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Letzte Aktualisierung am 09.11.2004

 

 

Syndikalismus und Gewalt

Die Einstellung der FAUD zur Frage der Anwendung revolutionärer Gewalt

[ungekürzte Fassung - gekürzte Version erschienen in direkte Aktion #166]

Das Schwergewicht syndikalistischer Propaganda zur Erringung einer föderalistischen freien Gesellschaft lag in der Propagierung des sozialen, reichs- und weltweiten Generalstreiks. Der Eroberung politischer Macht wurde dabei eine Absage erteilt – Politik und Ökonomie dürften nicht getrennt werden. Die „Diktatur des Proletariats" im marxistischen Sinne wurde als „Diktatur über das Proletariat" definiert. Das schloss die Errichtung eines neuen politischen „Überbaus" von selber aus. Die Erlangung der ökonomischen Macht war demnach der Hauptansatzpunkt syndikalistischer Bestrebungen. Doch reichte dazu der Generalstreik aus ? Sollte die Revolution nicht auch mit bewaffneter Macht vorangetrieben werden, wie es am lautstärksten wohl die Spartakisten propagierten ? Trauen wir der Geschichtsschreibung über die FAUD, dann lernen wir bei Hans Manfred Bock, dass z.B. in Rockers „Prinzipienerklärung des Syndikalismus", der programmatischen Grundlage der Freien Arbeiter- Union Deutschlands (FAUD), Gewaltlosigkeit gefordert werde, und dass Teile der FAUD unter einem „pazifistischen Einfluß der Berliner Geschäftskommission" gesanden hätten. (1) Weitere ForscherInnen taten es dem Vater der Syndikalismusforschung nach und schrieben beispielsweise, Rudolf Rocker „vertrat prinzipiell gewaltlose Methoden", (2) oder „FAUD- Protagonisten" hätten eine „pazifistische Grundeinstellung".(3) Ich möchte im folgenden ein differenzierteres Bild über diese Frage geben. Wir werden sehen, dass ein pauschales, einheitliches Kischee der Wirklichkeit nicht gerecht wird. Ich beginne damit, festzuhalten, dass sich in den Hauptschriften des syndikalistischen Theoretikers Rudolf Rocker keinerlei Bekenntnisse oder Forderungen nach Gewaltlosigkeit finden, weder in seiner Autobiographie, noch in „Nationalismus und Kultur". Auch in seinen kürzeren Grundlagentexten, beispielsweise im Organ „Der Syndikalist" ist hiervon nicht die Rede. Karl Roche, ein weiterer Protagonist, vertrat in seinem „Handbuch anarcho- syndikalistischer Grundsätze" keine „gewaltlosen" Positionen. Ebensowenig taten das die Vertreter der Geschäftskommission der FAUD mit von Ausnahme Fritz Oerters.(4) Generell war dies auch zu keiner Zeit ein entscheidender Diskussionspunkt in der Gesamtbewegung. Die Entscheidung darüber, wie die einzelnen Ortsvereine vorzugehen haben, wurde jenen selber überlassen. In einer Frage, ob ein Generalstreik passiv oder bewaffnet zu erfolgen habe, wurde nicht entschieden.

Warum behandel ich diese Frage dann eigentlich?

Nicht nur manche NachkriegsgeschichtsschreiberInnen bemühen sich, die FAUD in eine pazifistische Ecke zu drängen. Gerade von kommunistischer Seite wurde den Anarcho-Syndikalisten, allen voran der Geschäftskommission in Berlin, immer wieder der Vorwurf gemacht, ihre Basis von revolutionären Auseinandersetzungen abzuhalten und darauf geschlossen, dass die FAUD deshalb die Anwendung von Gewalt generell ablehne, gar eine pazifistische Organisation sei. Aber auch vermeintlich seriösere Schreiber, wie H. Lepke unterstellten der FAUD im „Gewerkschafts- Archiv" grundsätzlichen Pazifismus und „völlige Passivität".(5) Und das, obwohl die FAUD über einen reichsweiten Sammelfond für den offen militanten Freischärler Max Hölz sammelte. Ich möchte im folgenden beide Positionen gegenüberstellen, um dann ein möglichst genaues Bild zeichnen zu können.

Die Ablehner von Gewalt

Mitverantwortlich für das vermeintlich pazifistische Erscheinungsbild der FAUD waren Anfang der zwanziger Jahre Artikel von Fritz Oerter im „Syndikalist", welche passive Resistenz und Gewaltlosigkeit propagierten. Der „Syndikalist" war mit einer Auflage bis zu 120.000 und reichsweiter Verbreitung das repräsentative Organ der FAUD. Generell sprach sich Oerter in „Wir- Form", also für die Leserschaft für die FAUD, auf der Titelseite dafür aus, dass Gewaltanwendung niemals die Befreiung herbeiführen könne, sondern nur neue Unterdrückung bringen würde. Es müsse generell „eine höhere Moral und Ethik des Sozialisten einsetzen, der begriffen hat, dass die Gewalt nur dadurch ausgeschaltet wird, indem zunächst die sittlich Höchststehenden unter allen Umständen auf ihre Anwendung verzichten und indem sich dann durch ihr Beispiel der Kreis der Gewaltlosen mehr und mehr erweitert, bis schließlich die letzten Gewaltanbeter von der Allgemeinheit nur noch als Verbrecher und Kapitalisten betrachtet werden."(6) Auf dem Gebiete der Gewalt werde der Gegner voraussichtlich immer überlegen sein. Der Generalstreik sei gegenüber der Waffengewalt keine Gewalt und keine Utopie, sondern die Notwendigkeit zur Befreiung der Arbeiterklasse. Die Gewalt müsse überwunden werden durch Gewaltlosigkeit.(7) Dafür wurde er „innerhalb und außerhalb des ‚Syndikalist’" kritisiert.(8) Auch im Jahre 1923 postulierte Oerter missverständlich in „Wir- Form" auf die gesamte FAUD gemünzt das Dogma der Gewaltlosigkeit in pastoralem Pathos: „Wir halten fest an der Anschauung: Gewalt stets mit Gewalt begegnen, ist schlimm und übereilt. Den guten Willen möchte’ ich segnen, Der unsere Welt durch Liebe heilt."(9) Doch auch Oerter erkannte, dass es „überhaupt nichts absolutes auf der Welt" und somit auch „keine absolute Gewaltlosigkeit" gebe, da sie „ja leider nicht von uns, den Gewaltlosen, allein" abhinge, ob von anderen nicht doch Gewalt angewendet würde. Gewaltlosigkeit sei zwar keine Garantie für die Friedfertigkeit der Gegner, aber man dürfe sich selber nicht zur Gewalt provozieren lassen.(10) Auch auf örtlicher Ebene kam es mancherorts zur Absage an revolutionäre Gewaltanwendung, wie aus Bremerhaven, wo es hieß: „Die Syndikalisten verwerfen jede Gewaltanwendung und verlassen sich auf das Mittel genereller Verweigerung der Arbeitskraft."(11)

Die militanten Syndikalisten

Schon im Verlaufe der Kämpfe um die Bremer Räterepublik im Januar 1919 kamen 30 Revolutionäre ums Leben, darunter die Syndikalisten Wilhelm Glock und Karl Friedrich Meseke. Dass die Geschäftskommission zum Ruhrkampf 1920 und dem Mitteldeutschen Aufstand 1921 in einem negativen Sinne Stellung bezog,(12) lag weniger an einer generellen „Gewaltfreiheit", als vielmehr daran, dass sie ihre Mitglieder nicht für die Putschstrategie der kommunistischen Partei verheizen lassen wollte, welche in Deutschland parteidiktatorische Verhältnisse, wie in Russland einführen wollte. Der Nürnberger Syndikalist Franz Gampe, natürliche Autorität und beliebterVersammlungsredner gleichermaßen, sprach es aus: „Waffengewalt und Diktatur wie im roten Russland werden von uns Syndikalisten verworfen." (13) Dennoch beteiligte sich ein Großteil der FAUD- Basis am Ruhrkampf, so dass anhand von Unterstützerlisten für die Opfer festgestellt werden konnte, dass an den Kämpfen zu etwa 45 % Syndikalisten der FAUD beteiligt gewesen sind.(14) U.a. an dieser Frage spaltete sich Anfang der zwanziger Jahre die FAU- „Gelsenkirchener Richtung" von der FAUD ab, welche sich schließlich in „Union der Hand- und Kopfarbeiter" umbenannte, um hernach in kommunistischen Organisationen aufzugehen. Dadurch verlor die FAUD einen erheblichen Mitgliederstamm in ihrer reichsweit stärksten regionalen Bastion. Strikt gegen die von Fritz Oerter propagierte „Gewaltlosigkeit" wandte sich die FAUD- Hamborn (3.000 Mitglieder !) auf dem 14. Kongress der FAUD im Jahre 1922 mit einem Antrag gegen Artikel im FAUD- Organ „Der Syndikalist", welche „die absolute Gewaltlosigkeit betonen", da diese der „Agitation hier in Rheinland und Westfalen großen Schaden zugefügt haben." (15) Andere FAUD- Gruppen, wie neben Hamborn beispielsweise in Württemberg brachten der „Idee der vollkommenen Gewaltlosigkeit ebenfalls keine große Sympathie" entgegen.(16) Die Prinzipienerklärung der IAA, im Wesentlichen verfasst eben von Rudolf Rocker, vom Juni 1922 spricht sich wie folgt aus: „(Die Syndikalisten) geben daher die Anwendung der Gewalt als Verteidigungsmittel gegen die Gewalt der regierenden Klassen im Kampf für die Besetzung der Betriebe und des Grund und Bodens durch das revolutionäre Volk zu." (17) Diese Prinzipienerklärung hatte Gültigkeit für Millionen Mitglieder syndikalistischer Organisationen weltweit. „Verteidigungsmittel" bedeutete hier nicht Passivität, da die Syndikalisten stets den Generalstreik propagierten gegen die ständigen Angriffe der Kapitalisten.

Vermittlung der Positionen

Nachdem Fritz Oerter noch im Jahre 1927 im „Syndikalist" strikte Gewaltlosigkeit propagierte und die FAUD von kommunistischen und auch den ihnen näher stehenden unionistischen Vereinigungen und zahlreicher militanter Arbeiter immer wieder einer dogmatischen Gewaltlosigkeit bezichtigt wurde, was als ein mitverursachender Faktor des Mitgliederrückganges der FAUD angesehen werden kann, erschien im „Syndikalist" neben einer Gegenrede von Fritz Dettmer auch eine Stellungnahme der Redaktion, die generell zu dieser Frage Stellung bezog, jedoch weder ein generelles Dafür noch Dagegen aussprach: „Wir sind nicht in erster Linie Gewaltanhänger oder Gewaltgegner, sondern Anarchosyndikalisten. Wir verfolgen ein bestimmtes Ziel und wollen das Ideal einer freiheitlichen sozialistischen Gesellschaftsordnung verwirklichen. Wir glauben nicht daran, ohne soziale Revolution an unser Ziel gelangen zu können. Wenn diese mit Gewaltanwendungen verknüpft ist, werden wir sie hinnehmen müssen: nicht aus Lust zur Gewalt, sondern aus purer Notwendigkeit, die in der Anerkennung der sozialen Revolution liegt. (...) Die Gewaltanwendung darf man nicht als eine Frage des Prinzips betrachten, sondern als eine taktische. (...) Der Anarchosyndikalismus ist eine freiheitliche Bewegung, die sich in Fragen der Taktik und Kampfesmethoden überhaupt nicht festlegen darf, sondern aus den täglichen Erfahrungen und gemachten Erkenntnissen den Weg zu seinem Ziele bahnen muß (...) Es kommt hauptsächlich darauf an, bei einer kommenden Revolution die wirtschaftlichen Fragen so vollkommen wie möglich zu lösen, damit die Bedürfnisse der Menschen in größtem Maße befriedigt werden können. Dann wird die Gegenrevolution sehr wenig Anhänger finden, und die Gewalt kann auf ein Mindestmaß beschränkt werden."(18) Ganz diesem undogmatischen Sinne entsprechend, legte sich auch die 1919 von der FVDG/ FAUD angenommene „Prinzipienerklärung des Syndikalismus" nicht fest, sondern propagierte, ob mit oder ohne Gewaltanwendung, den sozialen Generalstreik.(19) Es war schließlich Arthur Müller- Lehning, welcher 1929 im Theorieorgan der FAUD, „Die Internationale", den Begriff der Gewalt in syndikalistischem Sinne definierte. Zunächst stellte er heraus, dass nicht alle Kriegsgegner und Antimilitaristen automatisch auch Verfechter von Gewaltlosigkeit seien. Der Syndikalismus lehne Gewalt nicht grundsätzlich ab. Bediene sich die demokratische, faschistische oder auch bolschewistische Gewalt des Militarismus, setze die syndikalistische Gewalt auf die Selbstorganisation der Arbeiterschaft mit dem Mittel des Generalstreiks und basiert auf bloße Verteidigung der Umwälzung gegen die Etablierung einer neuen Macht. Ganz bewusst verstehen sich die Syndikalisten in dieser Rolle auch als Antimilitaristen, da die soziale Revolution „jede Form der organisierten und monopolisierten Gewalt, jede Form des Militarismus und des Staates" ablehnt. Ziel sei nicht die Gewaltlosigkeit, sondern die Freiheit. Grundlage hierfür sei „ein gesellschaftliches System, wo die Herrschaft des Menschen über den Menschen Platz gemacht hat der Beherrschung der Dinge, wo das politische Unterdrückungssystem ersetzt ist durch die Organisation der Arbeit." (20)

Weitere Entwicklung

Immer wieder wurde gegenüber der verunglimpfenden Propaganda der Syndikalistengegner eingewendet: „Der Anarcho-Syndikalismus hat niemals Gewaltlosigkeit propagiert",(21) was anhand der Artikel Oerters im „Syndikalist" in dieser Ausschließlichkeit jedoch relativiert werden muß. Den Ruf dogmatischer Gewaltlosigkeit wurde die FAUD auch nicht mehr los, da nicht nur Fritz Oerter auf Agitationsreisen ging, sondern auch Rudolf Großmann (Pierre Ramus), welcher ebenfalls auf Veranstaltungen der FAUD und ihr nahestehenden Organisationen strikte Gewaltlosigkeit propagierte. Großmann ging sogar soweit, in einer Übersetzung kropotkinscher Schriften zur französischen Revolution, auszulassen, dass es sich bei dortigen direkten Aktionen nicht um gewaltlose Angelegenheiten handelte.(22) Die offizielle Geschichtsschreibung der FAUD brachte in „Die Internationale" schließlich folgendes zum Ausdruck: „Das Gewaltverhältnis zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten kann nur durch den gewaltsamen Kampf der enterbten Klasse abgeändert werden." (23) Ähnliche Impulse gingen auch von der syndikalistisch- anarchistischen Jugend aus.

Die Jugendbewegung

Generell distanzierte sich Mitte der zwanziger Jahre die FAUD- nahe „Syndikalistisch- Anarchistische Jugend Deutschlands" (SAJD) von der pazifistisch eingestellten und von Ernst Friedrich beeinflussten anarchistischen Jugendbewegung. (24) Seither änderte sich auch die Symbolik der syndikalistisch- anarchistischen Jugend. Die von Romantik und Nacktkultur geprägten Zeichnungen in den Organen wurden ersetzt durch die Darstellung des Arbeitsalltages, beispielsweise in Form von rauchenden Fabriktürmen. Im wesentlichen der Jugend ist auch die vielerorts beginnende Annäherung von Anarcho- Syndikalisten und Mitgliedern der „Allgemeinen Arbeiter- Union" (AAU) zu verdanken. Ein wichtiger Bestandteil lag dabei in grundsätzlicher militanter Bereitschaft. Zahlreiche AAU- Gruppen schlossen sich der FAUD an, was zu einer weiteren Stärkung der Befürwortern von Militanz geführt haben dürfte. Die reichsweit gewichtige süddeutsche Jugendkonferenz betrachtete die „Gewaltfrage" als individuelle Angelegenheit und betonte im Jahr 1925: „Da das Prinzip des Anarchismus sich gegen jegliche Gewalt richtet, lassen wir uns keine Richtlinien vorschreiben, sondern handeln frei, täglich und stündlich, je nach den Erfordernissen." (25) Die „pazifistischen Prediger" wurden „abgeschüttelt", und es wurde sich „prinzipiell festgelegt, gegen die Staatsgewalt jede Mittel, auch den bewaffneten Kampf anzuwenden."(26)

So drückte es einer der Protagonisten der syndikalistisch- anarchistischen Jugend, der Stuttgarter Willi Bötzer, in einem Referat über die Jugendfrage auf dem II. Kongreß der Internationalen Arbeiter- Assoziation in Amsterdam aus.

Die „Schwarzen Scharen"

Aus diesem militanten Kurs innerhalb der Jugendbewegung ist dann eine weitere eigenständige Organisationsform des organisierten Anarcho- Syndikalismus hervorgegangen: Aufgrund der ständigen Bedrohung eigener Veranstaltungen von autoritären Kommunisten und der Ende der zwanziger Jahre rapide anwachsenden Gewalt von Nationalsozialisten, bildeten sich (voran in Schlesien, Berlin oder auch im Ruhrgebiet) militante Abwehrformationen heraus, die „Schwarzen Scharen". Mitglieder dieser nicht offiziell der FAUD angeschlossenen Gruppierungen waren vornehmlich jüngere Anarcho- Syndikalisten. Sie trugen schwarze Kleidung und waren teilweise bewaffnet. Innerhalb der FAUD blieben sie zwar nicht ohne Widerspruch, doch wurden sie vermehrt zum Schutze von Veranstaltungen der FAUD oder ihnen nahestehenden Organisationen engagiert. (27)

Fazit

Die Syndikalisten legten sich zu keiner Zeit programmatisch auf „Pazifismus" oder „Gewaltfreiheit" fest. Die Vertreter jener Richtung traten nach anfänglicher sehr individueller starkter Präsenz im Verlauf der zwanziger Jahre in den Hintergrund, besonders in den Jugendorganisationen. Dementsprechend hoch war dann auch die Beteiligung deutscher Syndikalisten am bewaffneten militärischen Klassenkampf im Spanischen Krieg von 1936 – 1939. Es ist demnach unzulässig, die FAUD, die FAUD- Geschäftskommission oder mit Ausnahme Fritz Oerters die Protagonisten der Organisation als „gewaltfrei" oder „pazifistisch" zu bezeichnen. Die von den Historikern Dieter Nelles und Ulrich Klan aufgetane Quelle, ein Brief Rockers an Max Nettlau, wonach die Vertreter der Berliner Geschäftskommission (Winkler, Barwich und Kater) aus grundsätzlich pazifistischen Positionen heraus meinten, dass eine gewaltsame Erhebung der anarcho- syndikalistischen Bewegung nur schaden könne, (28) konnte ich in deren zeitgenössischen Beiträgen in diversen Publikationen nicht ausfindig machen. Sie wollten wohl eher der bolschewistischen Putschtaktik nicht in die Hände spielen. Bis kurz vor ihrem Verbot durch die Nationalsozialisten ließ sich die FAUD in ihrer Haltung zur militanten Revolution nicht festlegen. Der 19. und damit letzte Kongreß der FAUD im Jahre 1932 kam zu folgender Aussage: „die FAUD steht nach wie vor auf der Grundlage ihrer Prinzipienerklärung des Jahres 1919; sie sieht in revolutionärer Gewerkschaftsarbeit und fortschreitender Erweiterung der ökonomischen Einflußsphäre der Arbeiterschaft durch direkte Aktion den Weg zum Kampfe gegen die faschistsiche Gefahr, politische Unterdrückung überhaupt und jede Form der wirtschaftlichen Ausbeutung (...) Sie bekämpft das System der Klassengesellschaft in allen Formen (...)" (29) Die Tendenz innerhalb der FAUD und der anarcho- syndikalistischen Bewegung insgesamt ging im Laufe der zwanziger Jahre deutlich in Richtung Befürwortung bewaffneter Kämpfe, ohne jedoch von ihrer Hauptwaffe, dem Generalstreik, Abstand zu nehmen und ohne sich einheitlich festzulegen. Die Ursachen dieser Tendenz sind dabei nicht nur im international erstarkenden Faschismus zu sehen, sondern auch im Hineinwachsen der militanteren anarcho- syndikalistischen Jugend in die Erwachsenenorganisation, was geprägt war durch die Übernahme zahlreicher Funktionen und verstärkter Diskussionsteilnahme innerhalb der FAUD.

H. (FAU- Bremen)

 

Fußnoten:

(1) Hans Manfred Bock: Syndikalismus und Linkskommunismus von 1918 – 1923. Zur Geschichte und Soziologie der Freien Arbeiter- Union Deutschlands (Syndikalisten), der Allgemeinen Arbeiter- Union Deutschlands und der Kommunistischen Arbeiter- Partei Deutschlands, S. 157/328. Hierbei bezieht sich Bock ausdrücklich auf die von ihm im Anhang abgedruckte „Prinzipienerklärung des Syndikalismus". Jedoch werden die von Bock unterstellten gewaltlosen/ pazifistischen Tendenzen in dieser in keiner Weise zum Ausdruck gebracht, vgl.: ebd., S. 363 ff.

(2) Gabriele Voser: „Anarchismus" - ein Reizwort in der öffentlichen Meinunng erörtert an Hand der Verwendung der Anarchie- Begriffe in „Spiegel" und „Weltwoche" in den Jahren 1968 und 1975, S. 113.

(3) Vgl.: Hartmut Rübner: Freiheit und Brot. Die Freie Arbeiter- Union Deutschlands. Eine Studie zur Geschichte des Anarchosyndikalismus, S. 135. Doch differenziert Rübner im folgenden, dass die Haltung der FAUD in dieser Frage ambivalent gewesen sei und „in der Zeit ihres Bestehens unentschieden blieb", ebd., S. 136. Damit kommt Rübner der Sache schon sehr nahe, läßt jedoch die deutliche Tendenz hin zur militanten Aktion unerwähnt, wie ich sie im folgenden aufzeigen möchte.

(4) Oerter gab 1920 eine Broschüre heraus mit dem Titel: „Gewalt oder Gewaltlosigkeit".

(5) H. Lepke: Syndikalismus und Anarcho- Syndikalismus in Deutschland, in: „Gewerkschafts- Archiv Monatsschrift für Theorie und Praxis der gesamten Gewerkschaftsbewegung", 2. Jg. 1925, Nr. 4, S. 214 ff.

(6) „Der Syndikalist", 2. Jg. (1920), Nr. 30.

(7) Ebd.

(8) „Der Syndikalist", 4. Jg. (1922), Nr. 30.

(9) „Der Syndikalist", 5. Jg. (1923), Nr. 5.

(10) „Der Syndikalist", 4. Jg. (1922), Nr. 30.

(11) „Der Syndikalist", 1. Jg. (1919), Nr. 30.

(12) Siehe zusammenfassend: FAU/ IAA- München: Anarcho-Syndikalismus in Deutschland. Zur Geschichte er „Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften" (1897 – 1919) und der „Freien Arbeiter- Union Deutschlands" (1919 – 1939), S. 10 ff.

(13) Lagebericht vom 17. März 1926, in: StAB 4,65/ 1756.

(14) Vgl.: Gerhard Colm. Beitrag zur Geschichte und Soziologie des Ruhraufstandes vom März-April 1920, S. 49, zit. n. Ulrich Klan/ Dieter Nelles: „Es lebt noch eine Flamme". Rheinische Anarcho- Syndikalisten/- innen in der Weimarer Republik und im Faschismus, S. 90.

(15) „Der Syndikalist", 4. Jg. (1922), Nr. 47/ 51.

(16) „Der Syndikalist", 12. Jg. (1930), Nr. 43.

(17) Prinzipienerklärung, angenommen auf der internationalen syndikalistischen Konferenz zu Berlin im Juni 1922, in: Was wollen die Lokalisten ? Programm, Ziele und Wege der „Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften", Berlin 1911, Neuauflage von FAU- MAT, Moers, S. 2.

(18) „Der Syndikalist", 9. Jg. (1927), Nr. 15.

(19) Rudolf Rocker: Prinzipienerklärung des Syndikalismus, S. 12.

(20) Arthur Müller- Lehning: Gewalt und Gewaltlosigkeit, in: „Die Internationale", 2. Jg. (1929), Nr. 9, S. 193 ff.

(21) Vgl.: „Der Syndikalist", 14. Jg. (1932), Nr. 25.

(22) Vgl.: Heinz Hug: Kropotkin, S. 96 f.

(23) Gerhard Aigte: Die Entwicklung der revolutionären syndikalistischen Arbeiterbewegung Deutschlands in der Kriegs- und Nachkriegszeit (1918 – 1929) , S. 25.

(24) In ihren organisatorischen Leitsätzen von 1923 erkannte die syndikalistisch- anarchistische Jugend noch den Generalstreik als „einzig wirksame Waffe des Proletariats" an. Vgl.: „Der Syndikalist", 5. Jg. (1923), Nr. 13.

(25) „Der Syndikalist", 7. Jg. (1925), Nr. 10.

(26) Vgl.: „Die Internationale", 2. Jg. (1925), Nr. 5, S. 51 (Bericht des II. Kongresses der Internationalen Arbeiter-Assoziation , Amsterdam, vom 21. bis 27. März 1925).

(27) Eine lesenswerte Broschüre zum Thema gibt es vom Zeitzeugen und ehemaligen Aktiven der „Schwarzen Schar", Hans Schmitz, mit dem Titel: „Umsonst is dat nie. Widerstand- ein persönlicher Bericht.", mit zahlreichen Photos aus Hans Schmitz Privatbesitz. Erhältlich für 5 Euro bei FAU- MAT.

(28) „Der Syndikalist", 14. Jg. (1932), Nr. 15.

(29) Ulrich Klan/ Dieter Nelles: „Es lebt noch eine Flamme"..., S. 37, Grafenau 1990.

 

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aus:

"Der Syndikalist" Nr.49, 1925