Ausgebaute Transistoren OK?
(Beitrag von
R. Süßbrich, Vers. 1.7; 16.4.07)
Nach dem Ausschlachten eines alten Geräts hat man oft jede
Menge Transistoren
vor sich liegen, und es stellt sich die Frage: Welche
Transistortypen sind
das, und sind die Transistoren noch brauchbar?
Hinten auf dem Photo
links sieht man kleine Leistungs-Transistoren, die wir hier nicht
betrachten wollen. Vorne sehen wir verschiedene
Kleinleistungs-Transistoren, und um diese soll es hier gehen.
In erster Näherung wollen wir erst einmal davon ausgehen, dass
alles, was drei Beine hat und so ähnlich aussieht
wie die Teile auf dem nebenstehenden Photo, ein Transistor ist. Um
einen Transistor testen zu können, müssen wir allerdings zwei Dinge
wissen:
Um welchen Typ
handelt es sich hier: NPN oder PNP ?
Wie sieht es mit der Beinchenbelegung aus, wo sind Emitter,
Basis, und Kollektor (englisch: Emitter, Base, Collector)?
Die erste Methode kann die Suche von
Datenblätter im Internet sein. Das kann aber für alte Typen recht
aufwendig werden, vor allem, wenn man den Hersteller nicht kennt.
Manchmal ist es auf den Transistoren
auch aufgedruckt : CBE sind Collector,
Base, und Emitter
Die
nächste Methode und die schnellere zum ersten Test sind: Ein
Vielfachmeßinstrument und unsere Finger!.
Wir
machen Gebrauch von der Tatsache, dass ein Transistor aus
zwei gegeneinandergepolten Dioden besteht: Ein PNP-Transistor
aus zwei Dioden mit den Kathoden (Minus-Pol) in der gemeinsamen Mitte
(Basis), ein NPN-Transistor umgekehrt mit den Anoden (Plus-Pol) der
Dioden in der Basis:
Am häufigsten werden wir auf die npn-Typen stoßen!
Es gilt also, 2 Dioden zu finden. Dieses geht gut mit einem
ganz normalen Zeigerinstrument:
Trick 1: Das ROTE Kabel
steckt in der (-)-Buchse des Meßgeräts, das SCHWARZE Kabel in der
(+)-Buchse des Geräts. Das ist zur üblichen Steckweise umgekehrt!
Grund: Bei Widerstandsmessungen an Zeigerinstrumenten fließt 'Plus' aus
der (-)-Buchse heraus und fließt dann in die
(+)-Buchse hinein, ganz wie bei normalen Messungen,
bei
denen 'Plus' immer in die (+)-Buchse fließt. Das
ROTE Kabel
ist deshalb jetzt (+), das SCHWARZE (-)
Trick 2:
Wir markieren unseren Transistor, den wir gerade testen, z.B. mit einem
Kratzer, oder ritzen eine Nummer oder einen Buchstaben ein, oder kleben
einen kleinen Abschnitt eines Aufklebers auf und schreiben darauf eine
eindeutige Markierung. Auf alle Fälle markieren wir unseren Transistor
so, dass wir ihn später auch wiederfinden.
Und
jetzt beginnen wir mit der Typ-Bestimmung:.
Wir biegen die Beine auf und bringen sie in eine Linie. Dann
benennen wir die Beine 1, 2, und 3, z.B. von Rechts nach Links oder
umgekehrt. Und dann messen wir mit einem Widerstandsbereich 'x 1k' oder
'x 10k' los, indem wir erst einmal Bein 1 auf (-) legen (Schwarz) und
dann mit dem (+)-Kabel (Rot) Bein 2 und dann Bein 3 anfassen.
Es gibt jetzt drei Möglichkeiten:
- Wir finden an einer der Stellen Durchgang,
d.h. der Zeiger schlägt aus. Dann haben wir schon den ersten
p-n-Übergang gefunden: Die Diode liegt von 2=>1 oder 3=>1
(Anode => Kathode)
- Wir finden an beiden
Stellen Durchgang! Hurra, dann haben wir einen pnp-Transistor
gefunden, mit den Dioden von 2=>1 und 3=>1 (oder der
Transistor ist kaputt!)
- Wir finden an beiden
Stellen keinen Durchgang! Dann ist es sehr wahrscheinlich,
dass wir einen npn-Transistor haben, oder dieser Transistor ist kaputt
Finden wir den Fall 2 oder 3 vor, so vertauschen wir jetzt
die (+)- und (-)-Anschlüsse am Transistor, und das Verhalten muss genau
entgegengesetzt sein: Hatten wir vorher Durchgang auf beiden Beinen, so
darf jetzt kein Durchgang vorhanden sein; war vorher auf beiden Beinen
Sperre, dann muss jetzt auf beiden Beinen Durchgang sein.
Bei Fall 1 (Durchgang an nur einem Beinpaar) stellen wir die
Durchgangssituation wieder her, nur wechseln wir dann den (-)-Anschluss
von Bein 1 auf Bein 2 oder Bein 3, je nachdem, welches frei geblieben
ist, und wir sollten wieder Durchgang haben.
Zusammenfassung:
Wir vertauschen die Meßspitzen
an den
Transistorbeinchen solange, bis wir eine Situation erreicht haben, bei
der eine Meßspitze am Beinchen bleibt und wir die
andere Meßspitze an jedes der freien Beinchen anschließen
können und immer Durchgang besteht.
Ist die
ruhende Meßspitze Rot, und Rot ist unser (+)-Pol, dann haben wir einen npn-Transistor
vor uns. Ist es die schwarze Meßspitze, dann ist es pnp-Transistor!
Vertauschen wir Plus und Minus, dann darf keine der
Vertauschungen leiten. Messen wir trotzdem Durchgang, dann ist der
Transistor defekt, oder es ist kein 'normaler' Transistor.
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OK, jetzt wissen wir, ob wir einen npn- oder pnp-Transistor vor uns
haben, und wir kennen das Beinchen mit dem Basis-Anschluss. Aber wo
sind Emitter und Kollektor? Das können wir auch recht schnell
ermitteln, und dazu lassen wir das Basis-Beinchen erstmal unbeschaltet
und in Ruhe. Die beiden anderen Beinchen sind jetzt erstmal die Nicht-Basis-Beinchen
NBB.
Wenn wir jetzt die beiden NBBs an das
Meßinstrument anlegen, dann sollte es in beiden Richtungen sperren!
Wenn nicht, ist der Transistor nicht ganz OK.
Nun,
zum Bestimmen des
Kollektor- und Emitter-Anschlusses machen wir von der Eigenschaft
Gebrauch, dass ein kleiner Basisstrom einen viel größeren
Kollektorstrom hervorruft. Das soll durch die gelben Pfeile im Bild
dargestellt werden. Und diesen kleinen Basisstrom können wir dadurch
erzeugen, dass wir mit einem Finger das Kollektor- mit dem
Basisbeinchen über eine Hautstrecke verbinden (nicht die Beinchen mit
sich selbst metallisch verbinden!). Das soll durch den gestrichelt
gezeichneten Widerstand angedeutet sein.
Wir
bringen jetzt die Plus-Klemme an einem der NBBs an, und die
Minus-Klemme am anderen NBB. Haben wir einen npn-Transistor vor uns,
dann versuchen wir mal, mit dem Mittel- oder Ringfinger das NBB, an dem
wir Plus angeschlossen haben, mit dem Basis-Beinchen kurzzuschließen.
Bewegt sich der Zeiger im Meßgerät? Nein? Dann müssen wir wieder mal
(+)- und (-)-Anschluß an den NBBs vertauschen und von dem anderen
Plus-Beinchen die Sache mit dem Finger versuchen. Ein eindeutiger
Ausschlag des Meßinstruments sollte festzustellen sein. Dann ist das
Beinchen mit der (-)-Klemme der Emitter und das Beinchen mit der
(+)-Klemme der Kollektor.
Haben wir einen
pnp-Transistor bestimmt, so läuft die Suche nach Emitter und Kollektor
umgekehrt ab, d.h. wir müssen von dem Beinchen mit der (-)-Klemme aus
zum Basis-Beinchen mit dem Finger eine Brücke bilden.
Prüfung des Durchgangs mit dem "x10k"-Widerstandsmeßbereich zwischen
Basis (rot, plus) und Kollektor (schwarz, minus) eines npn-Transistors
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Detail: Anschluß der Meßklemmen
am zu prüfenden Transistor, in diesem Fall ein npn-Typ (Ausschnitt aus
dem Bild links)
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Bestimmung
des Kollektor-Beinchens an einem npn-Transistor.
Widerstands-Meßbereich des
Instruments: x10k
Die mit dem Finger gebildete
Brücke ist
ansatzweise rechts zu sehen: Schwarz: Emitter-Beinchen; Rot. Kollektor;
Das Basis-Beinchen hängt 'in der Luft' und wird nur über den Finger mit
Plus (=
Kollektor-Beinchen) verbunden.
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Gelingt es uns nicht, einen Ausschlag des
Instruments zu erreichen, so ist entweder der Transistor defekt
(unwahrscheinlich, wenn die oben
beschriebene Prüfung auf Diodenrichtung erfolgreich war), oder der
Transistor hat eine sehr kleine Stromverstärkung. Dann müsste
man an Stelle des Fingers mit einem Widerstand arbeiten, so in der
Größe
zwischen 1k und 10k.
Soweit die Prüfung mit einem
ganz billigen und einfachen Zeigerinstrument. Haben wir ein digitales
Instrument, so ist wegen
der hohen Eingangsempfindlichkeit eine andere Arbeitweise
erforderlich, denn über die eingebauten Widerstandsmessbereiche geht
es nicht:
Wir
brauchen eine externe Stromquelle, z.B. eine 9V-Blockbatterie,
ein Netzteil, oder was wir sonst so finden können. Ein Widerstand
von 10k bis 22k (hier gewählt: 10k) begrenzt den Strom, das
Meßgerät wird im 20mA-Bereich betrieben. Die rechts gezeigten
Kabelenden sind unsere Meßspitzen wie bei der Arbeit mit dem
Zeigerinstrument.
Näheres kann man folgendem Photo entnehmen
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Oben rechts
die Blockbatterie.
Vom
Pluspol geht das rote Kabel zum Widerstand. Von
dort geht es über die schwarze Meßklemme und das rote Kabel in den (+)
Anschluß des Meßgeräts, von (-) oder COM des
Meßgeräts geht es an die rote Meßklemme, die den
Plus-Pol zum Messen darstellt.
Das schwarze
Hilfskabel geht links unten in den Minuspol
der Batterie zurück und ist deshalb der Minus-Pol für unsere Messungen.
Der Widerstand darf unter keinen Umständen beim
Messen überbrückt oder kurzgeschlossen werden, weil im Falle
eines Durchgangs sonst die volle Batteriespannung über der Diode liegt
und diese unweigerlich davon zerstört wird. Es fließt dann zuviel
Strom!
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Und was sagt uns das Ganze?
Nun, obwohl die Anleitung etwas länger als gedacht wurde, können wir
einen ausgebauten Transistor recht schnell beurteilen. Wenn wir ihn als
OK einstufen, dann sollte er gut sein für Kollektor-Emitter-Spannungen
bis 20V und einen Kollektor-Strom von 20mA. Soll's denn mehr werden,
dann gilt es Datenblätter zu studieren. Für die meisten Bastelsachen
reichen 20V/20mA immer aus.
Tipp: Für europäische
BC-Typen könnte NXP (Philips)
eine erste Anlaufstelle für Datenblätter sein. Amerikanische
Transistoren heißen oft 2Nxxxx (mit xxxx eine vierstellige Zahl); auf
den Transistor ist dann nur die vierstellige Zahl aufgedruckt. Und japanische
Transistoren heißen Syxxxx, wobei y für einen Buchstaben steht, z.B. A.
Auf dem Transistor ist dann nur A1234, oder was für eine Zahl auch
immer, aufgedruckt.
Die Beinchenbelegung und den Typ des Transistors halten wir
am besten in
einer kleinen Skizze fest: Die Beinchenbelegung wird in den
Datenblättern
immer von unten gezeit, wir gucken also auf die Beinchen drauf:
Wir
halten fest: Name: z.B. BC108, npn, und malen uns die erste Belegung
dazu (Ein solches Näschen am Transistor mit Metallgehäuse markiert
immer den Emitter), Für einen Transistor mit Plastikgehäuse wird
in den meisten Fällen das rechte Bild gelten, manchmal sind Basis und
Emitter vertauscht
Wenn man dann Datenblätter
suchen will, geht's meistens nur in Englisch. Und dann ist auch noch
Erfahrung gebraucht, das ist also eher etwas für alte Hasen.
Transistoren, die unseren Test nicht bestehen, sind nicht zwangsläufig
defekt. Es können unbekannte Typen (FETs, HF-Transistoren), aber
auch A-Typen mit geringer Stromverstärkung sein. Es empfiehlt sich
erst einmal, diese in ein eigenes Döschen oder Tütchen zu packen.
Wenn man später mal mehr Ahnung von der ganzen Sache hat, kann man
vielleicht etwas damit anfangen.
Was kann man mit
den Transistoren anfangen?
Eine Idee: Ein
genaues elektronisches Thermometer bauen!
Seite schon
mal gelesen!