PR33
Editorial

Am 15. August 2008, zweieinhalb Monate nach der Ausrufung der Republik, wurde der Genosse Pushpa Kamal Dahal (Parteiname: Prachanda), Vorsitzender der Kommunistischen Partei Nepals (Maoistisch) von der Verfassungsgebenden Versammlung zum ersten Premierminister der Demokratischen Bundesrepublik Nepal gewählt. Erst ein jahrelanger Volkskrieg, geführt von der KPN (M) hat den Sturz der absoluten Monarchie ermöglicht. Das bisher Erreichte ist ein herausragender Erfolg, der die politisch bewussten Arbeiter/innen und die fortgeschrittensten Teile der Volksmassen auf der ganzen Welt mit Genugtuung erfüllt und beflügelt. Wir rechnen solidarisch damit, dass mit dem aktuellen Stand der revolutionäre Prozeß noch lange nicht zum Stehen gekommen ist. Gleichzeitig verurteilen wir auf das Allerschärfste jene verächtlich-arrogante Kautsky-Haltung mancher Linkskräfte aus den imperialistischen Speckzonen, die mit ihrem überheblichen Expertentum für ferne Länder das eigene Versagen an ihrem Frontabschnitt der Weltrevolution vertuschen wollen. (Vergleiche: Lenin, „Die proletarische Revolution und der Renegat Kautsky“). Selbstverständlich kennen auch die nepalesischen Genoss/innen die historischen Erfahrungen der Internationalen Kommunistischen Bewegung, einschließlich der gescheiterten sozialistischen Experimente des 20. Jahrhunderts.
Den älteren unter den Leser/innen der PR ist gewiss noch die revolutionäre Offensive in Peru im letzten Quartal des 20. Jahrhunderts erinnerlich. Damals hat eine, von pro-imperialistischen Kräften angefachte, gegen den Proletarischen Internationalismus gerichtete Grundstimmung das Ihrige zum Scheitern der Bewegung beigetragen. Vermögen Meldungen wie die folgende „unsere“ metropolitanen Besserwisser überhaupt noch aus der selbstgefälligen Lethargie zu reißen:
„Massengrab in Peru entdeckt – Im Süden Perus haben Gerichtsmediziner ein Massengrab mit den sterblichen Überresten von 123 Männern, Frauen und Kindern aus der Zeit des Guerillakrieges entdeckt. Das Massengrab liegt in Putis in der Provinz Ayacucho, wo die Streitkräfte während des Kampfes gegen die maoistischen Aufständischen der Organisation ‚Leuchtender Pfad’ in den achtziger und neunziger Jahren zahlreiche Dorfbewohner töteten. Nach Angaben der von der Regierung eingesetzten Wahrheitskommission boten die Truppen im Jahr 1984 von den Rebellen flüchtenden Dorfbewohnern Putis als Zufluchtsort an. Die Menschen wurden jedoch wegen angeblicher Verbindung zu den Guerillakämpfern getötet und mußten zuvor ihre eigenen Gräber schaufeln.“ (FAZ, 26.05.08)
Solidarität mit den Politischen Gefangenen in Peru!
Der Zusammenhang zwischen Politik und Sport ist besonders in Rahmen einschlägiger Großereignisse (wie EM oder Olympia) unübersehbar.
Die Spiele in Beijing sind mit einer beeindruckenden Leistungsbilanz der Gastgeber zu Ende gegangen. Die aufgeregte antichinesische Stimmungsmache im Interesse der imperialistischen Mächte geht weiter. Unser Titelbild erinnert an eine politische Kundgebung anlässlich der olympischen Bewerbe von 1968 in Mexiko, die weltweit Aufmerksamkeit für den Befreiungskampf der Afroamerikaner/innen erzeugt hat. Die Namen der Athleten lauten Tommie Smith, Peter Norman und John Carlos (von links nach rechts). Dazu geben wir Auszüge aus einem aktuellen Interview mit dem heute 63-jährigen Carlos wieder, die die Hintergründe des Kampfes ausleuchten.
„Die Lage ist genau wie 68: in Prag und in Paris. Die Kaffeehäuser haben sich in die Straßen ergossen. Wenn die Regierung sich von diesen grünen Schwärmern beeindrucken läßt, wie seinerzeit die tschechische, fressen sie sofort jeden Acker leer. Wenn die Regierung, wie die in Frankreich, gar nicht hinhört, so sind sie auch gar nie gewesen.“ (Peter Hacks, 1989,  noch vor dem Zusammenbruch der DDR in einem Brief an einen Freund)
Das Epochenjahr 1968 hat auf allen Erdteilen schwerwiegende Brüche gezeitigt. Panzer des Sozialimperialismus in Prag markierten damals den Anfang vom Ende des autoritär-bürokratischen Staatskapitalismus der Moskauer Ausrichtung.
Der gegenwärtige Krieg im Kaukasus ruft unerbittlich die fatale Kontinuität von der zaristischen Despotie über die Neue Bourgeoisie unter Breschnew zum neoliberal gewendeten Rußland unter Putin und Medwedew in Erinnerung.
In Österreich hat wieder der Personenkult Hochkonjunktur. Die Karten werden neu gemischt weil sich die Charaktermasken der parlamentarisch verbrämten Diktatur des Monopolkapitals immer schneller abnutzen. Gleichzeitig ist der österreichische Imperialismus mit 15 Bundesheereinsätzen weltweit dick da. Nichtsdestotrotz will der sozialdemokratische Kriegsminister die einschlägigen Mittel weiter aufstocken (der Tschad-Einsatz wird jetzt schon aus dem Entwicklungshilfebudget gespeist!).
Diesem System – für das alle Parlamentsparteien einhellig stehen - keine Frau, keinen Mann und keinen Euro-Cent!
Die Fortsetzung der türkischen Übersetzung der Geschichte der österreichischen Arbeiter/innen-Bewegung aus der Perspektive der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts muß leider vorübergehend ausgesetzt werden.
Statt dessen gibt es in dieser PR drei Beiträge zu den Erfahrungen unserer Bewegung im vorigen Jahrhundert: Revolutionäre Krise vor 90 Jahren, zur Entwicklung der österreichischen Arbeiter/innen-Bewegung von 1934 bis zur Gegenwart und zur Geschichte der KPÖ.
Die KPÖ wurde am 3. November 1918 gegründet. Es freut uns ganz besonders die nächste Nummer der PR voranzukündigen, die diesen Anlaß aufgreift und zur Gänze der einstmals ruhmreichen Partei gewidmet sein wird. Inhaltlich wird die Aufmerksamkeit vor allem auf die Brüche in der Geschichte dieser Organisation gelenkt: Revolutionär-kommunistische Anfänge – Bewährung im antifaschistischen Kampf - Aussenstelle des Moskauer Sozialimperialismus - kleinbürgerliche Systempartei von heute. Bestellungen werden ab sofort entgegengenommen.


Auf Anregung und Kritik freut sich wie immer, Eure PR-Redaktion.



Inhalt

Nationalratswahlen 2008 (Seite 3)
Bob Avakian über das Parlament 5
Lenin: „Brief an die österreichischen Kommunisten“ 8
EU-Thesen 10
CSSR 1968 13
Vom Generalstreik 1918 bis zur Gründung der KPÖ 20
Geschichte der österreichischen Arbeiter/innenbewegung - (Teil 2) 24
EM 2008 30
EU senkt Arbeiterlöhne 32
Österreichischer Imperialismus 33
Stoppt den imperialistischen Krieg gegen den Iran 35
Redebeitrag des Rats zur Verteidigung des Kampfes der iranischen Völker 36
Redebeitrag des RKJV 38
Der Aggressionskrieg des US-Imperialismus in Afghanistan 40
Nepal: Nach den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung 44
Nepal: Hindernisse für die Revolution - real, aber überwindbar 46
Interview mit John Carlos zum Protest anlässlich der Olympiade 1968 51
Sans-Papiers 53
Grußbotschaft an den 8. Parteitag der MLPD 54
Die KPÖ - Gründung, Kampf und Niedergang   56
Nepal 60
Philippinen 61