Das Insekt

Ich freue mich besonders
der Mohnblumen, die blühn im Garten,
die der Wind -die Zarten-
umjubelnd mit sich fortziehn will
still
und leise wieder hervorbringt
in einer anderen Welt...

Bin ich zu Haus in all den Wellen,
die vorüberziehn?
Zu Haus in Menschen, die beiseite stehn?
Zu Haus in Winden, die vorüberwehn?

Wo bin ich zu Haus?
Von wo aus geh ich aus?
Wo ist die Welt?
Wo ist die Hand,
die mich hält?
Wohin kriecht das alte Blatt,
wenn es vom Baume fällt?


Winde durchwehen mein Haar,
es vergeht mein Sein,
Jahr um Jahr.
Erst, wenn die Wärme geht,
wenn der Tod schon dicht Fuß bei Gewehre steht,
wenn Eis und Schnee Gebeine frieren
und Kristalle nackte Knochen zieren,
dann stehen erste Reihen tief hinein
ins weite Land...

Wer, wenn nicht ich - wer, wenn nicht ich
hätt dieses Land je gekannt?


Jäh
gekannt:

unbemannt?


Nun ja:
mit dem Bedürfnis, Besonderes zu sein
wate ich durch tiefe Sümpfe
und freue mich überstehender Stümpfe
von denen mir eine Art Ausschau gelingt,
kein Wasser mehr weiter durch die Ohren
tief ins Innere dringt
und alle Poren
sich öffnen wie Schleusen der Haut, dort
wo kein Mensch sein Haus mehr baut,
wo kleine schwarze Insekten bohren,

sich einnisten, saugen, verdauen, sich verpuppen:
aus Scham und Verlangen einen Brei ergiessen
zwischen glänzenden Zangen.

Nun, mit diesem Bedürfnis, Besonderes zu sein,
stehe ich vor Dir:

allein.

Du schliesst die Tür zu Haus
und ich geh rund ums gelbe Gemäuer.
Insekt, ja, das bist Du: Insekt!
Schwärmst aus und fahndest nach blutigen Düften
und Blüten dünner Gedärme.
Ich aber, der ich nun besondres bin
betrachte Felder und Züge
und ziehe aus dem Haus der fleissgen Bienen.
Niemand wandert durch die nüchterne Nacht.
Und Tage, die ich mit mir verbracht,
ich Dir zuliebe zugebracht,
zögen durch Hügel und Tal in den Abend.

Das Bett in dem ich liebe
und letzte Zeilen nochmals schriebe
steht unverändert neben dem Schrank.