1962 Premierminister. Aber
auch er konnte Tshombé nicht dazu bewegen, seinen Kurs zu ändern.
Im Dezember kam es zu einem massiven Vorgehen der UN-Kongotruppen gegen Katanga,
das die Provinz am 15. Januar 1963 zur endgültigen Kapitulation zwang;
Tshombé und seine Mitstreiter wurden amnestiert.
Adoula konnte zwar ein Kabinett mit lumumbistischer Mehrheit aufstellen, er
trat aber im Juni 1964 zurück und Tshombé wurde mit der Regierungsbildung
beauftragt. Im Dezember 1963 begannen Lumumbisten unter Pierre Mulele (trotz
Amnestie am 8.10.68 hingerichtet) einen Befreiungskrieg in Kwilu, dem die Machtübernahme
im Osten des Landes durch Soumialot folgte mit der Ausrufung der Volksrepublik
Kongo mit Stanleyville (Kisangani) als Hauptstadt. Die Volksrepublik Kongo
wurde mit Hilfe belgischer, britischer und US-amerikanischer Truppen niedergeschlagen.
Die Hoffnung auf eine unabhängige Republik Kongo ging nicht auf.
Tshombé konnte sein politisches Überleben zunächst durch
eine Koalition retten. Kurz nach den Wahlen im Frühjahr 1965 wurde er
aber neuerlich von Staatspräsident Kasavubu seines Amtes enthoben. Unterstützt
durch die USA stürzte im November 1965 Generalleutnant Mobutu bei einem
Staatsstreich Kasavubu und ernannte sich selbst zum Präsidenten.
So setzten die Imperialisten ihre Interessen durch, liquidierten Lumumba und
etablierten die Herrschaft Mobutus, dessen Regime über drei Jahrzehnte
von den USA, Belgien und Frankreich (mit Unterstützung Deutschlands) aufrechterhalten
wurde.
Mobutu löste nach seiner Machtübernahme alle Parteien auf und gründete
die Einheitspartei Mouvement populaire de la révolution (MPR). Der Partei
waren eine Gewerkschaft und Jugend- und Frauenorganisationen angeschlossen.
Jede/r Kongoles/in wurde von Geburt an Parteimitglied. Kongo wurde in Republik
Zaire umbenannt.
Die Wirtschaft Kongo-Kinshasas boomte in den ersten Jahren der Herrschaft
Mobutus, hauptsächlich wegen der guten Preisentwicklung von Kupfer auf
dem Weltmarkt. Von 1967 bis 1969 stieg der Preis von Kupfer, dem wichtigsten
Exportgut um mehr als 30 Prozent. Neben Kupfer und Kobalt aus Katanga, sind
Diamanten aus Kasai, Gold aus dem Kivu, Silber, Zinn, Uran, und Wolfram von
Bedeutung, aber auch sehr seltene Mineralien wie etwa Coltan. Mehr als 21 Prozent
der Rohstoffreserven des südlich der Sahara gelegenen Afrikas befinden
sich in Kongo-Kinshasa.
Mit
der Ölkrise 1973/74 fielen die Rohstoffpreise und die Einnahmen des Staates
gingen zurück. Eine Verschuldungskrise folgte. Die Infrastruktur zerfiel
immer mehr. Heute gibt es nur 2500 Kilometer asphaltierte Straßen (in
einem Land mit einer Fläche von 2/3 der EU!) . Landwirtschaftliche Produkte
in nur 20 Kilometern Entfernung von der Stadt verderben, während in Kinshasa
Lebensmittel benötigt werden, weil keine befahrbare Straße existiert.
Eine funktionierende Eisenbahn gibt es nur in Katanga (Hauptabbaugebiet von
Kupfer). Auch die Schifffahrt auf dem Kongo funktioniert nur mehr schlecht,
weil die Schiffe teilweise noch aus der Kolonialzeit stammen und renoviert
werden müssten.
Dass sich Mobutu solange an der Macht halten konnte, ist in erster Linie der
breiten Unterstützung durch die USA, Frankreich und anderer westlicher
Staaten zuzurechnen. Er erhielt von ihnen "Entwicklungshilfe" und
konnte auch auf militärische Unterstützung zählen. Diese ausländische
Unterstützung wurde mit dem Ende des "Kalten Krieges" stark
reduziert oder ganz beendet. Aber noch 1990 hatte Mobutu amerikanisches, französisches,
belgisches, westdeutsches, südafrikanisches, ägyptisches und israelisches
Militärpersonal unter Vertrag.
Der Sturz Mobutus und die Politik Kabilas
Im April 1990 sah sich Mobutu genötigt, verschiedene verbale Zugeständnisse
an das kongolesische Volk zu machen, die er jedoch nicht einlöste. In
den folgenden Monaten kam es zu großen Demonstrationen, im Mai 1990 gab
es auf dem Universitäts-Campus von Lubumbashi ein Massaker mit mehr als
500 Todesopfern, woraufhin Belgien, Frankreich, die USA und Kanada eine "internationale
Untersuchungskommission" forderten und dem Regime Mobutu die Zusammenarbeit
aufkündigten. Es gab die ersten Streiks von Beamten seit 1960, verschiedene
Zeitungen und oppositionelle Gruppen wurden gegründet. Im März 1991
gab es bereits rund 200 neue politische Parteien. Im August 1990 wurde eine
oppositionelle Einheitsfront gegründet, die die Einberufung einer Nationalkonferenz
forderte. Diese begann im August 1991.
1991 intervenierten wieder einmal französische Truppen im Kongo, ihnen
folgten 850 belgische Paramilitärs, im Namen der "Demokratisierung".
Ein großes Problem bestand darin, dass die "demokratische Opposition" gegen
Mobutu, die sich jetzt "Zivilgesellschaft" nennt, fast durchwegs
proimperialistisch war.
Eine Regierungsbildung erfolgte im Oktober 1991 durch Tshisekedi, der von außen
durch eine internationale "Troika" (USA, Frankreich und Belgien)
unterstützt wurde. Im Januar 1993 kam es in Kinshasa bei Protesten gegen
Mobutu zu Unruhen, bei denen rund 1000 Menschen starben.
Die für Dezember 1994 geplanten Wahlen fanden nicht statt.
Nach den Massakern in Ruanda 1994 erlaubte Mobutu Frankreich, die Region Kivu
als Basis für seine "Operation Türkis" zu benutzen. In
den UN-Flüchtlingslagern für ruandische Hutus, die nach dem Genozid
aus Ruanda gekommen waren, kam es immer wieder zu Aufständen.
Unterdessen
setzten die USA, die neues Land und Einflussgebiete witterten, Truppen aus
Uganda und Ruanda ein, um gegen Mobutus Kräfte zu kämpfen, auch der
spätere Präsident Desiré Laurent Kabila, der seit den 60er-Jahren,
als er Lumumbist war, im Untergrund arbeitete, wurde in diesem Rahmen von den
USA unterstützt.
Am 30.09.1996 wurde Bukavu als erste Stadt von der späteren AFDL[5] erobert,
die einen Monat später offiziell gegründet wurde. Ihre Mitglieder
waren die Parti de la Révolution Populaire (unter Kabila), das Conseil
National de Résistance pour la Démocratie (A. Kisase), die Alliance
Démocratique des Peuples (D. Bugera) und das Mouvement Révolutionnaire
du Zaïre (Masasu Nindaga).
Am 17.05.1997 marschierten nach neunmonatigem Kampf die Truppen der AFDL ohne
Widerstand in Kinshasa ein. In einem in Lubumbashi veröffentlichten Kommuniké erklärt
die AFDL Laurent Désiré Kabila zum Staatspräsidenten. Das
Land bekam den Namen République Démocratique du Congo zurück.
Präsident Kabila kündigte im August 1998 die Vereinbarungen mit
seinen ehemaligen Partnern Ruanda und Uganda auf, er stellte die Schürfverträge
(Diamanten, Gold, Kupfer ..) in Frage, entließ die ruandischen Berater
und annullierte die Forst-Konzessionen für Uganda. Die ruandischen Soldaten,
die im Dienste der USA standen, wurden des Landes verwiesen. Daraufhin besetzten
ruandische und ugandische Truppen die Städte Goma und Bukavu im Osten,
und Kitona, Banana und Matadi im Westen.
Uganda hatte im Nord-Osten ein Netz von Kommandeuren der Ugandan Peoples Defence
Forces (UPDF) und war aktiv und direkt an der Ausbeutung der natürlichen
Ressourcen der DR Kongo beteiligt. Die Rwandan Patriotic Army (RPA) profitierte
ebenfalls. So hat sich der Coltan-Export Ruandas zwischen 1998 und 2000 versiebenfacht,
was kaum mit der Steigerung der Produktion innerhalb Ruandas zu erklären
ist.
Im
August 1998 wurde mit Unterstützung von Uganda und Ruanda im Osten des
Landes die "Rassemblement Congolais pour la Démocratie" (RCD)
gegründet. Ihre Führer wurden Ernest Wamba-dia-Wamba und Zahidi Ngoma.
Die RCD spaltete sich im Frühjahr 1999 in die von Ruanda unterstützte
RCD-Goma und die von Uganda unterstützte RCD-ML (Mouvement pour la Libération).
Die RCD-ML hat ihren Sitz in der Stadt Bunia, in der Nähe der ugandischen
Grenze. Schon vor dieser Spaltung der RCD, hatte Uganda bereits eine weitere "Rebellenbewegung" unterstützt:
die Mouvement pour la Libération du Congo (MLC), die ihre Basis im Norden
Kongo-Kinshasas hat. Die im November 1998 gegründete MLC wird von Jean-Pierre
Bemba angeführt. Bemba ist Sohn eines unter Mobutu sehr erfolgreich tätigen
und reichen Geschäftsmanns. Die MLC wurde im Jahr 2000 zu 40 Prozent von
Uganda finanziert. Im Januar 2001 wurde die RCD-ML schließlich mit der
größeren MLC fusioniert. Diese Organisation nennt sich Front pour
la Libération du Congo (FLC).
Uganda und Ruanda "unterstützten die Rebellen" angeblich, um
die "Sicherheit ihrer Territorien" wiederherzustellen. Die Hauptfront
des Krieges verlief jedenfalls entlang der großen Minen - worum es also
geht, ist offensichtlich.
Die ruandische Armee führte innerhalb der DR Kongo (Kisangani, Hauptstadt
der Provinz Oriental) auch direkt gegen Uganda Krieg, unter anderem weil dieses
versucht hatte, Coltan-Handel mit den Mai-Mai-Milizen, die loyal zur Regierung
stehen und daher mit Ruanda und Uganda verfeindet sind, zu betreiben.
Am 7.7.1999 wurde in Lusaka (Sambia) ein Friedensabkommen abgeschlossen, das
im Juli und August 1999 unterzeichnet wurde. Dieses Lusaka-Abkommen sieht die
Wiederherstellung des Friedens und der Sicherheit im Kongo und die Bekräftigung
der Unverletzlichkeit der nationalen Grenzen der Demokratischen Republik Kongo
vor. Kabila stellte sich nach diesem Abkommen gegen die imperialistische Einmischung
und die Stationierung der UNO-Truppen in der DRKongo (MONUC), was als Missachtung
des Lusaker Friedensabkommens betrachtet wurde. Die Kampfhandlungen seitens
der verschiedenen "Rebellenbewegungen" wurden fortgesetzt, es kam
auch zur Eroberung bzw. Besetzung einiger durch die Regierung in Kinshasa kontrollierter
Gebiete.
"Kongo-Wirren" 2001-2002:
Hektische Bemühungen der Imperialisten,
auf dem Weg von Verhandlungen ihren Einfluss zu erweitern
Am 16. Januar 2001 wurde Laurent Desiré Kabila ermordet. Die genauen
Umstände liegen wieder einmal im Dunklen, ziemlich sicher ist, dass Kabila
kein Liebkind der USA war und diese ein massives Interesse daran hatten, ihn
abzusetzen. Nach seiner Ermordung war in der Financial Times zu lesen: "Laurent
Kabila ... alienated Western powers and African allies in his three-and-half
years in power… He was welcomed as a liberator when his rebel forces
marched into Kinshasa in 1997, toppling the late Mobutu Sese Seko, but diplomats
and statesmen had come to view him as a man impossible 'to do business with',
a key factor in central Africa's growing instability…The World Bank and
the IMF found him so obstructive, talks on new aid were abandoned." (d.h.
Er wurde von den Imperialisten unterstützt, als es um die Beseitigung
Mobutos ging; er wurde aber dann von ihnen beseitigt, weil er für Weltbank
und IWF einen Unsicherheitsfaktor darstellte...)
Die präsidiale Gewalt ging auf den Sohn Joseph Kabila über.
Die neue Regierung unter Joseph Kabila hat in Zusammenarbeit mit dem IWF und
der Weltbank schnell verschiedene Maßnahmen ergriffen, z.B. die Liberalisierung
des Wechselkurses des kongolesischen Franc und des Preises für Erdölprodukte.
Seit dem 26. Mai 2001 sind diese Maßnahmen rechtskräftig, was zur
direkten Folge hat, dass die Preise sehr schnell steigen, während die
Löhne unverändert bleiben. An diesen Maßnahmen ist aber vor
allem auch zu erkennen, dass Joseph Kabila eine Politik der Annäherung
an die Imperialisten verfolgt.
Auch die EU nahm die strukturelle Zusammenarbeit mit der DR Kongo, die seit
Anfang der 90er Jahre suspendiert war, wieder auf. Beispielsweise hat die Siemens
AG angekündigt, die Produktivität des Wasserkraftwerks von Inga steigern
und einige Flughäfen modernisieren zu wollen.
Es folgten zahlreiche Verhandlungsrunden unter der Schirmherrschaft der Imperialisten
und unzählige neue Abkommen. Mandela als beliebter "Vermittler" in
diversen afrikanischen Konflikten und der südafrikanische Präsident
Mbeki standen bei diesen Verhandlungen und Abkommen eindeutig auf Seiten der
Imperialisten und übten Druck auf die kongolesische Regierung aus, ihre
souveränen Rechte einzuschränken. 
Beim Gipfeltreffen von Lusaka (15.-16.02.2001) sollte der Friedensprozess
in der DR Kongo "wieder in Schwung gebracht" werden. Der UNO-MONUC
wurde die Stationierung ihrer Truppen in den festgelegten Gebieten beiderseits
der Front gestattet.
Nach den Treffen von Gaborone (Botswana), Addis Abeba (Äthiopien), New
York, Abuja (Nigeria) und Genf, bei denen die kriegführenden Parteien
(Regierung in Kinshasa, RCD-Goma und MLC), die in Addis Abeba hervorgetreten
Divergenzen, die wiederum zum Scheitern des innerkongolesischen Dialogs führten
- die Regierungsdelegation verließ die Verhandlungen -, fand in Sun City
(Süd Afrika) der nächste innerkongolesische Dialog statt, an dem
360 Delegierte teilnahmen. Es wurde ein "partielles Rahmenabkommen" für
die Übergangszeit baschlossen. Das Abkommen von Sun City sah vor, dass
Joseph Kabila an der Spitze des Staates bleibt, J.P. Bemba zum Premierminister
ernannt wird, die RCD-Goma die Führung des Parlamentes übernimmt,
der Senat durch eine aus der unbewaffneten Opposition stammende Persönlichkeit
geleitet wird und die "bürgerlichen Institutionen" (unabhängige
Wahlkommission, Medienkontrollorganisation, Kommission für Wahrheit und
Versöhnung, nationales Organ zur Beobachtung der Menschenrechte, Kommission
für Ethik und gegen Korruption) unter dem Vorstand der "Zivilgesellschaft" stehen
werden. (Diese Zivilgesellschaft spielt im Kongo eine höchst zwielichtige
Rolle, Kommunist/innen sind sicherlich keine darunter). Anfang Juni 2002 fanden
in Matadi Gespräche zwischen Regierung, MLC und anderen Unterzeichnern
des Abkommens von Sun-City über die Charta der Übergangszeit statt,
die abgebrochen wurden.
Nach dem Scheitern der Gespräche von Matadi im Juni 2002 herrschte wieder
der Status quo: die Teilung des Landes in verschiedene kleine Republiken, die
von den kriegführenden Parteien und ihren "Alliierten" regiert
wurden: Kinshasa (Regierung), Gemena (MLC), Bunia (RCD-K-ML), Goma (RCD-Goma),
Isiro (RCD-N) und Wamba dia Wamba (RCD-ML). In verschiedenen Regionen wurde
gekämpft: in Kibali-Ituri zwischen der RCD-ML des Kommandanten Lubanga
und den Truppen von Nyamwisi (RCD-K-ML, Unterzeichner des Abkommens von Sun
City); auf der Hochebene von Minembwe (Süd-Kivu) zwischen den Truppen
von Kommandant Mansunzu, Abtrünniger der RCD-Goma, unterstützt durch
die Mai-Mai- und Interahamwe-Milizen und den ruandischen Truppen; in der Region
von Pweto (Katanga), wo die Mai-Mai-Milizen, unterstützt durch die kongolesische
Armee, gegen die Truppen der RCD-Goma, assistiert durch ruandische Truppen,
kämpften.
Am 22.07.2002 wurde in Pretoria (Süd Afrika) ein Friedensabkommen zwischen
der DR Kongo und Ruanda abgeschlossen. Dabei verpflichtete sich Ruanda, seine
Truppen aus der DR Kongo zurückzuziehen und die DR Kongo im Gegenzug,
die "negativen Kräfte" zu entwaffnen, die ruandischen Staatsbürger
zu repatriieren und die "Genozidäre" dem internationalen Gerichtshof
zu überstellen. Am 06.09.2002 wurde in Luanda (Angola) ein Abkommen mit
Uganda unterzeichnet, das den Abzug der ugandischen Truppen aus der DR Kongo,
die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen und die Wiederaufnahme der
bilateralen Zusammenarbeit zum Inhalt hat. Die ruandischen Truppen wurden aus
der DR Kongo zurückbeordert, die ugandischen Truppen allerdings blieben
auf Bitte der Regierung in Kinshasa und der MONUC noch in Bunia stationiert.
Daraufhin war Ruanda ziemlich schnell auch wieder zur Stelle.
"Reden erst die Völker selber, werden sie schnell einig sein..."
An
dieser - bei weitem nicht ausführlichen - Aufzählung von Ereignissen,
die in den Medien gerne als "Kongo-Wirren" bezeichnet werden, wird
aber wohl deutlich, dass es um politische Kräfte im Kongo geht, die von
verschiedenen imperialistischen Mächten unterstützt und aufeinander
gehetzt werden, und nicht um "Stammeskonflikte". Bei den sogenannten "Kongo-Wirren" handelt
es sich eben nicht, wie die bürgerlichen Medinen uns weis machen wollen,
um "mörderische Stammeskriege zwischen den Hema und Lendu" oder
anderen, d.h. zwischen Ackerbauern und Viehzüchtern. Solcher Unsinn von "Kalashnikow-bewaffneten
Wilden" als Kriegsgrund wird verbreitet, um die "menschliche" Überlegenheit
des imperialistischen Nordens zu beweisen, was geradezu nach einem "zivilisatorischen" Eingreifen
schreit - Notfalls eben mit Gewalt.
Tatsächlich
haben die Widersprüche zwischen (und innerhalb) der EU und den USA auch
nach dem offiziell verkündeten Ende des Irak-Feldzugs keineswegs abgenommen.
So versuchen jetzt alle Seiten umso heftiger, ihre imperialistischen Interessen
nach Einflusszonen durch militärische Intervention abzusichern und auszudehnen.
Die Rivalität der Imperialisten ist die Ursache der barbarischen Kriege
- eben auch in Zentralafrika. Die endlose Serie von gescheiterten "Friedensverhandlungen" ist
Ausdruck des erbitterten Ringens der Imperialisten um Einfluss - und nicht
der Sturköpfigkeit von Stammeshäuptlingen... Erst mit dem Sturz des
Imperialismus wird weltweit die große Zahl der (angeblichen) Kriegsgründe
wegfallen!
Mit der jetzigen Stationierung von EU-Truppen versuchen die europäischen
Imperialisten - nach dem Überfall der USA auf den Irak - mit dem Kongo
ein wichtiges Rohstoffgebiet in einem ihrer traditionellen Kolonialländer
von den USA zurückzuerobern.
Auch wenn der US-amerikanische Imperialismus (als Hintermann der meisten rwandesisch-
und ungandisch-gesteuerten "Rebellengruppen") die Hauptschuld für
die 4 Millionen Kriegs-Opfer in der DR Kongo trägt, müssen die fortschrittlichen
und Friedenskräfte in der EU mit aller Entschiedenheit gegen jede EU-Intervention
in der DR Kongo auftreten. Ziel der EU-Truppen ist es, die neokoloniale Abhängigkeit
und Unterwerfung der DR Kongo zu erhöhen, den imperialistischen Zugriff
auf die reichen Bodenschätze zu erleichtern und gegenüber dem US-amerikanischen
Rivalen seinen Einflussbereich klar abzustecken.
Die Perspektive der antiimperialistischen Kräfte in der DR Kongo (über
die wir zu wenig wissen, um dazu Stellung zu beziehen) liegt in der Ausnützung
der zwischenimperialistischen Widersprüche, um ein Maximum für die
Unabhängigkeit und Selbstständigkeit ihres Landes herauszuholen.
Die Geschichte der Unabhängigkeitskämpfe des kongolesischen Volks
sind in der Erinnerung mehr denn je lebendig und sind für die Arbeiter/innen
und Bäuer/innen der DR Kongo ein Ansporn, die Volkseinheit herzustellen,
die Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten zu nützen
und beim nächsten Ansturm die Imperialisten und ihre einheimischen Lakaien
zu verjagen.