Geschichte des Dorfes Schmottseiffen   Seite 14              

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                Ein Brief des letzten
                 deutschen Pfarrers
                  in Schmottseiffen

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Schmottseiffen, Krs. Löwenberg , 27. Februar 1946

Heute wird mir der Brief aus Lauban übergeben. Welche Freude für mich, in dieser traurigen Zeit ein Lebenszeichen von lieben Mitmenschen zu erhalten, während es ununterbrochen in Wort und Werk betont wird: "Deutscher verrecke!" Nach 6 Jahren des fürchterlichsten Krieges noch immer kein Frieden und keine Ruhe! Schlesien, das im Verlauf dieses Krieges am meisten verschont blieb von dem Greuel des Krieges, scheint von Gott berufen zu sein, die Schuld Deutschlands zu sühnen, indem es nach dem Kriege noch alle Bitterkeit verkosten muß. Nun sind wir recht- und schutzlos ausgeliefert dem entarteten östlichen Christentum. Wenn früher christliche Völker das Christentum verscherzt hatten, standen sie in der Regel tiefer als das Heidentum. Das ist der Kommunismus, der alles Besitztum und alle Kultur zerschlägt und vernichtet. Rußland mit seinem Bolschewismus ist einer der mächtigsten Staaten der ganzen Welt geworden. Es wird ganz Europa unter seine Fuchtel nehmen, ohne daß die Westmächte es verhüten können. So kann Europa, welches den Segen des Christentums so viele Jahrhunderte genossen hat, dem Schicksal von Nordafrika verfallen mit seiner Sklaverei!

Die Plünderungen und Verprügelungen durch die Polen dauern schon monatelang an. Männer und Frauen, entkleidet, werden grausam geschlagen bis zur Bewußtlosigkeit, so daß entweder Tod oder Gebrechen für das ganze Leben folgen. Nachdem ich am 23.03.1945 bis 03.06.1945 evakuiert in Bad Flinsberg zugebracht hatte, kehrte ich nach dem Waffenstillstand nach Schmottseiffen zurück. Sonnabend, den 23.06.1945, um Mitternacht, wurden wir mit Gewehrkolben aus unseren Wohnungen gestoßen und beraubt. Von meinen Verwandten habe ich bis jetzt kein Lebenszeichen erhalten. Wo Engländer und Amerikaner die Besatzung ausüben, soll das ganze wirtschaftliche Leben wieder in Gang sein. In Berlin erscheint das katholische Sonntagsblatt wieder regelmäßig. Das kommt uns hier direkt märchenhaft vor, daß so etwas wieder möglich ist. Vom 01. bis 03. Dezember 1945 haben 16 Polen bei mir geplündert. Während ich krank zu Bett lag, hat man selbst mein Schlafzimmer ausgeräumt. Drei große Wagen Beute haben sie abgefahren; darunter auch wertvolle Kelche und Ziborien. Auch die Gruft unter unserer Kirche wurde aufgebrochen und durchsucht. Gott befohlen und herzliche Grüße vom ganzen Pfarrhaus!

Martin Hemmer, Prälat, im 84. Lebensjahr.

(Bemerkung: Dieser Brief ging an den Klosterprobst in Lauban: Piekorz


Postkarte von Präl. M. Hemmer, röm. Kath. Pfarramt Schmottseiffen (Maciejowce/Slask) an meine vertriebenen Eltern Heinrich u. Anna Brendel,(20) Eboldshausen 40, Krs. Osterode/Harz, Brit.Zone.                                                                                                   (P. Brendel)

Schmottseiffen, den 26. November 1946.

L.H.! Deinen lb. Brief vom 31.10.1946 hier erhalten am 22.11.46! Gratias! Nun habe ich Ein-blick über Euer Leben in der Fremde! In der altdeutschen Sprache heißt Fremde = Elend. Wo christlicher Sinn herrscht, wird das Elend gemildert durch brüderliche Barmherzigkeit, aber die Heimat nicht ersetzt! Jetzt sind wir von Gott alle berufen und gezwungen, alles zu verlassen und das Vagabundenleben als Beruf zu ergreifen! Bis jetzt hieß es hier: der Prälat im 84. Lebensjahr bleibt; aber nun heißt die Parole: Alle deutschen Geistlichen (u. Lehrer) müssen fort! Da ich in meinem hohen Alter den mehrwöchentlichen Transport im Winter nicht mehr aushalte, brauche ich den Beruf als Vagabund und Bettler nicht mehr lange auszuüben: Unterwegs wird mich der Tod erlösen von diesem Elend!, sodaß meine Nichte Frl. Meta Hemmer, Hainfeld/Rheinpfalz, Zone francaise mich nicht mehr aufzunehmen braucht. Gottbefohlen, auf wiedersehen im Himmel.

H. Grüße.

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