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Jeden Tag stehen Meldungen in der Zeitung, die besagen,
dass es wieder etwas Neues gibt, und das Neue sei schöner oder größer
oder kleiner als alles, was vorher da war. Manchmal ist es auch
geheimnisvoller, wie diese Nachricht hier vom Wochenanfang: „Epcos präsentiert
das weltweit kleinste Triple-Band Hochfrequenz-Modul für mobiles
Telefonieren.“ Wir wissen jetzt nicht, wer oder was Epcos genau ist,
aber wir können es ungefähr herleiten. Sie stellen dort etwas Winziges
her, das man in ein Handy einbauen kann, und weil es darin so wenig Raum
braucht, werden auch die Handys bald so winzig sein wie das Winzigste,
was wir uns vorstellen können; etwas, gegen das sich ein Stecknadelkopf
ausmacht wie ein Fesselballon. Was könnte so klein sein? Eine Laus?
Eine Zwerglaus? Das Handy einer Zwerglaus? Wir fragen gleich bei der Uni
Bochum nach, wie weit man mit der Zwerglausforschung ist. In Bochum
kennen sie sich aus mit den kleinsten Dingen, haben gerade, so stand es
in der Zeitung, aus Silicium die kleinste Brücke der Welt gebaut,
0,000000012 Meter groß, das sind zwölf Nanometer.
Wer ist unser Größter?, fragt soeben die Bild-Zeitung und stellt
zur Auswahl das Bobbele und den Schumi. Der Größte der Welt aber ist
Pete Sampras, 1850000000 Nanometer, groß genug, um am Netz auftauchen
zu können wie ein Bussard mit riesigen Schwingen, und dann stürzt er
sich auf die Maus, die eine Filzkugel ist, aber frisst sie nicht,
sondern spielt sie cross und quer oder die Linie entlang und kriegt den
Punkt. So war es all die Jahre, und jetzt kommt Herr Federer und wirft
ihn im Achtelfinale von Wimbledon raus, dem größten Turnier der Welt.
Und vielleicht wird der größte Tennisspieler der Welt, der so lange
kein Turnier mehr gewonnen hat, auch in Wimbledon nie mehr gewinnen,
denn im nächsten Jahr ist dieser Federer bestimmt noch besser. Die Zeit
macht die Kleinen groß und die Großen irgendwann wieder klein, und das
ist ziemlich traurig, bei Sampras: 13 Grand Slams, davon siebenmal
Wimbledon. Einmal, gegen Corretja, hat er gekotzt vor Erschöpfung.
Einmal, gegen Courier, hat er geweint, weil kurz zuvor sein Trainer
gestorben war, und wie er jetzt dreinblickte nach der Niederlage, sah er
aus, als regten sich bei ihm erste Spuren der Gewissheit, die alle großen
Sportler irgendwann übermannt: dass sie nie mehr etwas so gut können
werden wie ihren Sport.
Pete Sampras ist jetzt 29, und wenn er bald seine Sachen packt, wird
ein Reisebeutel nicht reichen. Wohin mit dem, was von der Karriere
bleibt? Erstmal nach Offenbach. In der Zeitung steht, auf dem
Offenbacher Aliceplatz sei der Welt größte Handtasche ausgestellt,
sechseinhalb Meter breit, zweieinhalb Meter tief und trotzdem nicht groß
genug, alle Zahlen, Erinnerungen und Mysterien eines solchen
Tennislebens zu fassen.
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