Türkische Musik

   

Musik des islamisch-arabischen Kulturkreises in Kleinasien, auf dem Territorium der heutigen Türkei. Die arabische Kultur brachte zu ihrer Blütezeit eine internationale Tonsprache hervor, die von Spanien bis Nordindien verbreitet war. Die Grundzüge der universalen Musiksprachen der islamischen Kultur waren überall die gleichen und erfuhren nur eine geringfügige regionale Ausprägung. Die Einflüsse der gesamtarabischen, und damit auch der türkischen Kunstmusik liegen in jüdischer, orientalisch-christlicher und neupersischer Musik und den regionalen Volksmusiken einzelner Länder und Landschaften. Der Siegeszug des Islam fasste diese unterschiedlichsten Klänge zu einer vor allem religiös-kultisch ausgerichteten Musik zusammen.

Darüber hinaus schufen arabisch-islamische Musiktheoretiker eine einheitliche Tonsystematik. Als türkische Eigenart der sakralen Volksmusik des Islam ist die Ordensgemeinschaft der Derwische zu nennen, die auf das 13. Jahrhundert zurückgeht und 1925 von Kemal Pascha aufgelöst wurde. Ihre kreisenden, ekstatischen Tänze drückten den Kreislauf alles Werdens aus. Die mitteleuropäische Kunstmusik versteht unter dem Begriff Türkische Musik oder auch Janitscharenmusik die von Schlaginstrumenten wie Becken oder Triangel charakterisierte Militärmusik der türkischen Soldaten (Janitscharen). Diese wurde im Zuge der Türkenkriege nach 1720 zu einer von europäischen Komponisten in ihren Werken häufig verwendeten Klangfarbe. Beispiele sind das Finale von Ludwig van Beethovens 9. Symphonie oder Wolfgang Amadeus Mozarts Oper Die Entführung aus dem Serail. Die heutige Türkei pflegt neben einer klassischen türkischen Musik auch eine volkstümliche Schlagermusik, die Arabesk genannt wird.

In Deutschland gibt es eine Musikrichtung, die weitgehend ungeachtet bleibt, die Türkische Musik. Angesichts von über 2 Millionen türkischen Mitbürgern erscheint es auch logisch, daß diese auch einen Teil "ihrer" Musik mit hierher bringen. Und nicht nur das, einige bekannte türkische Interpreten, wie Rafet El Roman, sind in Deutschland geboren und aufgewachsen. Doch trotz (oder gerade wegen ?) dieser Tatsache findet man populäre türkische Musik, ausser in türkischen Geschäften, so gut wie nirgendwo zu kaufen. Von Radiosendern und "VIVA" wird sie ganz totgeschwiegen und stattdessen der westliche Einheitsbrei von Techno bis Rock aufgelegt. Trotzdem gibt es inzwischen auch einige Deutsche, die sich für Türk Pop interessieren, was kein Wunder ist, da der Türk Pop sich wohltuend vom üblichen westlichen Pop unterscheidet. Mit dieser Seite möchte ich deutschen wie auch türkischen Menschen in Deutschland Gelegenheit geben sich eingehend über Türk Pop und andere türkische Musikrichtungen zu informieren und zu sehen, was in der Türkei "angesagt" ist.

Herkunft und Entwicklung "türkischer Musik"

"Die" türkische Musik gibt es genau so wenig, wie es "die" deutsche Musik gibt. Auch die türkische Musik wurde im Laufe ihrer Entwicklung immer wieder von außen, d. h. von anderen Kulturen, beeinflusst. Die Türken waren ursprünglich ein nomadisches Reitervolk, daß im westlichen Gebiet des heutigen Chinas lebte. Vor etwa 1000 Jahren machten sie sich auf in Richtung Westen. Dabei gab es immer wieder einzelne Stämme, die sich niederließen. Deswegen findet man auch von der heutigen Türkei bis China einzelne türkische Volksgruppen, oder, ethnologisch und korrekter gesagt, Turkvölker. Sogar in China selbst findet man eine Minderheit, die eine Art türkischen Dialekt spricht. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion konnten einige dieser Völker ihren eigenen Staat gründen, wie Aserbaidschan oder Turkmenistan.

Im Laufe der Zeit haben sich diese Völker aber auch kulturell und sprachlich auseinander entwickelt. Und so hat ein heutiger Türke aus Istanbul wohl große Schwierigkeiten einen Turkmenen zu verstehen, geschweige denn einen Angehörigen der chinesischen Turk-Minderheit. Lediglich die Amtssprache Aserbaidschans kann man gerade noch als "türkisch" bezeichnen, wobei der Unterschied in etwa so groß ist wie zwischen hochdeutsch und dem österreichischem Dialekt.

Diese Seite beschäftigt sich mit türkischer Musik im engeren Sinne, d. h. der Musik die im Gebiet der heutigen Republik Türkei und Nordzypern sowie bei Auswanderen aus diesem Gebiet und deren Nachkommen, insbesondere in Deutschland, verbreitet ist.

Türkische Musik in Mitteleuropa

Bis in das letzte Jahhundert hinein verstand man in Mitteleuropa unter türkischer Musik vor allem die Musik der Janitscharen-Kapellen, welche die Türken im 17. Jahrhundert bei ihren Feldzügen in Europa mitführten. Diese Musik wurde von Zeitgenossen als so ungeheuerlich geschildert, daß "Himmel und Erde erbebten". 1683 wurde bei Wien eine ganze Janitscharen-Kapelle gefangen genommen. Das unglaubliche geschah: Die Wiener fanden, daß die Musik der Janitscharen "lustiger" klang und besser zum Marschieren geeigneter war, als die bisherige Marschmusik. Ab diesem Zeitpunkt wurde es "in" Marschmusik im Stile der Janitscharenmusik zu komponieren. Tatsächlich basiert die gesamte heutige sog. "deutsche" militärische Marschmusik auf der Musik der türkischen Janitscharen.

Erst im 19. Jahrhundert wurde die türkische Folklore zur Kenntnis genommen. Einer breiteren Schicht in Mitteleuropa wurde sie aber erst mit den türkischen Einwanderern in den 60er Jahren dieses Jahrhunderts bekannt.

Was ist denn jetzt genau "türkische Musik" ?

Die heutige populäre türkische Musik läßt sich in 5 Arten unterteilen, diese sind:
Halk
Sanat
Arabesk
Pop
Protestlieder

Halk

"Halk Müzik" heißt übersetzt "Volksmusik". Jedoch ist dies nicht mit dem zu vergleichen, was wir als deutsche Volksmusik kennen. Die Halk Musik geht zurück auf die Tradition türkisch-alevitischer Liedermacher und Volkskomponisten, die mit Yunus Emre (1250-1320) begann. Der bekannsteste historische Volksdichter war sicherlich Pir Sultan Abdal (1514-1590). Ihre Lieder wurden von Generation von Generation weitergegeben und überdauerten so die Jahhunderte. Auch heute gibt es noch diese Volksdichter, die man zumeist mit dem Titel "Asik" (dt. "Verliebter") versieht. Die Saz (Langhalslaute) spielt die zentrale Rolle in der Halk Musik, nahezu jedes Musikstück wird von der Saz begleitet. Zu den bekanntesten Interpreten der Halk Musik zählen Arif Sag, Yavuz Bingöl und Songül Karli.

Sanat

Für die türkische Sanat Musik gibt es keine Entsprechung im mitteleuropäischen Kulturraum. Am ehesten ist Sanat noch mit dem klassischem französischem Chanson vergleichbar. Manche behaupten, Sanat wäre die türkische Musik überhaupt, da sie am künstlerisch wertvollsten wäre, andere finden sie ganz schrecklich. Die große Zeit der Sanat Musik war in den 50er bis 60er Jahren, und ihre bekanntesten Protagonisten sind auch schon alle in einem reiferen Alter. Um ganz ehrlich zu sein, konnte ich mich nie für Sanat begeistern, weswegen man auch keine Files zu dieser Musikrichtung hier finden wird. Wer an Sanat interessiert ist, sollte sich mal auf der ISPRO Musik-Seite umsehen. Die bekanntesten Vertreter der Sanat Musik sind (der inzwischen verstorbene) Zeki Müren, Bülent Ersoy und Muazzez Abaci.

Arabesk

Bevor der Durchbruch des Türk Pop gelang, gab es schon eine andere Musikrichtung, die äußerst populär war und überall gespielt wurde: Arabesk. Dabei handelt es sich um Musik mit gängigen Rhythmen und einfachen Texten, die man mitsingen kann. Entstanden ist Arabesk Ende der 60er bis Mitte der siebziger Jahre, und auch heute erfreut sich Arabesk noch großer Beliebtheit. Zu den beliebtesten Arabesk-Sängern gehören Ibrahim Tatlises, Ibrahim Erkal, Orhan Gencebay und Ferdi Tayfur.

Türk Pop

Der Bereich, der seit Mitte der achtziger Jahre in der Türkei ohne Ende boomt ist der Türk Pop. Wegbereiterin dieser Entwicklung war unter anderem Sezen Aksu. Inzwischen gibt es eine fast unüberschaubare Zahl von Stars und Sternchen, viele tauchen nur kurz für einen Hit lang in den Charts auf und verschwinden dann wieder in der Versenkung. Eine genaue Definition für Türk Pop gibt es nicht. Grob gesagt ist Türk Pop eine Vermischung moderner westlicher Musik-Rhythmen mit traditionellen türkischen Elementen, was u. U. eine interessantes Ergebnis hervorbringt. Manche beschränken sich auf das bloße Kopieren eines westlichen Stils, andere Recyclen ältere Lieder in einem neuen Gewand.

Protestlieder

In der Türkei erfreut sich der politische Protest-Song einer ziemlich großen Beliebtheit, wobei zu berücksichtigen ist, daß die Protest-Liedermacher ständig mit der Zensur zu kämpfen haben und auch nicht selten ein mehrmonatiger Gefängsnisaufenthalt droht. Zumeist handelt es sich dabei um alevitische oder kurdische Musiker, die ihren Protest mit moderner und/oder folklore-artiger Musik zum Ausdruck bringen. Zu den bekanntesten Interpreten gehören Ahmet Kaya und die "Grup Yorum".

Andere Musikrichtungen

Analog zu den immer neuen Musikstilen in der westlichen Welt gibt es natürlich auch Versuche diese Stile aufs türkische zu übertragen. Recht erfolgreich ist der Türk Rock mit Haluk Levent und Ayna. Auch türkischen Hipi-Hop oder Rap (z. B. die Gruppe Cartel oder Aziza-z, die aber vornehmlich deutsche Texte singt) gibt es.


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