Einfach gut

Anne Wills erste Moderation der „Tagesthemen“

Um es gleich zu sagen: Die Sache mit dem Wetter hat Anne Will prima gelöst. Sie hat nicht gewickert, die Pointe saß, dass jeder sie gleich verstand, und versprochen hat sie sich auch nicht dabei. Und so mit den Augen zu klimpern wie die Maus in der gleichnamigen Sendung, was Gabi Bauer, die Liebe, so unnachahmlich beherrschte, hat sie sich offenbar gar nicht erst vorgenommen. Ja, geradezu klassisch hat die Neue bei den Tagesthemen die Überleitung zum Wetterbericht hinbekommen.

„Und was fehlt uns noch?“, fragte sie in die Kamera hinein. Gäbe es vom Fernseher die Leitung zurück ins Studio, sie hätte nun hören können, wie der vielstimmige Chor der Zuschauer daheim mit ihr antwortete: „Das ist das Wetter.“ Dabei kam der Gag erst noch. „Und es ist genauso, wie man es sich zu Weihnachten wünscht“, sagte nun Anne Will. So was sitzt am Ostersamstag. Und damit auch niemand die Pointe verschläft, fügte sie hinzu: „Nur ist es blöderweise nicht Weihnachten.“

Blöderweise. Ja, das hat sie auch gesagt. Ein Wort, das, recht gehört, bisher nicht so unbedingt zum Tagesthemen-Wortschatz gezählt hat. War es nicht so, dass man der bisherigen Sportschau-Moderatorin Will eine direkte, unprätentiöse, spontane Art nachsagte? Als habe sie die noch am Schluss ihrer ersten Sendung vorführen müssen.

Aber sonst wollte Anne Will nichts beweisen, außer vielleicht, dass man auch als Neuling professionell das dienstälteste Nachrichtenmagazin im deutschen Fernsehen moderieren kann. Wenig zeigte sie von dem, was man vielleicht bei Neuanfängen vor laufender Kamera erwarten könnte: Premierenfieber. In den letzten Tagen hatte sie öfters darüber gesprochen und vielleicht doch aufsteigende Neigungen dieser Art damit bekämpft. Bei ihrer offiziellen Präsentation an der Seite ihrer Vorgängerin und des neuen Kollegen beim NDR im Hamburger Fernsehstudio hatte sie davon gesprochen, dass sie schon ein paar Premieren in ihrem Fernsehleben hinter sich hat und die doch auch immer geschafft hat. Ein paar Tage später erzählte sie das fürs Fernsehpublikum bei Bio gleich noch einmal. Man durfte es ihr ruhig glauben.

Schnörkellos und klar formuliert waren die Anmoderationen für die vier Themen des Tages, den SS-Verbrecher aus Hamburg, die Demos in der Türkei, die Benzinpreise und die Wanderschäfer im Südwesten der Republik. Gar nicht erst versucht hat Anne Will, Überleitungen da zu konstruieren, wo es wirklich nicht geht. Ein Korrespondenten-Interview gehörte auch zum Repertoire der Premierensendung. Vielleicht hat sie Dieter Sauter aus Ankara am Anfang ein wenig lang am Stück reden lassen, er zumindest wird es der neuen Kollegin gedankt haben. Aber ihre Reflexe stimmen. Als der Mann in der Türkei von einer „handfesten Staatskrise“ sprach, kam prompt die Nachfrage, ob damit gemeint sei, dass nun der Ministerpräsident zurücktreten werde.

Das am Karsamstag wohl unvermeidliche Osterthema mit Schäfern und armen Lämmern hat Anne Will, wie es sich gehört, in die Nachrichtenlage eingepasst („Noch immer kein Fall von MKS in Deutschland“). Und die Benzinpreiserhöhungen waren ein „böses Überraschungsei“ für die Autofahrer. Nicht allzu phantasievoll ein solches Bild in einer vorösterlichen Nachrichtensendung, aber nicht wirklich daneben. Auch bei der Überleitung zum Nachrichtenblock zeigte sie nicht den Ehrgeiz, das Rad neu zu erfinden: „Es gab noch mehr Meldungen.“ Das ist klassisch und das ist gut. Was also Will man mehr?