Prognosen
Falter 1,2/97

1997 wird ein fettes Jahr werden, wie ein kurzer Blick in den Kalender beweist: Das neue Jahr wird nämlich nur einen Freitag den 13ten haben. (Die statistische Wahrscheinlichkeit für einen Freitag den 13ten beträgt immerhin 1:1,7142857143, wir werden also mit satten 0,7142857143 auf die Glücksseite fallen. Der UNCalCalcO (United Nations Calender Calculation Organisation), die das Jahr 1997 berechnete, gelang dieses Kunststück allerdings nur mit schmutzigen Tricks. Die dicke Rechnung für so viel Glück kommt 1998, dort verstaute die UNCalCalO ganze drei Horrorfreitage. Soweit so gut. Wie das Glücksjahr 97 im Detail aussehen wird, konnte durch exakte Berechnungen mit Autoquartettkarten, Plexiglaskugeln und dem Lesen in hyperkritischem Kaffee-HAG-Satz bestimmt werden. Im Folgenden eine kleine Auswahl.

Praterstrizzis, Mitglieder der Wach- und Schließgesellschaft sowie Metallergewerkschafter werden kübelweise Tränen vergießen: Die Zigarette der Zigaretten, die Johnny "ohne", wird in Pension geschickt.

Die russische Kultkamera Lomo wird unbezahlbar billig werden.

Abgestandenes Guinness wird Red Bull als Szene-Getränk ablösen.

Die Modefarben des Sommers werden Kiwigrün, Zebrastreifenschwarz, Achtminutendottergelb und Durchsichtigblau sein.

Bundeskanzler Franz Vranitzky wird im Februar drei Wochen lang mit dem Gedanken spielen, den goldenen Staatslöffel an Vickerl Klima abzugeben, es aber dann doch nicht tun.

Vizekanzler Schüssel wird Ende Februar fünftägigen Schnupfen haben, aber so tun, als wäre es eine Gen-Soja-Allergie.

Jörg Haider wird Mitte März seinen Porsche auf Sommerbereifung umrüsten.

UHBP Klestil wird den Opernball besuchen, Mörtel Lugner wird für dieses große Treiben Madonna als Begleitung zu engagieren versuchen, sich aber auch mit Grace Jones bzw. Brigitte Nielsen bzw. Sonja Kirchberger bzw. Lizzy Engstler zufrieden geben.

Das Tenorduo Placido Domingo und die Mutter der Chansonie Stefanie Werger wird den Charity-Abend "Spring in Vienna" bestreiten

Rapid gegen Austria wird 2:1 ausgehen.

Die Gegenveranstaltung zum Villacher Fasching, der Kapfenberger Fasching, wird mangels Quote nicht ausgestrahlt werden.

Das Team des eingegangenen Publikationspflänzchen Wirtschaftswoche wird unter dem Namen Woche der Wirtschaft bzw 7 Tage der Wirtschaft bzw. Businesswoche weitermachen.


Das Wetter wird beispiellos wechselhaft.

Placido ist verliebt
Falter 3/97

Konsum When it is wintertime einige Dinge are really unbrauchbar: Rollerskates etwa, oder Kühltaschen. Cabriolets sowieso und Gelsenstecker auch. Die Heilige Nacht ist traditionell Wintersache, und daran mag es liegen, daß sich mehr Fäustlinge unterm Christbaum finden als Taucherbrillen, mehr stahlkantiges als gummibereiftes, mehr warme Wolle als kühles Leinen. Kluge Köpfe allerdings leben antizyklisch. Sie kaufen jetzt Sonnenöl Faktor 38, wo schon Faktor 2 jeden Sonnenbrand verhindern würde, sitzen jetzt im Schanigarten, wo es garantiert kühl und schattig ist und sichern sich jetzt schon einen Liegeplatz im Krapfenwaldlliegebad, wo mit Sicherheit gerade wenig auf Piste sind. Kluge Köpfe sind der Motor der Wirtschaft. Sie sichern tausende Arbeitsplätze in der Speiseeisindustrie und zigtausende in den Bikinifabriken.

Placido Domingo hat sich verliebt. In diesem Alter! Zu dieser Jahreszeit! Wow! Was sagen José und Luciano dazu? Wird der alte Freund und Kupferstecher Marcello Prawy seinen Segen geben? Fragen über Fragen zum Lenzen der Tenorhormone!

Die wichtigste Informationssendung des Küniglberg ist nicht die ZiB, auch nicht die ZiB 2, es ist schlicht und einfach Willkommen Österreich. Das Gelaber und Gesülze von Lizzy und Jesi, Ricarda und Pirchi wurde hochkarätig erweitert. Ab sofort wird Ex-Paris-Korrespondent Tommi "the Strahlemann" Fuhrmann das TakTik-Männchen moderieren, lustige Kochrezepte nachkochen, Willi Dungl aus der Massage-Reserve locken und Tips gegen Nasenbluten und Hexenschuß servieren. Unklar ist noch, zu welchem Kosenamen Schnitzellands Omas greifen werden. Zur Auswahl stehen "Tommi", "der Thomas" und "Fuhri".

Das "Wetter", O Herr, ist von fabelhafter Schlichtheit. Welch ausgeglichene Temperatur! Es ist weder warm noch kalt! Und erst die Farben, Herr! Grau die des Himmelszeltes, grau jene der Straßen und grau die der Gehsteige. Kamelfarben allein die festgefrorenen Produkte unserer vierbeinigen Freunde. Respekt.

Steiler Abgang
Falter 4/97

Konsum Wir erinnern uns: Es gab eine Zeit, da man ohne Filofax (original Filofax, wohlgemerkt) so was von out war, daß es ärger nicht ging. Ja, so war das: Megaout war man ohne das kalbslederne Ringbuch mit den vielen, vielen megawichtigen Adresszetteln und Golfergebniseintragseiten, den Stadtplänen von Vancouver, Miami und Sydney, den einlegbaren Weinführern und was es sonst noch an Wichtigtuerpapierln mit fünf Löchern gab. Diese Zeit ist Geschichte. Bleiern liegen die zellophanverpackten Blätter in den Regalen. Die Menschheit merkt sich ihre Termine wieder, die U-Bahnpläne der Welt hängen vor Ort in den jeweiligen Stationen und mit dem Wahrheitsgehalt von Weinführern ist es ohnedies so eine Sache.

Hardigatti! Wenn sich nicht sofort, Herr, (und mit sofort meine ich in den nächsten zehn Minuten) etwas ändert, werde ich die Korrespondenz mit Dir sistieren und in Verhandlungen mit dem großen Elhamdullilah eintreten. Es fällt mir schwer, in dreimonatigem gefrierenden Hochnebel etwas anderes als pathologischen Dilettantismus zu sehen. Schneestürme und krachende Kälte, von mir aus, Föhn und Taugatsch ditto, aber diese uninspirierte Nebelsuppe: Nein! Wir fordern Sonne! Jetzt! Bis auf weiteres und nicht trotz, sondern wegen alter Treue grußlos Deine Comandantina

Prima Klima?
Falter 5/97

Nie war es einfacher zu Krudern & zu Dorfmeistern. Um den Preis eines durchschnittlichen Mountain-Bikes können nun auch mäßig begabte Musikanten aufpeitschende Rhythmen zusammenstöpseln. Roland Groovebox MC-303 heißt das Kastl, mit dem auch Volldillos zu Proficompilern wachsen können. Zwischen Whitney-Houston-Schnickschnack-Pop und bösestem Techno gibt es keine denkbaren Tongeflechtee, die sich mit dem schreibmaschingroßen Wunderding nicht verwirklichen ließen.

Chefchirurgisches
Falter 6/97

Ein alter Traum der Menschheit wurde wahr: Wir hirschen in die Trafik , um Geld zu sammeln. Bunte Bilder kaltblütigster Mädchenpferde, schneidigster Schifahrer und unsterblichster Fußballer sind out. Denn jetzt gibt es Money, die glänzendste Sammelidee, seit der Erfindung der Kopeke. Nie war es so einfach, Münzen und Banknoten aus aller Welt anzuhäufen. Welches Glücksgefühl der Besitz einer Brasilianischen 10-Cruzado-Münze auslösen kann! Auch das zärtlich rotbraune Schimmern der Peruanischen 100-Intis-Note ist nicht zu verachten. Und erst die kostbare Eleganz, die der seltene grünviolette 100-Escudo-Schein der Banco de Moçambique beim Einordnen in höchstdurchsichtige Sammeltaschen entwickelt! Wow! So sieht es aus: zweiwöchentliches Glück.

Nehmen wir an, und verwenden dazu einen treffenden Vergleich von Peter Vujica, der begabte Masseur ihrer Lieblingssauna wurde zum Chef der örtlichen Chirurgie bestellt. Würden sie sich mit einem offenen Bruch unter sein fachkundiges Messer legen lassen? Wie wäre es mit dem Einsetzen eines Herzschrittmachers? Oder der Behandlung ihres schmerzhaften Magengeschwürs? Trauen sie ihrem Saunastreichler zu, einen blassen Tau davon zu haben, medizinische Termina wie Bothriozephalose, Brachyösophagus, Bursa bicipitoradialis und Buttler-Albright-Lightwood-Syndrom oder so auch nur richtig zu buchstabieren? Wohl kaum. In solch mißlichen Situation soll sich der Patient Kultur durch die Berufung von Peter Wittmann, vormaligem Chefmasseur der Wr. Neustädter Pink-Floyd-Sauna zum Leiter der Universitätsklinik für Chirurgie der Kulte befinden.

Elhamdullilah! Ob es einen Zusammenhang zwischen gutem Wetter und meinem Fortsein gäbe, fragte mein wissenschaftlicher Berater T. R. jüngst. Es gibt ihn: Wann immer ich mich in Wien befinde, ziehen böse Wolken über die Stadt. Fahre ich weg, sei es nach Klosterneuburg, Kairo, Hallstatt oder nach Havanna, lacht die Sonne von allen Himmeln. Mein Fazit: Ab sofort befinde ich mich jeweils überall, nur nicht hier.

Frühling statt Winter
Falter 9/97

Werbung muß sein. Wie sonst wüßten wir, daß Megaperlen weißer waschen als ordinäre Seifen-lauge, welches japanische Auto um welche Leasingrate und um wieviel Airbags besser an der Ampel wartet, als ein verrostetes Fahrrad. Werbung wirbt für Produkte. No Na. Für Babywindeln, fiebersenkende Medikamente, für Computersoftware und Fruchtsäfte. Aber das war ein mal. Denn jetzt hat die Quantenmechanik ihren Einzug in die Werbebranche gehalten. Wir erinnern uns vage an längst vergessene Erkenntnisse aus dem Physikunterricht: Nach der, von Heisenberg formulierten Unschärferelation ist es nämlich unmöglich, gleichzeitig Ort und Geschwindigkeit eines Teilchens festzustellen. Auf die Welt der Werbung umgelegt, bedeutet das: Während des Hörens oder des Betrachens einer werbetechnischen Maßnahme können nicht gleichzeitig Text und Message erfaßt werden. Die ersten, die diese Erkenntnis vor kurzem erfolgreich in einer Schokoladenwerbung unterbringen konnten, sind die Sprachverdichter Dirk Stermann, Christoph Grissemann und Peter Fichna vom M.I.T. (Mit insequenten Texten). Dreikommasiebenfachplus für Quantensprünge im Äther.

Eine Studie des Instituts für den internationalen Austausch fortschrittlicher Erfahrungen weist nach, daß Hühner unterschiedlich auf verschiedene Radioprogramme reagieren. Radio Wien führte zu erhöhter Legeleistung, während die Berieselung mit Ö3 zu seltsamen Phänomenen führte: Die verstörten Tiere legten Eier mit zwei oder mehr Dottern, solche ohne, welche mit spindelförmiger oder zentimeterdicker Schale und vereinzelt auch gekochte.

Was wurde eigentlich aus....?
Falter 11/97

Im Techno-Schanigarten Kunsthalle knirscht schon der Kies unter den Gartenstühlen, im Schweizerhaus werden die Budweiser-Zapfhähne poliert und im Beserlpark sprießen die ersten Krokusse durch den Split: Freuet Euch, Frühling ist´s bald. Die Unfallambulanzen melden erste Kiefer- und Wadenbeinbrüche verwegener Inlineskater und die Radgeschäfte einen sprunghaften Umsatz bei Kettenölen, Luftpumpen und Klingeln. Es kommt Bewegung in die Stadt!

Claus Peymann wird also gehen: "I didn´t even care cuz, they say . . . 2000 zero zero party over oops out of time". So knödelt the artist formerly known as Prince, der diese verräterisch prophetischen Zeilen in den frühen Achtzigern, just zum Arbeitsantritt des Bochumers in seinem Song 1999 unterbrachte. André Heller, "wenn mein starker Arme es will, stehen alle Blumen still", wurde 50 und bleibt in Wien. Ash

Diverse Flüchtlinge
Falter 12/97

Bauen und Wohnen gehört neben Essen und Trinken sowie Tanzen und Springen zu den großen kulturellen Erungenschaften des homo sapiens sapiens. Daß unsere Gattung dem nahen Untergang geweiht ist, konnte jeder feststellen, der einen Rundgang durch die Hallen des Wiener Messegeländes unternahm. Exemplarisch für den ästhethischen Niedergang: Die hässlichsten Nasszellen seit der Erfindung des Waschzwanges sowie die polymorph-perversesten Turboküchen seit der ersten friedlichen Nutzung des Feuers.

Das Geschrei, das sich gerade um das Unmögliche (die Abschaffung des Sonntags) erhebt, dürfte bald verebben. Dann nämlich, wenn Befürwortern und Gegnern bewußt wird, welche Konsequenzen Sonntagsarbeit nach sich ziehen würde: Das Ende des freitäglichen Krankenstandes gleichermaßen wie die rapide Genesung der Nation von schauerlichen Montagsdepressionen. Auch der Bedeutunsverlust der Datumsfloskel Mittwoch wäre zu beklagen.

Herr! Bist Du jetzt völlig übergeschnappt? Was soll dieser unerträgliche Schwachsinn? Schon wieder verwechselst Du Wien mit Wladiwostok und den Kahlenberg mit Kamtschatka!

My Generation
Falter 13/97

Wir leben in einer Informationsgesellschaft, wie uns gut unterrichtete Philosophen erfolgreich eintrichtern. Mit Siebenmeilenstiefeln rasen wir durch ein expandierendes Universum des Datenaustausches. Kein geheimes Wissen, daß nicht in Sekundenschnelle seinen Weg durch die Netze fände. Wir befinden uns im Jahre 13 n. Orwell. Der ganze Globus ist von Information durchdrungen… Der ganze Globus? Nein! Ein von unbeugsamen Geheimniskrämern bevölkertes Büro hört nicht auf, den wissensdurstigen Eindringlingen Widerstand zu leisten. 0043 1 1611 lautet die Nummer von Klein-Nonum. "Tutututututu . . .",
"Tututututututu–Klick–Tuu-Tuu-Tuu" und "Platz-zwei-wird-sich-in-Kürze-melden–Klick–Tuu-Tuu-Tuu" sind die einzigen Informationen die die Wiener Inlandsauskunft anbietet. Kleiner Tip für Verzweifelte: Wählet 0316 1611, die Inlandsauskunft der steirischen Landeshauptstadt.

Erste Maie werden in Wien in alter Tradition begangen. Menschen aus stolzen Arbeiterfamilien mit rotbeflaggten Fahnenstangen in den stolzen Fäusten marschieren sternförmig auf das stolze Rathaus zu. Von der dort aufgebauten stolzen Tribüne spenden dann stolze Parteigewaltige Trost und Rat in stolzen, aber schwierigen Zeiten. Dann wird nach Hause gegangen, ein stolzes Schnitzerl eingeschnitten und mit der stolz beflaggten Bim in den Prater gefahren. Der 1. Mai 1997 wird aller Tradition trotzend ein bißchen stolzer sein, als all die vorangegangenen Tage der Arbeit. Im Prater werden nämlich nicht nur die stolzen roten Kastanien blühen, sondern auch ein rotes Wunder stattfinden. Auf der kleinen Wiese vor dem Planetarium wird niemand geringerer als die berühmteste Proletenband des Universums aufgeigen: THE WHO! Vierfachplus für My Generation und all die anderen Mopedfahrer-Hits.

Herr! Mit Abscheu muß ich den Abbruch unserer Korrespondenz in Erwägung ziehen.

Venus und Mars
Falter 14/97

Zivilisierte Kulturen zeichnet im wesentlichen aus, daß sie Normen entwickelt haben. Wir können uns darauf verlassen, daß ein Liter Coca-Cola in Caracas das gleiche Volumen hat wie ein Liter Milch in Marchtrenk. Die 100 Meter im Olympiastadion von Atlanta entsprechen auf den Bruchteil eines Millimeter den 100 Metern der Laufbahn im Olympiastadion von Moskau. 240 Hertz sind 240 Hertz, ob in Brindisi, Bagdad, Bochum oder Baden bei Wien. Da fährt die Eisenbahn drüber. Oder 43-1-53660, die Telefonnummer des Falter: Schnitzelland: 43, Wien: 1, Falter: 53660; ganz einfach ist das, weil genormt. Bis 31. 12. 1997 wird das so einfach sein, denn ab dann gehen die Uhren anders. Am Neujahrstag des kommenden Jahres tritt die Privatisierung des österreichischen Telefonnetzes in Kraft und damit je nach Operator ein aberwitzig fortschrittliches System neuer Vorwahl,- Zwischenvorwahl- und Teilnehmernummern.

Die Aufmunternde Morgenbegrüßung "Taaaaagwacheeee" wird sich nächstes Jahr auch in Soldatinnen-Ohren bohren. Ab 1.1. 1988 werden Frauen Dienst an der Waffe schieben dürfen. Wehrfrauen, Gefreite, Fähnrietten, Hauptfrauen und Divisoneusen werden über Kasernenhöfe robben bzw. robben lassen. Ob das sich das Sturmgewehr bei den Damen als "Bräutigam der Soldatin" mit eventuell pornografischen Mehrdeutigkeiten durchsetzen wird, steht hingegen noch nicht fest. Herr! Wenn sich nicht allerflottest etwas ändert, Herr, lasse ich Dich entmündigen.

El Hamdullilah!
Falter 15/97

Da haben wir den Salat. Öl ist nicht Öl ist nicht Öl. Eine Studie der Europäischen Union konnte jetzt fettsäuremäßig herausnasern, welche Region die gesündeste in der EU ist. Nein, es ist nicht die mildhüglige Toscana mit ihren fetten Tenören und nachdenklichen Sozialdemokraten. Auch im windgepeitschten Norwegen der Lebertran schlürfenden Walfänger lebt es sich ebenso ungesund wie im nußölig-schmalzigen Tirol und in der Steirer Mark, deren rußiges Kernöl die Kehlen der Tennishelden Thomas Muster und Gilbert Schaller schmiert. Das Öl der Öle kommt von der Mittelmeerinsel Kreta. Die Kreter, die dreimal soviel kaltgepreßtes Olivenöl trinken, wie andere Europäer, strotzen nur so von günstigen Cholesterinwerten, Krebsressistenz und Idealgewicht. Vergessen wir also die Alpenfette Schmalz und Butter, die Öle des rotleuchtenden Mohns und der unantasbaren Distel, die Kerne der stolzen Sonnenblume und der Stinkefrucht Kürbis und greifen zum Preßgold der minoischen Oliven. Kretische Werte lügen nicht, wie, glaube ich, schon Karl Platon sagte.

Schweinewinter
Falter 16/97

Der Platz ist einer der häßlichsten der Welt. Daß die Tote Hose dennoch lebt, verdankt die Piazza San Carlo weder Karlskirche noch Sezession, nicht dem Verkehrsbüro und schon gar nicht dem Musikverein. Der Magnetismus des U-Bahn-Knotens geht ausschließlich von gastronomischen Tempeln aus. Tagesausflügler schätzen die italienische Küche des principe. Sein Branzino mit Mangold gehört zu den Besten der Stadt. Freunde der fortschrittlichen Abendgestaltung wiederum finden sich im Café Shabu in der Kunstschachtel ein, wo das dickste Guinness Wiens gezapft wird. Daß hier auch der heissest umkämpfte Wuzeltisch der Welt steht, dürfte sich auch schon herumgesprochen haben. Gleich ums Eck´ finden hungrige Nachtvögel Trost & Rat bei Herrn Stefans Opernstadl. Der Hohepriester unter den Würstlstandlern brät die schmackhaftesten Eiterärmel, schneidet die fettesten Buckln und fischt nach den schärfsten Ölpfefferoni. So schön kann Häßlichkeit sein.

Herr! So da, alter Mann in den Wolken! Wir haben jetzt lange genug an einander vorbeigeredet. Meine Engelsgeduld ist an ihre irdischen Grenzen gestossen. Wir schreiben Mitte April, der Flieder sollte blühen, die Menschen auf Inline-Skatern um die Ecken flitzen, die Cabrio-Industrie Umsätze machen, Freibäder ihre Becken fluten und weißhäutige Menschen ihre neuesten Sonnenbrillen in den Schanigärten der Stadt ausführen. Was aber bietest Du uns ? Grönländische Kälte und Kettenpflicht auf der Höhenstraße. El Hamdullilah Hilf, das Faß ist voll!

Oh Goldi!
Falter 17/97

Die Aufgabe des österreichischen Bundesheeres besteht neben winterlichen Schneeschaufeln und dem Bauen von Ersatzbrücken im wesentlichen darin, Feinde am Überschreiten der Grenze zu hindern. Die illegalen Einwanderer an der grünen Ostgrenze sind solche Feinde. Also: Bundesheer hinstellen, Präsenz nicht nur dienen, sondern auch zeigen. Neueste Bedrohung: Die Albaner – nur Pyramidenspielen, Massenübersiedeln und Schießprügel klauen im Kopf. Damit sie das nicht bei uns machen: Bundesheerkompanie hinschicken, Präsenzdienstpräsenz zeigen.

El Hamdullilah! Die Panne mit dem Schneegestöber am Samstag: Sowas kann passieren! Wirst sehen, Hamdullilah, mit ein bißchen Übung bringen wir den schönsten Frühling aufs Pflaster! Dein Vorgänger, ein gewißer Herr: Naja. Andrea Dusl

Die Knödel
Falter 18/97

Außer Fellinis Hofkomponist Nino Rota und Rauhbein Tom Waits fallen mir keine Musiker ein, die so filmisch knödeln, wie das achtköpfige Tiroler Orchester Die Knödel. Hence the name! Robert Kloßhelm und Michael Knödelmeier, die Schöpfer des Films "Der Unfisch" wissen das auch und fanden in Christof Dienz´ Band kongeniale Partner. Daß Die Knödel auch hinreissende Konzerte spielen, bewiesen sie letzten Freitag im kackevollen Audi-Max der Uni Wien. Und daß Bandleader Dienz der Jimi Hendrix des Fagott und Margret Köll die Joni Mitchell der Harfe sind, wissen alle, die dort waren.

El Hamdullilah! Es ist nicht so einfach, ich weiß. Der nicht ganz unbekannte Vorgänger von Dir, ein gewisser "Herr", hat – wie wir alle leidvoll erfahren mußten – sein amt da oben in schändlichster Weise mißbraucht, das Vertrauen der Menschheit in Jahreszeitenabläufe auf Generationen beschädigt und zudem sämtliche Instrumente in der Kontrollzentrale verstellt. Es wird also einige Zeit dauern, bis sich die richtige Mischung aus Wind und wieder einstellt. Kopf hoch, El Hamdullilah, wir zählen auf Dich, wir stehen hinter Dir wie ein Einser. Eine Bitte: Sei so gut und plane für den 5., 6. und 7. Juni feinstes Sommer ein. Da findet nämlich das große Falter-Fest statt. Thanks.

Singsang & Sommer
Falter 19/97

El Hamdullilah! Es geht ja! Wie ich sehe, lieber neuer Freund, hast Du die Schalter gefunden, die Dein unbegabter Vorgänger im Amt, jener "Herr" in schändlichster Absicht auf Dauerwinter gestellt hat.Wetter machen, el Hamdullilah, ist wie Wuzeln. Um das Match zu gewinnen, mußt Du aufpassen wie ein Haftelmacher, am Ball bleiben wie der pickertste Uhu, die Griffe halten wie Tom Jones sein Micro und Chancen mußt Du verwerten wie der Jesus der Übersicht, Toni Polster. An einer alten chinesischen Weisheit wirst Du auch nicht vorbeikommen: Übung macht dem Meister! Aber jetzt zum Kern der Kritik. Das letzte Wochenende hast Du wirklich elegant be t. Hut ab! Grandios die lauen nächtlichen Mailüfterln, von sommerlicher Grandezza der Postkartenhimmel, fabelhaft die Ausgewogenheit von Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Von immenser Wichtigkeit auch der Nahtlose Übergang in den Frühsommer. So sparen wir uns die Frühjahrsmüdigkeit und können uns nach monatelanger Winterdepression dem verführerisch süßen Nektar der Sommerelegie hingeben. Mit gezogenem Hut bin ich Deine Comandantina.

Ei, Ei
Falter 20/97

Und es begab sich, daß gerade Samstag war und Nachmittag, mein Eiskasten vor Leere gähnte und seine Besitzerin mit knurrender Stimme zum Nahversorgungsimperialisten Billa schickte. Eier, waren seine Worte, hol mir Eier! Die Eiskastenbesitzerin hirschte also, wie ihr befohlen, ins Paradies der Nahversorgung, Milch und Semmerln kaufen, Putenpariser und: Eiskastens geliebte Eier. "Tierschutzgeprüft und frisch" beschrieb sie das Etikett, von "freilebenden Hühnern" gelegt, "aus biologischer Landwirtschaft". Mein Eiskasten war zufrieden. Er weckte mich Sonntag spätvormittags nach ausgiebigem Kühlen mit stolzen Brummen und hieß mich, seinem Blechbauch ein Frühstücksei zu entnehmen. Sein Freund, der Herd half mir beim Kochen, die Kollegen vom Geschirr stellten Becher und Löffel zur Verfügung. Kumpel Tisch zog sein bestes Tuch an und lud Salz und Pfeffer auf seine gesellige Platte.

Die Eiskastenbesitzerin war glücklich, wie selten. Mit brillianter Technik schlug sie dem Ei die Kalotte ab und begann mit mit der Erforschung seines Inneren. Goldgelb und zäh waren seine Dotter. Und bald verspeist. Seine Dotter? Ja, natürlich: Es waren Zwillinge im guten Ei. "Ja! natürlich" – so ist das mit Gentechnik, Hormonen und Werbeslogans: Sie machen Eiskastenbesitzerinnen unsicher.

Bankdirektoren erschießen sich meist selbst. Ihre blitzblanken Colts, Smith & Wessons und was sich sonst noch zum Auslöschen eignet, bewahren sie – wo sonst – in meterdicken Safes auf. Der Mann von der Straße hat´s da schwerer. Seine Knarre liegt meist bieder getarnt unter Stapeln von schlecht geführten Unterhosen im ehelichen Wäschekasten. Helmut Z. griff sich also Papas 357er Magnum und einen Stapel Munition: Denn wo eine Waffe ist, ist auch für einen Fünfzehnjährigen ein Weg.

Austropopopper
Falter 21/97

Das Schreiben von Briefen zählt seit jeher zu den exklusiveren Möglichkeiten zwischenmenschlicher Kontaktaufnahme. Die Briefe eines gewissen Paulus haben es sogar bis ins Neue Testament gebracht. Auch zartere Bande flicht man gerne in Form parümierten Liebesgeschreibsels. Un der gefürchtete Blaue Brief ist nichts anderes als eine, Poststück gewordene seidene Schnur. Damit sich auch in Zukunft nichts am elitären Charakter des Briefeschreibens ändert, hat die gelbe Post die Erhöhung ihrer Porti beschlossen. Ab 1. Juli werden stinknormale Kuverts mit 7-Schilling-Marken zu frankieren sein, dickere mit 15-Schilling-Wertpapieren. Die Erhöhung der Zustellgeschwindigkeit wird durch diese Maßnahme vermutlich nicht getriggert werden.

El Hamdullilah! Es vergeht kein Tag, o weiser El, an dem wir nicht voller Freude ein Lied auf die Vorzüge Deines Wetters anstimmen. Vorbei ist die Zeit der kalten Nächte, der tropfenden Nasen und nassen Schuhe. Wir Mädchen kaufen uns stündlich neue Kleider und flitzen mit liebestollem Lächeln von Date zu Date. Vergessen sind auch die Zwiste mit dem Herrn, den wir in den verdienten Ruhestand geschickt haben.

So nicht, Tirol!
Falter 22/97

Liebe Tiroler! Es mag noch angehen, daß Eure Werbefuzzis bei Euch daheim für Schande und Aufruhr sorgen. Die Idee, das Tivolistadion in TirolMilch-Stadion umzutaufen war schon nicht von schlechten Eltern. Welcher Teufel Euch allerdings ritt, unser Riesenrad mit wohnzimmergroßen Tirol-Transparenten zu behängen, weiß der Himmel. Unser Riesenrad! Das Wahrzeichen aller Wahrzeichen! Das Wahrzeichen aller Wiener! Das wienerischste aller Wahrzeichen! Weil schon passiert ist, was nie hätte geschehen dürfen, zahlt Euch Wien jetzt mit doppelter Münze zurück. Grinzinger Extremkletterer haben die Nordkette erfolgreich verkabelt und warten auf das Signal aus der Bundeshauptstadt, die hundert Meter hohe Lichterkette mit dem Slogan "Es lebe der Zentralfriedhof" zu illuminieren. Damit nicht genug. Die Edelmetallschindeln Eures Lieblingserkers wurden in den letztenTagen gegen solche aus vergoldetem Meidlinger Ziegelton ausgetauscht. Schau ma amal, wie Euch des taugen wird, wenn nach dem nächsten Regenschauer vom Goldenen Dachl die Worte "Wien ist anderst" leuchten werden. Eure Schützen könnt ihr jetzt schon in Position bringen, sie sind von Favoritner Patrioten unterwandert, die nichts unversucht lassen werden, die Kommandostrukturen Eurer Trachtentruppen aufs nachhaltigste zu sabotieren.

Der Herr Ingenieur
Falter 23/97

El Hamdullilah! Schau, die Sache ist ganz einfach: Regen – leicht zu merken, El – ist ein Wort mit "R". September, Oktober, November, Dezember, Jänner, Februar, März und April haben – erraten – auch alle ein "R". Die alte chinesische Weisheit besagt nun, daß Regen nur in Monaten mit diesem "R" vorkommen darf. ("R" findest Du im Alphabet zwischen "Q" und "S"). Alle Monate ohne "R" sind regenfrei zu halten. Es sind dies Mai, Juni, Juli und August. Ganz wichtig, El, das ist jedes Jahr so. Die Reihenfolge bleibt die Gleiche, da fährt die Eisenbahn drüber. Mai, Juni, Juli und August darf es nicht regnen, weil wir da gerne im Freien sitzen, Fußballspielen gehen, Skaten, Wandern und Schwimmen. Das ist ganz wichtig für unsere Psyche. Für die Wirtschaft sowieso. Also bitte: Durchführen. Am Donnerstag, Freitag und Samstag bist Du herzlich zu unserem Super-Fest in der Krieau eingeladen! Ma Salaam, Deine Comandantina

Schlussendlich Null
Falter 24/97

Die Null ist eine seltsame Zahl. Für sich gesehen ist sie einsam und würdelos, im Gespann mit einer anderen Ziffer höchst attraktiv und jubiläumsfähig. Gleich drei von ihnen beschäftigten Gert Voss, die Nummer Eins des deutschen Sprechtheaters, den Peter Turrini aus Anlaß des 60ers seines Mentors Claus Peymann bis 1000 zählen ließ. Da war dann endlich Schluß. Die Selbstdarsteller auf der politischen Bühne, Viktor Klima und Helmut Zilk wurden 50 und 70, das Vienna Art Orchester und der Falter jeweils 20. Einzig das Tretautoteam der Comandantina Dusilova kam ganz ohne Nullen aus. Sein bestes Pferd im Stall, Julian Neumayer legte mit einem neuen Bahnrekord die Poleposition für das Donnerstägliche Mitternachtsrennen auf die saftige Piste der Trabrennbahn Krieau.

Fürwahr eine charmante Idee, El, den Spätfrühling launig und wechselhaft zu gestalten. Baden und Braten in praller Sonne gehören erwiesenermaßen zu den ungesunden, wenngleich heftig herbeigesehnten Nebenerscheinungen zu frühen Sommereinzugs. Sie führen zu Pilzerkrankungen, Zecken- und Gelsenplage und Hautkrebs. Diese Gefahr scheinst Du erfolgreich zu bannen. Bedenke aber, o lernfähiger El, daß wir nach dem Grimmen des Winters und dem Triefen des Frühlings Fäustlinge und Regencape eingemottet haben und voll auf luftige Garderobe setzen. Mit einem Dauerhoch über Mitteleuropa kämst Du unseren Wünschen durchaus entgegen, Ma Salaam, Habibi!

Mehr Sonne, El Hamdullilah!
Falter 25/97

Ein Fest veranstalten: Nichts leichter als das! Man nehme einen Anlaß, drehe und wende ihn sorgfältig, mische etwas Vorfreude, ein gerüttelt Maß an Enthusiasmus und eine Prise Organisationstalent dazu. Für die Zubereitung der Fülle setze man willkürlich einen Termin fest und bediene sich am freien Markt der Kreativität, wo eine gute Mischung an würziger Musik, wohlriechendem Ambiente und geschmacksneutraler Eventlogistik stets frisch und zu moderaten Preisen erhältlich ist. Nach Verfeinern des Ganzen mit Behördenlauf, libidinösem Flyern und gezieltem Plakatieren mische man unter die köstliche Fülle den kaltgestellten Anlaß und schlage als Krönung den Termin schaumig auf. Nun schiebe man das Fest in die vorgewärmte Örtlichkeit und erwarte Gast und Gästin.

Mit Durchschnittszeiten um die 2:40 und einer Runde Vorsprung gewann das Team der Comandantina en jefe das erste Rennen der Tretautoweltmeisterschaft in der Krieau. Das Comandantentrio Julian Neumayer, Elmar Platzgummer und Harald Aue war Donnerstag Mitternacht nicht aufzuhalten. Plus. Schwimmen in der Stadt ist der neueste Sommerspaß. Comandante Gernot Mosshammer shakte im Flex bis in den späten Morgen, entledigte sich dann allerdings der Garderobe und kraulte im Donaukanal nach Hause in den 2.Bezirk

El Hamdullilah! Aller Anfang ist schwer, o experimentierfreudiger El. Daß Du die durstige Natur mit Regen tränkst ist cool. Jetzt mehr Sonne für Deine Freunde wäre ultrahot. Durchführen und ma Salaam, Habibi!

Donau, Insel, Fest
Falter 26/97

Drei Millionen waren´s nicht. Die zweieinhalb Millionen Besucher des Donauinselfestes kamen trotzdem auf ihre alkoholische und akustische Rechnung. Eine geeichte Delegation aus der Weißwurst-Metropole mußte neidvoll zugestehen: Sie seien vom Oktoberfest ja einiges gewöhnt, aber der Grad der Leberschädigung, den Transdanubiens Jugend während des Inselfestes erreichten, zolle ihnen allerhöchsten Respekt ab. Wien sei biervernichtungstechnisch München turmhoch überlegen.

Mit einer großen Show in Zeltweg feierten die Österreichischen "Luftstreitkräfte" nicht nur das eine oder andere aeronautische Jubiläum, sondern feuerten auch Abertonnen von Kerosin durch diverse alte, neue und brandneue Düsentriebwerke. Das Fest der Flügel wurde von enorm viel Zeltwegern aus dem In- und Ausland besucht und diente neben der geistigen Landesverteidigung auch einem militärisch streng gehüteten Zweck: Gute Stimmung zu machen für den Nachfolger des Lenkflüglers Saab Draken. Also flog viel teures Blech geheimnisvoll überschallschnell durch den obersteirischen Postkartenhimmel. Migs aus Rußland, allerlei gepfeilte amerikanische F-16´s und 14´s, brave deutsche Tornados, eleganteste gallische Mirage´s und höchst präzise formierte italienische Maschinen. Das steirische Publikum kreischte, die Verkaufsmanager der großen Flugzeugkonzerne und die Prominenz der heimischen Sportberichterstattung murmelten begeistert: Österreichs Luftstreitkräfte sind reif für neue Düsenjäger. Mögen ihre rasenden Loopings nie im Acker enden!

Die Autorin mit dem Bundeskanzler der Republik

Kirchenväter leben gefährlich. Seit der Zeit der Märtyrer endet die ecclesiale Karriere zwar nicht mehr im Rachen von Großkatzen oder auf ausgesuchten Tötungsmaschinen, aber auch Gottesdienste und pastoralen Visiten haben ihre Tücken. Papa Giovanni II. kann von den leidvollen Erfahrungen mit Schießeisen und österlichen Ansprachen ein längeres Lied singen. Just ihn Wien erwischte es nun fast das Oberhaupt einer befreundeten Kirche, den Patriarch von Moskau, Alexi II. Der 68jährige legte sich nach mehrstündigem Gottesdienst in der russisch-orthodoxen Nikolai-Kathedrale im 3. Bezirk kollabierend zum Sterbemn hin. Gottseidank waren geschulte Leibärtze zur Stelle, die sich anstrengenten, den Ökumenen wiederzubeleben.

Die Musik, die allsonntäglich das Ziehen der Lottozahlen untermalt, gehört zu den grausamsten Hervorbringungen der abendländischen Kulturgeschichte.

Sommer, Sonne
Falter 27/97

Radfahrer in Wien leben gefährlich. Entweder laufen ihnen halbblinde holländische, photographierwütige japanische und orientierungslose iberische Touristenherden vor die Vorderräder, oder Inline skatende Yuppies und zottelige Zwergdoggen an den langen Leinen gassigehender Pensionistinnen.

Auch waghalsig geöffnete Taxitüren sind nicht ohne. Nur von den Straßenbahnen auf der Lerchenfelder- und den talwärts fahrenden Bussen auf der Mariahilferstraße geht noch größere Gefahr aus: Während die Bimfahrer der Linie 46 eher lautlos, dafür aber mit Affenzahn rädern, sehen die Busdriver der Einkaufsmeile ihre Lizenz zu töten mehr im oberen Dezibelbereich und in ausgeklügelt unbrechenbarer Spurwahl.

Helmut Leherbauer ist tot. Der fanatische Verfechter des fantastischen Surrealismus trug seit seiner Pubertät Gattin Lotte Profohs auf Händen, einen nach caudal-medial gerollten Schnurrbart auf der Oberlippe, den Künstlernamen Maitre Leherb im Paß, sowie eine ausgestopfte weiße Taube auf der linken Schulter. Leherb erlag im 65ten Lebensjahr den Folgen eines Schlagsahneanfalls.

El Hamdullilah! Siehst Du, es geht ja wenn Du willst! So sehen kontinentale Sommer aus, o meteorologiebegabter El! Kasachische Hitze, die den Asphalt wie Butter zum Schmelzen bringt, Usbekische Sonne, die selbst durch dunkelste Brillengläser dringt und wolkenloser Himmel, wie er nicht einmal Moskauer Ansichtskartendesignern in dieser Sättigung gelingt. Wenn Du so weiter machst, o El, ist Dir der gut dotierte Job von Petrus, dem elenden Versager sicher und wir können in Verhandlungen für alle Eventualitäten der Herbstgestaltung treten. Mit Geduld und Spucke fangt ma eine Mucke, mit Punkt und Komma hingegen einen Sommer! (Lao-Tse; alte chinesische Weisheit.) Weiter so, Habibi, ma Salaam und dickes Plus, Dein Andrea Dusl!

Schüssel zum Glück
Falter 28/97

El Hamdullilah! Zuviel Vorschußlorbeer geerntet, El! Ist Dir die Sicherung durchgebrannt, wassersüchtiger Wüstenpriester? Statt billig in der Nase zu bohren, könntest Du Dich wieder einmal an die Regler begeben und dem Job nachkommen, für den wir Dich bezahlen: Wetter machen, und zwar gutes! Was Du Dir in den letzten Tagen geleistet hast, würde für zehn Fristlose reichen. Weil wir nicht umsonst als vorbildliche Arbeitgeber bekannt sind, wollen wir noch ein letztes Mal Gnade vor Recht ergehen lassen. Sommer, El, sonst spielt´s Granada mit zehn schwarzen Baßgeigen! Grußlos Comandantina!

Tick, Trick & Schnapp
Falter 29/97

Mein neuestes Spielzeug heißt CMD-Z1. Es ist etwa doppelt so groß wie das virtuelle Hühnchen Tamagotchi, produziert aber weder virtuellen Häufchen noch muß es virtuell gefüttert und schon gar nicht virtuell erzogen werden. Es ist ein unscheinbares, aber äußerst diszipliniertes und für Erwachsen zugelassenes Funktelefon, etwa so groß wie eine Packung Lucky Strike. Man kann mit seiner Hilfe mit ganz normalen Lebewesen kommunizieren. Sony, so heißt der aufstrebende Konzern, der das High-End-Produkt entwickelt hat, könnte damit den skandinavischen Handy-Riesen Ericson und Nokia empfindliche Marktsegmente abknöpfen. Das ist mir persönlich natürlich völlig egal, wer da wem welche Segmente wegnimmt, aber so ist das mit japanischem Spielzeug: Wenn man es hat, ist man mächtig stolz darauf und macht mit im globalen Marktsegmentneuaufteilen!

Tick und Trick aus der Obersteiermark nahmen sich den großen Kaufhauserpresser Dagobert alias Arno Funke zum Vorbild und blackmailten den Lebensmittelkonzern Meinl mit der Drohung, bei Nichtzahlung von 25 Mille Zaster die konsumentenfeindlichen Produkte Zyankali und Rattengift in die Supermarktregale zu stellen. Die Organisation für Gelbeschaffung agierte aber eher donaldesk und wurde ganz ohne Rasterfahndung und Lauschangriff hinter schwedische Gardinen gebracht. Wo Sie jetzt mit den berühmten Panzerknackern gesiebte Luft atmen.

Die Rennfahrernation Österreich hat nach dem unsterblichen aber toten Jochen Rindt, dem Dreinieren-Besitzer Niki Nazionale und dem zuletzt kränkelnden Weiberreiter Berger eine neue Superbegabung in den Monocoques der Formel 1: Alexander Wurz, den Brat Pitt des Autofahrens.

El Hamdullilah! Du bist die größte Flasche, des Universums! Ganz Mitteleuropa ist heillos überschwemmt! Schleich´ Dich in einen Parallelkosmos und verding´ Dich dort als Wettergott! Dein buddhistischer Nachfolger Om Dhom Khom kommt nächste Woche. Grußloset Comandantina!

Chilli Chilli Gang Bang
Falter 30/97

Konsum Es gab Zeiten, da reizten Österreichische Gaumen nur drei Eckpfeiler der Schärfe: Ölpfefferoni vom Würstelstand, Salzes Bruder Pfeffer und gulyastauglicher ungarischer Paprika. Chilli und Konsorten waren nur weitgereisten Weltenbummlern ein Begriff. Mit dem Massentourismus nach Übersee und der damit verbundenen Schulung österreichischer Geschmacksknospen korreliert die Invasion von neumodischen Scharfgaben in den heimischen Supermarktregalen. Trotz Chilli Chup, Salsa Ketch und wie die roten Plastikflaschen auch immer heißen mögen: Die heißesten Produkte bleiben die Klassiker Pimento Sauce von Heinz , McIlhenny´s Tabasco Brand, Louisiana Gold´s Pepper Sauce und das non-plus-ultra tränentreibender Schärfe, die gemahlenen Piripiri-Schoten der portugiesischen Firma Margao. Noch Schärferes kennt nur eine verschwiegene Gruppe Eingeweihter um Standard-Chillikritikus Christian Schachinger

Vielen Dank, lieber ORF, für die Ausstrahlung von Chitti Chitti Bang Bang. Dieser Film hat mich im zarten Alter von 7 Jahren in die Welt der Sexualität, den Kosmos der Geistesgegenwärtigkeit und das Universum der Erfindungsgabe eingeführt.

Om Dhom Khom!
Dienstantritt Mittwoch.
Devise: Schön.
Viel Glück,

Comandantina!

Om Dhom Khom
Falter 31/97

Warnung an alle! Sony-CMD-Z1-Handies sind zwar grandios und genial und können nicht hoch genug über den grünen Klee gelobt werden, eines bekommt ihnen jedoch nachweislich nicht: Sprühregen aus umfallenden Biergläsern. Der malzige Hopfennebel dringt in die feinsten Ritzen und tötet die durchdachteste Elektronik. Pech für Hugoine Handybesitzerin.

Ist Scientology eine Religion oder ein Multi? Ist der jüngst verstorbene Konzerngründer Ron L. Hubbard ein Gottseibeiuns oder nur Asche gewordener Satellit? Sind wir alle unterwandert, oder nur Teile der ÖVP? Fragen über Fragen, die aus dem Sommerloch steigen, wie der Yeti über die Gletscher.

Om Dhom Khom! Gar nicht so schlecht, Om, was sie Dir da in Katmandu beigebracht haben! Im direkten Vergleich zu Deinen Vorgängern geradezu erstaunlich! Die Nostrifizierung Deines Diploms wird noch dauern, weil die Gebetsmühlen vom Institut für angewandten Buddhismus in Ebensee/OÖ leider Auslaufmodelle sind. Was aus Deinen beiden gescheiterten Kollegen geworden ist? Der erste von ihnen, ein gewisser Herr, fristet sein Dasein in einem Altersheim für depressive Meteorologen in Weitra. Er putzt dort Thermometer, hört Wetterfunk über Mittelwelle und geht einmal in der Woche mit seinem Frosch Bootsmann schwimmen. Mehr nicht. Der andere, ein, durch grobe Fahrlässigkeit zu zweifelhaftem Ruhm gekommener Ägypter namens El Hamdullilah haben wir nach Kasachstan an den Aralsee geschickt. Da kann er mit seinem Faible für alttestamentarische Überschwemmungen vielleicht den einen oder anderen Fischer beeindrucken. Deiner Bitte nach einem Einjahresvertrag können wir nicht nachkommen. Es gibt jedoch Signale aus der Vorstandsetage, die Probezeit auf drei Wochen auszudehnen. Wenn Du Dich anstrengst, Om, sehe ich da kein Problem. Also, Willkommen am Donaukanal, und Toi Toi Toi für die zweite Hälfte des verpatzten Sommers. Mit freundlichen Grüßen bin ich Deine Protegeuse Comandantina!

Panoptischer Kreis
Falter 32/97

Formidableres als einen Donnerstag-Abend bei der Trettrennwagenweltmeisterschaft in der Krieau kann es nicht geben . . . mit einem Guinness in der Hand mit den Mechanikern des Teams "Don´t Panic" über den Urknall small zu talken ... gegen Kukmirner wie Georg Hoanzl im Anschieben von Publikumsfahrern zu unterliegen ... Werner Schreyers neue Haarfarbe nicht müde werden mit den Worten "g´schleckt, Oida" zu loben ... linke vordere Radlager gemeinsam mit Festkörperphysikern der Technischen Universität zu schmieren ... Austropopperfrisuren tragende Chefkonstrukteure mit Stolychnaja zu bestechen ... bei plattenauflegenden Töchtern von berühmten Dichtern "genu valgum" zu diagnostizieren ... Stadtlebenredakteure von Kartoffeldruckzeitungen über den Verlust von Ghettoblastern hinwegzutrösten ... die sowjetische Hymne bewußt nicht zu singen, damit die Siegesfeier nicht zur noch größeren Demütigung der Unterlegenen verkommt ... und ... und ... und.

?
Falter 33/97

Lieber Om,
das Badewetter am Montag war eine brilliante Idee. Blöderweise ist Montag ein Tag, an dem nicht so viele Menschen frei haben, wie, sagen wir einmal, an einem Samstag oder Sonntag. Die Gewitter, die Du zusammengebastelt hast, waren ganz okay, aber richtige Gewitter waren das noch nicht! Richtige Gewitter sind sehr laut und furchterregend und vor allem: Richtige Gewitter haben richtig viele Blitze und das ist vom erlebnistechnischen Standpunkt aus betrachtet besser als jedes Feuerwerk. Wie war das in Katmandu? Ich kann mir gut vorstellen, daß sie bei Euch auch mehr auf Spektakuläres stehen, als auf Durchschnittliches. Zugegeben, dieser gewisse Herr und sein noch unbegabterer Nachfolger El Hamdullilah sind zu Recht als Dilettanten in die Wettergeschichte eingegangen, aber Sommer machen ist eben nicht so einfach. Wenn Du Deinen Job ernst nimmst, Om, und daran zweifelt ja niemand, dann laß jetzt mal ein stabiles Hoch anwachsen. Wir hier in Wien haben nämlich die Nase voll von Dauerherbst und Jahrhundertfluten. Wir wollen mit einem Korb voller Schnitzel und Bier im Gras liegen, Karten spielen, schwimmen gehen und Kreuzworträtsel lösen. Das eine oder andere Buch läse sich im Schatten einer Linde auch besser als im Schatten von schwarzen Wolken. So long, Om, Deine Comandantina!

Tu felix austria, somne!
Falter 34/97

Zugegeben, im Supermarkt gibt´s immer genug Staubzucker. Auch das Landbutter-Kühlregal ist stets prall gefüllt. Prominent ist die Auswahl an Aktions-Salamis, Kremser-Senfen, Energie-Getränken und Zahnbürsten. Nur in einem bleibt der Supermarkt ein Versager: Zeitungen. Bei Zeitungen, da kennt er sich nicht aus, der Supermarkt. Mein Trafikant in der Unteren Augartenstraße hingegen ist ein Auskenner. Kein Blättchen, das er nicht hätte, kein Erscheinungstermin, den er nicht wüßte, keine Gazette, die er nicht an die richtige Stelle reihte. Mein Trafikant führt natürlich auch ausgefallene Zigaretten, ist Experte im Handwägen von überschweren Poststücken, Monteur von Zippo-Feuersteinen, Detailverkäufer von Gummiringen und Glückwunschkarten. Und Spezialist in einer Tugend, für die sie im Supermarkt noch nie viel übrig hatten: Mein Trafikant hat Zeit für mich und jede Menge Freundlichkeit.

Zwei der größten lebenden Poplegenden aller Zeiten beehrten uns mir Freiluft-Auftritten. 150.000 Musikexperten standen Samstags vor der quälenden Frage: Wr. Neustadt oder Walchsee? Das Match Kitsch gegen Kitsch ging unentschieden aus. Die einen fuhren gegen Osten, um sich von einer Band, die sich nach einer Wiener U-Bahn-Linie nennt, im Popsupermarkt illusionieren zu lassen, während die sich die anderen im Westen einem Feuerwerk der Schürzenjagd hingaben.

Om Dhom Khom Gräme Dich nicht, lieber Om! Die letzte Woche war ja eh ganz okay. Das bißl Bewölkung mit Nieseln am Montag können wir verschmerzen. Außerdem ist kaum jemand im Lande. In Mallorca, Menorca, und Maria Wörth und wie die beliebten Urlaubsparadiese alle heißen, regnet es auch hin und wieder. Nur für das Tretwagenrennen am Donnerstag, den 28. August sieh, bitte, einen trockenen Abend vor. Dies bestellt Dir Comandante en jefe Andrej, ein guter Bekannter von mir. So long, Om, Deine Comandantina!

Wahrer Luxus
Falter 35/97

Sollte sich wahrer Luxus darin manifestieren, etwas zu tun, was sich die Mehrheit nicht leisten kann, dann hätte sich die Avantgarde unbezahlbarer Freizeitgestaltung Samstags in Essling aufs Rad geschwungen, hätte die Lobau auf verschwiegenen Pfaden Richtung Süden verlassen, in Schönau an der Donau bei Frau Hermi, der Beichtmutter des kroisoischen Radelns, Einkehr gehalten und ein großes Obi g´spritzt getrunken. Dann hätten sich die Proponenten wahrer Sybaris am Hubertusdamm dem Rausch der bipedalen Geschwindigkeit hingegeben, hätten im Nu Orth hinter sich gelassen und das exklusive Hainburg erreicht. Dort angekommen, hätten sie mit ihren High-Tech-Bikes nur fünf Minuten gebraucht, um auf dem, eigens für babylonische Aufstiege angelegten, fantastisch steilen Schotterpfad den Burgberg zu erklimmen. Gerade rechtzeitig wären sie dort angekommen, um dem ersten Akt des ebendort gegebenen Sprechstückes höchster Bühnenkultur beizuwohnen, einen Plastikbecher voll köstlichsten Sodawassers zu schlürfen und sehnsüchtigen Blickes das, zum Greifen nahe und dennoch in paradisiescher Süße entrückte Bratislava zu bewundern. Auch die folgende Heimfahrt auf gleichem Wege wäre wahrer Luxus gewesen.

Om Dhom Khom Gut gemacht, Om, Du hast sommerliche Steherqualitäten bewiesen. Zwar wollen Gutmeinende zu Wetterkollegen wie Taranis, Tlaloc, Thor und Tchangó raten; wir jedoch halten uns an die Erkenntnis ‘never change a winning team’ und verlängern Deine Probezeit um ein weiteres Monat. So long, Om, wir lassen uns nicht auseinanderdividieren.

Di ´n´ Dodi Dead
Falter 36/97

Das Neujahrskonzert , der Life-Ball, die beiden Derbies zwischen Rapid und Austria, die ungleichen Brüder Opernball und Opernball-Demo und nicht zuletzt das Volksstimme-Fest letztes Wochenende auf der Jesuitenwiese: Sie alle gehören zum Kanon der großen Feste in Wien. Ein bißl traurig mußte aufrechte Kommunisten die Tatsache stimmen, daß vom Glanz der Prater-Pavillons der UdSSR und seiner Satelliten nicht mehr als die Talmi-Bude der PDS und die Info-Tische ungezählter linker Splittervereinigungen übrigblieb. Als Schimmer der Hoffnung bewies sich das Zelt der Kubaner, die sich zwar sympathisch unbeholfen, aber doch mit respekabler Restwürde ins Zeug legten, Che Guevara-Fahnen und Reiseführer verklopften und schmackhafteste Daiquiris ausschenkten. Die einzigen wirklichen Tränen unter dem durchwegs jugendlichen Publikum evozierte allerdings ein handgeschriebenes Plakat nachstehenden Inhalts:

Lady Diana Spencer
Princess of Wales
1961-1997+
Die Welt hat eine
Kämpferin für Frieden
& Völkerverständigung
verloren....
Die Kommunistische Jugend Österreichs -

JUNGE LINKE trauert....


Columnische Form

(ab Falter 37/97 erschien die Comandantina unter dem rätselhaften Titel "Dusls Freispiel")

Andrea Dusl


Rätselhafte Maschine
Falter 37/97

Mein früherer Nachbar, ein bulgarischer Primgeiger nannte das Gerät ehrfurchtsvoll "Luftmaschine". Dimitar Pipkow konnte sich zwar eine Cremoneser Violine im Gegenwert eines Einfamilienhaus leisten, nicht jedoch eine "Luftmaschine". Also wurde Dimitar einmal wöchentlich bei mir vorstellig, um sich "Luftmaschine, bittescheen, ausborgen". "Luftmaschine" bedienen war offenbar Männersache in der Familie Pipkow. Was Dimitar Pipkow mit meiner "Luftmaschine" anstellte, war mir nie ganz klar. Geigespielen konnte er exzellent, aber mit dem Ding aus meinem Haushalt dürfte er die gleiche Not wie ich gehabt haben, denn er retournierte es nach einer halben Stunde slawischer Mühe stets mit den Worten: "Luftmaschine, Frrauw Dussil, niecht gutt. Luftmaschine Problema viell, nurr macht cheisse Luft, saugen nix!" Pipkow ist inzwischen Hofkomponist beim Maharadscha von Rashtrakuta und hat, von den klimatischen Bedingungen in Hyderabad abgesehen, keine Sorgen mehr mit "Cheisse Luft." "Frrauw Dussil" hingegen produziert in Ermangelung einer Anstellung im Kreise der indischen Hocharistokratie noch immer heisse Luft mit ihrer Maschine. Die Bezeichnung "Staubsaugen" wäre übertrieben.


Klopfende Geräusche
Falter 38/97

Herren in Uniform tun´s höflich und leise. Polizisten sind Gentlemen, wenn sie bei frühmorgendlich Schlafenden an die Türe klopfen. Sogar die Jungs von der Alarmabteilung. Ich weiß das, schließlich wurde eines Morgens ein Dutzend von ihnen bei mir vorstellig, weil sie einen Serienkiller in meiner Wohnung vermuteten. Zwar konnte der Verdacht nicht erhärtet werden, weil der Informant Legastheniker war, trotzdem war ihr Klopfen vom Geist britischen Understatements getragen. Feuerwehrmänner haben da schon mehr Energie im Mittelfinger. Mit Feuer ist schließlich nicht zu spaßen. Außerdem macht es terrisch. Auf der nach oben offenen O´Neill-Skala der Klopfgeräusche grundeln Uniformträger zwischen 0 und 3. (Null O´Neill erreichen etwa Eilpostbriefträger, die grundsätzlich nie klopfen, weil sie grundsätzlich nie bis zur Türe des Eilpostempfängers vordringen). Weitaus unangenehmer sind Zivilisten. Exekutoren bringen es auf beunruhigende 4-5 O´Neill, Gaskassiere auf dringende 4-6, Zeugen Jehovas und Sternsinger auf lästige 6-7. Orkanen mittlerer Stärke kommt das Klopfen eifersüchtiger Exfreundinnen gleich: 8 O´Neill: Dringender Verdacht ohne Grundlage, 9 O´Neill: Dringender Verdacht mit Grundlage. Kein Klopfen ist lauter. Keines? Irrtum, Rauchfangkehrer habe ich schon mit 10-11 O´Neill gemessen.


Hinscheiden ohne Würde
Falter 39/97

Es war einmal, vor nicht all zu langer Zeit, da wurden noch Briefe und Postkarten verschickt, Telegramme aufgegeben und Telefone waren mit Kabeln versehen, die in einem kleinen weißen Kästchen an der Wand mündeten. Diese Zeiten sind vorbei. Briefe werden nur mehr von Omis und von Ämtern verfaßt, Postkarten heißen Flyer und Telefone hängen nur noch aus nostalgischen Gründen an weißen Kästchen. Die ganze Welt kommuniziert mobil. Handies können faxen, emailieren, durchs Netz surfen, short messages verschicken, Mobil-Boxen abfragen und telefonieren kann man mit ihnen selbstredend. Und noch eines können Handies prima: Sterben. Wenn Handies etwas fürchten, wie der Teufel das Weihwasser, dann ist es Feuchtigkeit. Wobei Handies in der Wahl der Flüssigkeit nicht so wählerisch sind wie der Gottseibeiuns. Handies geben ihren Geist auch bei Berührung mit profanen Liquiden auf. Die Liste toter Handies befreundeter Menschen ist lang: Dr. Martin.G., Tierarzt (Tod in der Lederhose durch Inkontinenz während eines Kirtags), Andrej D., Rennstallbesitzer (Tod durch umgefallenes Bier in Szenelokal), Mag. Siegmar S., Geschäftsführer (Tod durch Sturz ins Klo), Insa B, Reporterin (Tod durch Schonwaschgang bei 30°). Agehananda Sarhami H., Maharadsha von Rashtrakuta ( Tod durch Monsun während einer relgiösen Feier).


Wergzeug, Freund für´s Leben
Falter 40/97

Eine alte chinesische Weisheit besagt, daß sich der Mensch von der übrigen Fauna im wesentlichen durch den Gebrauch von Werkzeug unterscheidet. Die Welt, wie wir sie heute kennen - wo stünde sie, hätten sich nicht hin und wieder kluge Burschen an die Stirn gegriffen und was Cleveres ausgeheckt. Den Faustkeil ! Das Feuer! Die Hängematte! Und erst das Rad! Ich will gar nicht darüber nachdenken, was wir ohne Rad alles nicht könnten. Oder die Steckdose: Wo würden wir den Mixer anstecken und wo den Toaster? Wo die elektrische Zahnbürste und wo das Rastertunnelmikroskop? Und wie klänge die Stromgitarre mit nachgeschaltetem Wah-Wah-Pedal hätte der Marshall keinen Saft? Jimi Hendrix wäre nie berühmt geworden als Acoustic-Heini. Ohne Werkzeug ist also nix. Eine gute Idee war auch der Computer. "Mit dem kann man nämlich inzwischen so ziemlich alles", wie mir Experten versichern. Etwa Files, also Feilen verwalten, was die hohe Kunst der Werkzeugbeherrschung darstellt. Am Computer kann man auch zeichnen. Alle können das. Jedes Kind. Nur ich nicht. Ich brauche dafür noch immer Tuschestifte. Und zwar die, mit Hilfe ausgeklügelter Computer entwickelten japanischen "Pilot Ceramigraph 2". Nur kann man die nicht mehr kaufen, weil, wie wir ja wissen, heute jedes Kind am Computer . . .


Yin/Yang. . .
Falter 41/97

Eine Untersuchung, die mein "Institut für den internationalen Austausch fortschrittlicher Erfahrungen" jüngst im Raum Wien durchführte, sollte in Erfahrung bringen, nach welchen Kriterien sich die Menschheit zwei Gruppen eindeutig zuordnen ließe. Die Ergebnisse der Studie liegen seit Montag vor. Es wurden 65.681 Personen befragt, Mehrfachnennungen waren erlaubt. Hier die Antworten in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit: 89,62% der Befragten entschieden sich für Raucher/Nichtraucher als Divergenzkriterium, etwas abgeschlagen folgte die Unterscheidung in Autofahrer/Lastwagenfahrer (78,12%). Unerwartet hoch fielen die Zahlen für Wiener/Nichtwiener (69,75%), Beamte/Arbeitende Bevölkerung (63,16%), Gummibaumhalter/Schnittblumenliebhaber (61,62%), Nägelbeißer/Lockenwickler (58,35%) und Bieröffner/Korkenzieher (59,39%) aus. Traditionelle Unterscheidungen wie die in Arm/Reich, Frühaufsteher/Abendmensch, Männlich/Weiblich sowie Manisch/Depressiv blieben alle unter 12%. Das erstaunlichste Ergebnis der Studie und Gegenstand weiterer Forschungen: Unglaubliche 99,8% der Befragten sortierte die Menschenheit dieser Erde folgendermaßen: In eine Gruppe, die im Stande ist, ein TirolMilch-Packerl zu öffnen, und eine andere, die lebenslang daran scheitern wird.


Eurotische Scheine
Falter 42/97

Bald ist es so weit. Bald werden wir die neuen Scheinchen in der Tasche haben. Alle werden diese neuen Scheinchen in der Tasche haben. Der Taxifahrer in Helsinki, die Friseuse in Mailand, der irische Dorfpfarrer und auch die Brokerin in Frankfurt. Für die Menschen in Schnitzelland werden die neuen Scheinchen allerdings etwas ganz besonderes sein. Schnitzelland wird nämlich ungeheuer stolz darauf sein dürfen, neben Schiele und Klimt auch Robert Kalina hervorgebracht zu haben. Robert Kalina, den Mann, der gegen überwältigend viele andere europäische Talente als Sieger im Wettbewerb um die Gestaltung der schicksten Scheinchen reüssierte. Die Scheinchen, so wissen wir inzwischen, werden "Euro" heißen, und ab dem Zeitpunkt ihrer Einführung extrem beliebt sein. Ich prophezeie schon heute, daß alle so einen "Euro" werden haben wollen. Einen "Euro" von Kalina. Von unserem Robert Kalina. Dem Mann, mit dem Gespür für europäische Eleganz. Dem Mann, dem Schnitzelland schon seit Langem vertraute. Und der uns die bittere Zeit bis zur Einführung der europäischen Scheinchen ein wenig versüßt, indem er sich nämlich supercoole, Fünfhunderter und Tausender ausgedacht hat. "Schillinge", wohlgemerkt, aber so formschön und praktisch, daß wir den "Euro" kaum erwarten können.


Magische Substanz
Falter 43/97

Es gibt, hierin herrscht Einigkeit unter Experten, eine Substanz, die die Menschheit zusammenhält. Nein, es ist nicht Coca Cola, nicht Aspirin und auch nicht Windows 96. Es ist schlicht und einfach Zahnpasta. Zahnpasta ist die Substanz, die substanzielle Substanz sozusagen. In Zahnpasta ist alles enthalten: Gesundheit, Sauberkeit, Freiheit. (Zahnpasta ist das erste, was dir im Gefängnis abgenommen wird). Zahnpasta wird in Tuben vertrieben. Das Wort Tube ist sosehr mit Zahnpasta verbunden, daß es als eigene Vokabel kaum mehr vorkommt. Niemand würde etwa sagen: "Wo ist meine Tube?". Der Satz: "Willst Du die Zahnpastatube mit mir teilen?" hingegen, oder: "... verdammt, ich habe vergessen, eine neue Tube Zahnpasta zu kaufen ..." fällt täglich und weltweit vielmillionenmal. Irgendwann, und niemand weiß genau, wann es war, irgendwann aber wechselte die Menschheit die Tube, sie stieg um. Gleitend und lautlos. Von Metallzahnpastatuben auf Plastikzahnpastatuben. Eines Tages hatten wir alle Plastikzahnpastatuben in unseren Aliberts. Und ein Problem. Es hieß: Wie kriege ich den letzten Rest Zahnpasta aus meiner Plastikzahnpastatube? (Aufrollen geht nicht und auch das Rausstreichen mit dem Zahnbürstenstengel nicht). Ich habe das Problem gelöst. Mit Hilfe des Internets: http://www.zahnpastatube/trick/17


Gefährliche Ulos
Falter 44/97

ULOs, unbekannte liegende Objekte kennt jeder von uns. Während nämlich nur die wenigsten Menschen je ein UFO, ein unbekanntes fliegendes Objekt zu Gesicht bekommen, liegen in jeder Wohnung massenhaft ULOs herum, in meiner zumindest. Close Encounters mit ULBs etwa, also unbekannten liegenden Büchern gibt es bei mir daheim nahezu jeden Tag. Manchesmal entführt mich so ein ULB, um mich nach eineinhalbstündiger Reise in die fünfte Dimension verwirrt wieder auf dem Wohnzimmerteppich auszusetzen. In der Regel sind ULBs aber harmlos, ähnlich ULPs, unbekannten Langspiel-Platten. Hartnäckiger und gefährlicher hingegen sind ULGs, unbekannte liegende Gabeln. Davon habe ich ein paar Dutzend in meiner Bestecklade. Manchmal tauchen ULGs auch unvermutet auf dem Frühstückstisch auf, ohne Vorwarnung und ohne irgend ein Zutun meinerseits. Einige ULGs wurden durch scharfes Nachdenken zu BLGs, bekannten liegenden Gabeln. So etwa die Gabel aus dem Steakhouse in Odessa, die aus dem Flieger nach Kairo und auch die eine, in die ich einmal nach elf doppelten Vodkas einen Knoten gemacht habe. Damals in der Kunsthalle. Wo sonst. Wie zum Teufel aber die grünplastikgriffige siebenzackige Gabel in meinen Besitz kam, wird ewig ein Rätsel bleiben. Und ein echter Fall für Ulgologen.


Goodbye, Telefonschilling
Falter 45/97

Als ich noch ein Kind war, im Prätamagotschicum also, gab es einen ganzen Reigen von Figuren mit höchsten Symbolgehalt. Da war zum einen jener kinderfaustgroße Gummignom namens Kartoffelkönig, der uns Kinder auf heimtückische Weise zum Genuß von Kartoffelpüree anstiften sollte. Oder der Buchklubmaxi: Der wohnte in einem Koffer, der seinem Begleiter, Onkel Tassilo gehörte. Auch die Umstände, unter denen der Buchklubmaxi zu uns sprach, um für den Buchklub der Jugend zu werben, waren tiefenpsychologisch nicht ohne: Die Stimme des oberg´scheiten Buchklubmaxi kam aus Onkel Tassilos Bauch und Leben hauchte ihm dieser von kaudal-dorsal ein. (Onkel Tassilos Hand steckte so tief in Buchklubmaxis Arsch, daß einem vom Zusehen schwindlig werden konnte.) Die wichtigste aller Figuren aber war der Sparefroh, ein dürres Gummimännchen mit spitzem Hut und auf den Spargedanken hinweisendenden Zeigefinger. Auch Sparefrohs Leib war Symbol: Die 1- Schillingmünze. So ein Schilling war noch was wert, zu Sparefrohs Zeiten. Mit einem einzelnen Schilling warst du noch wer. Du konntest mit ihm telefonieren. Mit einem einzelnen Schilling! Mit dem sogenannten Telefonschilling. Diese Zeiten sind vorbei, denn telefonieren kostet jetzt zwei Schilling. Sparefroh, old friend, we miss you!


Alt, aber modern
Falter 46/97

Ich bin ein moderner Mensch und habe unglaublich viele moderne Geräte daheim herumstehen. Am Modernsten – von zweibeinigen Sesseln abgesehen – sind meine modernen Elektrogeräte. Jede Menge Kerzen spare ich etwa durch den Einsatz von Licht aus modernen elektrischen Lampen. Große Freude bereiten mir auch meine modernen Unterhaltungselektronikgeräte. Früher mußte J.J. Cale persönlich bei mir vorbeischauen, um mir "Low Down" vorzuspielen. Heute, im modernen Zeitalter, schiebe ich bloß ein kleines silbernes Scheibchen in eine große schwarze Kiste und schon spielt mir J.J. Cale "Low Down" vor. Mühelos, sooft ich will. Und J.J. kann derweil bei sich zu Hause neue Lieder aufnehmen. Das spart Zeit. (J.J. wohnt in Amerika, wir sparen daher auch Reisekosten.) Ich bin also modern. Daß ich gescheit bin, könnte man gemeinhin auch behaupten, wäre da nicht ein Problem: Ich brauche Jahre, um so ein modernes Musikwiedergabegerät richtig zu bedienen. Meinen Plattenspieler konnte ich mit 16 in Gang setzen, das Doppelcassettendeck mit 27, aber erst vor kurzem, mit 35 gelang es mir, hinter das Geheimnis der silbernen Scheiben zu kommen: Einfach in die schwarze Kiste hineinstecken! Wie alt ich werden muß, um aus DAT-Recorder-Signalen brauchbare Schallwellen zu erzeugen, steht allerdings in den Sternen. 121?


Sinnloses Metall
Falter 46/97

Von den 93 in der Natur vorkommenden chemischen Elementen zählt man 67 zu den Metallen. Eisen, Aluminium, Magnesium, Blei, Zinn, Zink, Kupfer, Queck- und Silber, Gold, Platin, Chrom, Molybdän, Wolfram, Tantal, Titan, Uran: Was haben wir aus euch nicht alles schon erzeugt: Zu Schwertern schmiedeten wir euch und zu Pflugscharen, wir verschweissten euch zu Panzern und Traktoren, flochten Telefonkabel und Schmuck aus euch, spachtelten euch in Zahnruinen und gossen euch in Fieberthermometer. Ob edel oder unedel, ob gediegen oder legiert, gegossen oder aufgedampft, gezogen oder getrieben, ohne euch wären wir ganz schön arm. Arm auch ohne eure numismatischen Qualitäten. Keinen müden Heller und keinen rollenden Rubel hätten wir ohne euch geprägt und selbst Onkel Dagobert würde ganz schön alt aussehen ohne Talerchen im Geldspeicher. Pecunia non olet. Mit einer Ausnahme: Es paßt in keinen Geldschlitz, liegt schwer im Börsl und kann als sinnlosestes Metall der Menschheit begriffen werden. Kellner spucken Ihnen ins Gesicht, wenn Sie auch nur eine dieser Münzen in ihr Trinkgeld schwindeln, und selbst den ärmsten Bettler kann man nicht schlimmer demütigen, als ihm eine Handvoll davon in den Hut zu legen: 50-Groschen Münzen. Das sinnloseste Metall der Welt.


Ohne geht´s auch
Falter 48/97

Jeder Chemiker kennt sie: 3-(1-Methyl-2-pyrrolidinyl)-pyridin, eine, auch unter der Formel C10H14N2 einschlägig bekannte Substanz. Finanzminister reiben sich die Hände über dieMilliardenbeträge, die die Sucht nach ihr einbringt, Volksgesundheitler beklagen die Schäden, die ihre Nebenprodukte in den Organen der Abhängigen anrichten und Freunde wie Feinde des süßen Gifts spaltet sie in zwei militante Lager. Vom Nikotin ist die Rede, dem Hauptalkaloid der Tabakpflanze, einer farblosen, öligen Flüssigkeit. Sie wird je nach Grad der Abhängigkeit mit Hilfe von Frühstückszigaretterln verabreicht, in Form von nervösem Kettenschmauchen, stoischem Pfeifengepaffe oder schlicht als "Tschik danach". In Flugzeugen ist ihre Einnahme aus aerodynamischen Gründen untersagt, auf amerikanischen Straßen puritanischer Motive wegen, in Kirchen scheut man die Konkurrenz zum Weihrauch und im Spital rauchen nur Pulmologen und werdende Väter. Diese Zeiten sind vorbei: Denn jetzt gibt es Nikotin pur! Nicht als Pflaster, auch nicht als Salbe, Zuckerl oder Infusion. Nikotin zum Inhallieren. Ohne Rauch natürlich. Nicorette heißt das lächerliche, Ding. Es sieht aus, als hätten ein Zigarettenspitz und ein Kugelschreiber Nachwuchs bekommen. Gifteln geht jetzt überall, selbst in Falter-Sitzungen. Guti Gutenstein!


Das Rätsel ist gelöst!
Falter 49/97

Ein großes Mysterium ist gelöst: Das Schwarze-Socken-Phänomen. Schon Nora Ephron wußte damit schmutzige Wäsche zu waschen. So legte sie in dem Schlüsselroman über ihre Ehe mit Carl Bernstein dem Watergate-Aufdecker folgende Morgenfragen in den Mund: " Woher kommt es, Nora, daß ich in meiner Sockenlade immer nur ungerade Anzahlen schwarzer Socken finde? Frißt deine Waschmaschine meine schwarzen Socken?" Das schwarze Socken-Phänomen. Ephron-Bernstein waren schon nahe dran, das Rätsel zu lösen. Auch Prof. Nikolaus Nüchtern vermutete richtig: Die Waschmaschine ist es. Einem Pysikerteam unter der Leitung von Prof. Ilmar Krilov von der Moskauer Lomonossov-Universität gelang nun der entscheidende wissenschaftliche Beweis. Mit Hilfe der Superstring-Theorie läßt sich das Abdriften schleudernder Socken in die siebte Dimension erklären. Sie sind damit für unsere wahrnehmbaren vier Dimensionen unzugänglich, verstringt, um genau zu sein, können jedoch bei bestimmten, jetzt bekannten Schleuderfrequenzen wieder zurückstringen. Krilov entzauberte während der black-sock-Forschungen so nebenbei auch noch den Teilchen-Welle-Dualismus. Wie er das Socken-Rätsel löste, erklärte Krilov mit einem kryptischen Zitat Theodor Mommsens: Historische Forschung ohne philologische Bildung sei unmöglich.


Unglaublich, aber wahr!
Falter 50/97

Ein wesentliches Gütekriterium für vorbildlich geführte Haushalte, darin sind sich die Experten einig, ist das Anhäufen von Vorräten. Es ist wichtiger als staubwedeln, wichtiger als wäschewaschen, wichtiger als fensterputzen. (Das ergab eine Umfrage meines Instituts für den internationalen Austausch fortschrittlicher Erfahrungenunter unter nicht weniger als 14.678 alleinhaushaltenden Personen). Die Studie kam zu erstaunlichen Ergebnissen. Wer dächte, Vorratlogistik bei alleinhaushaltenden Personen beschränkte sich auf die kühle Lagerung von Hektolitern Dosenbieres und dreistelliger Anzahlen einschlägiger Hefte, irrte sich gewaltig. Duftwässer sind es, die gebunkert werden, Einwegrasierer, Klopapier und Butter. Butter. Butter fehlt in keinem persönlichem Haushalt. Die gute alte Butter. Nicht Wurst, nicht Käse, nicht Brot, weder Eier noch Mehl werden gehortet, keine einzige müde Kartoffel und nicht einmal eine indische Kinderhand voll Reis. Butter ist das alleinstehende Lebensmittel Nummero Eins. Butter in allen Aggregatzuständen: Frische in Originalverpackung, angebrochene, gutgekühlt, aber Monate alt, zerschmolzene, angebröselte, an Tellerrändern ranzende, in Geschirrtücher geschmierte. Butter ist überall. Butter ist die Beste, gleich nach Butters Butter, der Großbutter, denn, wie schon Plato wußte: Butter kann durch nichts ersetzt werden.