Man soll nicht Tussi sagen. Frauen freuen sich nicht, wenn man Tussi sagt. Das ist verständlich, weil unter Tussi gemeinhin die Begleiterin eines Mantapiloten verstanden wird. Man soll auch nicht Zicke sagen, obwohl es verwirrenderweise einige Frauen geben soll, die eben doch froh sind, wenn man Zicke zu ihnen sagt. Zicke gilt ihnen als Ehrentitel in einer männlich dominierten Umwelt, eine Art Anerkennung ihres Talents, sich gegen die Zumutungen dieser Umwelt bockig, Pardon, zickig zu zeigen. Also gibt es eine Zickenbewegung, indessen keine Tussibewegung. Hat die Tussi diese Verachtung verdient? Man weiß doch von Landstrichen, wo aus dem verfemten Wort noch eine gewisse Achtung herausklingen mag, etwa aus den rheinischen Redewendungen „Dattissene äschte Tussi“ oder „Dattissene Hammertussi“.
Bleiben wir im Rheinland, nicht nur, weil dort das einzige Magazin „Für die Tussis dieser Welt“ erscheint. An den althistorischen Seminaren dieser unbefangensten aller deutschen Regionen sind noch Gelehrte anzutreffen, die sich intensiv mit Tussis beschäftigen, und das während der Arbeitszeit. Das Wort Tussi, so lehren sie, habe ehrwürdige Wurzeln, es stamme direkt von Thusnelda her. Thusnelda, sagen sie, sei die Mutter aller Tussis. Aber macht das die Sache besser? Jüngere haben, vor allem, wenn sie in SPD-regierten Bundesländern zur Schule gingen, den Namen Thusnelda nie vernommen. Im Internet finden wir Anfragen wie: „Hey, habt Ihr je von einer Heldin namens Thusnelda gehört? Sie muss mit einem Kerl namens Hermann verlinkt gewesen sein und etwas schrecklich Heroisches getan haben.“ Ältere wissen noch, dass der Name früher keinen wirklich positiven Beiklang hatte: Wer eine Thusnelda daheim sitzen habe, der sei nicht zu beneiden. Eine Thusnelda im Hause, das bedeute Schläge mit dem Nudelholz.
Doch da kommt, natürlich vom Rhein her, die Ehrenrettung der Tussi. Ein dortiger Autor, weiblichen Anliegen erkennbar aufgeschlossen durch sein Werk „Superfrauen 1“, fordert die Revision des Thusnelda-Bildes. Vom Rhein nämlich zogen 9 n. Chr. die Legionen des römischen Feldherrn Varus in den Teutoburger Wald, wo sie bekanntlich von der Hand Hermanns des Cheruskers ihr schauerliches Ende fanden. Zur Rache schleppten die Römer dessen Gattin, keine andere als Thusnelda, im Triumphzug durch Rom. Stolz und ungebrochen, keinesfalls eine Tussi, schritt sie einher. Dafür wurde sie später verherrlicht von den deutschen Romantikern, bis dann in unseren Tagen ein gewisser Überdruss an deutschen Heroinen die Tussi über die Thusnelda siegen ließ. Freilich nicht überall: Thusnelda findet sich als heißer Tipp auf der Internet-Seite „Wie soll unser Kind heißen? Hinweise für germanische Eltern.“ Bleiben wir lieber bei der Tussi.