Wer sagt da, die deutsche
Demokratie sei in der Krise? Weit gefehlt ist das: Gerade in Krisenzeiten
regiert das Volk und greift um so mächtiger ein ins Geschehen, je weniger sich
die Volksvertreter noch zu helfen wissen. Wo aber gähnt im Augenblick die
gewaltigste Lücke? Genau! Heute basteln wir uns einen neuen CDU-Vorsitzenden.
Am Dienstag ist dem Volk
durch seinen zuverlässigsten Volksseelen-Ableser die Kardinalfrage vorgelegt
worden: „Wer soll“ – Bild fragt Deutschland – „die Partei aus der
Krise führen?“ Kardinalfrage? Ob vielleicht Kardinal Ratzinger .
. . Nein, so hatten das die Frager sicherlich nicht gemeint. Im Grunde war
sowieso klar, von welcher Art die Persönlichkeit sein muss, die das Land jetzt
an dieser besonderen Stelle braucht. Eine ehrliche Haut! Eine charismatische
Erscheinung! Eine stahlharte Führungsfigur, so ähnlich wie . .
. wie Kanther, nur eben noch ein wenig ehrlicher. So ehrlich wie Dieter Baumann
vielleicht, nur etwas weniger belastet und dafür mehr aus der Mitte der CDU. Ja
leider, leicht ist es nicht, auf die Schnelle den richtigen Aus-der-Krise-Führer
zu finden. Wäre es einfach, dann hätte am Dienstag womöglich sogar der
CDU-Vorstand einen neuen Moses gefunden statt wieder den alten Schäuble. Und
wir hätten uns diese schwierigen Gedanken nicht machen müssen. Unglücklicherweise
haben die Volksseelen-Ableser dem Volk, ein wenig undemokratisch, nur neun
Personen zur Auswahl vorgestellt, lauter bekannte Christdemokraten. So standen
weder Boris Becker zur Verfügung noch Jürgen Schrempp oder Gerhard Schröder,
der doch soeben schon eine andere Partei erfolgreich aus der Krise geführt hat.
(Warum hat noch niemand über eine Fusion nachgedacht? Allein, was man an
Personal einsparen könnte!)