Ende
Sie saß alleine vor dem Dom, es regnete in Strömen. Menschen liefen vorbei, in Regenmäntel eingemummt, mit Schirmen, sahen sich nicht um, bemerkten sie nicht.

Da saß sie nun und weinte, hatte keine Ahnung wie sie hier gelandet war, sie wollte einfach nur weg, weg von dem Ort an dem ihr so große Schmerzen zugefügt wurden. Weg, nur weg! Hinaus in den strömenden Regen, in die Kälte der Nacht. Ohne zu wissen wo sie hin wollte, nur raus, und nie mehr zurück. An ihre Jacke hatte sie nicht gedacht, schon nach wenigen Metern war ihr Pulli klatschnass gewesen, doch das kümmerte sie nicht. Sie lief und lief bis sie nicht mehr konnte... plötzlich war sie vor dem Dom gestanden. Ein Gefühl sagte ihr, dass sie hinein gehen sollte.

Drinnen hatte sie dann lange gestanden, im Gedanken versunken, verloren im Meer ihrer Gefühle, ganz allein. Die Menschen, die an ihr vorbei gegangen waren, hatte sie nicht gemerkt und diese wiederum hatten sich nicht um das Mädchen gekümmert, das da so im Gedanken verloren, völlig durchnässt und mit feuchten Augen an diesem heiligen Ort stand und nicht mehr weiter wusste.

So musste sie wohl über eine Stunde dagestanden haben, sie zitterte, doch sie merkte es nicht, es war ihr auch egal gewesen... und das war es immer noch. Sie spürte nicht, dass sie fror, spürte nur die Leere, die sich schon so lange in ihr breit gemacht hatte, dass sie alleine war. Niemand würde sie vermissen, niemand würde sie suchen. Sie war einsam und das schon seit langer Zeit. Immer wieder hatte sie versucht sich und allen anderen vorzulügen, dass sie dazu gehörte, glücklich war und ihr Leben liebte. Doch jetzt war Schluss sie wollte nicht mehr. Lange genug war ihr schon klar, dass sie sich selbst etwas vormachte, sich eine riesige Lüge als Lebensinhalt ausgesucht hatte. Sie wollte das nicht  mehr. Sie würde auch ohne diesen Schwindel klar kommen, auch ohne die unnötigen Dinge, die sie getan hatte.

Doch das war ebenso eine Lüge wie alles andere. Allein würde sie es nicht schaffen, das hatte sie nun endlich begriffen, als sie da im Dom gestanden hatte und endlich die Zeit gefunden hatte, darüber nachzudenken, ohne dass sie irgendjemand unterbrach, wie das sonst immer der Fall gewesen war. Dann hatte sie gesehen wie kalt die Menschen miteinander umgingen, wie keiner auf den anderen Rücksicht nahm. Das konnte doch nicht wahr sein! War die Welt wirklich so schrecklich? Ja das war sie! Niemand kannte den anderen wirklich, wollte ihn nicht kennen, nahm von nichts Notiz...

Als sie aus dem Dom gekommen war, wäre sie beinahe umgekippt, fühlte ein Schwindelgefühl, musste sich setzen.

Dort saß sie nun. Allein im Regen. Niemand interessierte sich für sie, keiner beachtete das Mädchen, das da vor dem Dom saß, keiner sah, wie sie eine Rasierklinge vom Boden aufhob, sie unverwandt ansah, wie sie sich umblickte, die Klinge langsam zu ihrer Pulsader führte...
Zurück