Für 16-jährige Kiffer: Stefan Raabs neue Zeitschrift „TV Total“
Natürlich könnte man den netten Menschen von Brainpool und Pro Sieben glauben, die erklären, dass es nicht darum gehe, Stefan Raab zu Tode zu reiten und jede Mark aus einem schnell verderblichen Produkt herauszupressen. Man könnte mit Verlagschef Claus-Dieter Grabner reden, der von Umsatzpotenzialen und von seiner Erfahrung als Bravo-Macher spricht. Man könnte Chefredakteur Michael Hopp zitieren, der findet, die neue wöchentliche Zeitschrift TV Total mit ihrer Mischung aus Fan-, Witz- und Fernsehmagazin sei revolutionär. Und man könnte Stefan Raab trauen, der sie überall hochhält und auslegt.
Andererseits: Man kann sich das Blatt auch einfach kaufen. Auf Seite zwei fragt Raab: „Wäre es nicht super, wenn es eine Zeitschrift gäbe, in der das komplette Programm abgedruckt ist? Damit Sie immer wissen, wann Vera am Mittag kommt, und Sie vorher wegschalten können. “ Auf Seite vier fliegt er vom Klo und ruft: „Jedenfalls ist die Zeitschrift nicht für den Arsch. “ Auf Seite sieben steht unter einem Bild von Rudi Carrell und Linda de Mol: „Hi Linda, bist Du auch so dicht wie ich? – Mein Gottje Rudi, ich bin breit wie eine Leerdamer. “ Auf Seite zehn steht: „Gentests haben ergeben, dass Christina Aguilera und Britney Spears nach derselben Vorlage im Barbie-Hauptquartier geklont wurden. “ Auf Seite 14 sind die sechs hässlichsten Bundesliga-Fußballer abgebildet, „Hackfressen-Alarm“. Auf Seite 16 hascht Benjamin Blümchen.
Wer lacht über so was? Wem ist das eine Mark Einführungspreis wert? 16-jährigen bekifften Jungs? 18-jährigen Stubenhockern? 23-jährigen, die nicht mehr mit der Bravo gesehen werden wollen und die Comics darin eh’ nie verstanden haben? Nein, nein: TV Total siezt seine Leser und überfällt sie im Programmteil mit Sätzen wie diesem: „Oh, was war es doch dereinst ein Genuss, die quirlige La Streisand beim Schauspiel zu beobachten!“
Was war es doch für eine revolutionär dummbräsige Idee anzunehmen, eine Fernsehidee wie TV Total lasse sich auf Papier drucken, wie, nun ja: Geld. Aus einem Gespielten Witz einen Aufgeschriebenen Gespielten Witz machen zu wollen: „Stefan Raab: Dass du jetzt einen Schönheitschirurgen spielst, ist ja wohl ein Witz. (lacht) Ingolf Lück: Wieso das denn? Raab: Ja wegen deiner . . . (deutet auf Ingolfs Gesicht). Lück: Wegen meiner Nase? Die habe ich doch längst richten lassen. Früher war die doppelt so groß. (Fasst sich an die Nase). “ Folgen weitere 64 Zeilen. Denkt der Leser: „Haben da wirklich mehrere Dutzend Leute viele Monate dran gearbeitet? Kommt das jetzt jede Woche? (Fasst sich an den Kopf). “
Die Marktforschung soll ergeben haben, dass die Testleser glaubten, die Texte seien von Raab selbst. Das ist sein Aus.