PR28
Editorial
„Gehen S’, wer wird denn in Russland Revolution machen? Vielleicht der Herr Bronstein ausm Café Central?“ So soll ein österreichischer Spitzenbeamter 1917 die Nachrichten aus Petrograd kommentiert haben. Heute wie damals übersteigt der tatsächliche Geschichtsverlauf die Vorstellungskraft des klein/bürgerlichen Spießers bei weitem. Geht es nach diesen, hätte sich die Oktoberrevolution niemals ereignen dürfen. Wer meint den epochalen Charakter des Roten Oktober verwerfen zu können, ist der Bourgeoisie, der herrschenden Klasse vollends auf den Leim gegangen.

Ein weiterer Schwerpunkt der vorliegenden PR sind jüngere Erfahrungen bewaffneter revolutionärer Kämpfe in imperialistischen Zentren. Mit dieser Frage steht und fällt der revolutionäre Kommunismus, genauso wie mit der Organisationsfrage. Daran ändert die Tatsache nichts, dass die Generation jener, die als „Neue Linke“ einst den „Marsch durch die Institutionen“ angetreten haben, schon lang nicht mehr von den Institutionen zu unterscheiden ist und selbstverständlich auch in der Frage des bewaffneten Aufstands einer kollektiven Totalamnesie anheim gefallen ist.

Eine Leserin aus Tulln hat uns freundlicherweise auf ein peinliches Versehen in der Nummer 27 der PR aufmerksam gemacht. Bekanntlich wird seit etlichen Nummern die Geschichte der Österreichischen Arbeiter/innen-Bewegung (1848 – 1934) in türkischer Sprache abgedruckt. Die Sache wurde so dargestellt, als wäre Franz Strobl der alleinige Autor dieser Ausarbeitung aus den 1950er Jahren. Das ist falsch, denn in Wirklichkeit wurde nur Teil I (Bis zum ersten Weltkrieg) von F.St. allein verfasst. Die Teile II (Vom ersten Weltkrieg – 1927) und III (vom 15. Juli 1927 – 12. Februar 1934) stammen aus der Feder von Franz West (1909 -1984) bzw. von Leopold Spira (1913 -1997). Alle drei waren, als die „Geschichte“ geschrieben wurde, im zentralen Parteiapparat (der KPÖ) tätig. Spira und West schlossen sich bereits in den 1930er Jahren der damals noch revolutionär-kommunistischen KPÖ an. Kommunistischer Kampf, Widerstand und Exil waren für beide prägende Erfahrungen in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts (Spira hat beispielsweise als Interbrigadist für die Spanische Republik gekämpft). Obwohl sich die Lebenswege von Spira, Strobl und West in den ersten Jahren nach 1945 kreuzten, gingen sie später weit auseinander. Franz Strobl wurde 1963 als führender Kader des revolutionär-kommunistischen Flügels aus der KPÖ ausgeschlossen. West und Spira wurden nach 1968 als Exponenten des rechtsopportunistischen, eurorevisionistischen Flügels (Tagebuch-Fraktion um Fischer und Marek) von den Zentristen bzw. den damaligen Anhängern des Breschnew-Revisionismus und Sozialimperialismus (Fürnberg, Muhri, Scharf, Wimmer usw.) aus der KPÖ geworfen. Unabhängig von der Tatsache, dass diese Personen ab einem bestimmten Zeitpunkt Positionen einnahmen, die wir bestimmt nicht teilen, wollen wir ihre Leistungen keineswegs unterschlagen.
Und weil gerade von unseren Fehlern die Rede ist, sei hier gleich noch ein weiterer aus dem Weg geschafft: das in PR 27 abgedruckte „Lied vom Flicken und vom Rock“ stammt leider nicht aus unserer Feder, sondern aus der von Bertolt Brecht.

Für die PR 28 waren anlässlich der aktuellen Papstprovokation durch die römische Kirche ein bis zwei religionskritische Beiträge eingeplant worden, wobei auch des heurigen Darwin-Jubiläums gedacht werden sollte. Dafür hat die Redaktion eine belesene Freundin um ihre Mitarbeit gebeten. Diese hat zwar prompt geliefert, das Ergebnis entsprach jedoch in Inhalt und Umfang nicht der Ausrichtung unserer Zeitung. Weil wir aber als streitbare Materialist/innen stets gegenüber ernsthafter Gesellschaftskritik aufgeschlossen sind, haben wir kurzfristig entschieden, einen einschlägigen Sonderdruck zu veranstalten und diesen gemeinsam mit der PR 28, als Sondernummer, auszuliefern. Möge er im Kampf gegen allerlei Obskurantismen von Nutzen sein!

Die neu beschlossenen „Thesen über die wirtschaftlichen Grundlagen der bestehenden Gesellschaft“ sind näher der Basis. Sie mögen aber ebenfalls dem Verständnis, der Diskussion und der Argumentation - darüber wie diese verfluchte kapitalistische Gesellschaft zu überwinden sei - nützen.

Am 28.8.07 wurde der Gründungsvorsitzende der KP Philippinen von den niederländischen Behörden verhaftet. Freiheit für Jose Maria Sison! Weg mit den EU- und den anderen Terrorlisten!

Das PR-Redaktionskollektiv wünscht euch wie immer angeregtes Lesen!




Inhalt
Oktoberrevolution 1917 und Revoluion in imperialistischen Ländern 3
90 Jahre Oktoberrevolution
Zeittafel April - Oktober 1917 8
Der bolschewistische Weg zum Roten
Oktober, Teil III: Der Aufstand 9
Nachdruck: Dekret über den Frieden 12
Wichtige Persönlichkeiten der Bolschewiki  14
Nachdruck: Mao Zedong:
Die Geschützsalven der Oktoberevolution brachten uns den Marxismus-Leninismus 19
Genosse Valeri Sablin 21
Theorie
Georgi Dimitroff: Über die Kader 22
Bewaffneter revolutionärer Kampf in imperialistischen Ländern
BRD - RAF  26
Belgien - CCC 29
Euskadi - ETA 31
Dokumentation
Internationale Erklärung: Bedeutung und Wichtigkeit des antirevisionistischen Kampfes und der Großen Proletarischen Kulturrevolution  34
Österreich:
Kapitalismus-Thesen  37
Hinter der Bühne - Arbeiter-Interview 42
Flugblatt zum KPÖ-Volksstimmefest ´07 45
Internationales: Dokumentationen und Berichte
Stoppt den imperialistischen Krieg gegen den Iran - gemeinsamer Aufruf 47
Massenkämpfe und Volkskrieg in Indien 48
KP Philippinen: Über die Agarrevolution (Auszug Broschüre über die NPA) 49
Bericht aus Serbien: SKOJ 50
Türkei/NK: nach den Wahlen (türkisch) 51
Frankreich: Wahlen und Klassenkampf 53
Afghanistan: Flüchtlinge - Resolution 55
In der Mitte zum Herausnehmen:
Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung Teil XI (türkisch)