Sonett Nr. 15 Mir, der ich maßlos bin und mäßig lebe Gestattet, Freunde, es euch zu verweisen Mit rohen Wörtern so um sich zu schmeißen Als ob es daran keinen Mangel gäbe! Beim Vögeln können Wörter Lust erregen: Den Vögler freut es, daß das vögeln heißt. Wer mit dem Wort zum Beispiel um sich schmeißt Kann sich auf löchrige Matratzen legen. Die reinen Vögler sollte man nur henken! Wenn sich ein Weib mitunter auspumpt: gut. Den Baum spült sauber keine Meeresflut! Nur nicht dem Geiste eine Spülung machen! Die Kunst der Männer ists: vögeln und denken. (Der Männer Luxus aber ists: zu lachen).
Wir waren miteinander nicht befreundet Doch haben wir einander beigewohnt. Als wir einander in den Armen lagen Warn wir einander fremder als der Mond. Und träfen wir uns heute auf dem Markte Wir könnten uns um ein paar Fische schlagen: Wir waren miteinander nicht befreundet Als wir einander in den Armen lagen.
Keuschheitsballade in Dur Ach, sie schmolzen fast zusammen Und er fühlte: Sie ist mein. Und das Dunkel schürt die Flammen. Und sie fühlt: Wir sind allein. Und er küßte ihr die Stirne Denn sie war ja keine Dirne - Und sie wollte keine sein. Oh, das süße Spiel der Hände! Oh, ihr Herz war wild wie nie! Daß er die Kurasche fände Betet er und betet sie. Und sie küßte ihm die Stirne Denn sie war ja keine Dirne Und sie wußte nur nicht wie... Und um sie nicht zu entweihen Ging er einst zu einer Hur Und die lernte ihm das Speien Und die Feste der Natur. Immerhin ihr Leib war Lethe Bisher war er kein Askete Jetzt erst tat er einen Schwur. Um zu löschen ihre Flammen Die er schuldlos ihr erregt Hängt sie sich an einen strammen Kerl, der keine Skrupel hegt. (Und der haute sie zusammen Auf die Treppen hingelegt.) Immerhin sein Griff war Wonne Und sie war ja keine Nonne Jetzt erst war die Gier erregt. Und er lobte sein Gehirne Daß es klug gewesen sei: Als er sie nur auf die Stirne Einst geküßt im selgen Mai - Er als Mucker, sie als Dirne Sie gestehn Scham auf der Stirne: Es ist doch nur Sauerei.
Des Morgens nüchterner Abschied, eine Frau Kühl zwischen Tür und Angel, kühl besehn Da sah ich: eine Strähn in ihrem Haar war grau Ich konnt mich nicht entschließen mehr zu gehn Stumm nahm ich ihre Brust, und als sie fragte Warum ich, Nachtgast, nach Verlauf der Nacht Nicht gehen wolle, denn so wars gedacht Sah ich sie unumwunden an und sagte Ists nur noch eine Nacht, will ich noch bleiben Doch nütze deine zeit, das ist das Schlimme Daß du so zwischen Tür und Angel stehst Und laß uns die Gespräche rascher treiben Denn wir vergaßen ganz, daß du vergehst Und es verschlug Begierde mir die Stimme
Wenn du in einer Kutsche gefahren kämst Und ich trüge eines Bauern Rock Und wir träfen uns eines Tages auf der Straße Würdest du aussteigen und dich verbeugen. Und wenn du Wasser kauftest Und ich käme spazieren geritten auf einem Pferd Und wir träfen uns eines Tages auf der Straße Würde ich absteigen vor dir.
Der Gouverneur, von mir befragt, was nötig wäre Den Frierenden in unsrer Stadt zu helfen Antwortete: Die Decke zehntausend Fuß lang Die die ganzen Vorstädte einfach zudeckt.
Wenn du mich lustig machst Dann denk ich manhmal: Jetzt könnt ich sterben Dann blieb ich glücklich Bis an mein End Wenn du dann alt bist Und du denkst an mich Seh ich wie heute aus Und du hast ein Liebchen Das ist noch jung.
O großer Ochse, göttlicher Pflugzieher Geruhe, gerade zu pflügen! Bring die Furchen Freundlichst nicht durcheinander! Du Gehst voraus Führender, hü Wir haben gebückt gestanden, dein Futter zu schneiden Geruhe jetzt, es zu verspeisen, teurer Ernährer! Sorg dich nicht Beim Fressen um die Furche, friß! Für deinen Stall, du Beschützer der Familie Haben wir ächzend die Balken hergeschleppt, wir Liegen im Nassen, du im Trockenen. Gestern Hast du gehustet, geliebter Schriftmacher. Wir waren außer uns. Willst du etwa Vor der Aussaat verecken, du Hund?
Familien, wenn ihnen ein Kind geboren ist Wünschen es sich intelligent. Ich, der durch Intelligenz Mein ganzes Leben ruiniert habe Kann nur hoffen, mein Sohn Möge sich erweisen als Unwissend und denkfaul. Dann wird er ein ruhiges Leben haben Als Minister im Kabinett.
Sieben Rosen hat der Strauch Sechs gehör`n dem Wind Aber eine bleibt, daß auch Ich noch eine find. Sieben Male ruf ich dich Sechsmal bleibe fort Doch beim siebten Mal, versprich Komme auf ein Wort.
Gab es Sieger und Besiegte. Bei den Besiegten das niedere Volk Hungerte. Bei den Siegern Hungerte das niedere Volk auch.
Die Liebste gab mir einen Zweig Mit gelbem Laub daran. Das Jahr, es geht zu Ende Die Liebe fängt erst an.
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Brecht !!
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