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Langsam senkt sich die Sonne in Richtung Erde, der Himmel scheint in einem warmen Rot. Auf den holprigen Straßen fahre ich zurück in meine Heimat. Das erste Mal seit langer Zeit höre ich im Radio wieder bekannte Wörter und Melodien, doch die Gegend rund um mich sieht nicht mehr aus wie die, die ich früher kannte. Irgendwie sieht es trostlos aus. Vorbei an meiner kleinen alten Rostlaube ziehen rote und graue, verwucherte Mauerreste, die noch vor einigen Jahren ansehnliche Häuser waren. Dort, wo damals Kinder spielten, sind höchstens noch ein paar hungrige Katzen auf der Jagd nach einer Maus. Die Straßen sind unbeleuchtet, wenn sie überhaupt noch vorhanden sind. Doch hin und wieder leuchtet auch ein Licht aus einem modernen Haus in Richtung Hauptstraße. Manche sind doch zurückgekommen. Neugierig, aber auch halb mit Angst erfüllt, nähere ich mich meiner Stadt. Ich weiß, was mich dort erwarten wird. Nicht umsonst habe ich meine Ankunft so geplant, daß es bereits finster sein wird, wenn ich die Stadt erreichen würde. Da ist es auch schon, das Stadtschild, das mir versichert, an meinem Ziel angelangt zu sein. Jezt ist es bereits finster, die Straßenlaternen leuchten in blassem Gelb auf mich herab. Auf der Straße tummeln sich Leute. Lichter brennen in den Wohnungen. Die Stadt lebt. So, wie ich sie in Erinnerung habe. Hinter den Vorhängen kann man überall Lampen, Bilder, das Leben erkennen. Reklametafeln kündigen das bevorstehende Weihnachtsfest an, dahinter erstrahlt unter den Scheinwerfern eine neu errichtete Moschee mit ihrem weißen Minarett. Weiter durch die belebten Straßen, da ist das Hotel, das Museum, dort, wo ein anderes Hotel war, dort ist es finster. In den zerstörten Mauerresten sitzen keine schwatzenden Touristen mehr an der Bar. Die Straßenbahn neben mir sieht aus wie immer, die Leute darin sind versunken in ihre Gedanken. Am Fluß entlang geht es weiter in Richtung Zentrum. Vorbei an der Bibliothek, die immer noch imposant auf das kleine Haus am anderen Ufer herablächelt, das wegen ihr von seinem angestammten Platz weichen mußte. Aber die Bücher in dem alten Gebäude sind nicht mehr da. Verbrannt. Und mit ihnen ein Teil der Geschichte, der Kultur. Jetzt gibt es eine neue Geschichte, eine neue Kultur wird sich breitmachen. Anders als vorher und doch lgleich. Immer noch leben dieselben Menschen hier. Sie denken und fühlen dasselbe. Vorbei an den schmalen Gasesn des alten Bazars. Junge Menschen schlendern lachend an den kleinen Hütten vorbei. Dann und wann leuchtet ein Stern quer über die Straße. Ich bin zu Hause, aber ich fahre nicht nach Hause. Ich weiß nicht, was mich erwartet. Gibt es meine Wohnung noch? Leben dort jetzt andere Menschen? Ist sie nur mehr ein Trümmerhaufen, ein verwüsteter Platz mit einem großen Loch in der Wand? Ich habe Angst vor den Antworten. An der Rezeption im Hotel, das ich mir für diese Nacht ausgesucht habe, werde ich freundlich empfangen. Trotz allem tut es gut, zu Hause zu sein. Müder von der langen Fahrt lasse ich mich ins Bett fallen, vor den geschlossenen Augen seheh ich noch einmal das Erlebte. Die Lichter, die Menschen, das Leben. Die Gedanken daran und die Gedanken an meine Heimat machen auch mich lebendig. Mitten in Gedanken an frühere Zeiten übermannt mich der Schlaf. Als ich wieder die Augen aufmache, sehe ich durch das Fenster am Himmel rotglühende Wolken, langsam geht die Sonne über der noch schlafenden Stadt auf. Zu meiner Verwunderung sieht diese auch jetzt im Sonnenlicht und so früh am Morgen lebendig aus. Auf den Hügeln rund um die Stadt liegt ein wenig Schnee. Manch Hausdach glitzert in der Sonne. Frische Luft empfängt mich, als ich hinaus auf die Straße gehe. Fu Fuß spaziere ich durch die Gassen. |
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Doch diesmal bin ich ein wenig nachdenklich geworden, die Dinge, die ich da sehe sind erschütternd. Kein Haus steht da, das nicht ein paar Narben im Verputz hat, runde Löcher, von denen wie Strahlen weitere ausgehen sind überall auf der Straße, auf den Gehwegen zu sehen. Immerr wieder klafft ein großes Loch aus manch einer Mauer. Ich gehe weiter in den alten Teil der Stadt. Dort steht noch immer der Brunnen, die alte Moschee sieht aus wie immer. Menschen tummeln sich an mir vorbei. Freundliche Gesichter, ein Lächeln in den Augen. |
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Die Geschäfte bieten wie schon immer jegliche Art von Waren feil. Die Gedanken in meinem Kopf fangen an, sich wie wild zu drehen. Ich bin zu Hause, und doch in einer fremden Stradt. An der Markthalle vorbei gelange ich zu dem kleinen Stadtpark. Ich möchte mich gerne hinsetzen, wie immer, ein bißchen nachdenken, ausruhen, verweilen, um wieder zur Ruhe zu kommen. Aber in der Wiese zwischen den alten Bäumen ist nicht mehr der bunte Blumenschmuck. Weiße Grabsteine erinnern jetzt an die vergangenen Zeiten, an Menschen, die hier ihr Leben lassen mußten. Ich fange an zu laufen, zum Fluß, weiter auf die andere Seite, blind, durch bekannte und unbekannte Gassen, immer weiter, einfach nur weg, ohne ein Ziel. Auf dem Hügel zwischen schützenden Bäumen lasse ich mich nieder. Da unten, da liegt und lebt sie, meine Stadt. Noch immer fliegen die Gedanken wirr durch meinen Kopf. Wieder höre ich sie, die Schüsse, die Schreie. Ich hatte geglaubt, es wäre vorbei. Aber es war nur zu weit weg, um real zu sein. Jetzt bin ich wieder da. Plötzlich erscheint ein Gesicht vor meinen starrenden Augen. Ich sehe in lächelnde Augen. Keine worte. Aber ich verstehe auch so. Es gibt nur ein Leben, es gibt nur dieses Leben im Jetzt. Ich lächle zurück und trete den schweren Weg zurück in meine Stadt an. |
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